Über Wolfgang Jacobsen und Rolf Aurich

Wolfgang Jacobsen, geboren 1953, forscht und publiziert zur deutschen und internationalen Filmgeschichte in der Deutschen Kinemathek. Bei Aufbau erschienen »Konrad Wolf. Der Sonnensucher«, »Theo Lingen. Das Spiel mit der Maske« (beide mit Rolf Aurich) und »In der Ferne das Glück. Geschichten für Hollywood« (mit Heike Klapdor). Zahlreiche Bücher zur Filmgeschichte; u. a. »Erich Pommer« (1989), »Babelsberg. Das Filmstudio« (1992/1994), »FL. Fritz Lang« (2001, mit Rolf Aurich u. a.) und »Zeit und Welt. Gerhard Lamrecht und seine Filme« (2013). Arbeiten für Hörfunk und Fernsehen. Lebt in Berlin.

Rolf Aurich, geboren 1960, Autor, Redakteur und Lektor an der Deutschen Kinemathek in Berlin. Publikationen: »Der Sonnensucher Konrad Wolf« (2005) und »Theo Lingen – Das Spiel mit der Maske« (2008), beide mit Wolfgang Jacobsen, »Reineckerland – der Schriftsteller Herbert Reinecker« (2010) mit Wolfgang Jacobsen und Niels Beckenbach, zuletzt »Kalanag. Die kontrollierten Illusionen des Helmut Schreiber« (2016) und »Die Degeto und der Staat. Kulturfilm und Fernsehen zwischen Weimar und Bonn« (2018), zusammen mit Rainer Rother Herausgeber von »Hans Traub: Wörterbuch des Films« (2017).

Informationen zum Buch

Ein großer Regisseur zwischen Subversion und Anpassung.

Konrad Wolf, der Sohn des Schriftstellers und Arztes Friedrich Wolf, wurde mit Filmen wie »Der geteilte Himmel« (1964), »Ich war neunzehn« (1968) und »Solo Sunny« (1980) international bekannt. Seine ungewöhnliche Biographie, die hier erstmals auf der Grundlage intensiver Archivrecherchen sowie Gesprächen u.a. mit Günter Grass, Eberhard Esche, Christa Wolf, Günter Kunert und Markus Wolf vorgelegt wird, ist ein Spiegel deutsch-deutscher Geschichte.

Kindheit im Württembergischen, Jugend im Moskauer Exil, Rückkehr als Soldat der Roten Armee, Aufstieg zu einem der bedeutendsten deutschen Filmregisseure – wahrlich kein gewöhnlicher Weg. Als langjähriger Präsident der Akademie der Künste (1965-1982) prägte Konrad Wolf das Kulturgeschehen der DDR und pflegte Freundschaften u. a. zu Christa Wolf, Peter Weiß, Luigi Nono und Jorge Semprun. Seine Filme erregten nicht nur wegen ihrer formalen Qualität, sondern auch aufgrund ihrer politischen Fragestellungen international Aufmerksamkeit. So thematisierte er sowohl in seinem »Goya«-Film als auch in seinem größten Publikumserfolg in Ost- und Westdeutschland »Solo Sunny« das schwierige Verhältnis von Künstler und Gesellschaft, das auch sein eigener Lebenszwiespalt war. Er starb 1982, bevor er seinen Film »Die Troika« realisieren konnte – sein Bruder, Stasigeneral Markus Wolf, trat 1989 mit seinem Buch über die Geschichte dieses nichtgedrehten Films erstmals an die Öffentlichkeit.

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Wolfgang Jacobsen
Rolf Aurich

Der Sonnensucher
Konrad Wolf

Biographie

Inhaltsübersicht

Über Wolfgang Jacobsen und Rolf Aurich

Informationen zum Buch

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1925 – 1934

I. Der leere Bogen Papier

II. Familiengemeinschaft

III. Eine erste Heimat

IV. Kein Stillstand

1934 – 1949

V. Der rote Stern

VI. Toujours de l’audace

VII. Das Maß der Erfahrung

VIII. Formen neuen Lebens finden

1949 – 1968

IX. »Niemals zurück zum ›Potemkin‹!«

X. Mit heißem Bemühn

XI. Der seltsame Stoff Deutschland

XII. Gregor und die Deutschen

1964 – 1982

XIII. Das Geheimnis des Sehens

XIV. Die Last der Erkenntnis

XV. Brüder

XVI. Präsident mit begrenzter Macht

XVII. Sunny

XVIII. Wofür man lebt

XIX. Das Leben als Auftrag

Anhang

Anmerkungen

Zeittafel

Filmographie

Filmregister

Personenregister

Quellen /Dank

Impressum

1925 – 1934

I.
Der leere Bogen Papier

Mit jedem Zug toste ein Höllenlärm. Bergauf in Richtung Süden stand die Lok unter Volldampf, bergab in Richtung Stuttgart Hauptbahnhof musste mächtig gebremst werden. Wenn der siebenjährige Konrad Wolf sich gemeinsam mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Markus vom Elternhaus zu Fuß auf den Weg zur Schule machte, standen die beiden bereits nach wenigen hundert Metern unter einer Eisenbahnbrücke. Die »Gäubahn« am westlichen Stadtrand von Stuttgart, unterhalb des städtischen Höhenzugs Kräherwald, wurde seit 1879 befahren, sie reichte von hier bis nach Freudenstadt im Schwarzwald.1 Das Wolfsche Haus an der nahe gelegenen Zeppelinstraße war noch ganz neu, es stand erst seit 1928 an seinem Platz hoch über Stuttgart. Die beiden in den ersten Jahren auf dem Lande aufgewachsenen Kinder hatten sich hier eingerichtet. Die Freunde wohnten in der Umgebung, ihre Gruppe der kommunistischen Pioniere war im Stadtteil Botnang beheimatet, nicht allzuweit entfernt. Die Schule lag noch ein gutes Stück oberhalb der Bahnstrecke an der Pflaumstraße 89 in einem sonnigen Winkel des Kräherwalds. Eine Bildungsstätte, kaum älter als das Wohnhaus der Wolfs, und eine Errungenschaft demokratischer Pädagogik: die »Schule am Kräherwald«. Hier wurden die beiden Wolf-Söhne, abgesehen von der elterlichen Erziehung, grundlegend geprägt. Ihr Begründer und Leiter war Friedrich Schieker, man sprach von der »Schieker-Schule«. Es war keine Schule wie jede andere.

»Eltern bauen eine Schule.« Lapidar stand diese Aussage über einem Beitrag, den Friedrich Schieker am 31. März 1927 in der Beilage zur »Württembergischen Lehrerzeitung« veröffentlichte. Von »Opfersinn« war da die Rede, von einer »Schulgemeinde«, die eine Voraussetzung für die eigentliche Aufgabe sei, und es war zu lesen, dass an den regelmäßig stattfindenden Elternabenden die Lehrer nicht die Eltern unterhalten, sondern mit ihnen kooperieren würden: »Wir arbeiten mit ihnen zusammen, wir arbeiten an uns für uns und für das Kind.« Große Ernsthaftigkeit. Eine Art Ethos. Vier Jahre später schrieb Lehrer Schieker in der »fürs Elternhaus« bestimmten Schrift »Der Sommergarten« von der »sozialen Gesinnung unseres Elternkreises«, und er betonte dabei mehrfach das Wort von der »Gemeinschaft« – ein Wort, das er eigentlich als »derart schwer belastet« empfand, »dass man es nur ungern gebraucht«.2

Friedrich Schieker war ein publizierender Reformpädagoge und neigte wohl trotz parteipolitischer Zurückhaltung, wie es für eine nicht unbeträchtliche Zahl von Kollegen aus dem Kreis der gesellschaftlich nicht besonders angesehenen Volksschullehrer anzunehmen ist, eher den Linksparteien zu.3 Politik im Klassenzimmer, mit der wachsenden Krise seit 1929 wieder verstärkt in der Diskussion, musste nicht direkt angesprochen und formuliert werden. Man hielt es für seine Pflicht, politisch zu handeln – auch als Lehrer. Mancher Erwachsene nannte Schieker wohl nicht grundlos einen »Edelkommunisten« – was die Kinder freilich nicht verstanden.

Über die ihm am besten vertraute Schulform verfasste Schieker 1924 eine Schrift mit dem Titel »Die Grundschule und das Kind«. Darin ging er dezidiert vom Kind aus: »Ein Stückchen Kreide in der Hand des Kindes – und keine Asphaltfläche und kein Häusersockel bleiben verschont. Mit ganzer Hingabe kritzelt das Kind die Zeichen seiner Linien- und seiner Bildersprache. Es geht mit schaffender Kraft in dem Gewirr seiner Bewegungen auf und spielt mit dem Rhythmus dieser eigenen Kräfte. Nichts Zufälliges, Sinn- und Bedeutungsloses entsteht. Der Ausdruck ungehemmter Lebensfreude wird mit primitiver Technik angedeutet. ›Primitiv‹ vom Standpunkt des Erwachsenen aus, aber überraschend gestaltend für die Entwicklungsstufe des Kindes!«4 In einem späteren Aufsatz führte er diesen Gedanken aus: »Die Linie im Heft versklavt. Sie engt das Kind mit kurzem, verkrampftem Schriftzug. Sie ist ihm Stütze und nimmt ihm deshalb das Rückgrat. Sie nimmt ihm das Raumgefühl, das es sich in Jahren erkrochen und ergangen, ertastet und ergriffen hat. Auf einem großen Bogen dagegen ist Bewegung, Schwung, Befreiung, Anreiz. Auf ihm muss sich das Kind das Gleichgewicht erringen.«5

Ausdrücklich sprach sich Schieker gegen den disziplinarischen, restriktiven Geist der Kaiserzeit und für die freie Entfaltung des Individuums aus. Ein zutiefst republikanischer Gedanke. Ob der Pädagoge geahnt hat, in welch frappierender Weise seine Überlegungen zur freien Spiellust des Kindes sich wenig später übertragen ließen aufs politische Tagesgeschäft im Deutschland der frühen dreißiger Jahre? Markus Wolf jedenfalls erinnert sich gut an die Stuttgarter Kindheit und erzählt, wie er als kommunistischer Jungpionier, genau wie sein Bruder Konrad, vor Wahlen die Straßen in der Umgebung des Wolfschen Wohngebiets mit Parolen versah. »Wählt Liste 3!« – die KPD, die Kommunistische Partei Deutschlands.6

Nach Schiekers Überzeugung konnten Unterricht und Erziehung nicht voneinander getrennt werden, stand er doch in ihrem Dienst (und damit auch im Dienst der Gemeinschaft). Für den Pädagogen war es klar, in der zeitgemäßen Schule »nicht nur zu unterrichten, sondern – auf der in ihr vorhandenen Gemeinsamkeit aufbauend – in gleichem Maße zu erziehen«. Er schrieb weiter: »Alles, was mit Unterricht zusammenhängt – das Schulzimmer, die Klassengemeinschaft, die Unterrichtszeit, das Unterrichtsmaterial bis herunter zum Griffel – ist für die Erziehung des Kindes nicht wirkungslos und darum nicht bedeutungslos. Man baut heute moderne Schulen und tut dies in der Hauptsache unter der Wirkung einer öffentlichen Meinung, die hygienische, technische und ›sachliche‹ Grundsätze vertritt. Man verlangt Licht, Luft und Sonne,7 aber man tastet noch im Ungewissen über die erzieherische Wirkung von Raum und Farbe. In diesen modernen Bauten verwendet man noch den Griffel und die Schiefertafel, mittelalterliche Utensilien, die jedes, auch das wirklich wertvolle kindliche Werk zum ›Ausgelöschtwerden‹ verurteilen. Man gibt dem Kind das linierte Heft in die Hand und überlegt nicht, ob nicht der leere Bogen Papier wertvollere erzieherische Kräfte auszulösen vermag. Kurzum, die Grundlage für eine wirkliche Sachlichkeit, die sich aus der erzieherischen Auswirkung der Schulräume, der Einrichtungsgegenstände, des im Unterricht verwendeten Materials usw. ergeben müsste, wird noch nicht gesehen.«8

Die Perspektive Schiekers war also der »spätere Mensch«, der im Kind bereits angelegt ist. »Wir reden von dem Kind, das einmal Träger eines selbständigen Geistes sein wird, ein Wesen für sich, abgeschlossen und eigengesetzig, – ein Mensch – und ein Bruder, der den gleichen Gesetzen unterworfen ist wie wir.9 Das »Ziel der Bildung« ist für ihn »der wesentliche Mensch, d. h. der aus seinem Wesen heraus mit allem Wesen verbundene Mensch«.10 Der wesentliche Mensch, das ist dann wohl auch ein »neuer Mensch«. Und eine neue Gemeinschaft? Ganz sicher war es eine »kommende Gemeinschaft«, die hier vorbereitet werden sollte – »denn überall, wo Menschen sich einsetzen, entsteht Gemeinschaft«.11 Die Wolf-Kinder setzten sich ein. Besonders später. Als Erwachsene. Der Antrieb dazu lag in der Kindheit. Aber hatten sie später auch einen selbständigen Geist?

Als Friedrich Schieker am 9. August 1977 mit 83 Jahren starb, würdigte ihn die Stuttgarter Presse als einen Mann, der mit seiner Schule am Kräherwald – neben der Waldorfschule und der Werkschule Merz – eine bedeutende Rolle im Schulleben der Stadt bis 1933 gespielt hatte.12 Seine Reformschule, eine von vielen zu dieser Zeit, hatte sich aus der Falkertschule entwickelt, eine seit den frühen zwanziger Jahren keinen Kilometer Luftlinie von der Zeppelinstraße entfernt liegende evangelische Knabenschule in der Falkertstraße 27, an der um 1922 ein Klassenzug vom 1. bis zum 8. Schuljahr zur sogenannten »Versuchsschule« bestimmt worden war. Erst am 1. Mai 1921 war in Württemberg die Grundschule eingeführt worden.13 »Alle schulpflichtigen Kinder sollten von nun an in den ersten vier Jahren ihrer Schulzeit an der staatlichen Grundschule gemeinsam unterrichtet werden. Von da an gab es keine besonderen Vorschulklassen mehr zur Vorbereitung in die Gymnasien und Oberschulen.«14

Bis 1925 unterrichtete Friedrich Schieker an der Falkertschule, anschließend wurde er Leiter der neuen Einrichtung am Kräherwald, deren Gründung maßgeblich den Eltern seiner bisherigen Schüler zu verdanken war. Seine Kinder an der Falkertschule sollten sich in einem Aufsatz Gedanken machen zu der hypothetischen Frage, »wenn wir eine eigene Schule hätten!« – was die Eltern erstaunlicherweise ernsthaft aufgriffen und ebendiesen Vorschlag dem Lehrer selbst unterbreiteten. Längst schon hatten sie nämlich erkannt, wie erfolgreich Schieker mit ihren Sprösslingen arbeitete – und nun wollte man diesen gut 30jährigen Pädagogen den eigenen Kindern auch über die Grundschulzeit hinaus sichern.15

Eine eigene Schule also. Dazu waren notwendig: ein Architekt, eine beträchtliche Menge Geld und Unterstützung jeder Art. So traten dem Kreis der Mäzene führende Mitarbeiter der Firma Robert Bosch ebenso bei wie der Fabrikant Otto Werner und zwei wohlhabende Stuttgarter Familien.16 Ein besonderer Glücksfall für dieses Projekt war, dass die Stadt Stuttgart ein Grundstück in Erbpacht zur Verfügung stellte.17 Die Schule am Kräherwald, kurz »Schieker-Schule«, war also keine Privatschule, sondern eine Art staatlich zugelassene Abzweigung von der Falkertschule, eine als öffentliche Volksschule anerkannte Einrichtung, die zugleich finanziell unabhängig war durch einen Elternverein, der das Gebäude stiftete und laufende Kosten übernahm.18 Bis zum Jahr 1935 sei er zunächst ermächtigt worden, die Schule zu führen, wie Schieker anlässlich der Eröffnung mitteilte. Bei dieser Gelegenheit betonte auch der Bürgermeister Dr. Ludwig, »dass die Stadt an sich Versuchsschulen nicht gerne sähe, dass aber die vertrauenswürdige Person von Herrn Hauptlehrer Schieker eine Ausnahme rechtfertige«.19

Zu den Förderern der Schieker-Schule gehörten der in der Zeit nach 1945 als württembergischer Kultusminister wirkende Theodor Bäuerle, der von den Nationalsozialisten verfolgte Politiker Otto Hirsch und der jüdische Sozial- und Religionsphilosoph Martin Buber.20 Neben Buber war auch der Philosoph, Psychologe und Pädagoge Eduard Spranger in die Bemühungen um die Schieker-Schule involviert. Die Inititative zur Gründung des Elternvereins mit dem Ziel, eine Schule zu bauen, kam aus den Reihen christlicher Eltern von Falkertschülern.21 Dennoch war die Schule keineswegs konfessionell gebunden, war sie doch »am beliebtesten in jüdischen Kreisen«.22 Otto Hirsch wurde die Aufgabe übertragen, so überliefert es Schieker, »den jüdischen Teil meiner Elternschaft so auszuwählen, dass unsere Schule in bestem Einvernehmen mit den christlichen Eltern in unverfälschter Weise nur dem Kind dienen konnte«.23

Besonders der Aspekt der Sozialphilosophie in Martin Bubers Werk kann in einem Zusammenhang sowohl mit den humanistischen Ideen Friedrich Schiekers als auch mit den politischen Wünschen und dem Engagement Friedrich Wolfs gesehen werden. Die »wahre Gemeinschaft« als Form einer Sozialutopie, »in der das Göttliche sich zwischen den Menschen verwirklicht« – diese Vorstellung entwarf Buber 1919 in seiner Schrift »Der heilige Weg«.24 Als von 1926 an für mehrere Jahre jeweils an den Ostertagen Schieker-Schule und Versuchsschule in Zusammenarbeit mit der Schwäbischen Lehrergilde, die sich aus der Jugendbewegung entwickelt hatte, Fachtagungen für Lehrer veranstalteten, da war neben Schieker selbst und Bäuerle auch Buber mit Vorträgen vertreten – 1928 mit Ausführungen über die »Bildungsnot des Volkes und die Volksnot der Gebildeten«. Buber hielt überdies am 24. Januar 1931 einen Vortrag über die Freiheit in der Erziehung, der in engem Zusammenhang mit dem pädagogischen Konzept der Schule am Kräherwald stand. Schieker wiederum publizierte in der Dresdner Monatsschrift »Das werdende Zeitalter«, bei der Martin Buber zu den ständig Mitwirkenden zählte. Im Augustheft 1930 stellte er dort Überlegungen zur »Sprachkraft des Kindes« an.

Zusammen mit der Ausdrucksfähigkeit im Bild war jene durch das Wort für Schieker die wesentliche Möglichkeit des Kindes, »um seine Kräfte einsetzen zu können, um sie wirken zu lassen. Ohne dies entfaltet sich keine geistige Kraft«, stellte er 1931 fest.25 Konrad Wolf wurde viele Jahre später Filmemacher, Bilderproduzent, und Kulturfunktionär, Markus Wolfs berufliche Aufgabe hatte viel zu tun mit der Fähigkeit, Menschen durch Worte zu Handlungen zu motivieren. Friedrich Schiekers Schule hat diese Kräfte gefördert.26

Schon als noch keiner seiner Söhne die Schieker-Schule besuchte, war Friedrich Wolf ihr mit großer Sympathie begegnet. Er erkannte klar die zur Methode erhobene Förderung individueller Anlagen der Schüler, wenn er schrieb: »Bei Schieker kommt jedes Kind zu seinem Recht. Das liegt schon in der Art seines Unterrichts. Thema: ›Reise nach China‹ oder ›Ruhrgebiet‹ oder ›Krankheit des Menschen‹. Nun werden die Kinder nicht genötigt, alle über diese Aufgabe einen Aufsatz zu schreiben, wobei einige, die mehr handfertig (zum Malen oder Kneten) begabt sind, auf der Strecke bleiben, sondern der eine drückt den Erlebnisstoff mit Worten aus, er erzählt ihn in freier Rede, der andere schreibt ihn nieder, der dritte malt ihn mit Farbe, der vierte ›baut‹, knetet eine Fabrik. So können sich die Kinder nach ihrer Begabung kräftig entfalten, ohne in spanische Stiefel eingeschnürt zu sein.« Als Arzt und Schriftsteller der Linken ließ es sich Wolf freilich nicht nehmen, noch ein wenig, dafür aber um so deutlicher, Weltanschauung einzustreuen: »Für den Sozialisten war es erfrischend, zu hören, wie hier immer wieder betont wurde, es komme darauf an, schon in der frühesten Ausdrucksarbeit des Kindes das Kind zur Wahrhaftigkeit der inneren Haltung der Welt gegenüber heranzuziehen und es nicht auf eine verlogene Fassade einzustellen.«27

Weltanschauung und politische Bedeutungsfelder waren Friedrich Schieker bereits 1924 vertraut. Sprach er doch da schon, wenn auch in einer verschobenen Perspektive, von der Aufhebung der Klassengegensätze: »Für das Kind gibt es nur Kinder, aber keine von der Klasse gestempelten Arten. Damit scheiden, strenggenommen, soziale Gesichtspunkte überhaupt aus, wenn es gilt, eine Schule zu organisieren, die auf der ungehemmten Entwicklung des Kindes aufgebaut ist.«28 Eine wichtige Voraussetzung dafür war: Diese Ganztagsvolksschule musste schulgeldfrei sein. Eine andere: Sie hatte Schüler aus betuchten Bevölkerungsschichten ebenso aufzunehmen wie Schüler aus ärmeren Familien.

Schiekers schulischer Einsatz galt drei Zielen: »Wirklichkeit in das Schulzimmer bringen, Gemeinschaft erleben lassen und immer wieder alles Eigenständige der Kinder beobachten und entfalten helfen.«29 Galten die Räume der Falkertschule noch als trist, so wurden jene der neuen Schule am Kräherwald, ohnehin in herrlicher Höhenlage ungleich attraktiver gelegen, bereits zur Eröffnung als »nett eingerichtet« empfunden – zudem »mit Wasch-, Speise- und Duschraum für die Kinder« als recht »angenehm« ausgestattet.30 Diese Schule wollte ein Vorreiter sein. Sie wollte als erste praktizieren, was nach Überzeugung ihres Begründers alle anderen später ohnehin nachahmen würden. Eine Avantgarde der Volksschule.

Friedrich Wolfs Wertschätzung der Schule am Kräherwald gründete schon darin, dass sie nicht direkt in der Stadt sich befand, sondern am Südhang einer Berghöhe. Für den städtischen Raum eine ideale Lage. Die Nähe zur Natur. Der Flachbau auf einer Freifläche und doch direkt am Wald. Licht und Luft und Sonne. Hier kam der Lebensreformer Friedrich Wolf zur Geltung. Bereits in der Versuchsschule der Falkertschule wurden Ansätze dieser Art erprobt – das Zehn-Minuten-Turnen, die monatliche Sternwanderung in die nähere Umgebung Stuttgarts, ein Sommerfest, das bewegliche Schulgestühl, die großen unlinierten Bögen statt der Schiefertafel, zum Schreiben die Gleichzugfeder statt der Spitzfeder.31 Doch wirklich neu waren solche Gedanken nicht. Schon vor der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert hatte die »pädagogische Großstadtkritik« Ausflüge in die Umgebung der Städte propagiert, um das Naturempfinden der Jugendlichen zu wecken. »Diese Bestrebungen waren durch den Wandervogel ideologisch überhöht worden, während zugleich die Pfadfinderbewegung wie die vor dem Ersten Weltkrieg zunehmende paramilitärische Jugendertüchtigung die Geländeübung in der Natur massenhaft verbreiteten.«32 Dieses Phänomen gab es auch in der Arbeiterjugendbewegung, besonders in der Organisation der Naturfreunde im Umfeld der sozialdemokratischen Parteien Deutschlands und Österreichs. Neu war an der Schieker-Schule, dass dieser Reformversuch Kontinuität bewahrte, als andere reformerische Erziehungs- und Bildungsansätze längst wieder dem repressiven Schulalltag gewichen waren.

In diese Schule also, die sogar eine gewisse Bekanntheit erlangt hatte und über internationale Kontakte verfügte,33 wurden die beiden Söhne der Wolfs geschickt. Eingeschult wurde zu dieser Zeit noch im April. Im »Amtskalender für die Volksschulen Württembergs«, Ausgabe 1929/30, heißt es: »Im Lauf des Monats Beginn des Schuljahrs (formell am 1. April, tatsächlich nach dem Schluss der Osterferien). Eintritt der Schulneulinge.« Seit 1928 bewegten sich die Schülerzahlen in Stuttgart nach unten, 1933 erreichten sie ihren Tiefstand. Die Tendenz ging in Richtung kleine Klassenverbände. Wurde Markus Wolf 1929 mit sechs Jahren eingeschult, nahm Konrad drei Jahre später, 1932, den Unterricht in der Schule am Kräherwald auf. Es muss etwa in den Tagen gewesen sein, als der zweite Wahlgang der Reichspräsidentenwahl am 10. April stattfand, der den Berufsmilitär Paul von Hindenburg neuerlich in dieses Amt brachte.

Der Sammelleidenschaft Friedrich Schiekers ist es zu verdanken, dass bis heute zahlreiche Unterrichtsbeispiele aus Schülerhand erhalten geblieben sind. Zum einen illustrierte Schieker damit seine eigenen Publikationen, präzisierte auf diese Weise seine Gedanken und Argumente. Zum anderen dienten diese Schülerbeispiele aus der Praxis, überdies Stundenablaufprotokolle und erzählte oder niedergeschriebene Geschichten, der Anschauung von Kollegen, die er zu überzeugen, zumindest aber zu beeinflussen suchte durch sogenannte »offene Unterrichtsstunden«, abgehalten in verschiedenen Schulbezirken landauf, landab.34 Die schriftlichen Arbeitsproben seiner Schüler hat Schieker anschließend mit der Schreibmaschine auf Papier getippt und mit ihren Initialen, nicht mit den vollständigen Namen, gezeichnet – vermutlich, weil es ihm hier auf das Typische und weniger auf das Individuelle ankam. Darunter befinden sich einige Proben mit dem Kürzel K. W. – die mit großer Wahrscheinlichkeit von Konrad Wolf stammen –, so in einem von Schieker angelegten »Leseheft 1933–1934 für 2. Schuljahr«.35 Zu vermuten ist, dass die hier versammelten, maschinegeschriebenen Zeilen eine Art Reinprotokoll der Kinderschrift darstellen: »Ich habe zuhause einen Sandhaufen. Da mache ich immer eine große Burg und stecke eine Fahne hinauf. Dann mache ich einen Tunnel durch den Berg und lasse ein Auto durchfahren. Und dann zeige ich’s meiner Mutter, und die freut sich.« Schieker datiert diesen Eintrag auf den 12. Mai 1933. Die Nazis hatten Deutschland seit über einem Vierteljahr im Griff. Drei der vier Wolfs lebten noch in Stuttgart. »Bei uns war ein Gärtner. Der hat Unkraut herausgezogen. Da hab ich ihm geholfen. Da habe ich ganz große Wurzeln herausgezogen. Aber einmal habe ich aus Versehen eine Blume herausgezogen. Als wir fertig waren, habe ich mit ihm vespern dürfen.« Signum: K. W., Datum: 30. Mai 1933. Wurde Unkraut im Garten eines vegetarischen Haushalts gezupft? »Es war einmal ein Mann. Der hate so eine böse Fra. Die ferhaute den Mann imer. Da wurde es dem Mann zu dum und der Man ging fort. Da wanderte er ein bar Wochen lang. Da kam er an eine Stat. Die waa so gros, das er meinte das die Stat nicht mer aufhören würde.«36 Keine Reinschrift, sondern ein Original, das beinahe ein Filmbeginn sein könnte: eine Frau, die ihren Mann schlägt. Am 1. Juni 1933. In diesem Monat machten sich die drei verbliebenen Wolfs auf den Weg, Stuttgart zu verlassen, Deutschland zu verlassen, Vergangenheit und Gegenwart deutlich voneinander zu trennen. Mit dem nötigsten Gepäck und auf der Suche nach einer Bleibe. Die Schieker-Schule aber blieb für andere Kinder aus jüdischen Familien eine Zeitlang »das letzte Asyl«, wo sie »noch unangefochten mit anderen Kindern lernen und spielen durften, als in den Schulen der Stadt ›nichtarische‹ Kinder bereits von den Schulen verwiesen waren«.37

Auch die Kinderarbeiten von Konrads älterem Bruder Markus finden sich im Archiv der Schieker-Schule. Für seinen Einschulungsjahrgang 1929 liegt ein Konvolut mit Beispielen aus dem III. Schuljahr vor, die 1931 entstanden sind. »M. W.« beschreibt einmal, »wie ich erfuhr, dass es keinen Nikolaus gibt. Als ich noch klein war, glaubte ich immer, dass es einen Nikolaus gibt. Aber als ich größer wurde, merkte ich es an der Stimme. Es war eine Bäuerin aus dem Dorf, in dem wir wohnten. Und seitdem weiß ich, dass es keinen Nikolaus gibt.« Genau hinsehen, das hinter dem Äußerlichen Verborgene erkennen – das waren Fähigkeiten, die man auch später gut gebrauchen konnte. Genau wie eine gehörige Portion Phantasie und möglicherweise sogar Ironie: »Mein Traum. Ich träumte heute Nacht, wir kämen alle in Fastnachtsverkleidung in die Schule. Als das der Herr Schieker sah, sagte er: ›Jetzt könnt ihr, wie ihr gekommen seid, wieder heimgehen, und euch umkleiden.‹ Wir gingen heim und dachten, wir sollten uns noch ärger umkleiden. Als wir wieder in die Schule kamen, geschminkt und mit Perücken, da bekam der Herr Schieker eine Wut und schlug, was er konnte, auf uns ein und sagte: ›Abkleiden sollt ihr euch!‹ Da gingen wir heim und kleideten uns ab.« Ansätze eines Witzes, eines erzählten Missverständnisses, offenbaren sich hier. Und im Traum kann auch ein fortschrittlicher Pädagoge seine Schüler schlagen. Im dritten Beispiel bezieht Markus Wolf den kleinen Bruder mit ein – als Opfer eines Verlustes: »Mein Traum. Ich träumte heute Nacht: Ameisen stehlen meinem Brüderchen sein Radelrutsch. Zehn saßen auf die Lenkstange und leiteten. Vierhundert saßen aufs Brett und ließen sich führen. Und achttausend schoben sie. Das war ein Gewusel! Sie fuhren natürlich in alle Leute hinein. Und die Leute konnten nicht begreifen, was da los war. Sie staunten nur das führerlose Radelrutsch an.«38

Im Gespräch erinnert sich Markus Wolf, zu dessen Mitschülerinnen zwei Töchter Otto Hirschs, Grete und Lotte, gehörten, an die Schulzeit. Ihm fallen Worte wie »Kreativität« und »Selbstbetätigung« der Schüler ein – beides wurde von den Lehrkräften gefordert. Auf hellgrauem Linoleum setzte man sich häufig nieder, der Lehrer in der Mitte. Das war zu dieser Zeit eine ungewöhnliche Anordnung im Klassenraum, an den eine Bühne grenzte. Der Ablauf der Unterrichtsstunden unterschied sich von dem anderer Schulen. Die kleinen Schulklassen blieben für gewöhnlich zusammen, nur bei bestimmten Ereignissen ergaben sich Mischungen der Altersstufen. Für Weihnachten hatte man entsprechende Geschichten geprobt, die man aufführte.39

»In der Schieker-Schule sah ich die Kinder in ihre Arbeit vertieft, ruhig sandeln, basteln, schreiben, rechnen und malen«, hielt Friedrich Wolf fest.40 Damit beschrieb er die Differenz zu eigenen Erfahrungen als Schularzt im Ruhrgebiet, wo er Hunderte von Schulklassen kennengelernt hatte, die exerziermäßig den Lehrer zu grüßen hatten und, sobald der ihnen den Rücken zugedreht hatte, in einen Höllenlärm ausbrachen. Dieser Wunsch nach einer als sinnvoll verstandenen Disziplin ist nicht zuletzt wohl auch politisch zu verstehen.

Ein Jahr bevor die Schieker-Schule im September 1929 einen Erweiterungsbau erhielt (bis dahin war der Schulleiter zugleich auch die einzige Lehrkraft), brachte das »Stuttgarter Neue Tagblatt« in seiner Beilage »Die Frau« eine illustrierte Reportage über diese Einrichtung am Kräherwald. Im Äußeren, so der Autor, sei von der »neuen Erziehung« bereits viel zu erkennen: »Es ist sichtbar in der rein äußeren Gemeinschaft dieser Klasse: im Speisesaal des Hauses essen die Kinder – eine einzige große Familie – ihr einfaches, gesundes Mittagessen, bei dem nie Fleisch, aber sehr viel Obst auf den Tisch kommt. Es schmeckt allen Kindern, und sie erziehen sich dabei einander, ohne dass sie es wissen. Im Werkraum und im Baderaum ist es sichtbar, im Kulissenraum und im Kostümschrank, und nicht zuletzt ist es sichtbar in der ›Sommerschule‹ an der Südseite des Hauses, wo unterm Sonnendach die Kinder sitzen und arbeiten, angetan mit nichts als einem Luftbadehemd.«41 Die Fotos zum Beitrag vermitteln einen plastischen Eindruck vom Schulalltag: »Handarbeit im Freien« zeigt ein knappes Dutzend Eleven in lockerer Runde um eine ältere Frau beim Häkeln und Stricken. So konnte Jahre später Else Wolf ihren Mann Friedrich informieren: »Markus strickt seit neuestem mit Begeisterung. [...] Am Sonntag haben er und ich gestrickt und Brüderle hat uns Geschichten erzählt. Das musst Du hören!«42 Der Unterricht hatte gewirkt. Andere Fotos zeigen das »Zähneputzen nach dem Mittagessen«, ein improvisiertes Bühnenspiel und die Schüler »an der täglichen Arbeit« – das ist in diesem Fall der so wichtige Malunterricht. Die Schüler sitzen, und das ist zu jener Zeit ein Novum, nicht auf fixierten Bänken, sondern auf frei beweglichem Gestühl, von dem Friedrich Schieker behauptet hat, es sei seine Idee gewesen.43

Bald schon wurde der engagierte Umgang mit Pinsel, Farbe und Papier zu einer der Leidenschaften, für die sich Konrad interessierte und mit denen er seine Eltern beeindruckte. Das Malen im Unterricht hatte aber auch noch einen anderen Zweck. Es bildete oft den Abschluss der Stoffvermittlung. So etwa im Fach Geologie, wenn die Gesteinsschichten der Erde den Schülern nicht im Frontalunterricht eingebleut, sondern im Gespräch mit ihnen erarbeitet wurden. »Von der anfänglichen Improvisation zur Gestaltung des Chaos« – so wäre ein typischer Unterrichtsverlauf zu beschreiben. Nachdem zuletzt der Lehrer noch einiges gesagt hat, »fällt dann meist noch das Wort: ›Malt etwas darüber.‹ Zuletzt, nachdem zu spüren ist, dass die Kinder allesamt vom Stoff erfasst sind. Und dann gehen sie an ihre kleinen Tische – sie hockten nämlich bis jetzt auf dem Boden rings um ihren Freund und Lehrer – und arbeiten still und unbefangen und mit einer erstaunlichen Freiheit und Leichtigkeit über ihren großen weißen Blättern. Eins um das andere bringt dann sein Werk, bunte Bilder von Steinbrüchen, Bergen, Vulkanen, Meeren und Gebirgen, von Landschaften aus der Eiszeit und von versteinerten Tieren, von Schachtelhalmwäldern und Kohlenzechen.«44 Auch ein Blick in die Methoden des Geschichtsunterrichts war möglich. Ein Foto, das »Der Sommergarten« abdruckte, belegt eindrucksvoll die originelle und kindgemäße Methode der Vermittlung historischen Wissens. Zu sehen ist ein halbes Dutzend Schüler, mit Schiffsmodellen innerhalb eines abgegrenzten Kastens in Bauchhöhe hantierend. Der eine führt das Schiff, der nächste scheint den ersten anzuweisen, der dritte bastelt noch an einem Detail. »Am Sandkasten« lautet die Bildunterschrift, und die Erklärung ist verblüffend: »Die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus wird anschaulich dargestellt.«45 Man könnte es Verlebendigung nennen, eine geschichtliche Erzählung in selbstgemachten Bildern – greifbar in jeder Hinsicht. Als formreduziertes Spielzeug und als reiche Vorstellung von einem Geschehnis. Diese Art von Sandkastenkonstruktionen waren variabel. Ein weiteres Foto zeigt ganz einfach einen Flugplatz. Die Flugzeuge stehen aufgereiht rund um einen Hügel, auf dessen Spitze ein Kontrollturm thront. Vor allem die Jungen sollen sich für diese Art von »Themensandkästen« interessiert haben. Von Markus Wolf weiß man, dass er sich stark für den Flugzeugbau interessiert hat und entsprechende Studien im Moskau der frühen vierziger Jahre absolvierte. Möglicherweise hatte diese Faszination in Stuttgart ihren Ursprung.

Konrad Wolfs Schulzeit bei Friedrich Schieker dauerte etwas mehr als ein Jahr, die von Markus Wolf über vier Jahre. Beide Kinder hatten in dieser Zeit zum ersten Mal den institutionalisierten Geist einer Gemeinschaft kennengelernt. Trotz unterschiedlichen Alters war die Zeit in der Schieker-Schule auch ihre erste Erfahrung von brüderlicher Gemeinschaft außerhalb des Elternhauses. Zwei schon ins politische Geschäft eingespannte Kommunistenkinder erhielten ihre Grundausstattung an politischer Moral und überkonfessionellem Denken in einem typischen Produkt republikanischer Pädagogik des noch demokratischen Deutschland.

II.
Familiengemeinschaft

Wenige Jahre zuvor, etwa 60 Kilometer südlich von Stuttgart, auf der Schwäbischen Alb: die Kleinstadt Hechingen. Dort war man der Natur noch näher als am Stuttgarter Kräherwald. Eine Stadt unterhalb der Burg Hohenzollern, die sich auf dem 855 Meter hohen Zollerberg über das wie ausgegossen daliegende Umland erhebt. Aus der Sicht Friedrich Wolfs, vielleicht kein Zufall bei einem späteren Kommunisten, sah das Panorama anders aus, weil die Perspektive eine andere war. Er nahm an einem milden Frühlingsabend 1922 die Umgebung Hechingens sozusagen von unten wahr und ergötzte sich zusammen mit seiner Frau am »rosigen Abendlicht«, an den Berghöhen der Rauhen Alb, die eingehüllt waren »in das zarte Grün der weiten Buchenwälder«. Die Hohenzollernburg selbst allerdings war ihm keine Überwältigung, kein Symbol von Macht und Herrschaft, sondern erschien ihm ganz einfach wie ein »Spielzeug aus einem Kindersteinbaukasten«, das freundlich hinter den Bäumen durchschimmerte.1 Friedrichs Sohn Konrad sollte später jene schon erwähnten Sätze über eine Burg schreiben, die er sich im häuslichen Sandkasten immer wieder baute, um damit zu spielen. Fast wie ein Spiegelbild, Vater – Sohn, scheint hier ein Blick auf die Welt sich darzustellen, zu wiederholen. Eine Parallele in der Weltwahrnehmung: sich nicht beeindrucken zu lassen von solchen Manifestationen der Macht.

Im Jahr 1925, Hechingen als ein Ort im ehemaligen Land Hohenzollern war seit mehr als 75 Jahren preußisch (»Hohenzollernsche Lande«), fiel der 20. Oktober auf einen Sonntag. An diesem Tag wurde Konrad Wolf geboren. Auch sein Vater, der am 23. Dezember 1888 in Neuwied am Rhein zur Welt kam, war ein Sonntagskind gewesen. Konrad Wolfs Erscheinen auf der Welt war nüchtern ein »Geburtsfall«, wie die entsprechende Bescheinigung es zu dieser Zeit im Beamtendeutsch nannte. Der Hechinger Standesbeamte, wie die meisten höheren Beamten in Hohenzollern gewiss ein Preuße, unterschrieb zwei Tage später das Papier, und damit war der Sohn von Dr. med. Friedrich Wolf und Else Wolf, geborene Dreibholz, amtlich beglaubigt auf dieser Welt. Konrad Friedrich Wolf war sein vollständiger Name. Koni wurde er als Kind und auch später von Freunden gerufen. Geboren in preußischem Lande, wenn auch in einer Enklave, unterhalb der Hohenzollernburg. Begrüßt vom Uronkel Moritz Meyer mit einem Korb frischer Eier und selbstgebackenem Rosinenbrot.

Hechingen, die Stadt an der Starzel, einem rechten Nebenfluss des Neckar, war nicht gleichbedeutend mit Provinz. Es war schon zum Ende des 19. Jahrhunderts vieles vorhanden: die Post, der Telegraph, auch die Württembergische Staatsbahn mit der Linie zwischen Tübingen und Sigmaringen. Weiter waren da eine Gewerbebank, ein Oberamt, Land-, Schwur- und Amtsgericht sowie ein Kommunal-Oberförster. Es gab eine evangelische und drei katholische Kirchen und eine Synagoge. Ein Realprogymnasium, eine höhere Bürgerschule, ein großes Hospital. Baumwoll- und Trikotwebereien waren hier ebenso ansässig wie eine Bierbrauerei.2

War in Hechingen die katholische Bevölkerung in der Überzahl, galt das nicht für die benachbarte Region. So war beispielsweise im Altkreis Balingen die Konfessionszugehörigkeit überwiegend evangelisch. In Hechingen, das zu Hohenzollern-Hechingen gehörte, konnten sich Juden ansiedeln, die in den ehemals württembergischen Gebieten dieser Region bis ins 19. Jahrhundert nicht zugelassen worden waren. Die erste Nennung eines Hechinger Juden datiert von 1435. Eine jüdische Gemeinde existierte bis 1941. Die höchste Zahl von Juden in Hechingen wurde 1842 verzeichnet, als jeder vierte Einwohner jüdisch war, insgesamt 809. Gleich neben der Synagoge stand ein jüdisches Schul- und Gemeindehaus, auch eine öffentliche israelitische Volksschule und eine Talmudschule gehörten dazu. Die Synagoge, wie so viele jüdische Gotteshäuser in Deutschland in der Nacht vom 9. auf den 10. Oktober 1938 zerstört, gehört heute zu den wenigen restaurierten Synagogen in Baden-Württemberg. Bis 1875 hatte Hechingen einen Rabbiner, von da an übernahmen die jüdischen Religionslehrer dessen Aufgaben. Um 1900 waren fast alle Fabrikanten vor Ort jüdisch, die vollen Bürgerrechte der Stadt erhielten sie allerdings erst ein Jahr später. Eine Integrationsfrage.

Am jüdischen Gemeindeleben dürfte Friedrich Wolf nicht teilgenommen haben, er löste sich schon früh vom jüdischen Glauben und von der jüdischen Religionspraxis. Einen Monat nach Konrad Wolfs Geburt brachten die »Hohenzollerischen Blätter« ein zweiteiliges Porträt des ortsansässigen Arztes und Schriftstellers Wolf, geschrieben von Karl Fischoeder, der darin versucht, dessen »jüdisches Erbteil« zu entdecken. Er schreibt, Wolf sei »Deutscher und Mensch (sein jüdisches Erbteil wird nur als angenehme Aggredienz in der Klarheit seiner Sprache und der Schärfe seines Witzes empfunden werden können), ein Junger und ein Erkenner, ein Lebendiger und ein Dichter«.3 Es war also auch in Hechingen keine Selbstverständlichkeit, als Jude dort zu leben. Es interessierte.4 Bei der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 lebten noch mehr als 100 Juden in Hechingen. Eine Zahl, die schnell sank. Arisierung, Enteignung, Pogromnacht im Oktober 1938, Ausschluss jüdischer Kinder aus den öffentlichen Schulen, Verhaftungen, Haft in Dachau – am Ende, 1941 und 1942, die Verschleppung nach Riga und Izbica bei Lublin, nach Theresienstadt und Mauthausen. Ermordung. Die jüdische Gemeinde Hechingens war erloschen, nur einzelne Hechinger Juden überlebten das Kriegsende.

Friedrich Wolf lebte seit dem November 1921 in Hechingen. Seine Scheidung von Kaethe Gumpold wurde am 6. Dezember 1921 vor dem preußischen Landgericht Verden/Aller verkündet und bekam Rechtskraft am 30. Dezember. Wegen Ehebruchs wurde Friedrich Wolf schuldig gesprochen und hatte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Else Dreibholz, geboren am 20. Mai 1898, die Wolf am 15. April 1922 in zweiter Ehe heiraten sollte, kam erst ein halbes Jahr nach ihm aus ihrem Geburtsort Remscheid auf die Alb.5 Das Land, Schwaben, die Landschaft, die Rauhe Alb, all das war für Friedrich Wolf nichts ganz Neues. Im Sommer 1908 hatte er in Tübingen ein Medizinstudium aufgenommen – eine Fortsetzung jener Ausbildung, die er 1907 in Heidelberg begonnen und für den einjährigen Militärdienst sowie ein fragmentarisch gebliebenes Studium der Bildhauerei und Malerei an der Münchner Kunstakademie unterbrochen hatte, um sie ab 1909 in Bonn weiterzuverfolgen. Mit der Wandervogelbewegung lernte er Land und Leute kennen. Bereits als Student ernährte Friedrich Wolf sich nach vegetarischen Grundsätzen – vermutlich der Einfluss der Jugendbewegung, bei der die vegetarische Idee auf fruchtbaren Boden stieß.6 Nach Hechingen zu ziehen entsprang einem Rat seines Onkels Moritz Meyer, 1872 ebenfalls in Neuwied geboren. Er arbeitete zunächst in Wetzlar als Amtsgerichtsassessor und Richter und lebte ab 1908 in Hechingen, wo er von 1910 an als Landgerichtsrat wirkte, bis er nach dem Ersten Weltkrieg, den er als Feldwebel beendete, beurlaubt und Jahre später, 1924, in den Ruhestand versetzt wurde. Seine Schwester war Friedrich Wolfs Mutter Ida, geborene Meyer.

Moritz Meyer, das war in der Familie Wolf das »Öhmchen«. Er nahm Friedrich, oder Fritz, wie er genannt wurde, bereits als Kind mit in die Berge des Westerwaldes und auf die Schiefergebirge am Rhein – zum Botanisieren. Ein vehementer Vegetarier. Ein Antialkoholiker. Ein Quacksalber. Und eine Respekt einflößende Erscheinung: groß, hager, gebräunte Haut, mit schwarzgrünem, breitem Schlapphut auf dem Kopf und in Loden gewandet, nicht zu vergessen das weiße, lange Haar. Er fuhr viel mit dem Fahrrad und hatte dabei stets einen Rucksack umgeschnallt. »Dr. Strohdach«, so nannten die Hechinger diesen Moritz Meyer, des strohgedeckten Holzhauses wegen, das er mitten in Hechingen und zugleich etwas abgelegen, am Rande des Fürstengartens, verborgen hinter dichtem Baumwerk, bewohnte: das 1914 selbstgebaute »Haus Erde«. Manche nannten ihn aber auch den »Bock-Meyer« wegen der beiden Ziegenböcke, die er neben zahlreichem anderen Getier hielt und an deren unverwechselbaren Gestank sich Konrads Bruder Markus später erinnerte. Wenn der Onkel auf Reisen war, beispielsweise zu Besuch bei den Wolfs in der Stuttgarter Zeppelinstraße, dann begleitete ihn dieser unverwechselbare Duft.7 Auch die suggestiven, hypnotischen Gesten des Uronkels sind Markus Wolf unvergesslich geblieben – sie wurden bei Kopfschmerzen angewendet.

Sein homöopathisches Wissen hatte Meyer sich selbst angeeignet. Der Ohm, ein brillanter Jurist – er war in Frankfurt am Main und in London ausgebildet worden und gab auch in Hechingen rechtlichen Rat gratis –, hatte sich mit dem Ruhestand jedoch der Naturheilkunde zugewendet und hoffte nun, sein medizinisch ausgebildeter Neffe Friedrich würde ihn bei seinen diesbezüglichen Vorhaben unterstützen. Schließlich hatte er selbst für den zunächst patientenlosen jungen Mann in Hechingen die Werbetrommel gerührt. Die vegetarische Kost bestand aus hartem Vollkornbrot, Dickmilch, Pfannkuchen und eingemachten Früchten. Er verfocht eine selbst erdachte Diät mit den zentralen Bestandteilen Ziegenmilch und Schafskäse. »Patienten« und Kränkelnde behandelte er – vielleicht nach einem Rezept, das ihm Schäfer von der Alb verraten hatten, auf jeden Fall aber zumeist für ein »Vergelt’s Gott!« – mit dem Wasser aus einem selbstgegrabenen Brunnen. In einem vor der Stadt gelegenen Wäldchen errichtete er ein kleines Sanatorium, »in das Kurgäste von weither kamen, die er mit seinem Ziegengespann vom Bahnhof abzuholen pflegte«.8 Diese »Waldbad Zollern« genannte Unternehmung, deren Idee Meyer wohl unmittelbar nach Konrads Geburt in die Welt setzte, scheiterte ökonomisch allerdings kläglich – und der Neffe Friedrich war nicht bereit, sich in irgendeiner Form daran zu beteiligen.9

Jahre später, als die Wolfs längst in Moskau lebten und der von Hitler angezettelte Krieg in Europa tobte, starb das »Öhmchen« im Konzentrationslager Mauthausen, am 7. September 1942. Er wurde keine 70 Jahre alt.10 Die Ermordung Meyers in Mauthausen, »auf der Flucht«, wie es hieß, war in Hechingen Ortsgespräch.11 Er war am 4. Juli 1942 in seiner Waldwohnung, die er nur noch für Erledigungen in der Innenstadt verließ, verhaftet und ins Gefängnis gebracht worden. Im November des Jahres wurde das gesamte Eigentum Meyers auf Veranlassung des Finanzamtes Sigmaringen versteigert.12 Die vielleicht letzte innere Verbindung zwischen den Wolfs in Moskau und der Heimat in Württemberg war damit abgerissen. Und dies vollkommen unabhängig davon, dass das Verhältnis zwischen Friedrich Wolf (der dem Onkel 1912 ein Exemplar seiner Dissertationsschrift über »Die multiple Sklerose im Kindesalter« handschriftlich gewidmet hatte – sein 1928 erschienes Buch »Die Natur als Arzt und Helfer« ist gleich in der gesamten Auflage dem Ohm gewidmet) und Moritz Meyer sich im Verlauf der Württemberger Jahre offenbar verschlechtert hatte. Der bodenständige Meyer wollte den unruhigen Wolf sesshaft machen. Doch der ließ sich nicht domestizieren, Hechingen sollte nicht schon das Ende des Lebensweges sein. Auch Wolfs Frau Else hatte nicht die Absicht, dort zu bleiben. Deshalb warf ihr Meyer vor, großstadtsüchtig zu sein, sie wolle ja nur nach Stuttgart, und über den Ehemann klagte er, er stehe unter der Kuratel der Frau. Meyer hasste die Institution der Ehe geradezu.

Im Dezember 1932 schrieb Friedrich Wolf, inzwischen vielbeschäftiger Politdramatiker, im Zug vor Halle an der Saale an seine Frau: Er wünsche sich für das »Öhmchen«, dass dieser angesichts eines »Steckenpferdes«, das in dem Brief nicht näher benannt wird, aber wohl viel Geld verschlang, sich einfach »auf sein Waldhäuschen« konzentrieren möge – das wäre »ein Glück auch für ihn«. Denn offenbar war Geld, das Markus und Konrad zugedacht war, auf diese Weise an »seine Wahnidee« verlorengegangen.13 Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es sich dabei um das defizitäre »Waldbad Zollern« handelte, das ab den frühen zwanziger Jahren von Meyer mit mehreren Hypotheken beliehen werden musste.14

Bei den atmosphärischen Störungen zwischen Onkel und Neffe dürfte überdies das immer deutlichere Eintreten Friedrich Wolfs für den Kommunismus eine beträchtliche Rolle gespielt haben. Dem eher national gesinnten Meyer war dieses Engagement unangenehm, er hielt es für Nonsens. Entsprechend naiv betrachtete er die Nationalsozialisten, mit denen er anfangs wohl sogar sympathisierte, lediglich als Irregeleitete. Spätestens 1938 aber wurde es ernst für ihn, die antisemitische Hetzjagd auf die jüdische Bevölkerung war in Deutschland vollends angebrochen. Nach mehreren Einbrüchen von Nazis im »Haus Erde« und der Vergiftung seines Pferdes zog Moritz Meyer sich in sein »Waldbad« zurück.

Bereits 1910 hatte er sich mit seinem Neffen publizistisch auseinandergesetzt – die 130seitige Veröffentlichung der »Sinai-Briefe an meinen Neffen Fritz« kam als eine »moderne Glosse von einem Rechtsgelehrten« im Neuwieder Verlag Meincke heraus. Damals schien der Student Wolf, der in seiner toleranten Heimatstadt Neuwied ganz selbstverständlich die Israelitische Elementarschule besucht hatte, unter dem Einfluss der klassischen deutschen Philosophie »von der jüdischen Gläubigkeit des Kindesalters abzurücken«, wogegen der Onkel seine mahnende Stimme erheben musste.15 Jahre später war es Friedrich Wolf, der sich mit seinen jüdischen Wurzeln literarisch beschäftigte. In der Stuttgarter Deutschen Verlags-Anstalt erschien 1925, im Geburtsjahr Konrads, »Das Heldenepos des Alten Bundes«, eine eigene künstlerische Übersetzung von Teilen des Alten Testaments aus dem Hebräischen, ein Versuch, »der heldischen Vergangenheit des alten Wüsten- und Wandervolkes« zu gedenken, ein »Plädoyer für Toleranz und gegen den Wahnsinn des Antisemitismus«.16 Offenbar war die wenige Jahre später getroffene Entscheidung, Kommunist zu werden und deshalb die jüdische Identität zu verscharren, für Friedrich Wolf nicht immer ohne Alternative.

Ende November 1914, der Erste Weltkrieg war vier Monate zuvor entbrannt, hatte der Assistenzarzt der Reserve, der Ende Mai des Vorjahrs aus der israelitischen Religionsgemeinschaft ausgetretene Friedrich Wolf, vor dem Standesamt in Coblenz (Koblenz) seine erste Ehe geschlossen. Eine Kriegstrauung. Vier Jahre zuvor hatte er in Berlin die sieben Monate ältere Kaethe Gumpold kennengelernt, eine Jüdin aus Erfurt, die Innenarchitektur in den Werkstätten des Jugendstil-Architekten Paul Schultze-Naumburg studierte und eine Ausbildung als Lehrerin für harmonische Gymnastik absolvierte. Wolf selbst hatte im Mai 1913 seine Promotionsurkunde in Empfang nehmen können, anschließend den Militärdienst in Dresden geleistet und war dann als Arzt beim Norddeutschen Lloyd auf Schiffsreise gegangen.