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Der Herausgeber

Prof. Dr. Joachim Schroeder, Hauptschullehrer, Ausländerpädagoge, Diplom-Schulpädagoge. Lehrt an der Universität Hamburg, vor allem in den Lehramtsstudiengängen, Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Aufwachsen, Lernen und Arbeiten unter Bedingungen von Armut, Migration und Flucht. Ein besonderes Interessensgebiet sind die konzeptionellen und didaktischen Problemstellungen der Sozialen Bildungsarbeit mit Jugendlichen und (jungen) Erwachsenen im Übergang vom Asylverfahren und der Duldung in die Arbeitswelt. Mitbegründer des »AK Flucht und Bildung« im Netzwerk Flüchtlingsforschung und Sprecher des von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Promotionskollegs »Vernachlässigte Themen der Flüchtlingsforschung«.

Joachim Schroeder (Hrsg.)

Geflüchtete in der Schule

Vom Krisenmanagement zur nachhaltigen Schulentwicklung

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2018

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-033519-6

E-Book-Formate:

pdf:     ISBN 978-3-17-033520-2

epub:  ISBN 978-3-17-033521-9

mobi:  ISBN 978-3-17-033522-6

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Inhaltsverzeichnis

 

 

  1. Einleitung
  2. 1 Annäherungen an Lebenslagen und Biografien junger Geflüchteter – eine unabdingbare Voraussetzung für eine pädagogische Kommunikation »auf Augenhöhe«
  3. Joachim Schroeder
  4. 1.1 »Habitussensibilität« im Handlungsfeld Flucht und Asyl
  5. 1.2 Erarbeitung von Lebensweltwissen zu Menschen auf der Flucht
  6. 1.3 Auseinandersetzung mit Ungleichheiten im »Arbeitsbündnis«
  7. 1.4 Strukturierung institutioneller Verantwortlichkeit
  8. 1.5 Identifizierung verborgener Barrieren
  9. Literatur
  10. 2 Nur Sprache und Berufsschulunterricht? Was brauchen unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge wirklich?
  11. Gotthilf Gerhard Hiller & Dejan Mater
  12. 2.1 Befähigung zum klugen Umgang mit besonderen Antinomien: Hypotheken abtragen, Ressourcen erkennen, nutzen und konvertieren, Anschlüsse schaffen
  13. 2.2 Solidarische Begleitung und emanzipierende Bildung
  14. Literatur
  15. 3 Transnationale Formen der Remigration von Geflüchteten als Herausforderung für Integration und Bildung
  16. Simon Moses Schleimer
  17. 3.1 Traditionelle Remigrationsforschung
  18. 3.2 Die Transnationalisierung der Migration und Remigration
  19. 3.3 Transnationale Migration, Bildung und Krise
  20. 3.4 Remigration am Beispiel von Jugendlichen in der Region Kurdistan im Irak
  21. 3.5 Pädagogische, bildungspolitische und gesellschaftliche Konsequenzen
  22. 3.6 Implikationen für weitere Forschung
  23. Literatur
  24. 4 Die gängigen Angebote für junge Geflüchtete in der deutschen Schule – und was davon zu halten ist
  25. Joachim Schroeder
  26. 4.1 Die Entwicklung der Beschulung junger Flüchtlinge – ein missratener Fortschritt?
  27. 4.2 Vorbereitungsklassen für jüngere Geflüchtete – der Einstieg in die Bildungsarmut?
  28. 4.3 Berufsvorbereitende Bildungsgänge für ältere Jugendliche – der sichere Weg in die Warteschleifen?
  29. 4.4 Bildungssprache – kein Allheilmittel!
  30. 4.5 Staatbürgerlicher Unterricht – eine pädagogische Überheblichkeit
  31. 4.6 Traumapädagogik – oder Kurpfuscherei?
  32. Literatur
  33. 5 Praktika und noch viel mehr … Betriebe als wichtige »Lernbegleiter« und Bildungsorte
  34. Maren Gag
  35. 5.1 Herausforderungen am Lernort Betrieb
  36. 5.2 Betriebliche Praktika – nicht immer ohne Einschränkungen
  37. 5.3 Mit der Wirtschaft in einem Boot?
  38. 5.4 Mit Betrieben gemeinsam lernen ….
  39. 5.5 Annäherung an die Arbeitswelt geht auch anders!
  40. 5.6 Netzwerkarbeit generiert Bildungsbündnisse
  41. 5.7 Lernort Betrieb – notwendige Bedingungen eines notwendigen Bildungssettings
  42. Literatur
  43. 6. (M)Eine Sprache: pädagogische (Selbst-)Entdeckungen eines angehenden Lehrers in Sprachwelten der dualen Ausbildungsvorbereitung
  44. Maximilian Thinnes
  45. 6.1 Dualisierte Ausbildungsvorbereitung in Hamburg
  46. 6.2 Lernort: Schule
  47. 6.3 Lernort: Betrieb
  48. 6.4 Betriebliche Erkundungsaufträge in der sprachlichen Förderung
  49. 6.5 Sprachwelten miteinander verbinden
  50. Literatur
  51. 7 Transparenz – Partizipation – Parteilichkeit Bildungsbegleitung und Schulsozialarbeit für junge Geflüchtete
  52. Maren Gag
  53. 7.1 Sozialpädagogische Irritationen am Lernort Schule
  54. 7.2 Merkmale einer erschwerten Lebenslage junger Geflüchteter – Sozialpädagogische Anforderungen am Übergang von der Schule in den Beruf
  55. 7.3 Unterstützungssysteme an der Nahtstelle zu schulischer Bildung – Modelle der Kooperation von Akteuren in Schule und Sozialer Arbeit
  56. 7.4 Vom Zusammenhang von Schulsozialarbeit und Schulentwicklung
  57. Literatur
  58. 8 Die Gesellschafts- und Weltverwicklungen zum Thema machen Alternativen zur Vermittlung von Regeln und Landeskunde »Deutschland« im gesellschaftskundlichen Unterricht mit geflüchteten Jugendlichen in der Ausbildungsvorbereitung
  59. Frauke Meyer
  60. 8.1 Landes- und Gesellschaftskunde in der Ausbildungs- und Berufsvorbereitung
  61. 8.2 Weiße Vorherrschaft in Lehr- und Unterrichtsmaterialien: Warum der Ruf nach Regelkenntnissen in den deutschen Werten und Normen nicht zielführend ist
  62. 8.3 Über Werte und Normen sprechen: Gelingensbedingungen für eine offene Auseinandersetzung mit geflüchteten Jugendlichen
  63. 8.4 Anregungen für einen herrschaftskritischen Landes- und Gesellschaftskundeunterricht mit jungen Geflüchteten
  64. Literatur
  65. 9 Von den Lebenslagen zum Schulprogramm Schritte zu einer fluchtsensiblen Unterrichtsentwicklung
  66. Joachim Schroeder
  67. 9.1 Postulate der Schulprogrammentwicklung
  68. 9.2 Übergreifende Aspekte des Schulprogramms
  69. 9.3 Die pädagogische Gestalt der Schuljahresplanung
  70. 9.4 Organisations- und Ressourcenplanung
  71. Literatur
  72. Autorinnen und Autoren

Einleitung

 

 

Kommt dieses Buch womöglich zu spät? Die Zahl der neu in Deutschland eintreffenden Schutzsuchenden sinkt seit der so genannten »Flüchtlingskrise« im Sommer 2015 stetig. Die zunächst zur Unterbringung notdürftig hergerichteten Zelte, Turnhallen und leerstehenden Baumärkte sind schon lange wieder geschlossen, auch die provisorischen Deutschkurse unter freiem Himmel, die Lagerschulen oder Lern-Container sind überwiegend verschwunden. Die Plätze für allein reisende minderjährige Geflüchtete in sozialpädagogisch betreuten Jugendwohngruppen werden mangels Nachfrage zurückgefahren. An den Schulen sind die ersten »Willkommensklassen« aufgelöst worden, weil die zugewanderten Kinder und Jugendlichen inzwischen in die Regelklassen wechseln konnten und immer weniger neue Schülerinnen und Schüler einreisen. Viele Asylanträge sind geprüft und oftmals abgelehnt worden, Abschiebungen haben begonnen, auch wenn nicht alle Zwangsrückführungen vollzogen werden können. Manche Geflüchtete haben wenigstens eine Duldung erhalten.

Mitte 2016 war dieses Thema in allen Ebenen und Segmenten des deutschen Bildungssystems gerade der schulpädagogische Brennpunkt schlechthin. Die Bildungspolitik und die Bildungseinrichtungen waren zu dieser Zeit noch sehr damit beschäftigt, die im Sommer 2015 ausgelöste institutionelle Krise zu managen: Mit atemberaubender Geschwindigkeit wurden verschiedenste Formate für die Vorbereitungsklassen in den Grundschulen, Sekundarstufen und Berufsschulen entwickelt, »fluchtsensible« Unterrichtsmaterialen herausgegeben, »sichere« und »traumapädagogische« Schulkonzepte entworfen, begleitet von Maßnahmen sonderpädagogischer Förderung und sozialpädagogischer Unterstützung. Anders als in den Jahrzehnten zuvor konnte bundesweit, trotz sehr hoher Schülerzahlen, die Beschulung der jungen Geflüchteten bemerkenswert schnell und umfassend organisiert werden.

Inzwischen hat sich in vielen Schulen aber auch Frust und Ernüchterung eingestellt. Zwar zeigt sich, dass manche junge Geflüchtete gut von den Bildungsangeboten profitieren können, dass sie rasch Deutsch lernen und sogar in den Gymnasien zugelassen werden. Insbesondere ältere Jugendliche schaffen jedoch in den für sie eingerichteten Bildungsangeboten die geforderten Schulabschlüsse häufig nicht, auch die zügige Einmündung in den Arbeitsmarkt oder in das Ausbildungssystem gelingt ihnen eher selten. Hinzu kommen asylpolitische Widrigkeiten, die der stern im August 2017 in dem eindrücklichen Artikel »Erst integriert, dann abgeschoben« so beschreibt: »Frustrierte Flüchtlingshelfer sind inzwischen in Sorge, durch ihre Integrationsarbeit den geflohenen Menschen eher einen Bärendienst erwiesen zu haben.« – Wie das?

»Um jemand außer Landes schaffen zu können, muss man ihn zunächst festnehmen. Gefährder und Kriminelle sind oft über Wochen abgetaucht. Die Braven sitzen jedoch pünktlich morgens im Klassenzimmer beim Integrationskurs. Man muss sie nur abholen. So ist das!, bestätigt eine Sprecherin des niedersächsischen Innenministeriums.«

Dieser politische Rassismus trifft die Schulen ganz besonders hart:

»Ich habe das Gefühl, als hätte ich meine Jungs betrogen, sagt Manfred Neumann. Er ist verantwortlich für die Integrationsklassen am beruflichen Schulzentrum im bayerischen Kehlheim. Ich habe ihnen gesagt: Geht zur Schule, macht keine Dummheiten, und macht im Anschluss eine Ausbildung – dann könnt ihr in Deutschland Fuß fassen. Doch Ende Mai holte ein Großaufgebot der bayerischen Bereitschaftspolizei einen Afghanen mitten im Unterricht aus einer Nürnberger Berufsschule. Ungefähr zur selben Zeit wurde auch in der Kehlheimer Berufsschule nachgefragt, ob einer der Schüler anwesend sei. Neumann befürchtete, der Schüler könnte abgeschoben werden. Der Schüler war an diesem Tag aber nicht in der Schule. Als er wieder in die Schule kam, fragte er seinen Lehrer: Was soll ich tun? Er überlege, unterzutauchen, wie schon einige Freunde zuvor, die in derselben Situation gewesen waren. Ja, was soll ich dem denn sagen? fragt Neumann« (stern, Nr. 33 vom 10.8.2017, S. 36).

Zwei Jahre nach einem durch mutigen Optimismus geprägten Versuch, die gesellschaftlichen Herausforderungen des »Flucht-Sommers 2015« zu bewältigen, stellen sich im Bildungssystem hinsichtlich der Beschulung junger Schutzsuchender neue drängende Fragen: Können wir in den Schulen einfach so weitermachen? Wie hat man sich auf die »neuen« Kinder und Jugendlichen im Bildungssystem pädagogisch eingestellt? Wohin hat sich das Schulsystem entwickelt? Hat es sich überhaupt gewandelt? Konnten die »fluchtsensiblen« Schulprogramme implementiert werden? Haben sie sich bewährt? Was davon sollte verstetigt werden? Zeigen sich institutionelle Schieflagen und wie lässt sich gegensteuern? Welche pädagogischen Schlüsse sind aus den Ereignissen, Entwicklungen und Erfahrungen in der »Krisenbewältigung« der vergangenen Jahre zu ziehen? Und: Sind wir nun auf die nächste »Flüchtlingskrise« besser vorbereitet als in 2015? Was hat die Schule bisher aus alldem gelernt?

Im vorliegenden Buch versuchen wir begründete Antworten auf solche Fragen zu geben. Wir reflektieren vor allem die Bildungsangebote für ältere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die in Deutschland Schutz suchen. Denn es zeichnete sich relativ schnell ab, dass die Schulen es ziemlich gut schaffen, die ganz jungen Geflüchteten in das Bildungssystem einzufädeln. Wird ein Flüchtlingskind im Alter von acht Jahren eingeschult, bleiben den Bildungseinrichtungen mindestens weitere acht Jahre, um es zu fördern (so man eine drohende Abschiebung ausblendet). Je älter die jungen Geflüchteten bei ihrer Ankunft in Deutschland jedoch sind, desto anspruchsvoller ist es, für diejenigen, die es nicht ins Gymnasium schaffen, angemessene Bildungsgänge zu entwickeln: Wer erst mit 15 oder 16 Jahren in das deutsche Bildungssystem aufgenommen wird, für den oder die bleiben häufig gerade mal zwei Schuljahre, bis die Volljährigkeit erreicht ist. Nur wenige Bundesländer haben die Schulpflicht für Geflüchtete über das 18. Lebensjahr hinaus verlängert. Was also ist in dieser verhältnismäßig kurzen Zeit im Unterricht anzubieten?

Die Autorinnen und Autoren dieses Buches befassen sich, zumeist schon seit sehr vielen Jahren, in der Schule und Sozialen Arbeit, in der Berufspädagogik und Erwachsenbildung, in der Migrationspädagogik, in der Lehreraus- und -fortbildung sowie in der erziehungswissenschaftlichen Forschung mit Fragen der allgemeinen und beruflichen Bildung, der sonderpädagogischen Förderung und der sozialpädagogischen Unterstützung von benachteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Vor diesem fachlichen Hintergrund wenden wir uns energisch gegen die in der pädagogischen Praxis oftmals verbreiteten, hilflosen Ratschläge, die den jungen Geflüchteten überdies auch in weiten Teilen der Bildungswissenschaft, wenngleich in gesetzter akademischer Sprache, gegeben werden: Geht zur Schule, macht keine Dummheiten, und macht im Anschluss eine Ausbildung – dann könnt ihr in Deutschland Fuß fassen! Genau das wird – seit Jahrzehnten – auch Jugendlichen gepredigt, die mit Hartz IV groß werden oder denen das Schulsystem einen sonderpädagogischen Förderbedarf attestiert hat, das wurde schon in den 1970er Jahren den »Gastarbeiterkindern« erzählt und wird heute den Kindern und Jugendlichen eingetrichtert, die in den so genannten »sozialen Brennpunkten« der westdeutschen Großstädte oder in den »abgehängten« ländlichen Regionen Ostdeutschlands aufwachsen.

Demgegenüber nehmen wir in diesem Buch die empirischen Befunde ernst, dass neben formalen auch non-formale Lern- und Erfahrungsfelder für bildungsbetrogene junge Menschen, und damit auch für junge Geflüchtete, in einer inhaltlich profilierten und organisatorisch weitgespannten Übergangspädagogik Schule/Arbeitswelt zu verankern sind. Wir betrachten die einzelnen Schulstufen und Bildungsgänge als »Durchgangsstationen« eines pädagogischen Übergangssystems, dessen Aufgabe es ist, selbst unter schwierigsten Bedingungen, bildungsbetrogenen Jugendlichen wirksame Chancen zu stiften, so dass sie nachweislich in der deutschen Gesellschaft Fuß fassen können. Dabei sehen wir die einzelnen Schulstufen und Bildungsgänge als zwar notwendige, aber nicht hinreichende Bestandteile eines pädagogischen Übergangssettings, in dem die Schule ein wichtiger Teil, aber beileibe nicht das Zentrum ist. Denn wie Integrationsstudien immer wieder zeigen, sind Betriebe, Vereine, Mentorenschaften und Patenfamilien für die Sicherung der gesellschaftlichen Teilhabe von Schutzsuchenden mindestens so wichtig wie die Schule.

Die Autorinnen und Autoren dieses Buches setzen sich außerdem schon lange mit den Folgen von Migration für die Institutionen der Erziehung, Bildung und sozialen Unterstützung auseinander, insbesondere im Handlungsfeld Flucht und Asyl. Wir schließen an den fachlichen Erkenntnisstand an, dass migrationspädagogische Bildungsangebote auf diskontinuierliche und transnationale Lern- und Erwerbsbiografien abzustimmen sind. Denn die Bildungsverläufe vieler junger Geflüchteter zeigen dramatische Brüche und beträchtliche Lücken, gleichwohl verfügen diese jungen Menschen zumeist über Erfahrungen des Überlebens im informellen Sektor, sie haben von klein auf in familiären Betrieben mitgearbeitet, sind es gewohnt, für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen und auch noch Geschwister oder andere Verwandte zu unterstützen. Die transnationalen Biografien lassen überdies vermuten, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht unbedingt »für immer« in Deutschland leben werden, sondern unter Umständen weiterwandern wollen. Oder die deutschen Behörden zwingen sie, in ihre Herkunftsländer zurückzukehren, was neue Fragen an die Gestaltung der Bildungsarbeit auch hier in der Bundesrepublik aufwirft. Die von dem Kehlheimer Berufsschullehrer im stern beschriebenen Situationen laufen schon seit Jahrzehnten in Deutschland genau so ab, wurden aber im pädagogischen Feld oftmals verdrängt.

Die meisten Autorinnen und Autoren dieses Buches gehen in ihren Beiträgen so vor, dass sie schul- und bildungstheoretische Überlegungen und didaktische Konkretionen von den Lebenslagen der Geflüchteten her begründen und entwickeln. Denn die Stabilisierung der verschiedenen Dimensionen einer erschwerten, prekären oder vulnerablen Lebenslage schafft überhaupt erst die Bedingungen, dass sich auch schulischer Erfolg und berufliche Eingliederung einstellen können. Deshalb sind die im Folgenden vorgeschlagenen pädagogischen Konzepte, Schulprogramme und Unterrichtsmodule für das Handlungsfeld Flucht und Asyl weniger aus den normativen Ansprüchen der Bildungsstandards, der Schulabschlüsse und der Fachdidaktiken abgeleitet, sondern sie sind vor allem auf die Anforderungen bezogen, die sich aus den Lebenslagen junger Menschen auf und noch lange nach ihrer ersten, großen Flucht ergeben.

In diesem Buch werden somit theoretische Begründungen, konzeptionelle Überlegungen und pädagogische Konkretionen für eine lebenslagenorientierte Unterrichts- und Schulprogrammentwicklung im Handlungsfeld Flucht und Asyl dargelegt. Wir stellen Möglichkeiten vor, wie man sich als Lehrkraft oder als Sozialpädagogin den Lebenslagen, Lebensbedingungen und Lebensverläufen von jungen Geflüchteten annähern kann, und wie sich im Spiegel dieser biografischen Erfahrungen die eigene professionelle »Habitussensibilität« erweitern lässt. Sodann werden gängige Bildungsangebote für schulpflichtige Schutzsuchende auf ihre pädagogische Überzeugungskraft hin geprüft und Vorschläge zu deren Weiterentwicklung unterbreitet. Andere Beiträge zeigen an vielen erprobten Beispielen, wie sich Mentorenschaften produktiv und unterstützend gestalten lassen, welche Aufgaben sich der Schulsozialarbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen stellen, die im Asylverfahren sind oder lediglich eine Duldung haben, und wie das Tabuthema »Rückkehr« in die pädagogischen Überlegungen einbezogen werden kann. Weitere Texte geben Empfehlungen zur Organisation, Gestaltung und pädagogischen Begleitung des Lernens im Betrieb, und machen auf die Notwendigkeit aufmerksam, die Unterrichtsinhalte auf mögliche Ethnozentrismen hin zu hinterfragen. Abschließend werden Schritte skizziert, wie diese verschiedenen Bausteine zu Schulprogrammen zusammengeführt werden können.

 

Hamburg, im März 2018

Joachim Schroeder

1          Annäherungen an Lebenslagen und Biografien junger Geflüchteter – eine unabdingbare Voraussetzung für eine pädagogische Kommunikation »auf Augenhöhe«

Joachim Schroeder

1.1       »Habitussensibilität« im Handlungsfeld Flucht und Asyl

Junge Geflüchtete zählen, wie auch Schulpflichtige in Hartz-IV, solche mit einer Behinderung und jene, die obdachlos sind, Suchtprobleme haben oder einer diskriminierten Minderheit angehören, zu den vulnerablen Gruppen, die in ihren individuellen Bildungsgängen die Folgen der unlösbaren »sozialen Frage« ausbaden müssen (Schroeder 2012). Junge Geflüchtete stammen oftmals aus den so genannten Entwicklungsländern des globalen Südens und gelangen in das Schulsystem eines im Weltvergleich gesehen relativ reichen Landes des globalen Nordens. In Deutschland geraten die »Newcomer« in ein sozialrechtliches Parallelsystem für Geflüchtete, das sie für viele Jahre in Asylarmut drängt. In den Schulen sind sie dann in Flüchtlingsklassen unter sich oder treffen in den Regelklassen auf Gleichaltrige anderer sozialer Milieus. Das pädagogische Personal jedenfalls gehört sowohl in den Schulen als auch in den Einrichtungen den etablierten Schichten an, sodass mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der pädagogische Bezug durch soziale Asymmetrien geprägt ist.

In der pädagogischen Professionsforschung setzt man sich unter Verwendung des Begriffs »Habitussensibilität« wieder intensiver mit der Frage auseinander, welche Anforderungen sich für das professionelle Handeln aus der sozialen Ungleichheit in der Gesellschaft ergeben (Sander 2014). Denn es dürfte »unstrittig sein, dass die soziale Lage bzw. die zur Verfügung stehenden Ressourcen, aber auch die akteursspezifischen Dispositionen (wie etwa im Habituskonzept Pierre Bourdieus ausgeführt) eine kaum zu unterschätzende Wirkung auf das Handeln der beteiligten Personen sowie den Verlauf der Interaktion zwischen ihnen entfalten (können)« (Weckwerth 2014, S. 38). »Habitussensibilität« sei vor allem dort gefragt, »wo Fachkräfte mit der Vielfalt und Ungleichheit von Lebenshintergründen und Erfahrungen der Klientel in Kontakt kommen, welche im Zusammenhang mit verschiedenen Kategorien sozialer Differenz (bspw. Geschlecht, Alter, Herkunft, Religion) stehen« (Kubisch 2014, S. 117) – eine Ausgangslage, die gewiss auf das Personal in Schulen aller Stufen und Formen zutrifft.

»Habitussensibilität« ist folglich auch für eine pädagogische Kommunikation »auf Augenhöhe« mit jungen Geflüchteten in der Schule notwendig. »Habitussensibilität« meint, dass Lehrkräfte, Erzieher und Sozialpädagoginnen in ihrem professionellen Handeln sowohl die soziale Situation ihrer Klientel berücksichtigen als auch ihre eigene soziale Situiertheit als Professionelle reflektieren (vgl. Sander 2014, S. 9). »Habitussensibilität«, so schreibt Sander weiter, werde immer dann notwendig, »wenn Angehörige unterschiedlicher sozialer Milieus ein Arbeitsbündnis herstellen wollen« (S. 11) und »zusammen eine Aufgabe angehen bzw. ein Problem lösen müssen« (S. 16). Folglich ist es in schulischen Arbeitsbündnissen unerlässlich, sich der sozialen Ungleichheit zu stellen, die zwischen den Schülerinnen bzw. Schülern und den pädagogischen Fachkräften besteht, weil diese soziale Asymmetrie jegliche pädagogische Kommunikation präformiert (ebd., S. 10).

Nach Bourdieu sind habituelle Muster »handlungsleitende Orientierungen im Sinne habitueller Wahrnehmungs-, Konstruktions- und Handlungsweisen« (vgl. Kubisch 2014, S. 117). Diese werden im Laufe des Lebens erworben, sie geben Sicherheit, und sie strukturieren dauerhaft die Arbeit in der professionellen Praxis. In dem von Sander (2014) herausgegebenen Sammelband finden sich mehrere empirische Studien zu Studierenden der Sozialen Arbeit, die eindrücklich belegen, dass der an die Hochschule ›mitgebrachte‹ Habitus ein relativ stabiles und schwer zu änderndes Strukturgebilde ist und sich »Habitusmodifikationen« bei den Studierenden durch das Studium nur bedingt anstoßen lassen. Andererseits bleibt vermutlich kaum mehr, als in der Aus-, Fort- und Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte solche Reflexionssettings anzubieten, in denen sich die eigenen Dispositionen bewusst machen lassen und die individuellen Distinktionspraktiken, als den habitualisierten Mechanismen der Reproduktion sozialer Ungleichheit, reduziert werden können (vgl. Weckwerth 2014, S. 58–60).

Im Folgenden möchte ich von eigenen Bemühungen berichten, bei Lehramtsstudierenden »Habitussensibilität« für die schulische Flüchtlingsarbeit zu generieren. In meinen Seminaren soll es den künftigen Lehrkräften möglich werden, sich in pädagogischen Settings »den Habitus eines Gegenübers« (Weckwerth) – hier: junger Geflüchteter – zu erschließen, dadurch für ihren eigenen Habitus sensibler zu werden und günstigstenfalls zu beginnen, die »Trägheit des Habitus« (Bourdieu) zu überwinden und diesen mit Bezug auf die pädagogische Arbeit umzuformen. Im Weiteren werde ich begründen, dass »Habitussensibilität« als professionelle Handlungskompetenz der Flüchtlingsarbeit in der Schule (a) fundiertes Lebensweltwissen über die soziale Lage der »Newcomer« und (b) eine nüchterne Selbstverortung der Lehrkräfte in der Weltgesellschaft benötigt, sowie (c) eine Methodologie zur Entwicklung von Schulkonzepten, in denen pädagogische Kommunikation als institutionelle Verantwortung organisiert wird, (d) ergänzt durch aufsuchende Ansätze.

1.2       Erarbeitung von Lebensweltwissen zu Menschen auf der Flucht

Um mit Studierenden dem »Habitus der Überlebenskunst« (Seukwa 2006) auf die Spur zu kommen, den junge Geflüchtete ausbilden müssen, um all das bewältigen zu können, womit sie in ihren Herkunftsländern, auf der Flucht und eben auch in Deutschland konfrontiert werden, nutze ich u. a. das Buch »Im Meer schwimmen Krokodile. Eine wahre Geschichte.« Der italienische Journalist und Schriftsteller Fabio Geda (2010) hat den autobiografischen Bericht des 21-jährigen Enaiatollah Akbari aus Afghanistan über dessen mehr als acht Jahre andauernde Flucht zu einer fesselnden Erzählung verdichtet. Mit diesem Text lassen sich vorzüglich strukturelle Merkmale und biografische Auswirkungen von Flucht erkennen und die pädagogischen Ansatzmöglichkeiten im Land des Asyls reflektieren. Ich habe bereits an anderer Stelle einige hochschuldidaktischen Erfahrungen mit dem Buch erörtert (Schroeder 2017a). Nachfolgend berichte ich aus der Seminararbeit im Wintersemester 2016/17 mit Erstsemestern im Bachelor Lehramt für Sonderpädagogik.

Raum-Zeit-Analyse

In die fluchtbedingte Habitusanalyse lässt sich gut mit der Karte »Enaiats Reise« einsteigen, die auf den letzten Buchseiten angehängt ist (image Abb. 1.1). Sie zeigt Enaiats Fluchtweg, der ihn von Afghanistan über Pakistan, den Iran, die Türkei und Griechenland nach Italien führt, wo er nach kurzen Aufenthalten in Venedig und Rom schließlich in Turin von einer italienischen Familie aufgenommen wird. Dem Text ist zu entnehmen, dass er bei Fluchtbeginn ca. zehn Jahre alt gewesen ist, in Turin ist er dann 18 Jahre alt.

Als erstes fordere ich die Studierenden auf, pädagogisch relevante Fragen an die Karte zu stellen. Obwohl einige berichten, sie hätten das Buch bereits in der Schule gelesen, braucht das etwas Zeit, denn sie haben im Unterricht gelernt, solche Texte literatur-, aber nicht erziehungs- und bildungswissenschaftlich zu interpretieren. Deshalb frage ich zum Beispiel: Die Karte ist mit »Enaiats Reise« überschrieben. Was waren denn seine »Reisemotive«? Ist »Reise« überhaupt ein angemessener Begriff? Die Diskussion ergibt, dass es sich migrationssoziologisch bei dieser »Reise« um eine transnationale Zwangsmigration (Pries 2008) handelt: Die Mutter schickt Enaiat weg, um ihn vor den Taliban zu schützen. Der weitere Weg durch fünf Nationalstaaten wird erzwungen, weil er dort überall ohne Aufenthaltsrecht lebt und somit nicht bleiben kann, und zweimal sogar abgeschoben wird.

Viele transnationale Migrationsbiografien entstehen, weil die jungen Geflüchteten zumindest eine Zeitlang bei Familienmitgliedern unterkommen, die in anderen Ländern leben. Aufgrund der Armut im globalen Süden vertrauen Eltern ihre Kinder anderen Verwandten oder Personen an, die günstigere Bedingungen für das Aufwachsen und für Bildung bieten können. Ganz selbstverständlich nehmen die Erwachsenen ihnen »fremde« Kinder auf, weil es eine moralische Verpflichtung ist, dass man sich um Kinder in Not zu kümmern hat. Enaiat muss sich indes ohne solche familiären Ankerorte durchschlagen, die Flucht ist nicht zielgerichtet, auch in Italien wartet niemand auf ihn, vielmehr muss erst eine Pflegefamilie für ihn gefunden werden. Andere junge Transmigranten sind hingegen fest eingebunden in die plurilokalen Verflechtungszusammenhänge sich weltweit aufspannender familiärer Netzwerke, die jedoch von höchst unterschiedlicher Qualität sind, was den

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Abb. 1.1: Karte zu Enaiats Fluchtweg, Quelle: Fabio Geda, Im Meer schwimmen Krokodile, erschienen im btb Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Nutzen, die Anforderungen, aber auch die Belastungen oder gar Bedrohungen ihrer Mitglieder betrifft.

Die gesamte im Buch beschriebene Migration dauert ca. acht Jahre. Wäre Enaiat nicht 2000 nach Italien, sondern 2016 nach Deutschland gekommen, hätte er eine denkbar ungünstige Bleibeperspektive, weil Afghanistan als sicheres Herkunftsland zählt und man ihn aufgrund eines entsprechenden Rückführungsabkommens erneut zwingen könnte, wieder wegzugehen. Somit stellte sich 2000 in Turin eher die Frage nach gesellschaftlicher Integration und den Beiträgen, die die Pädagogik dazu leisten kann; für jene »Enaiats«, die gegenwärtig aus Afghanistan nach Deutschland kommen, geht es pädagogisch hingegen um Rückkehrvorbereitung oder um die Aufenthaltssicherung, beispielsweise durch Finanzierung von Rechtsbeistand und Klage und ggf. Adoption.

Als Enaiat in Afghanistan aufbricht, war er in der vierten Klasse einer Grundschule. Als er nach acht Jahren in Turin zum ersten Mal wieder die Schule besucht, ist er nach italienischem Recht bereits nicht mehr schulpflichtig. Einer zunächst »normalen« Kindheit in Afghanistan schließt sich eine Adoleszenz an, die durch einen relativ häufigen Wechsel der Länder und Aufenthaltsorte und durch eine achtjährige Unterbrechung der schulischen Bildung geprägt ist. Es handelt sich hier um eine diskontinuierliche Bildungsbiografie, auf die die nationalen Bildungssysteme denkbar schlecht eingestellt sind, weil gesellschaftlich gleichsam erwartet wird, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene das Bildungssystem ohne Unterbrechung (zeitliche Kontinuität) und auch lediglich ein einziges Bildungssystem – nämlich das des Landes der Geburt – durchlaufen (räumliche Kontinuität). Wer die eine, die andere oder gar beide gesellschaftlichen Erwartungen nicht erfüllt, bekommt in seinem Bildungsverlauf schnell ein Problem (Schroeder/Seukwa 2018).

Mit einem erneuten Blick auf die Karte geht es nun um die Frage, wie man eine transnationale Flucht eigentlich sprachlich bewältigt. Die Rekonstruktion der Sprachräume, die Enaiat durchläuft, mit ihren jeweiligen nationalen Verkehrssprachen, Minderheitensprachen und Schriftsystemen, fällt den Studierenden, alleingelassen mit ihrem Allgemeinwissen, schwer. Im Buch wird deutlich, dass es Enaiat immer sehr schnell gelingt, sich die in den jeweiligen Ländern erforderlichen sprachlichen Kompetenzen zumindest in basaler Weise anzueignen. Seine Sprachbiografie steht für eine Art sukzessiv mehrsprachige Sozialisation, in der insbesondere die »metasprachlichen Kompetenzen« ausgebildet werden, also Strategien des Sprachenlernens, an die im Unterricht der Schule angeknüpft werden kann und die gefördert werden sollten. Pädagogisch interessant ist auch, dass Enaiat trotz der achtjährigen Unterbrechung des Schulbesuchs dennoch nicht als funktionaler Analphabet in Italien ankommt, sondern zumindest die Kulturtechniken, auch die lateinische Schrift, einigermaßen beherrscht.

Wieder mit Bezugnahme auf die Grafik zu »Enaiats Reise« diskutieren wir noch, ob er denn als ein junger männlicher Muslim bezeichnet werden kann. Seine Flucht durchläuft unterschiedlich religiös geprägte Staaten, wie z. B. das multireligiöse aber doch dominant islamische Afghanistan und Pakistan, den Iran mit schiitischer Staatsreligion, die säkular-islamische Türkei, das griechisch-orthodoxe Griechenland und das säkular-katholische Italien. Enaiat interessiert sich indes nicht für Religion. Hin und wieder geht er in eine Moschee, allerdings nicht, um zu beten, sondern um sich zu waschen. Religion hat für ihn offensichtlich keine Bedeutung, auch nicht zur Bewältigung seiner schwierigen Fluchtgeschichte.

Lebenslagenanalyse

Für eine pädagogische Kommunikation »auf Augenhöhe« ist es wichtig, die individuellen Lebensbedingungen »des Gegenübers« präzise zu identifizieren. Denn daraus lassen sich dann pädagogische Handlungsmöglichkeiten bestimmen, die dazu beitragen können, benachteiligten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen subjektiv befriedigende Teilhabechancen zu eröffnen. Lebenslagenanalysen sind hierfür ein geeigneter methodischer Zugang (image Kap. 2). Die Studierenden erhalten den Auftrag, aus dem Text möglichst genau und umfassend eine von mir vorbereitete Tabelle auszufüllen, die in etwa folgendes Ergebnis erbringt:

An der Tabelle (image Tab. 1.1) wird die Fragwürdigkeit gängiger erziehungswissenschaftlicher Begriffe deutlich. In einem juristischen Sinn ist Enaiat Halbwaise, denn sein Vater wird – vermutlich bei einem Überfall von Banditen – umgebracht, als er sechs Jahre alt ist. De facto ist er Sozialwaise, weil er von seiner Mutter im Alter von zehn Jahren ausgesetzt wird und auch seine Geschwister oder andere Verwandte sich nicht mehr um ihn kümmern. Der Begriff passt indes nicht, weil die Übergabe ihres Kindes an einen so genannten Schlepper die vermutlich einzig richtige lebensrettende Maßnahme war, die seine Mutter ergreifen konnte. Augenscheinlich ist Enaiat dann ein Straßenkind, allerdings lebt er fast nur in Europa tagsüber auf der Straße und schläft nachts in öffentlichen Parks. In Pakistan und im Iran hingegen wohnt er überwiegend an den Arbeitsorten (Herbergen, Baustellen, eine Steinfabrik), teilweise darf er diese Häuser und das Gelände nicht verlassen. Enaiat kann, wie auch viele Geflüchtete in Deutschland, nicht verstehen, dass es ihm in Italien verboten ist, bis zum Entscheid über den Asylantrag zu arbeiten (»Das Nichtstun lag mir ganz und gar nicht«; S. 178). Denn viele junge Geflüchtete verfügen über langjährige Arbeitserfahrungen in ihren Herkunftsländern, sei es im familiären Haushalt, in der informellen Ökonomie oder in Lohnarbeit. In Deutschland echauffiert man sich gerne über Kinderarbeit in den Ländern des globalen Südens. Übersehen wird dabei, dass die jungen Menschen dadurch jene »Resilienz«, also eine sich selbst schützende Widerstandsfähigkeit (vgl. Opp/Fingerle 2007) erwerben können, die man hierzulande dann mittels spezieller pädagogischer Programme in ihnen erzeugen will.

Gemessen an den dortigen durchschnittlichen Lebensbedingungen wächst Enaiat in Afghanistan wohl in relativer Armut auf: Die Familie versorgt sich in Subsistenzlandwirtschaft selbst, sie hungert nicht, und die Kinder können zur Schule gehen. In Italien lebt er von staatlichen Transferleistungen und materieller Unterstützung durch Freunde und eine Pflegefamilie, und somit wiederum in relativer Armut. In den acht Jahren dazwischen befindet er sich in absoluter Armut – auch noch in Griechenland und in den ersten Wochen in Italien. Die Primärbedürfnisse (Essen, sicherer Schlafplatz, Kleidung, Bildung, Gesundheitsversorgung) sind nur selten befriedigt, es zeigen sich gravierende Unterversorgungen, denn Hunger und Durst dominieren. In den acht Jahren der Flucht weist Enaiats biografischer Verlauf eine »Konstanz im Extrem« (Laubstein et al. 2012, S. 207) auf.

Enaiats soziale Bindungen entstehen rasch und zerfallen ebenso schnell wieder, er ist fast ausschließlich in temporäre Zweckgemeinschaften integriert, die selten emotional fundiert sind. Es gibt niemanden, mit dem zusammen er die acht Jahre gemeinsam durchstehen könnte, sondern er ist ganz überwiegend auf sich allein gestellt. Zwar findet er überall, wo er hinkommt, relativ schnell Gleichaltrige, mit denen er sich anfreundet, und Erwachsene, die ihm helfen. Doch auch in den sozialen Beziehungen zeigen sich Diskontinuitäten als durchgängiges Muster; er

Tab. 1.1: Lebenslagenanalyse zu Enaiat (2000 bis 2008)

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EnaiatAfghanistanPakistanIranTürkeiGriechenlandItalien

behauptet sogar, seine Mutter lange Zeit vollkommen aus dem Gedächtnis gelöscht zu haben (S. 185). Eine altersangemessene Entdeckung der Geschlechtlichkeit findet ebenfalls nicht statt, auch nicht als 18-Jähriger in Italien. Es gibt im Buch hierzu nur eine einzige Textstelle: In einem Bus im Iran ist Enaiat betört vom Duft eines jungen Mädchens, das neben ihm sitzt (S. 86, 87). Ansonsten sind Erotik und Sexualität – jedenfalls im Text – ein Tabu.

In Lebenslagenanalysen ist es wichtig zu fragen, was Menschen besitzen. Denn in vielen persönlichen Dingen, die jemandem gehören, werden Themen der Biografie vergegenständlicht kommuniziert. Objekte haben nicht nur einen Gebrauchswert, sondern sie haben auch eine »persönliche« Geschichte, sie sind ein verdichteter Ausdruck der Person, ihrer Lebensweise, ihres kulturellen Alltagslebens und sie verweisen oftmals auf soziale Beziehungen. Deshalb sind sie für die Pädagogik relevant: »Durch die Untersuchung von Objekten erfährt der Archäologe viel über die Geschichte, die Errungenschaften, den kulturellen Einfluß, die Werte und die Lebensweise eines Volkes« (Lewis 1982, S. 581) – und damit auch über die Subjekte. Obwohl Enaiat in Pakistan und im Iran zeitweise recht gut verdient, spart er das Geld (das zumeist an Schlepper geht). Nur einmal erfüllt er sich einen Wunsch und kauft sich eine Armbanduhr, von der er schon lange träumt, die ihm allerdings von einem korrupten Polizisten schnell wieder abgenommen wird. Viele Jahre besitzt Enaiat buchstäblich nur das, was er am Körper trägt. Er hat keine Gebrauchsgegenstände, keine Erinnerungsstücke, keine Geschenke aus Afghanistan mitgenommen und nimmt auch nichts aus den Transitländern mit.

Viele Studierende zeigen sich beeindruckt, dass Enaiat in der sehr extremen Lebenssituation dennoch nicht zum Opfer der Verhältnisse werde, die auf ihn einwirkten. Trotz einer umfassenden Fremdbestimmung gelinge es ihm in beeindruckender Weise, sich rasch an die sich ständig verändernden Bedingungen anzupassen und seinen Lebensweg im Rahmen des Gegebenen aktiv zu gestalten. Das Buch stelle stereotype Vorstellungen über Kinder und Jugendliche auf der Flucht in Frage.

Schule als biografische Erfahrung

Die Schule in seinem Heimatort Nawa (S. 23–26) erlebt Enaiat zunächst als einen Lernort, der zu seinem Alltag gehört, der aber nicht allzu wichtig für ihn ist. Doch anders als das in Deutschland oftmals über solche Länder kolportiert wird, ist der Unterricht nicht autoritär, frontal und memorierend. Auch der Lehrer ist weder streng noch züchtigt er die Kinder; »der gütige Blick des Lehrers« bleibt Enaiat zeitlebens in Erinnerung (S. 63). Die Heimatschule wird dann jedoch zu einem Ort des Schreckens, als die Taliban den Lehrer und den Direktor vor den Augen der Kinder im Klassenraum ermorden, weil diese sich weigerten, die Schule zu schließen. In Quetta (Pakistan) wird Enaiat bewusst, dass er nicht mehr zur Schule gehen kann und sie für ihn zu einem Sehnsuchtsort wird: Er schaut manchmal zu, wenn Kinder, sauber gekämmt, in die Schule gehen: »In solchen Momenten hasste ich sie und musste mich abwenden« (S. 36). Als er dann Jahre später in Turin Sprachkurse belegt, kommt er immer »glücklich und erschöpft nach Hause« (S. 179); diese Bildungseinrichtung empfindet er als einen Ort des Privilegs. Doch die zwei Schulen, die er danach besucht, erlebt er zunächst als Orte der Nicht-Zugehörigkeit: So sind seine Lehrer dagegen, als er sich zum Schulabschluss anmeldet (und diesen erfolgreich besteht). Eine Lehrerin an der Fachoberschule möchte ihn vom Unterricht ausschließen, weil er ihrer Meinung nach nicht genügend schulische Vorbildung hat. Die Mitschüler sehen in ihm einen Streber, weil er so lernbegierig ist. In Gesundheitserziehung lernt er, dass er sich in seiner Vergangenheit falsch ernährt hat (S. 182). All das sind Hinweise auf eine fehlende Habitussensibilität.

Lernanalyse

Die Europäische Kommission hat 2001 in dem Dokument »Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen« folgende Definitionen zu drei grundlegenden Lernformen festgelegt (S. 32 f.):

•  Formales Lernen: Lernen, das üblicherweise in einer Bildungs- oder Ausbildungseinrichtung stattfindet, in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung strukturiert ist und zur Zertifizierung führt. Formales Lernen ist aus der Sicht des Lernenden zielgerichtet.

•  Nicht formales Lernen: Lernen, das nicht in einer Bildungs- oder Berufsbildungseinrichtung stattfindet und üblicherweise nicht zur Zertifizierung führt. Gleichwohl ist das Lernen ein systematisches (in Bezug auf Lernziele, Lerndauer und Lernmittel). Aus Sicht der Lernenden ist es zielgerichtet.

•  Informelles Lernen: Lernen, das im Alltag, am Arbeitsplatz, im Familienkreis oder in der Freizeit stattfindet. Es ist (in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung) nicht strukturiert und führt üblicherweise nicht zur Zertifizierung. Informelles Lernen kann zielgerichtet sein, ist jedoch in den meisten Fällen nichtintentional (oder inzidentell/beiläufig).

Die Studierenden untersuchen Enaiats Lernen in den verschiedenen Ländern:

Tab. 1.2: Lernanalyse zu Enaiat (2000 bis 2008)

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Formales LernenNon-formales LernenInformelles Lernen

Die Studierenden berichten, dass sie in der »Lernanalyse« die Spalte zu Enaiats formalem Lernen rasch ausfüllen konnten. Teilweise sind sie überrascht, dass es auch in Afghanistan (und sogar in ländlichen Regionen) nonformale sozialisationsergänzende Jugendarbeit gab, sie hatten solche Angebote lediglich in Europa vermutet. Deutlich wird auch, dass Enaiat in den acht Jahren nie in einem Flüchtlingslager gelebt hat, und deshalb keinerlei sozialpädagogische oder schulische Angebote wahrnehmen konnte, die es ja zumeist in solchen Unterbringungsformen gibt.

Es macht den Studierenden erhebliche Mühe, die informellen Lernprozesse zu rekonstruieren. Sie finden u. a. Mut, Vorsicht, Bereitschaft sich unterzuordnen, Listigkeit, Kontaktfähigkeit, Selbstorganisation und das Nutzen von Gelegenheiten. Dies lässt sich auch in der pädagogischen Arbeit mit jungen Geflüchteten immer wieder feststellen: Es fällt ihnen schwer, ihr eigenes Lernen und die dabei erworbenen Kompetenzen diesseits und jenseits des schulischen Lernens zu beschreiben und zu benennen. Gerade die »soft skills« wie Zuverlässigkeit, Durchhaltevermögen, Verlässlichkeit, Verantwortlichkeit, Zähigkeit und Kreativität, oder die Fähigkeit zu präzisem Beobachten und Nachahmen werden kaum als Folge von Lern- und Bildungsprozessen gedeutet und anerkannt, sind aber ein wichtiges »Kapital« bei der Suche nach einem Praktikums-, Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.

Annäherung an das Thema »Traumatisierung«

Die letzte Aufgabe, die ich den Studierenden stelle, lautet: »Bitte zählen Sie die Toten, die in dem Buch genannt werden. Tragen Sie in Ihre Liste auch die Todesursachen bzw. die jeweiligen Umstände des Todes ein.« Enaiat erlebt mehrfach das Sterben von Menschen direkt mit, doch in der Geschichte wird kein einziger »natürlicher« Tod berichtet: Vater, Lehrer und Schuldirektor werden ermordet; ein Freund ertrinkt bei der Flucht im Schlauchboot; ein Junge wird wegen einer Verletzung in den Bergen zurückgelassen – »wir ließen ihn im Stich« (S. 112) –; ein anderer stirbt bei einer Messerstecherei, und zwölf von 77 Flüchtlingen wurden auf dem Weg in die Türkei »von der Stille verschluckt« (S. 114). Zeit für Trauer bleibt auf der Flucht nicht.

Ganz gut gelingt es mit dem Buch, das bereits naturalisierte Bild vom »traumatisierten Flüchtling« zu entdramatisieren. Zwar (ver-)führen die teilweise dramatischen Erlebnisse und Erfahrungen zunächst zu der Vermutung, dass bei Enaiat Traumatisierungen vorliegen müssen. Zudem berichtet er immer wieder von Symptomen, die als post-traumatisch gedeutet werden könnten: »ein riesiges Durcheinander« in seinem Kopf (S. 28) oder Schlaflosigkeit, Albträume, Niedergeschlagenheit, Erinnerungslücken (S. 184). Doch die Traumapsychologie warnt davor, nicht leichtfertig von einem Kausalzusammenhang zwischen Flucht und psychischen Störungen auszugehen und Geflüchteten nicht kollektiv eine beschädigte Identität zu unterstellen (Adam/Inal 2013).

Im Bericht über Enaiat bleibt offen, ob Italien das Ende seiner Flucht ist, ob er nach Afghanistan zurückkehren oder in ein anderes Land ziehen möchte. Die Studierenden erkennen, dass diese »Zukunftsoffenheit« für den Unterricht herausfordernd ist, weil für einen längeren Zeitraum unklar bleibt, wo das weitere Leben stattfinden wird, auf das die Schule vorbereiten möchte. Ein pädagogisches Angebot, das sich ausschließlich auf die Integration in die Einwanderungsgesellschaft ausrichtet, ist in diesem biografischen Abschnitt der jungen Geflüchteten genauso verfehlt wie eine vorauseilende Vorbereitung auf die Rückkehr. Pädagogik in der Zeit der anstehenden Entscheidung über das Asyl muss beides leisten: das Exilland für die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen durchschaubar und das Leben in der Erstunterbringung oder mit einer Duldung halbwegs erträglich zu machen, aber auch die rechtlich prekären Zukunftsperspektiven von Anfang an mit in die Arbeit einzubeziehen.

1.3       Auseinandersetzung mit Ungleichheiten im »Arbeitsbündnis«

In der Seminararbeit versuche ich die Studierenden zu zwingen, den Schritt von der Wahrnehmung der Lebenssituation von Geflüchteten zur Reflexion »der eigenen Verwobenheit« in Prozessen der sozialen Ungleichheit im Sinne »soziologischer Selbstpositionierungen« zu gehen (Schmitt 2014, S. 82). In einer Seminarsitzung im Wintersemester 2016/17 »überraschte« ich die Bachelor-Studierenden im Lehramt Sonderpädagogik mit einer »unangesagten Klausur«, und ließ sie 90 Minuten lang diese Aufgabe schriftlich bearbeiten:

Neulich am Abend beim Griechen …

Sie unterrichten in der siebten Klasse einer Stadtteilschule. Eines Abends sitzen Sie mit Freunden »beim Griechen« um die Ecke. Es ist etwa neun Uhr. Sie sind gerade beim Essen, als einer Ihrer Schüler mit seinem Vater die Kneipe betritt. Die Familie stammt aus Armenien und ist seit eineinhalb Jahren in Deutschland. Der Vater spielt Akkordeon, der Junge singt dazu. Die Darbietung dauert etwa drei Minuten.

1.  Überlegen Sie, wie Sie reagieren werden, wenn der Junge an Ihren Tisch tritt, um Geld einzusammeln. Was tun Sie? Was sagen Sie?

2.  In dem Beispiel agieren Sie in mindestens zwei verschiedenen Rollen: als Privatperson mit gesichertem Einkommen und als Lehrer/Lehrerin mit pädagogischer Verantwortung. Diskutieren Sie Konsequenzen für Reaktionen und Handlungen im Kontext dieser unterschiedlichen Rollen.

3.  Wie geht es am nächsten Morgen in der Klasse weiter mit Ihnen und Ihrem Schüler? Sprechen Sie ihn auf den Abend an? Worüber sprechen Sie mit ihm? Leiten Sie Maßnahmen ein? Welche? Gehen Sie über den Vorfall hinweg? Wie soll das gehen?

Diese Situation hatte ich vor 25 Jahren in einer größeren Stadt in Süddeutschland erlebt, als eine befreundete Lehrerin ihrem Schüler in solcher Weise begegnete und wir danach beim Essen darüber ausführlich diskutierten. Schon damals habe ich das Vorkommnis zu einem »Fall« für Seminare aufbereitet, irgendwann dann aber wieder aus dem »Programm« genommen. In der Straße, in der ich in Hamburg wohne, zieht seit einigen Jahren ein inzwischen 16-jähriger ehemaliger Flüchtling aus Armenien (ohne Vater) durch die vielen Restaurants und spielt dort Abend für Abend herzzerreißend falsch Akkordeon. Nachdem ich ihn angesprochen hatte, stellte sich heraus, dass er früher mal in die Stadtteilschule in derselben Straße ging. Als er schwänzte, habe die Schule ihn noch eine Zeitlang gesucht, doch seit mehr als einem Jahr habe man keinen Kontakt mehr miteinander. Also habe ich den »Fall« wieder in mein Seminarprogramm aufgenommen, weil er meines Erachtens eindrücklich zeigt, wie die Folgen globaler Zwangsmigration bis in die Mikrostrukturen des pädagogischen Bezugs hineinwirken.

Denn jede Beziehung zwischen einer Lehrkraft und ihrem Schüler bleibt stets eingebunden in die Antinomien der ökonomischen Ungleichheit dieser Weltgesellschaft (Armut/Reichtum), sie ist verstrickt in die Polarisierung der sozialen Milieus und ihrer Habitusformen, in die Hierarchisierung von Normalitätsvorstellungen (Leitkultur ist die Schule) und in die »beiden Seiten« der Heterogenität (Chance und Erschwernis). Ich möchte meine Studierenden ermutigen, sich konstruktiv diesen pädagogischen Spannungsverhältnissen zu stellen, die nicht aufhebbar sind (auch nicht durch Inklusion), sondern allenfalls umsichtig bearbeitet werden können. Allerdings frage ich mich oft sehr ernsthaft, ob in pädagogischen Beziehungen im Klassenzimmer, in denen sich so massiv die globalen Konflikte abbilden, überhaupt eine pädagogische Kommunikation »auf Augenhöhe« zustande kommen kann.

Wie realistisch ist die Situation?

Obwohl in der Aufgabenstellung dies nicht gefordert ist, problematisieren manche Studierenden den Realitätsgehalt der Situation: