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Ralf Isau

Die Chroniken von Mirad

Band 3:
Das Wasser von Silmao

Roman

hockebooks

30. Kapitel:
Das Himmelsphänomen

Auf der Spitze des Knochenturms spürte man früher als anderswo, dass die milde Witterung der vergangenen Wochen ausklang. Die Rückkehr der Sirilim hatte zwar die unnatürliche Kälte, die in Magos’ Fluch begründet lag, für kurze Zeit zurückgedrängt, sie aber auf Dauer nicht besiegen können. Múria lehnte an Jazzar-fajims Brust, während sie nach Osten blickten, wo der Horizont sich blutrot zu verfärben begann.

Das Schlachten hatte fast die ganze Nacht hindurch angedauert. Borst mochte dieses Wort nicht, er sprach lieber vom »Kampf ohne Gefangene«. Nicht ganz zu Unrecht verwies er darauf, dass man sich in einer belagerten Festung mit sehr beschränkten Vorräten keine Arrestanten leisten könne und zudem jeder fliehende Soldat im Handumdrehen wieder zum angreifenden Soldaten würde, aber diese Feldherrenlogik erschloss sich Múria nur zum Teil. Am Ende hatten jedenfalls mehr als tausend tote Soldaten der Achse zwischen den beiden Wällen in ihrem Blut gelegen, was sie doch sehr an ein großes Schlachten erinnerte. Und sprachen nicht selbst die stolzen Heerführer bei jedem Waffengang, der größer als ein Scharmützel war, von einer Schlacht?

Es hatte Múria auch überhaupt nicht getröstet, als Lohen-tuvim ihr von einem General berichtet hatte, der seiner Schießkunst zum Opfer gefallen war. Als sie sich später den Toten ansah, erkannte sie ihn sofort wieder. Es war Waltran, dieser pandorische Graf, der ihr und ihren Gefährten während der Verfolgung Kaguans einige Umstände bereitet hatte, bis das Possenspiel dann von Tantabor beendet worden war. Bei ihm lagen sein Hauptmann – Brist, soweit sie sich noch an seinen Namen erinnerte – und einige andere viel zu junge Gesichter, die ihr bekannt vorkamen.

Eine heftige Bö blähte ihren Mantel und weckte Jazzar-fajims Schutzinstinkt. Sie fühlte ihren Rücken von starken Armen noch fester gegen seine Brust gedrückt. Er schmiegte seine Wange an die ihre, sein Kinn lag auf ihrer rechten Schulter.

»Wie geht es dir, Liebes?«, fragte er.

Es gefiel ihr, wenn er »Liebes« zu ihr sagte. Trotzdem lautete ihre Antwort: »Schlecht.«

»Dann sind wir ja schon zwei. Wir sollten uns zusammentun.«

»Haben wir das nicht schon?«

»Ich weiß nicht. Sag du es mir.«

Unwillkürlich musste sie wieder an Falgon denken. Was würde er wohl empfinden, wenn er sie hier oben, vor den Augen von Freund und Feind, in den Armen eines anderen Mannes sähe?

»Du fragst dich bestimmt gerade, was Falgon davon halten würde, wenn er uns so sähe«, sagte Jazzar-fajim.

Ihre Muskeln verhärteten sich. »Woher weißt du das?«

»War nur geraten. Und um die Beobachter unter uns mach dir mal keine Sorgen. Es ist noch zu dunkel, um uns deutlich erkennen zu können – abgesehen für meine Brüder vielleicht.«

Sie wand sich aus seiner Umklammerung, hielt sich mit einer Hand am Fahnenmast fest und drehte sich zu ihm um. »Ich mache mir im Moment um ganz andere Dinge Sorgen, Fajim. Dieses sinnlose Morden muss endlich aufhören.«

»Das hätten wir schon vor vier Wochen haben können, als Bombo und Qujibo kamen, um uns hier herauszuholen. Ich glaube mich zu erinnern, dass du es warst, die uns ermahnte, die Sooderburg nicht aufzugeben.«

»Bist du etwa anderer Ansicht? Ergil braucht diesen Turm hier, um Vania in der Zwischenwelt zu finden.«

»Das habe ich nie bestritten, Liebes.«

Sie ließ sich wieder von ihm in den Arm nehmen und bettete ihre Wange auf seine Schulter. »Warum können Menschen und Zwerge, Sirilim und Waggs, Elven und wie sie alle heißen nicht in Frieden miteinander leben, Fajim? Wieso müssen sie immer wieder Krieg gegeneinander führen?«

»Ich glaube, solange es Böses gibt, wird es auch immer wieder Leid über Mirad bringen.«

»Ich wünschte nur, es gäbe weniger Dämonen in der Welt und dafür mehr gute Geister, die sich von der Liebe und ihrem gesunden Denken leiten ließen.«

»Ergil hat es in der Hand, das von Magos in die Dunkelheit gestoßene Pendel wieder ins Licht zu lenken.«

»Ich hoffe nur, er kommt bald. Der Sieg dieser Nacht wird das gegenseitige Abschlachten nicht beenden.«

»Nein. Aber er bedeutet immerhin eine Verschnaufpause. Die Achsenherren werden für die Schmach, die wir ihnen zugefügt haben, Vergeltung fordern. Ihre Soldaten kommen wieder. Vermutlich eher und zahlreicher, als die meisten von uns vermuten. Trotzdem könnte der Zeitgewinn, den wir Borsts List verdanken, sogar den Krieg für uns entscheiden. Jeder gewonnene Tag …«

Múria merkte, wie Jazzar-fajim sich plötzlich in ihren Armen versteifte. Sie war in den letzten Wochen schreckhaft geworden und fuhr unwillkürlich zusammen. Als sie ihn ansah, leuchtete sein Gesicht rot von der gerade aufgehenden Sonne. »Was ist mit dir?«

»Schau nur!«, antwortete Jazzar-fajim.

Sie folgte seiner deutenden Hand mit den Augen.

»Da kommt etwas auf uns zugeflogen. Kannst du es erkennen?«, fragte der Sirilo.

Múria schüttelte ungläubig den Kopf. Sie hatte nie dergleichen gesehen, und das wollte bei ihr schon etwas bedeuten.

Das Wort »Fliegen« beschrieb eigentlich nur unzureichend, was dieses Gebilde tat. Es schien eher durch die Luft zu gleiten. Wie ein riesiges Schiff, das vom Wind durchs Meer getrieben wird. Obwohl sie die Entfernung zu dem merkwürdigen Ding schlecht abschätzen konnte, schien es riesig zu sein. Es verdeckte vollständig den Sonnenball und wurde trotzdem von dem feurigen Licht durchdrungen. Oben glich es einer umgestülpten Glasschüssel mit undefinierbarem Inhalt, aber unten hingen zahlreiche Fäden herab, die sich entgegen der Flugrichtung bogen.

Plötzlich hörte Múria ein gewaltiges Krachen. Sie fuhr herum und sah eine große Rauchwolke am Haupttor des zweiten Verteidigungsrings. »Was war das?«

»Ich weiß nicht genau«, antwortete Jazzar-fajim. »Scheinbar versuchen sie das verlorene Terrain mit irgendwelchen Sprengmitteln zurückzugewinnen.«

Mit einem Mal stieg aus dem Bereich des geschliffenen Palisadenzaunes ein riesiger Schwarm von Brandpfeilen auf. Einige Katapultgeschosse flogen bis in den inneren Schutzwall. Eines hielt direkt auf den Knochenturm zu. Múria verfolgte es mit den Augen, bis es unter ihr entschwand. Sie trat an den Rand der Plattform und spähte in den Burghof hinab.

»Das musste ja irgendwann passieren.«

»Was?«

Sie deutete steil nach unten. »Die Holztreppe des Turmes hat Feuer gefangen. Jetzt sitzen wir hier oben fest.«

Mit einem Mal fiel beiden wieder das seltsame Himmelsphänomen ein. Gleichzeitig gingen ihre Blicke nach oben. Jetzt erst bemerkte Múria ein vielfarbiges Leuchten in dem Gebilde, das sich direkt auf sie und Jazzar-fajim herabsenkte.

In gewisser Hinsicht war die Klippe, auf der die Sooderburg stand, wie ein Kamin: Die Luft wurde unten beim geheimen Zugang angesaugt und trat im Knochenturm wieder aus. Wegen der labyrinthischen Verzweigungen und zahllosen Hohlräume des Vulkangesteins war dieser ständige Luftstrom aber so schwach, dass selbst der feine Rauchfaden einer eben erloschenen Kerze ihn nicht sichtbar gemacht hätte. Menschen waren schon gar nicht in der Lage, ihn wahrzunehmen. Aber Zwerglinge.

Allerdings hatte Gondo für geraume Zeit – er wusste nicht, wie lange – ganz andere Dinge im Kopf gehabt als Unternehmungslust und Entdeckergeist. Nur im Schneckentempo kehrte sein Bewusstsein zurück, versuchte zu begreifen, was mit ihm geschehen war. Man hatte ihn wohl am Strand gefunden und für tot gehalten. Anders war es nicht zu erklären, dass die Verteidiger der Burg ihn ins Innere der Klippe geschleppt und achtlos liegen gelassen hatten. Rasselnd atmete er die kühle Luft ein. Er schmeckte das Meer. Offenbar war er dem Eingang sehr nahe. Sein Gesicht lag auf nacktem Fels. Der erste Versuch, den Kopf zu heben, endete für Gondo mit dem Gefühl, von einem Blitz getroffen worden zu sein.

Da waren nichts als Schmerzen, elende, pochende Schmerzen. Der Stein, den Torbas auf ihn geschleudert hatte, schien ihm direkt ins Hirn geflogen zu sein, um dort einigen für das Wohlbefinden unverzichtbaren Teilen das Blut abzudrücken. Als sich Gondo stöhnend auf den Rücken wälzte, gelangte er zu dem Schluss, dass sein Kopf immer noch genauso viele Löcher hatte wie früher. Die Schädel von Zwerglingen waren nämlich ungleich strapazierfähiger als die anderer Lebewesen. Als Höhlenbewohner besaßen sie eine Art natürlichen Schutzhelm, der sich nur mit einer scharfen Klinge abnehmen ließ.

Gondo hatte nie wirklich gründlich über diese Vorteile nachgedacht, die ihm nun das Leben gerettet hatten. Jetzt erst, während sich die Nebel in seinem Bewusstsein allmählich auflösten, nutzte er die Gelegenheit. Mit einem Mal hörte er Schritte aus der Ferne. Vielleicht war ja doch jemand zu dem Schluss gekommen, dass selbst ein ziemlich tot aussehender Zwergling noch eine Gefahr darstellen mochte. Gondo entschloss sich dazu, dem süßen Nichtstun zu entsagen, und verschwand lautlos im Gängegewirr der Klippe.

Dort verbrachte er viele Stunden, vermutlich sogar Tage, mit der Erforschung des Labyrinths. Es war kein sinnloses Hin- und Herirren, sondern eine sehr gezielte Suche, während der er in dem steinernen Irrgarten immer höher stieg. Gondos Gedanken drehten sich dabei fast pausenlos um das Schwert Schmerz. Er wollte es haben. Das war der »Schatz« – so hatte Torbas es ja selbst genannt –, der ihn für all das entschädigen würde, was er seit der Niederlage im Zungenwald an Demütigungen, Schmerzen und Enttäuschungen hatte erleiden müssen.

Manchmal, wenn er auf seinem Weg nach oben das Ohr ans poröse Gestein legte, glaubte er Schlachtenlärm zu hören. Was immer Torbas also mit der schwarzen Klinge hatte bewirken wollen, es war noch nicht getan. Die Schlacht wurde offenbar mit unverminderter, ja, mit noch heftigerer Stärke fortgesetzt.

Je höher Gondo kam, desto häufiger musste er Menschen ausweichen. Sie schleppten Kisten, Fässer, große Korbflaschen, Krüge, Feldbetten, Decken, Waffen und allen möglichen anderen Kram nach unten. Es ließ sich nicht übersehen, dass man sich in den Höhlen häuslich einrichtete, was dem Zwergling bizarr vorkam: Menschen und Sirilim waren Geschöpfe des Lichts und der Luft, die Unterwelt gehörte Zwergen, Waggs und deren Nachkommen. So hatte es Melech-Arez eingerichtet, so war es richtig.

Wann immer sich Menschen näherten, verzog sich Gondo in dunkle Winkel, von denen es in der Klippe glücklicherweise eine reichhaltige Auswahl gab. Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen, sie zu beobachten. Des Öfteren sah er einen betagten Mann, der den anderen Befehle erteilte, obwohl er keine Rüstung trug. Noch so eine Merkwürdigkeit. Sogar Hjalgord hatte sich nach seiner Ankunft auf der Insel ordentlich gepanzert. Wahrscheinlich handelte es sich hier um irgendeinen Würdenträger, der die Höhlen für den Tag des Rückzugs der Verteidiger vorbereiten sollte. Der schmächtige Alte mit dem grauen Schnurrbart trug immer kostbares Tuch. Besonders auffällig waren die enormen Mengen Fuchsfell, die seinen dürren Hals umwogten.

Als Gondo den Greis wieder einmal beobachtete, bekam er einige Anweisungen mit, die einem jungen, ziemlich langen Soldaten galten, der blass wie ein Höhlenlurch war.

»Das wäre alles, Ricklund, danke. Ihr und Eure Kameraden könnt Euch jetzt wieder bei Euren Einheiten melden. Borst meint, der heutige Angriff sei der schlimmste im ganzen Krieg. Die Achsenherren seien wild entschlossen, uns vor Sonnenuntergang von der Klippe zu fegen. Deshalb braucht er jeden Mann, der ein Schwert halten kann.«

»Aber was ist mit dem Chamäleonen?«

»Der hat lange genug eine Sonderbehandlung bekommen, meint Borst. Er möchte, dass du deinen Kameraden, die auf den Zoforoth aufpassen, Bescheid gibst, damit sie sich dir anschließen. Den Gefangenen sollt ihr im Dunkeln sitzen lassen. Wenn ihr heute Abend noch am Leben seid, könnt ihr ihm etwas zu essen bringen. Und nun ab mit Euch, mein Junge. Danke noch einmal und … passt auf Euch auf.«

Im Laufe des kurzen Gesprächs war in Gondo ein Entschluss gereift. Er musste dem Gardisten Ricklund folgen, denn der einzige Weg zum Schatz führte über Kaguan.

Es war nicht ganz leicht, sich an die Fersen des Soodländers zu heften, ohne entdeckt zu werden, aber ein richtiger Zwergling ließ sich von einer solchen Herausforderung nicht schrecken. Aus sicherer Entfernung beobachtete Gondo, wie der junge Soldat einen schmalen Tunnel betrat und wenig später mit vier seiner Kameraden wieder herauskam. Als sie verschwunden waren, schnappte er sich eine Öllampe und lief in den gekrümmten Gang hinein. Bald tauchten vor ihm Gitterstäbe auf, die das Licht matt reflektierten. Die karge Zelle lag verlassen da.

Gondo hätte am liebsten laut geschrien. Seine Kopfschmerzen wurden wieder stärker. Schnaubend wie ein gehetztes Tier trat er an das Gitter und starrte in das leere Verlies. Er weigerte sich zu glauben, dass man ihn schon wieder um seine Belohnung geprellt hatte. Kaguan musste geflohen sein …

Aber hätten dann die abziehenden Gardisten nicht aufgeregter gewirkt? Sie waren ganz ruhig – oder bedrückt? – aus dem Tunnel gekommen. Während Gondo noch die so widersprüchlichen Beobachtungen miteinander in Einklang zu bringen versuchte, fuhr plötzlich eine dunkle Kralle wie aus dem Nichts zwischen den Gitterstäben hindurch, packte ihn am Hals und hob ihn hoch. Der ausgeprägte Greifreflex des Zwerglings verhinderte, dass er seine Öllampe fallen ließ. Nachdem ihn die dunkle Kralle hinreichend lang hatte zappeln lassen, hörte er eine überaus freundliche, aber trotzdem kalte Stimme.

»Wie klein die Welt doch ist! Von allen enttäuschenden Begegnungen der letzten Monate hätte ich am wenigsten damit gerechnet, ausgerechnet dich hier wiederzusehen, mein kleiner Freund.«

»Kaguan … Meister …«, krächzte Gondo und strampelte weiter mit den Beinen, bis der Griff des schwarz schimmernden Chamäleonen sich ein wenig lockerte.

»Du kennst mich also noch. Das ist gut.«

»Wie könnte ich Euch je vergessen, Meister?« Ihr schuldet mir noch die Belohnung!, fügte der Zwergling in Gedanken anklagend hinzu.

Als habe der Zoforoth ihn gehört, antwortete er: »Meinen letzten Auftrag hast du leider nicht zur Zufriedenheit erfüllt.«

»Euer Befehl lautete, die Könige von Soodland zu fangen. Das habe ich getan.«

»Und sie wieder laufen gelassen. Ich wollte, dass du sie umbringst oder zumindest festhältst. Aber lass uns nicht darüber streiten, mein kleiner Freund. Irren ist zoforothisch. Ich will dir eine zweite Chance geben. Wenn du mich diesmal nicht enttäuschst, soll deine Belohnung um vieles größer ausfallen als der Lohn, den ich dir bei unserer letzten Begegnung versprochen habe. Was hältst du davon?« Der Zoforoth drückte den Hals wieder zu.

»Klingt wunderbar!«, krächzte Gondo. Er hatte das Gefühl, die Warzen in seinem Gesicht könnten jeden Moment platzen und seine Augen aus den Höhlen quellen.

Unvermittelt wurde er fallen gelassen.

»Ich muss dich warnen«, sagte Kaguan, immer noch freundlich. »Wenn du glaubst, du könntest dich davonstehlen und mich hier sitzen lassen, wirst du diesen Irrtum nicht überleben.«

»Das leuchtet mir ein, Meister«, beeilte sich der Zwergling zu versichern.

»Gut. Dann hör mir genau zu. Zwei Dinge sind es, die du für mich tun musst …«

Das Auftauchen der Wolkenqualle über der Sooderburg sorgte für ehrfürchtiges Staunen auf beiden Seiten der Kampflinie. Die Angreifer vergaßen eine Zeit lang anzugreifen und die Verteidiger sich zu verteidigen. Nachdem der erste Schreck überwunden war, zogen die noch lebenden Generäle der Achse schnell ihre Truppen in sichere Stellungen zurück.

»Vermutlich denken sie, wir haben eine neue Geheimwaffe«, brummte Borst. Er stand auf der inneren Mauer neben seinem Befehlsstand. Qujibo hatte sich gerade zu ihm gesellt und wirkte vergleichsweise gelassen.

»Ich habe diese Tiere schon einmal im Süden des Stromlandes gesehen, an der Grenze zu Xk. Dort scheinen sie zu Hause zu sein.«

»Im Königreich der Maden? Dann muss das die Wolkenqualle sein, von der Ergil uns berichtet hat. Mir fällt ein Stein vom Herzen! Hätte dieses fliegende Troddelkissen Múria und Jazzar-fajim einfach so verschluckt, dann wäre ich ziemlich sauer gewesen.«

Große Teile des »Troddelkissens« schwebten gerade über dem Innenhof der Burg, der Rest hing über dem Abgrund. Von der Holztreppe des Knochenturms ging keine Gefahr mehr aus, weil sie restlos abgebrannt war. Andere kleinere Feuer im inneren Verteidigungsring waren inzwischen gelöscht. Gerade setzte eine der Quallententakel eine junge Frau mit feuerroten Haaren ab. Die beiden alten Recken fragten sich, wer diese Quallenreiterin wohl sein mochte.

»Wir sollten uns vielleicht hinunterbegeben und die Ankömmlinge begrüßen«, schlug der Herzog von Bolk vor.

Borst nickte. »Ja. Sollten wir wohl. Aber vorher wollte ich Euch noch etwas sagen, alter Freund. In den letzten Tagen war ich ziemlich beschäftigt und …«

»Spuck’s schon aus, Borst«, sagte Qujibo in ungewohnter Vertrautheit. Der Pandorier betrachtete dies als Einladung, um auch endlich das enge Wams der Förmlichkeit abzustreifen.

»Ich möchte dir danken. Du weißt schon. Wegen Torbas. Als wir beide ihm hier oben etwas vorgespielt haben.«

»Was gibt’s da zu danken? Du hast selbst gesagt, dass du keinerlei Unrecht dulden wirst und jeder das bekäme, was er verdient. Und genauso ist es auch gekommen. Wäre er kein Verräter gewesen, hätte er uns durchschaut. Aber so hat er genau das gehört, was er hören wollte

»Wenigstens wissen wir jetzt, dass er der einzige Spion war.«

Einige Atemzüge lang verfolgten die beiden alten Krieger das Schauspiel über dem Burghof. Ohne den Blick davon abzuwenden, sagte Borst: »Múria meint, die Zornissen hätten ihn zum Verräter gemacht. Ich habe ihn bis zuletzt geliebt wie meinen eigenen Sohn.«

»Der treueste Hund kann dir, wenn er Tollwut hat, an die Kehle gehen und dich umbringen.«

»Torbas war ein Mensch, Qujibo. Er hat mir mehrmals das Leben gerettet.«

Der Herzog drückte die Schulter des Pandoriers. »Entschuldige. War nicht so gemeint. Gekämpft hat dein Waffenmeister jedenfalls wie einer von uns. Er dürfte in seinem Tod mehr Feinde erschlagen haben als die meisten anderen auf dieser Burg zu Lebzeiten. Wenn du mich fragst, wird er trotz seines Verrats einen Platz in unseren Heldenliedern bekommen.«

Borst nickte grimmig. »Besser ein tragischer Held als gar keiner …« Seine Augen wurden schmal, während er angestrengt in den Burghof spähte. »Sag mal, ist das Ergil, der da gerade von dem Troddelkissen herabgelassen wird?«

Qujibo konnte auch nicht mehr so gut sehen, aber nach reiflicher Überlegung sagte er: »Seine Kleidung kommt mir ein bisschen exotisch vor, aber sonst würde ich dir zustimmen.«

»Und schau mal da! Der Nächste könnte dein Sohn …« Borst hielt unvermittelt inne, weil Qujibo mit einem Mal herumgewirbelt und losgestürmt war.

Ergil war sich seiner Gefühle selten so unsicher gewesen. Alles wirbelte durcheinander. Er war endlich wieder zu Hause, aber der Geruch des Todes lag überall auf diesem Zuhause wie ein Leichentuch. Ihm lächelten vertraute und lange vermisste Gesichter entgegen, doch in deren Augen sah er tiefe Traurigkeit, Erschöpfung und wohl sogar Hoffnungslosigkeit. Es war ein bittersüßer Empfang.

Die dramatischen Ereignisse von Ostgard lagen drei Tage zurück. Nachdem Nisrah und die Argo ihn, Tusan und Nishigo vom Dach des einstürzenden Frauenturmes gerettet hatten, war er völlig erschöpft zusammengebrochen. Tantabor ließ einen Heiler kommen, aber der machte über Ergils Zustand ungefähr genauso unklare Aussagen wie ein Sternendeuter über die Zukunft. Nishigo jagte den Quacksalber weg und nahm sich der Pflege ihres Liebsten selbst an.

Popi spielte vorübergehend mit dem Gedanken, seinem Herrn das Lebenselixier einzuflößen, was sich ja schon einmal als sehr hilfreich erwiesen hatte. Er brachte zu diesem Zweck sogar die Phiole mit dem bernsteinfarbenen Ginkgosaft an sich, wurde aber von den anderen Gefährten überwältigt, die glücklicherweise die Nerven behielten.

Am nächsten Tag ging es Ergil schon besser. Obwohl er aus eigener Kraft nicht einmal auf den Beinen stehen konnte, bestand er auf die Fortsetzung der Reise. Er rief Tantabor zu sich und die zwei tuschelten eine Weile miteinander. In dem Gespräch ging es einerseits um eine möglichst effektive Verwendung des Botenfalken, über den der Rebellenkönig verfügte. Man kam überein, das Tier zunächst nach Susan zu schicken. Am Hof des Mazars gab es einige der gefiederten Meldegänger und von dort könnten Nachrichten an Dormund und die susanische Flotte, an Múria (was Ergil für weniger vorrangig hielt, weil er ohnehin vorher in Soodland eintreffen wollte) sowie an den einen oder anderen Spion geschickt werden, der das Gerücht vom Machtwechsel in Ostrich unter Godebars Truppen ausstreuen konnte. Und nicht zuletzt ließ sich mit dem Falken einem besorgten Vater die Nachricht überbringen, dass es seiner Tochter gut gehe, sie Ergil über alles liebe und ihn bei passender Gelegenheit zu heiraten beabsichtige, sie überdies aus freien Stücken in die Wolkenqualle gestiegen sei und daher kein dringender Bedarf an irgendwelchen Befehlen bestehe, welche die Ermordung des soodländischen Königs zum Inhalt hätten.

Inzwischen hatte sich Ergil gut erholt, sah man einmal von dem mulmigen Gefühl in der Magengrube ab, das ein wenig seinen Elan dämpfte. Dieser unangenehme Druck rührte von seiner Sorge um Nishigo her, die sich noch einmal dramatisch gesteigert hatte, als bei Sonnenaufgang unter der Argo das Schlachtfeld in Sicht kam.

Leider war die Prinzessin in Ostgard nicht zu bewegen gewesen, die Gemeinschaft des Lichts zu verlassen. Sie hatte sich sogar, als Ergil am Abend nach ihrer Rettung wieder auflebte, davongestohlen, war in den Palastgarten geschlichen, wo die Qualle gerade die Grünanlagen abweidete, und hatte sich wie ein Wurm in einem Apfel mit der Nahrung in das Tier befördern lassen. Dort blieb sie dann. Mit bestechender Logik versuchten die männlichen Angehörigen der Gemeinschaft sie zum Aussteigen zu bewegen, aber alle guten Worte waren in den Wind gesprochen. Nishigo hatte sich entschieden, einzig und allein ihrem Herzen zu vertrauen.

»Wenn du mich loswerden willst, Ergil, dann nur mit Gewalt«, sagte sie trotzig. Dazu liebte er sie zu sehr und gab sich geschlagen.

Jetzt bereute er seine Nachgiebigkeit.

Nachdem Múria und Jazzar-fajim vom Knochenturm gerettet worden waren, hatte es zunächst ein freudiges Wiedersehen gegeben. Ergil stellte seinem Urgroßoheim die Tochter des Mazars Oramas III. vor. Seine Meisterin begrüßte die Prinzessin mit einer Herzlichkeit, die ihn misstrauisch stimmte.

Das Absetzen im Burghof erfolgte gewohnt routiniert. Weil Ergil die Argo nicht im Bereich des Schlachtfeldes zurücklassen wollte, ließ er sie von Nisrah ins bewaldete Innere der Insel schicken. Dort hatte sie ausreichend Futter und Schekira würde sie bei Bedarf schnell aufspüren können. Irgendwann würde er sie nach Xk zurückbringen, aber daran war vorerst nicht zu denken.

Während die Wolkenqualle langsam an Höhe gewann, fielen sich im Burghof Freunde und Verwandte in die Arme. Es war herzzerreißend mit anzusehen, wie Qujibo seinem Sohn Tusan die Rippen einzudrücken versuchte und dabei wie ein Schlosshund heulte. Ganz anders Múria. Sie wirkte auf eine anrührende Weise scheu, während sie leise mit ihrem Urgroßvater Harkon Hakennase sprach. Ergil empfand vor allem Dankbarkeit, als er Lohen-tuvim wiedersah und von der Unterstützung der Sirilim erfuhr. Aber was er in knappen Sätzen über den Verlauf des Krieges erfuhr, beunruhigte ihn zutiefst.

»Wir müssen uns dringend beraten«, sagte Borst. Der Reichsverweser wirkte erleichtert, dem König von Soodland außer einem großen Haufen Scherben dennoch eine wehrtüchtige Festung zurückgeben zu können.

»Später«, antwortete Ergil und seine Hand legte sich um die Phiole mit dem Wasser von Silmao. »Zuerst muss ich das Leben meiner Mutter retten.«

31. Kapitel:
Kaltes Feuer

Der Anblick seiner Gemächer ließ Ergil schaudern. Nicht, weil darin irgendetwas zerstört worden wäre. Ganz im Gegenteil waren es gerade der Luxus und die Stille, die ihn abstießen. Nur einen Bogenschuss entfernt türmten sich die Leichen. Mirad drohte in der Dunkelheit zu versinken und hier war alles ruhig, sauber und makellos. Ein paar hilfreiche Geister hatten für den heimgekehrten König sogar schon wieder das Feuer im Kamin angezündet.

»Alles in Ordnung?«, fragte die Ratgeberin des Königs. Sie war als Einzige mit hereingekommen. Popi wachte vor der Tür.

Ergil hatte gedankenverloren mit dem Fläschchen gespielt, das er um den Hals trug. Jetzt ließ er es los, drehte sich zu Múria um und nickte. »Wir dürfen keine Zeit verlieren. Mutter braucht das Wasser von Silmao. Fangen wir an.«

Sie gingen zu der Bank, die seitlich vor der Feuerstelle stand, und ließen sich darauf nieder. Ohne zu zögern ergriff Ergil die Hand seiner Meisterin.

»Wirst du ohne Nisrah zurechtkommen?«, fragte sie.

»Du würdest staunen, was ich in letzter Zeit alles ohne Nisrah geschafft habe, Inimai«, antwortete er nicht ohne Stolz.

»Wozu brauchst du dann noch mich?«

Er lächelte. »Sagen wir, aus alter, lieb gewordener Gewohnheit.«

Ergil fühlte sich alles andere als sicher bei dem, was er jetzt vorhatte. Er musste seine Mutter aus der Zwischenwelt zurückholen. Die Sirilim hatten mit ihrer Stadt Saphira das Gleiche getan. Aber Bároq-abbirím war nicht auf sich allein gestellt. Der Rat des Lichts hatte ihm geholfen.

Ergil umschloss Múrias Hand noch ein bisschen fester. Es kam ihm so vor, als sei sie härter geworden, seit sie das letzte Mal so dagesessen hatten. Er senkte die Augenlider, um sich ganz auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Fast sofort bildete die Alte Gabe das Zimmer in seinem Geist ab. Das orangerote Kaminfeuer erschien ihm unangenehm hell. Und merkwürdig kalt. Anscheinend war es doch etwas anderes, bei den Spaziergängen durch Zeit und Raum auf die Hilfe des Netzlings zu verzichten. Man nahm die Dinge anders wahr. Alles wirkte irgendwie gröber. Ihm wurde sogar ein bisschen übel. All diese Begleitumstände hatte er in Ostgard vermutlich nicht bemerkt, weil er aus lauter Sorge um Nishigo nicht ganz bei Sinnen gewesen war.

Immerhin, es ging auch ohne Nisrah, machte er sich selbst Mut und wanderte im Geiste durch den labyrinthischen Palast, hinaus auf den Burghof und am Knochenturm empor. Das uralte Bauwerk der Sirilim war ein Fixpunkt, an dem er sich festhalten und in die Zeit zurückwandern konnte, in der seine Vorväter den strahlenden Palast aus dem Hier und Jetzt genommen hatten. Seine freie Hand wanderte wieder zu der Phiole, als könne das darin eingefangene Lebenselixier ihm zusätzliche Kraft geben und die immer stärker werdende Übelkeit vertreiben, doch als sich die Finger auf den kühlen Kristall legen wollten, spürte er, dass ihm schon jemand zuvorgekommen war.

Ganz kurz nur hatte er etwas berührt, das so hart und glatt wie Metall war, sich aber auf eine lebendige Weise warm anfühlte. Im nächsten Moment spürte er einen schmerzhaften Ruck am Hals, als die Goldkette entzweigerissen wurde. Er zuckte vor Schreck zusammen. Ehe er die Augen geöffnet hatte, hörte er einen dumpfen Schlag. Múrias Finger entglitten seinem Griff. Er sah sie mit leerem Blick neben sich auf den Teppich fallen.

»Inimai!«

Er wirbelte herum, die Hand schon am Griff des gläsernen Schwertes, und erstarrte. Hinter der Bank stand eine hohe, ihm nur allzu vertraute dunkle Gestalt und grinste ihn mit seinem eigenen Gesicht spöttisch an. Sie war so schwarz wie der Kratersee des Magos. Ergil konnte nur ein Wort herauswürgen.

»Kaguan!«

Die Ewigkeit ist dehnbar. Nie hatte der König von Soodland das stärker empfunden als in diesem Moment. Er sah den Zoforoth an und der musterte wohl auch ihn. Wie viel Zeit darüber verging, wusste er nicht. Dann endete dieser nur dem Schein nach endlose Moment und Ergil riss jäh am Griff seines gläsernen Schwertes.

Kaguan streckte blitzschnell den Arm mit der Phiole hoch. »Noch eine Bewegung und das Wasser von Silmao vergeht in den Flammen des Kamins.«

Der König erstarrte.

Ein paar Schritte und der Zoforoth stand vor dem prasselnden Feuer.

»Nein, tu das nicht!«, schrie Ergil, wohl wissend, dass mit dem Lebenselixier auch jede Hoffnung auf die Rettung seiner Mutter, ja, der ganzen Welt verloren ginge.

Kaguans falsches Gesicht erschuf ein Abbild von Belustigung. Ohne ein Wort bückte er sich, nicht aber, um das Kristallgefäß in den Kamin zu werfen, sondern um aus diesem etwas mithilfe einer Kohlenzange herauszuholen. Ungläubig beobachtete Ergil, wie die zwei Hälften des Schwertes Schmerz den Flammen entrissen wurden.

Jetzt war ihm klar, warum die Alte Gabe ihm den Schein der Flammen in gleißendem Orangerot gezeigt und er die Übelkeit empfunden hatte. Die Ursache all dieser Wahrnehmungen … nein, Warnzeichen war nicht Nisrahs Abwesenheit gewesen, sondern die Anwesenheit der schwarzen Kristallklinge. Kaguan hatte das Schwert mit dem einfachsten Trick der Welt getarnt, hatte Feuer in Feuer versteckt.

Kaguan benutzte zwei Hände, um die beiden Hälften der Waffe aufzuheben. Die andere Klaue hielt weiter drohend das Kristallfläschchen hoch. »Wunderst du dich nicht, wie ich die Bruchstücke von Schmerz anfassen kann, obwohl sie doch eben noch im Feuer gelegen haben?«

Ergil drehte sich zu Múria um. Sie lag immer noch mit verdrehtem Körper am Boden, von ihren Augen war nur das Weiße zu sehen. Atmete sie noch?

»Ich will es dir sagen«, versprach der Zoforoth, weil die Reaktion des Königs ausblieb. »Der Kristall kann mit keinem normalen Feuer geschmiedet werden. Er wird nicht einmal richtig heiß, wenn er darin liegt. Der Vater deines jungen Freundes hat mir gezeigt, dass nur das ›Kalte Feuer‹ die Bruchstücke wieder zusammenfügen kann.«

»Dann tu’s doch!«, stieß Ergil zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Kaguans Schuppen rasselten vom Scheitel bis zur Sohle. »Ich habe nicht behauptet, mir wäre das geheime Rezept in allen Einzelheiten bekannt. Zumal dieses Schwert auf dem Kitora doch so auffällig leicht zerbrochen ist, findest du nicht? Tiko Bartarin wird mich lehren, es diesmal richtig zu machen.«

»Das bezweifle ich«, knurrte Ergil.

»Sollte er sich weigern, wird deine Mutter nie wieder ins Hier und Jetzt zurückkehren. Sie wird in der Zwischenwelt sterben. Einsam. Und langsam.«

Ergil schloss die Augen. Er ahnte, dass Kaguan die Zornissen beschwor, die sich in ihm verkapselt hatten. Brächen sie erneut hervor, wäre er dem Zoforoth wehrlos ausgesetzt.

»Was tust du da?«, fragte Kaguan gereizt.

»Ich bewahre die Ruhe.«

Der Chamäleone lachte leise. »Du hast viel gelernt, seit wir uns das letzte Mal begegnet sind. Also schön, Sohn der zwei Völker. Schaffe Múria ins Schlafzimmer. Dann rufst du deinen Knappen. Er soll den jungen Bartarin holen. Aber kein falsches Wort! Ich kann die Phiole jederzeit in meiner Faust zerdrücken.«

Ergil war froh, sich endlich um die Verletzte kümmern zu können. Eine kurze Untersuchung ließ ihn aufatmen. Der Schlag hatte seiner Meisterin nur die Besinnung geraubt, nicht das Leben. Behutsam hob er sie vom Boden auf und wunderte sich, wie leicht sie war. Sanft legte er sie auf sein großes Bett, strich ihr eine blonde Strähne aus dem Gesicht, küsste ihre Stirn und wisperte: »Ich komme bald zurück.«

»Beeil dich!«, verlangte der Zoforoth mit kalter Stimme.

Ergil kehrte in das Kaminzimmer zurück und rief nach Popi.

»Kein falsches Wort«, wiederholte Kaguan und seine Gestalt nahm die Musterung eines Wandteppichs an.

Der Ratgeber-Kammerdiener-Adjutant des Königs betrat den Raum und sah sich verwundert um. »Wo ist …?«

»Múria«, unterbrach ihn Ergil, wobei er den Namen betont in die Länge zog, »hat sich hingelegt. Die letzten Stunden waren anstrengender für sie, als sie sich selbst eingestehen wollte. Solange Múria schläft, möchte ich einige Dinge mit Tiko besprechen. Könntest du ihn bitte für mich rufen?«

Ergil bemerkte einen unschlüssigen Ausdruck im Gesicht seines Freundes, so als wolle er noch etwas fragen, und drängte: »Es eilt, Popi. Aber sag Tiko bitte, er möchte leise sein, damit er Múria nicht weckt.«

Der Ritter drehte sich um und verließ den Raum.

»Du machst das sehr gut«, lobte Kaguan.

Wenig später öffnete sich die Tür. Tiko kam herein. Er wirkte besorgt. Von Popi war auf dem Flur nichts zu sehen. Ergil atmete auf. Dem jungen Ritter schien also aufgefallen zu sein, dass sein Herr nicht ohne Grund wiederholt von »Múria« gesprochen hatte, obwohl er sie sonst immer »Inimai« nannte.

»Was ist?«, fragte der Schmied. Für Ergil hörte es sich an wie: »Popi hat mir gesagt, dass etwas passiert ist, weiß aber nicht, was. Erklär du es mir.« Also versuchte er es.

»Es tut mir unendlich Leid, Tiko, aber …« Weiter kam er nicht, weil neben dem Susaner der Zoforoth erschien und das Reden übernahm.

»… unpassenderweise hat Kaguan meine Pläne über den Haufen geworfen. Er will unbedingt ein Schwert schmieden.«

Der junge Bartarin starrte Ergil fassungslos an.

»Er hat gedroht, das Lebenselixier zu vernichten«, sagte Ergil niedergeschlagen.

»Da ich in den letzten Wochen viel Zeit hatte, mich mit dem Waffenmeister des ehemaligen Königs von Pandorien zu unterhalten«, erklärte Kaguan genüsslich, »weiß ich auch, dass es unter dem Knochenturm eine Waffenschmiede gibt. Vor einigen Jahren soll Dormund dort im Geheimen einen neuen Griff für das Schwert Zijjajim erschaffen haben. Torbas war so nett und hat an diesem Ort eine Menge von den Zutaten zusammengetragen, die Kubuku Bartarin beim letzten Schmieden des Kristallschwertes benutzt hat. Sollte noch etwas fehlen, dann wird Ergils Wort genügen, es zu besorgen. Du, junger Bartarin, wirst mir zeigen, wie ich Magos’ Klinge neues Leben einhauchen kann.«

»Auf keinen Fall«, antwortete Tiko ohne Zögern und machte mit geballten Fäusten einen Schritt auf den Zoforoth zu.

Blitzschnell wich Kaguan zur Seite aus, näherte sich Ergil und drückte ihm das abgebrochene – aber keinesfalls stumpfe – Ende der unteren Schwerthälfte an den Hals. »Ich brauche keine Spitze, um ihn zu töten. Willst du dich davon überzeugen?«

Schon die Nähe des Schwertes hatte Ergil Übelkeit bereitet, aber die Berührung raubte ihm fast die Besinnung. Der eisige, ziehende Schmerz machte ihm das Atmen schwer. An eine Gegenwehr mit der Alten Gabe war schon gar nicht mehr zu denken.

Tikos geballte Hände öffneten sich und er trat wieder zurück.

»Gut so«, lobte Kaguan den Schmied. »Ihr beide habt nichts zu befürchten, solange ihr mich nicht enttäuscht. Merkt euch das gut, denn niemand enttäuscht mich zweimal.« Er wandte sich wieder dem König zu. »Eine Kleinigkeit noch, Sohn der zwei Völker. Ich möchte in der Schmiede keine anderen Waffen haben außer Schmerz. Leg Zijjajim ab, aber langsam, ganz langsam, hörst du?«

Die Worte, die der Zoforoth im Hinblick auf Dormunds Anstrengungen zur Erneuerung des Himmelsfeuers gesagt hatte, rumpelten immer noch wie Geröll durch Ergils Kopf. Sie legten einen Gedanken frei: Teilen und vereinen …

Kaguan verstärkte den Druck auf das abgebrochene Schwert und rasselte: »Ich wiederhole es nur noch einmal: Leg – deine – Waffe – ab.«

Ergil gehorchte. Weil ihm die eisige Kristallklinge unter dem Kinn die Sicht versperrte, tat er es, ohne nach unten zu sehen. Er öffnete den »gläsernen Gürtel« in der ihm befohlenen Bedächtigkeit. Seine Hände legten sich um den Blütengriff, zogen ein bisschen daran herum, dann ließ er hinter sich die schlaffe Klinge samt Heft zu Boden gleiten.

»Noch andere Wünsche?«, knurrte er.

Der Zoforoth lächelte hämisch. »O ja! Jetzt begeben wir uns in die Schmiede. Wir haben noch viel zu tun. Aber zuerst …« Sein falsches Gesicht wandte sich der bewusstlosen Heilerin zu.

Ergil konnte sich ausmalen, welche Gedanken Kaguan beschäftigten. Für ihn bedeutete eine lebende Inimai ein Risiko, eine tote dagegen nicht. Er musste sofort handeln. »Ich schwöre dir, wenn du Múria auch nur anfasst, kannst du dein Schwert alleine schmieden«, sagte er drohend.

Der Chamäleone lachte. »Du kannst mir nicht drohen, Sohn der zwei Völker.«

»Das werden wir ja sehen«, entgegnete Ergil trotzig, packte Tiko am Ellenbogen und zog ihn aus dem Zimmer.

Kaguan war ihnen hinterhergeeilt, ohne Múria etwas anzutun. Er konnte es sich nicht leisten, seine Zeit mit der Jagd nach den zwei Davongelaufenen zu verschwenden – darauf hatte Ergil spekuliert. Im Grunde war die Heilerin Kaguans geringste Sorge. Auch wenn er nichts von Ergils stiller Warnung an Popi wissen mochte, dürfte dem Zoforoth trotzdem klar sein, dass er nicht lange unentdeckt bleiben würde. Torbas’ Name war gefallen. (Von dem Verrat des einstigen pandorischen Waffenmeisters zu erfahren, hatte Ergil, trotz seiner diesbezüglichen Befürchtungen vor Antritt der Expedition, schockiert.) Borsts Adjutant dürfte dem Chamäleonen von den Sirilimschützen erzählt haben. Ihre Pfeile waren schneller als jeder Zoforoth, weil sie durch die Falten von Zeit und Raum flogen. Kein Wunder, dass sich Kaguan nach den unterirdischen Tunneln sehnte.

Erstaunlicherweise kannte er sogar den geheimen Ausgang aus dem Palastlabyrinth, den Ergil schon einmal als Gefangener durchquert hatte. Von dort zum Knochenturm waren es nur wenige Schritte. Rauchschwaden trieben durch den Burghof. Ab und zu verirrten sich einzelne Brandgeschosse hinein. Der Lärm der Schlacht war, wenn auch gedämpft von den beiden Mauerringen, unüberhörbar.

Auf dem Weg zum Knochenturm machte Ergil einigen aufgeregten Soldaten klar, dass sie hundert Schritt Abstand zu Kaguan halten sollten und ihm auf keinen Fall auch nur eine Schuppe krümmen durften, weil er etwas in seiner Hand hielt, das ihrer aller Leben bedrohte. Trotz dieser ziemlich ungenauen Beschreibung des Sachverhalts wurde dem Wort des Königs Beachtung geschenkt. Unbehelligt erreichten sie die lange Sturmleiter, die man mittlerweile als Ersatz für die abgebrannte Treppe an den Turm gelehnt hatte. Während Ergil und Tiko sich dem Eingang Sprosse für Sprosse entgegenarbeiteten, kletterte Kaguan behände an der Wand hinauf.

Drinnen ging es dann erst einmal ziemlich weit nach unten. Auch in den Gängen und Gewölben kannte sich Kaguan erstaunlich gut aus. Sein Spion Torbas hatte ganze Arbeit geleistet. Bald erreichten sie die Schmiede, die Vania einst für Dormund eingerichtet hatte, um den Blütengriff für Zijjajim herzustellen und beide Teile miteinander zu vereinen.

Teilen und vereinen.

Es war schon seltsam, dass zwei Schwerter, die gegensätzlicher nicht sein konnten, in ein und demselben Raum zusammengefügt werden sollten. Dormund war damals gescheitert. Erst das Elvenschwert hatte den Blütengriff und die gläserne Klinge zusammengefügt.

Die Schmiede besaß ein sauber aus dem Fels geschlagenes Tonnengewölbe. Die Breite betrug ungefähr acht Schritte, die Länge mindestens doppelt so viele. In der Mitte befand sich eine viereckige gemauerte Feuerstelle von etwa vier Fuß Höhe und einer Seitenlänge von sieben oder acht Fuß; ein etwa zwei Handspannen breiter Sims aus gebrannten Tonziegeln umfasste ein großes Kohlenbecken. Darüber hing eine Esse, deren Kupferblech im Laufe vieler Jahre grün geworden war. Wie hier unten der Zug erzeugt wurde, der das Schmiedefeuer mit Luft versorgte und den Rauch aus dem Raum leitete, wusste Ergil nicht.

Tiko entzündete mit einer Fackel die Reihe von Ölleuchtern, die an Ketten von der rußgeschwärzten Decke hingen. Weil jede Lampe mehrere Flämmchen hatte, erfüllte bald ein gelbes Licht den Raum. Danach untersuchte der Schmied die bereitliegenden Werkzeuge und Zutaten. Er vermisste einiges.

Kaguan ließ ihn die Ingredienzien auf ein Blatt schreiben und sagte: »Eure Freunde sind bestimmt ganz in der Nähe und brennen darauf, mich umzubringen. Erinnere sie an den Sicherheitsabstand, den der König ihnen befohlen hat. Ich zähle jetzt bis hundert. In dieser Zeit überbringst du die Liste und kehrst zurück. Solltest du mich enttäuschen, stirbt der König und das Lebenselixier wird vernichtet.«

Der Susaner bewältigte die Aufgabe mit knapper Not. Ergil konnte an seinen Blicken ablesen, dass die Schmiede von Gardisten umstellt war. Er vermutete, dass auch Jazzar-fajim oder andere Sirilim die Falten Mirads durchwanderten, um einen Pfeil in Kaguans Herz zu lenken. Es würde ihnen nicht besser ergehen als ihm, dem Sohn der zwei Völker. Sobald er in der Nähe des schwarzen Schwertes die Alte Gabe zu gebrauchen versuchte, spürte er den ziehenden kalten Schmerz. Die Kristallklinge schützte Kaguan.

Bis zum Mittag wurden die fehlenden Zutaten herbeigeschafft. Dann begann Tiko mit seiner Arbeit. Genauer gesagt war es der Zoforoth, der jeden wichtigen Handgriff ausführte. Dem jungen Bartarin erlaubte er nur Anweisungen zu geben.

Ergil sah meist tatenlos zu. Als Faustpfand erfüllte er zwar seinen Zweck, sonst konnte er sich aber kaum nützlich machen. Hin und wieder durfte er irgendetwas herbeischleppen, eine Zange oder ein Gefäß mit irgendeinem Pulver, das für die Herstellung des Kalten Feuers benötigt wurde. Sein Aktionsradius war ohnehin eingeschränkt, weil Kaguan ihm eine Fußfessel mit einer nicht sehr langen Kette angelegt hatte.

Schnell wurde ihm bewusst, wie wachsam der Zoforoth alles in der Schmiede beobachtete. Ja, er musste tatsächlich mit jeder einzelnen seiner Körperschuppen sehen können. Als er einmal mit dem Rücken zu Ergil stand, versuchte dieser verstohlen nach einem Hammer zu greifen. Die Hand war noch gar nicht richtig ausgestreckt, als Kaguan drohte: »Tu das nicht, Sohn der zwei Völker! Oder willst du mich enttäuschen?« Rasch zog Ergil den Arm wieder zurück und fragte sich, ob der Chamäleone es auch bemerken würde, wenn Schekira in Gestalt einer Maus in die Schmiede geschlichen käme. Vielleicht ließe er den kleinen Nager unbeachtet, wenn er nicht gerade im rosafarbenen Pelz anspaziert käme. Aber die Elvin ließ sich nicht blicken.

So zogen sich die Stunden endlos dahin und Ergil wurde immer verzweifelter. Jetzt war er kreuz und quer durch das Herzland gereist, hatte das Geheimnis des Wassers von Silmao gelüftet und es wieder neu hergestellt, nur um hier in einem Loch tatenlos zuzusehen, wie all die Anstrengungen zunichte gemacht wurden. Wenn er das Schmieden der Kristallklinge verhinderte, dann würde Kaguan das Lebenselixier vernichten und Magos’ Fluch konnte sich vollends entfalten. Ließ er den Zoforoth hingegen sein Werk vollenden, um die Phiole zu retten, dann würde sich der dunkle Gott durch das Schwert Schmerz erneut in den Faltenwurf Mirads einweben können. Ergils Zwickmühle hätte nicht größer sein können.

Die Herstellung des Kalten Feuers war eine langwierige Prozedur. Tiko beschrieb dieses als ein dunkles, wolkenartiges Gebilde, das den schwarzen Kristall geschmeidig machen würde, sodass man ihn wie Waffenstahl schmieden konnte. Anfangs sah Ergil aber nur ganz normale glühende Kohlen. Kaguan musste unter Zuführung von Hitze in etlichen Tiegeln Substanzen mischen. Offenbar war die Einhaltung einer genauen zeitlichen Abfolge jedes einzelnen Arbeitsschrittes sehr wichtig. Auch auf das richtige Mischungsverhältnis der Zutaten achtete Tiko peinlich genau. Während im Fortgang des Verfahrens die einzelnen Stoffe zueinander fanden, nahm die Anzahl der Tiegel ab und ihre Größe zu.

Bald wurde es in der Schmiede unerträglich stickig. Dem Zoforoth schien das nichts auszumachen. Er nahm – zumindest erkennbar – keine Nahrung zu sich. Ergil und Twikus dagegen forderten ab und zu eine Unterbrechung der Arbeit. Sie tranken Unmengen von Wasser. Zwischendurch stärkten sie sich auch mit Zwieback und Käse, die mit auf Tikos Liste gestanden hatten. Als sie einige Stunden Schlaf forderten, wurde Kaguan sehr ungehalten. Doch der junge Schmied machte ihm klar, dass der kleinste Fehler das Schwert zerstören konnte. Schließlich gab der Chamäleone nach. Er kauerte sich wie eine Statue vor den Ausgang und sagte: »Drei Stunden.«

Während der Ruhepause, die Ergil auf Decken in einem Winkel der Schmiede verbrachte, bekam er tatsächlich Besuch. Eine graue Maus kletterte über ihn hinweg. Schon um Kaguan nicht zu reizen, verhielt er sich völlig still. Das kleine Tier arbeitete sich bis zu seinem Ohr vor und es überraschte ihn nicht allzu sehr, als es zu flüstern begann.

»Ich bin’s, Kira. Wenn du wach bist, beweg dich.«

Ergil rümpfte einmal die Nase, als würde sie kitzeln.

»Gut. Jetzt hör mir zu. Múria geht es gut. Sie hat nur furchtbare Kopfschmerzen. Die Schlacht tobt unvermindert weiter. Borst meint, morgen, spätestens übermorgen, fällt der zweite Verteidigungsring. Und jetzt zu euch: Kaguan kommt hier nicht lebend raus. Jazzar-fajim hat drei seiner Brüder abgestellt, die nur darauf warten, ihn zu Gesicht zu bekommen. Dann können sie ihn auch ohne die Alte Gabe töten …« Schekira verstummte, weil Ergil ganz hektisch mit der Nase wackelte.

»Willst du mir erklären, dass er das Lebenselixier hat?«

Er antwortete mit einmaligem Rümpfen.

»Das wissen wir. Múria hatte es gerade noch mitbekommen, weil du zusammengezuckt bist, als der Zoforoth dir die Phiole entrissen hat. Sie will es dir überlassen zu entscheiden. Wenn wir den Zoforoth bei der ersten sich bietenden Gelegenheit angreifen sollen, dann wackel einmal mit der Nase. Andernfalls, wenn wir warten sollen, bis du wieder im Besitz des Wassers von Silmao bist, rümpfe sie zweimal.«

Ergil tat Letzteres.

»Hab der großen Schwester schon gesagt, dass du so entscheiden wirst. Also gut. Der Zoforoth ist mir ein wenig zu schnell, um mich an ihm vorbeizustehlen. Ich warte, bis der Ausgang frei ist, dann schlüpfe ich wieder hinaus. Passt auf euch auf, ihr zwei. Und vergesst nicht: Wir sind bei euch, auch wenn ihr uns nicht seht.«

Um sich zu bedanken, seufzte Ergil wie ein Träumender. Die kleine graue Maus krabbelte wieder über seine Decke und verschwand.

Mit viel Arbeit und wenig Schlaf verbrachten die Freunde und ihr Peiniger eine Nacht, einen ganzen Tag und auch noch die nächste Nacht in der Hitze der Schmiede. Ab und zu, wenn Tiko einmal der Geduldsfaden zu reißen drohte, drückte der Zoforoth dem König ein Stück des Kristallschwerts in den Leib, das genügte in der Regel, um den jungen Schmied wieder gefügig zu machen. Wenn er sich allzu widerspenstig zeigte, hob Kaguan eine seiner drei Fäuste und drohte damit, die Phiole zu zerquetschen und das Lebenselixier zu verschütten. Danach wurde die Arbeit dann wieder eine Weile ohne Murren fortgesetzt.

Gegen Morgen des dritten Tages ließ Tiko alle heißen Feuer löschen. Die Kohlen wurden von Ergil, ehe sie ganz verglüht waren, in eine große Eisenkiste geschaufelt, um das Becken unter der Esse für das Kalte Feuer freizuräumen.

»Bei deinem Vater hatte alles viel länger gedauert«, sagte Kaguan in einem schwer zu deutenden Tonfall.

»Er war schon alt«, antwortete Tiko, während er den großen Tiegel an einem Flaschenzug über dem leeren Becken in Stellung brachte. Seine Antwort ließ den wichtigsten Grund für die damalige Verzögerung ungenannt, wie Ergil wusste. Kubuku hatte das Schmieden des Schwertes Schmerz so lange wie möglich hinausgezögert, um seine Familie vor dem Zoforoth und seinem Gapa Kizmoh zu retten.

Kaguan gab ein rasselndes Geräusch von sich. »Ich bin enttäuscht von deinem Vater. Hoffentlich bist du klüger als er.«

Mit Ergils Hilfe wurde der Tiegel gekippt und, so sah es aus, eine dunkle Wolke ergoss sich in das Kohlenbecken. »Ist das nun Kaltes Feuer oder nicht?«, fragte der Schmied gereizt.

»Es sieht zumindest so aus«, antwortete der Zoforoth.

Tiko deutete auf das wabernde Schwarz unter der Esse. »Die beiden Bruchstellen müssen ins Kalte Feuer getaucht werden, bevor das Schwert geschmiedet werden kann. Aber nur so lange, wie ich es sage!«

»Und wenn ich es länger drin lasse?«