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Prolog

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Der Tag von Ceys Flucht aus Esth Heaven begann wie jeder andere auch. Oder zumindest beinahe. Die Strahlen der Abendsonne bahnten sich einen Weg durch das dürftig vernagelte Fenster und das bedeutete – sie hatte verschlafen. Und zwar gründlich.

Cey gähnte und wickelte sich aus dem nass geschwitzten Stofffetzen, der ihr als Decke diente. Es lag vermutlich an ihrem Traum, dass ihre innere Uhr versagt hatte. Der Traum über einen fünfjährigen Jungen, der sie seit fast einer Woche heimsuchte und immer auf die gleiche Weise endete. Mit Blut. Mit Tod.

Cey schüttelte sich. Sie sollte ihrem aktuellen College einen Besuch abstatten, die Professoren mit ihrer Anwesenheit beglücken und ihren Kommilitonen bei den Vorbereitungen zur Abschlussprüfung helfen. Sich abzulenken war allemal besser, als grübelnd in diesem kahlen Raum zu sitzen.

Ohne große Begeisterung schlurfte Cey in das kleine Badezimmer. Das Wasser floss noch immer, dabei war das Gebäude schon wie lange verlassen? Acht Monate, wenn man den letzten Reklame-Blättchen im Außenflur Glauben schenken durfte. Die ideale Zufluchtsstätte für Wesen wie sie.

Cey spritzte sich eine Ladung Wasser ins Gesicht und schrubbte sich die Zähne. Den Blick in den Spiegel sparte sie sich – sie wusste auch so, dass sie perfekt aussah. Ebenmäßige Gesichtszüge, verheißungsvolle braune Augen, lange dunkle Haare. Wahrscheinlich das Ergebnis irgendeiner Umfrage. Oder eines mathematischen Algorithmus.

Cey hasste das Aussehen, das ihr dunkler Schöpfer Astan ihr zugedacht hatte, die Erinnerung an ihre qualvolle Kindheit, an das endlose Leid, welches dieser Mann verursacht hatte. Sie hieb mit der Faust auf den Rand des Waschbeckens, atmete einmal tief ein und aus und verdrängte die Finsternis, die sich ihrer bemächtigen wollte, in den hintersten Winkel ihres Seins.

Zurück in ihrem Zimmer schlüpfte Cey in eine graue Sweatjacke und zog sich die Kapuze tief ins Gesicht. Da sie nie ohne Shirt und Hose schlief, erübrigte sich die Frage nach der restlichen Garderobe ebenso wie das stundenlange Herumgesuche in einem Kleiderschrank, den sie ohnehin nicht besaß.

Versunken in ihre eigene Welt verließ Cey den maroden Appartmentkomplex und spurtete zur nächstgelegenen U-Bahn-Station. Erst nachdem sich die Wagentüren zischend hinter ihr geschlossen hatten, spürte sie die Nähe des anderen J’ajals. Ein Geschöpf, das den Menschen in diesem Zug in so vielen Punkten überlegen war – Kraft, Ausdauer, mentale Stärke –, und doch unerkannt unter ihnen weilte.

Cey ließ ihren Blick über die Gesichter der anderen Fahrgäste wandern und es dauerte nicht lange, bis sie den Mann entdeckt hatte. Groß, muskulös, dunkelhäutig und wie alle J’ajal extrem gut aussehend. Ein über dem rechten Ohr in die kurzen Haare einrasiertes Tribal verlieh dem Typen ein geheimnisvolles Etwas, passend zu dem Wesen, das er unter der Oberfläche verkörperte.

Gold-braune Augen, die gerade noch so als menschlich durchgehen konnten, taxierten ihr Gesicht und behutsam streckte der J’ajal sein Bewusstsein nach ihr aus. Cey hielt den Kerl für keine ernsthafte Bedrohung, dennoch beunruhigte er sie mehr als die J’ajal, denen sie bisher begegnet war. Irgendetwas an diesem Mann war seltsam und es war Cey ein Rätsel, wie er es geschafft hatte sie gegen ihren Willen aufzuspüren und sich dabei selbst so lange verborgen zu halten.

Aus reiner Vorsicht errichtete sie eine weitere mentale Sperre, schaltete ihre fühlbare Präsenz ab und verließ die Bahn vorzeitig in Richtung Shopping Mall. Nach wenigen Metern war Cey im Gemenge der Passanten untergetaucht und von der nächsten Straßenecke aus konnte sie erspähen, wie sich der J’ajal zuerst stirnrunzelnd umsah und sich schlussendlich für die andere – falsche – Richtung entschied. Immerhin etwas, das funktioniert.

***

Die Vorlesungen am College waren wie erwartet langweilig, Cey hatte die Themen einfach schon zu oft gehört. Die freundschaftliche Nachhilfestunde verlief ebenfalls sehr schleppend und die Motivation der ihr gegenübersitzenden Studenten nahm mit jedem ihrer Erklärungsversuche weiter ab. Gravitationsenergie, wen außer Newton interessierte das? Ihre Kommilitonen jedenfalls nicht. Die vier gaben auf und Cey ließ sich stattdessen bereitwillig zu einer fragwürdigen Party in einer fragwürdigen Gegend am Rande der Stadt einladen.

Da sie mehr als ihr halbes Dasein an Orten verbracht hatte, um die andere einen großen Bogen machen würden, störte Cey weder der heruntergekommene Eindruck der Party-Location noch die Masse an bereits betrunkenen Menschen, die wild grölend Nachschub verlangten. Im Gegenteil, das halb zerstörte Gebäude, der unsagbare Lärm der wummernden Bässe und die Anonymität der Menge bildeten für sie die perfekte Kulisse, um abzuschalten und sich wenigstens für einen Moment der Illusion hingeben zu können, dass alles in bester Ordnung war.

Eine geraume Weile ließ sie sich von der feierwütigen Meute mitreißen und erst als einige Männer anfingen ihr immer begehrlichere Blicke zuzuwerfen und sich mehr und mehr aufzudrängen kehrte Cey der Tanzfläche den Rücken zu. Sie wollte diesen Abend genießen und war ausnahmsweise nicht auf Streit aus.

Cey zog sich an den Rand der improvisierten Bar zurück, die mit Australiens Nationaltier, einem aufgesprühten Känguru, geschmückt war. Sie orderte einen Drink, der Geschmack war ihr dabei völlig gleichgültig, Hauptsache es war etwas Hochprozentiges.

Der Ärger verschonte sie allerdings auch hier nicht lange, sondern nur, bis sich eine dunkle Gestalt neben sie setzte, kritisch das Glas in ihrer Hand musterte und über den Krach der Musik hinweg feststellte: »Das halte ich für keine besonders kluge Idee.«

Es war Cey total egal, was der Typ für eine gute Idee hielt und was nicht, viel eher interessierte sie sich dafür, wie er sie erneut gefunden hatte. Eine Frage, die der Mann ihr garantiert nicht beantworten würde. Und außerdem besagte eine ihrer Regeln jeden Gesprächsversuch eines fremden J’ajals abzublocken. Ansonsten fand man sich recht schnell an einem Ort wieder, den man gar nicht hatte besuchen wollen.

Egal in wie vielen Ansichten sich die verschiedenen Organisationen der J’ajal – deren Mitglieder jeweils ähnlich aufgefasste Moralvorstellungen und Lebensziele vertraten widersprachen, bezüglich eines Gesetzes waren sie sich alle einig: Ein erwachter J’ajal ohne Grundausbildung durfte niemals frei sein. Zu groß war die Gefahr, dass dieser ein nicht wiedergutzumachendes Chaos anrichten und ein ganzes System von Vertuschungen und Täuschungen ins Wanken bringen konnte, denn die Öffentlichkeit sollte niemals von ihrer Existenz erfahren.

Cey verzichtete dementsprechend auf eine zynische Erwiderung. Sie kippte den Inhalt ihres Glases in einem Zug hinunter und legte wahllos einen Geldschein auf den Tresen, wahrscheinlich viel zu viel. Den missbilligenden Blick ihres Sitznachbarn ignorierte sie, stattdessen schlängelte sie sich an den ahnungslosen Menschen vorbei zu einer zuvor ausgekundschafteten Hintertreppe.

Auch ohne das verräterische Knacksen der Stufen in ihrem Rücken wusste Cey, dass der Mann ihr folgte. Sie fühlte seine Präsenz, aber anscheinend nur, wenn sie sich stark genug konzentrierte. Und dazu verspürte sie meistens nicht sonderlich viel Lust, denn erstens war es ziemlich anstrengend und zweitens fiel es ihr dann noch schwerer das lautlose Gewisper in ihrer Umgebung auszublenden.

Weitere J’ajal näherten sich zügig ihrem Standort und erinnerten Cey daran, dass sie endlich verschwinden sollte. Sie schlug den Weg zur alten Autobahnbrücke ein, die in einem hohen Bogen den Fluss zwischen den östlichen und westlichen Distrikten der Stadt überspann. Die Brücke wurde seit Jahren nicht mehr benutzt und wenn sich kein Sponsor für die Sanierungskosten in Millionenhöhe melden würde, dann dürfte das auch zukünftig so bleiben.

Cey verfiel in einen lockeren Dauerlauf und hätte ihr Tempo selbst als höchstens mittelmäßig beschrieben, obwohl der ein oder andere menschliche Profi-Sprinter wohl blass vor Neid geworden wäre. Es war kaum verwunderlich, dass der J’ajal ihr problemlos nachsetzen konnte, auch wenn er zunächst irritiert innegehalten hatte. Nun war ihr Verfolger sorgsam darauf bedacht einen gewissen Mindestabstand einzuhalten und stattdessen seine Männer zu gruppieren.

Ceys Schritte führten sie fast von alleine den hunderte Male geprobten Weg durch die verwahrlosten Häuserreihen entlang, weshalb es ihr möglich war ihre Gedanken schweifen zu lassen und sich mit ihrem nächsten Reiseziel zu beschäftigen. Russland, Südafrika, Brasilien – wichtig war nur sich vor den J’ajal und ihren Einfangversuchen verstecken zu können.

Am höchsten Punkt der Brücke stoppte sie und bereitete sich auf die Konfrontation mit ihren Gegnern vor. Diese hatten sich nun so positioniert, dass es für Cey unmöglich war zu entkommen, und ihr attraktiver Anführer näherte sich bis auf wenige Schritte.

»Ceytlyn.«

Oha. Da hatte sich wohl jemand die Mühe gemacht in das Netzwerk des Esth Heaven Colleges einzudringen. Nirgendwo sonst hatte sie diesen Namen verwendet.

»Ceytlyn, ich möchte kurz mit dir reden, wirklich nur reden.«

Wie witzig. Zum Reden brauchte man immer ein ganzes Bataillon an Männern.

»Mein Name ist Xyen. Ceytlyn, du weißt, dass du anders bist als die Menschen in deiner Umgebung …«

Anders … Rasch überdachte Cey die letzten Tage. Wann war sie nicht aufmerksam genug gewesen, wann hatte sie zu viel von ihren Fähigkeiten gezeigt? Ihr fiel spontan nichts ein, trotzdem setzte sie sich einen gedanklichen Merker in Zukunft noch vorsichtiger zu sein und ihre geistigen Barrieren mit weiteren Belanglosigkeiten zu tarnen.

»… aber du bist nicht als Einzige anders …«

Vielleicht hätte Cey dem Mann sogar noch eine Weile zugehört, nur so aus Interesse. War nicht einfach, einen vermeintlich neu erwachten J’ajal zu überzeugen freiwillig mit ihnen mitzugehen und keinen Unsinn anzustellen. Das war viel schwieriger als die Suche selbst, denn die meisten von ihnen konnte man ja gar nicht übersehen.

Ein Zwanzigjähriger, der in jeder sportlichen Disziplin die Goldmedaille erlangte? Aussichtreicher Kandidat. Eine junge Frau, die über ein Dutzend Sprachen fließend beherrschte? Noch besser. Ein Typ, der einen terroristischen Anschlag überlebte und anschließend aus Rache sämtliche Gegner niedermetzelte? Volltreffer. Die Einschränkung auf junge Erwachsene machte die ganze Sache natürlich noch einfacher.

Waren nun Menschen, die sich nicht zum J’ajal wandelten, zu bedauern? Nein, das waren sie definitiv nicht, denn das Erlangen der ach so tollen J’ajal-Superkräfte brachte einen klitzekleinen Haken mit sich – nicht jeder überstand die Erwachung. In manchen Fällen überforderte die Entwicklung der Fähigkeiten schlichtweg das, was ein menschlicher Körper aushalten konnte. Besonders die Steigerung der mentalen Kräfte hatte bereits mehr als nur ein Gehirn gegrillt oder aber einen J’ajal mit der Intelligenz eines Knäckebrotes zurückgelassen. Aufgrund der grausamen Schmerzen, die mit der Wandlung einhergingen, entschieden sich manche Anwärter sogar für eine freiwillige Flucht aus dem Leben.

Aus diesem Grund gab es immer wieder Anpassungen in den Strategien der J’ajal-Jäger und nur noch selten kreuzte einer von ihnen alleine auf. Das war ausgesprochen gut für ihre Quote und ausgesprochen schlecht für Cey. Es wurde jedes Mal schwieriger für sie die Männer auszutricksen und trotz all ihrer Möglichkeiten bildete die nur dreiwöchige Verweildauer in Esth Heaven einen traurigen neuen Rekord.

Schien ziemlich talentiert im Aufspüren zu sein, dieser Xyen. Talent war allerdings nicht die einzige Voraussetzung und gerade beging ihr Gegenüber einen folgenschweren Fehler. Die Augen voller Sorge auf den verrosteten Rand der Brüstung gerichtet, trat er einen weiteren Schritt auf sie zu. Wahrscheinlich wollte Xyen sie so zwingen auf einen stabileren Teil der Brücke auszuweichen. Er entsandte eine Woge von extrem ausgeprägten Beruhigungsgefühlen, die sie wohl einlullen sollten, aber auch das konnte nichts daran ändern, dass er ihren genau definierten Sicherheitsradius verletzt hatte.

Ceys Muskeln reagierten ganz automatisch und sie konnte nichts daran ändern, selbst wenn sie es gewollt hätte. Die jahrelang antrainierten Verhaltensmuster würden nie wieder verschwinden. Sie sprang.

***

Xyen merkte innerhalb eines Sekundenbruchteils, dass etwas verdammt schieflief. Die Füße der dunkelhaarigen Schönheit hatten den Boden noch nicht vollständig verlassen, da flog er bereits nach vorne, um sie zu packen. Doch seine Hand griff ins Leere. Jetzt konnte er nichts mehr tun, als Ceytlyns Fall aus beinahe siebzig Metern Höhe und den mörderischen Einschlag auf der Wasseroberfläche mit seinen Augen zu verfolgen.

Noch nie hatte Xyen einen Kandidaten verloren und noch nie hatte er erlebt, dass seine mentalen Fähigkeiten derart wirkungslos abgeprallt waren. Das war selbst für einen speziell darauf trainierten J’ajal beinahe unmöglich und für einen jungen und unausgebildeten Anwärter einfach nur ausgeschlossen. Offenbar hatte er sich geirrt.

Xyen sandte seine Männer zum Fluss hinab und forderte sie auf alles genauestens abzusuchen. Es war ihm klar, dass sie bei den hier herrschenden Strömungsgeschwindigkeiten nichts finden würden, aber Xyen fühlte sich, als wenn er irgendetwas unternehmen, jede Chance nutzen musste, wäre sie auch noch so verschwindend klein.

Seine Leute akzeptierten stillschweigend den absurden Befehl und gingen mit der gewohnten Gründlichkeit ans Werk. Stunden um Stunden belagerten sie die Ufer und sie tauchten sogar eine schier endlose Strecke auf dem Grunde des Flusses entlang, obwohl jeder von ihnen wusste, wie sinnlos diese Versuche waren.

Der Morgen dämmerte bereits, als es auch Xyen nicht mehr länger leugnen konnte. Bevor er sich schließlich abwandte, warf er einen letzten Blick auf das schäumende Wasser zurück und er spürte, wie sich ein tiefer Schmerz in seinem Herzen ausbreitete. Eine Qual, die ihn von nun an lange begleiten würde.

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Kapitel 1

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Der Hof quoll wie immer über vor Menschen. Manchmal erschien es Cey so, als wenn sich mehr Schüler außerhalb statt im Inneren der Highschool von Yersvilles aufhielten, und aufgrund der beschränkten Anzahl an Klassenzimmern war das sogar durchaus möglich. Die vielfach beklagte Platzknappheit störte Cey allerdings nicht, egal an welchen Ort es sie verschlug, sie war gerne draußen unter dem freien Himmel. Ceys Lippen verzogen sich zu einem melancholischen Lächeln. War es tatsächlich erst vier Wochen her, seitdem sie Australien so abrupt verlassen hatte?

»Cey, hörst du mir überhaupt zu?«

Sheila bedachte sie mit einem vorwurfsvollen Blick über ihr mangelndes Interesse an der Geschichte, wer mit wem was auf der letzten Party angestellt hatte. Weil Cey nicht in eine derart tiefe Ungnade fallen wollte, wiederholte sie brav den letzten Satz ihrer jüngst gewonnenen Freundin und verschwieg dabei wohlweislich, dass sie immer alles nachsprechen konnte, selbst wenn sie kein bisschen zuhören würde.

Sheila nickte zufrieden. Sie begutachtete zwei ihrer perlenverzierten Rastazöpfe und setzte an weiter auszuführen, zu was sich der Kerl sonst so erdreistet hatte, als sie ungeduldig von ihrem Sohn Jeremy unterbrochen wurde. »Mom, können wir noch zusammen ins Kino gehen?«

In den letzten Minuten hatte der Siebenjährige einen beeindruckenden Turm aus hellen Kieselsteinen erbaut, aber anscheinend hatte das Spiel seinen Reiz verloren.

»Heute leider nicht, mein Schatz. Vielleicht ein anderes Mal …« Mit einem heftigen Kopfschütteln vertrieb Sheila den Anflug von Bedauern, der sich in ihre Miene graben wollte.

Cey versuchte gar nicht erst ihre Freundin zu überreden sie die Karten bezahlen zu lassen. Sie wusste, wie stolz die Dominikanerin war. Und sie wollte sich auch nicht allzu sehr in das Leben der Menschen in ihrer Umgebung einmischen. Schließlich konnte sie nie genau vorhersagen, wie lange sie überhaupt an einem Ort verweilen konnte.

»Cey kann allerdings morgen mit uns frühstücken, sofern sie Zeit und Lust hat …« Sheila warf ihr einen fragenden Blick zu und Cey nickte sofort.

»Sehr gerne. Und wenn du schon deine Wohnung zur Verfügung stellst, bringe ich wenigstens das Essen mit.«

Um jeden Protest zu unterbinden, sprang Cey energisch von der Rückenlehne der Bank auf, aber es wäre weder ihr gespielt autoritäres Verhalten noch Jeremys Jubelgeschrei nötig gewesen, um Sheila zu überzeugen. Stolz hin oder her, auf ein spendiertes Essen würde ihre Freundin nie verzichten.

***

In Yersvilles war es kein Problem die langen Nächte zu überstehen, es wurde viel geboten. Bedeutend mehr, als es in Esth Heaven je der Fall gewesen war. Zwei rivalisierende Straßengangs, die Salivos und die TeJun, beherrschten das komplette Viertel und ihre andauernden Machtkämpfe wurden mittlerweile sogar von den hoffnungslos unterbesetzten Polizisten geduldet, jedenfalls solange es zu keiner absoluten Katastrophe kam.

An der Stadtgrenze luden illegale Motorrad- und Autorennen ein der Langeweile der Nacht zu entfliehen und auch hier unternahmen die Behörden kaum etwas, zumal ihnen die notwendigen hochgetunten Fahrzeuge für eine Verfolgung fehlten. Ganze Straßenzüge schienen nur aus heruntergekommenen Bars und anderen Spelunken zu bestehen, in denen man für die entsprechende Bezahlung jede nur erdenkliche Gegenleistung bekommen konnte.

In dieser Nacht verzichtete Cey allerdings auf ihre üblichen Aktivitäten und suchte stattdessen das hiesige Softwareunternehmen auf. Nicht dass sie einen Job nötig gehabt hätte, denn sie besaß so viel Geld, wie sie wollte, und konnte sich jederzeit weiteres besorgen. Aber wenn sich ihr ein unkomplizierter Zugang zu den aktuellsten Hightech-Spielereien der Wirtschaft bot und das im Gegenzug für eine Leistung, für die sie höchstens ein Zehntel der angesetzten Zeit benötigte, warum nicht. Außerdem war es ganz praktisch überall auf der Welt Kontakte zu Computerfreaks zu unterhalten. Diese waren unbezahlbar, wann immer es um Informationsbeschaffungen oder um die Manipulation von Daten ging.

Kurz vor Sonnenaufgang legte Cey einen Zwischenstopp bei einem angesagten Klamottenladen ein und gönnte sich eine neue Jeans und ein neues Sweatshirt. Das entsprechende Geld platzierte sie großzügig aufgerundet in der Kasse und ihre alte Kleidung entsorgte sie noch im gleichen Straßenzug in einer Mülltonne. Auch in dieser Stadt besaß Cey keinen Kleiderschrank.

Der Park war nahezu verwaist, nur einige Betrunkene hatten ihr Lager unter einer alten Eiche aufgeschlagen und zwei Junkies gaben sich auf einer Bank ihren Halluzinationen hin. Tagsüber konnte man hier kaum einen Schritt machen, ohne auf spielende Kinder, Jogger oder ganze Wandervereine zu treffen, aber um diese Uhrzeit war der Ort ideal. Cey kuschelte sich an den Stamm ihres Lieblingsbaumes, einer Trauerweide, durch die hängenden Zweige versteckt vor der Welt. Und ausnahmsweise blieb sie tatsächlich von den düsteren Bildern verschont, die ihr der morgendliche Schlaf so gerne aufdrängte.

***

Genau wie geplant erwachte Cey nach drei Stunden und sie fühlte sich ausgesprochen erholt. Hatte was, den Tag nicht mit der Verarztung von Wunden und Verletzungen aus nächtlichen Begegnungen starten zu müssen.

Es dauerte nicht lange, bis Cey ein üppiges Frühstück eingekauft und Sheilas kleine Wohnung erreicht hatte. Die nächsten Minuten verbrachte sie damit Jeremys Ansturm abzuwehren und erst nachdem sich dessen Freudengeheul wieder auf eine erträgliche Lautstärke reduziert hatte, konnte Cey auch ihre Freundin und Ryan begrüßen.

Die Verantwortung für ihren Sohn und ihren fünfzehnjährigen Bruder musste Sheila ganz alleine tragen, doch ihr warmherziges Wesen und ihr dominikanisches Temperament sorgten dafür, dass sie zu den beliebtesten Personen in diesem Stadtteil gehörte, und jeden Tag gingen mindestens ein Dutzend Freunde und Bekannte bei ihr ein und aus. Ein Aushilfsjob als Verkäuferin hielt die drei gerade so über Wasser, aber immerhin konnte Sheila davon ihre Miete bezahlen und sie konnte es sich sogar erlauben einige Abendkurse an der nahe gelegenen Highschool zu besuchen, um ihren Schulabschluss nachzuholen.

Ryan war nur mäßig begeistert davon, dass ihm ebenfalls ein Schulbesuch ermöglicht wurde, und glänzte dementsprechend oft durch Abwesenheit. Der Junge kümmerte sich lieber um seine Karriere als Kleinkrimineller und strebte die Aufnahme in einer der Straßengangs an. Welche war ihm total egal, Hauptsache er würde schnell an viel Geld gelangen und konnte anschließend mit seiner Schwester und seinem Neffen in ein besseres Leben umziehen.

»Ignorier ihn einfach.« Sheila deutete mit dem Kopf auf Ryan, der gerade missmutig einige Kaffeekringel auf den Küchentisch zeichnete. Sie begann damit die Köstlichkeiten aus Ceys Einkaufstüten auf dem Tisch zu verteilen. »Er ist nur sauer, weil ich ihn heute Nacht dabei erwischt habe, wie er über die Feuerleiter aus seinem Zimmer türmen wollte, und das trotz Hausarrests.«

Sheila hielt mit dem Ausräumen der Taschen inne und bedachte ihren Bruder mit einem für ihre Verhältnisse extrem strengen Blick. »Damit hast du deine Strafe übrigens verdoppelt, mein Lieber!«

Ryan wandte sich hilfesuchend an Cey, doch diese schüttelte nur stumm den Kopf und signalisierte, dass sie sich bestimmt nicht in Sheilas Erziehungsversuche einmischen würde.

Als ihre Freundin die geleerten Taschen in den Müll beförderte, nutzte Cey die Gelegenheit, um einige Scheine und Münzen in die Brotbox zu schmuggeln, die Sheila als Familienkasse diente. Zu dieser kleinen Hilfeleistung fühlte sie sich trotz ihrer Prinzipien verpflichtet.

Zum ersten Mal an diesem Morgen huschte ein Lächeln über Ryans Gesicht. Im Gegensatz zu seiner Schwester hatte er noch nie Probleme damit gehabt Geld anzunehmen. Wann immer sich die Gelegenheit bot, bediente er sich, und wenn es jemand freiwillig herausgab, umso besser. Mit Cey hatte Ryan so eine Art stilles Abkommen geschlossen, jedes Mal wenn sie zu Besuch kam, besserte sie die Finanzen der kleinen Familie etwas auf, dafür überlegte Ryan sich irgendwelche Geschichten, falls Sheila die zusätzlichen Scheine und Münzen bemerkte.

Die nächsten Minuten wurden von einem geräuschvollen Schmatzen bestimmt und als der Zeiger der Uhr unaufhörlich vorwärts rückte, hob die Dominikanerin mahnend die Hand. »Auf jetzt«, bestimmte sie. »Sonst kommt ihr zu spät zum Unterricht.«

Ryan und Jeremy ließen es sich trotzdem nicht nehmen die Reste des ungewohnt vielseitigen Frühstücks in aller Genüsslichkeit zu verschlingen und erst nach Sheilas dritter Aufforderung zum Zähneputzen verschwanden die beiden Jungs grummelnd ins Badezimmer.

»Wann musst du denn los?« Für einen Moment unterbrach Cey den Abwasch.

»Heute gar nicht. Die machen Inventur, deswegen öffnen wir erst morgen wieder.« Sheila griff nach einem Küchenhandtuch. »Cey, ich weiß, du hast heute bereits den täglichen Abholservice für Jeremy an der Backe, aber könntest du vielleicht die zwei Jungs zur Schule bringen? Ansonsten kommt zumindest einer sicher nicht dort an, und ich müsste hier noch einiges erledigen …« Sheila rollte entnervt mit den Augen.

»Klar, das mach ich gerne.« Cey sandte ihrer Freundin ein mitfühlendes Lächeln zu. »Ist gerade wieder schwieriger mit Ryan, hm?«

»Ja, zurzeit schon.« Sheila pfefferte missmutig das Besteck in die Schublade. »Ich komme nicht mehr an ihn ran. Ryan will es einfach nicht wahrhaben, dass die Leute aus den Gangs nichts als Blender sind und ihm bestimmt keinen Ausweg hieraus bieten.« Die Dominikanerin deutete einen Kreis mit ihren Fingern an. »Je öfter ich versuche Ryan davon abzuhalten, desto schneller will er unbedingt dazu gehören.«

Wie verlockend die Straße war, wusste Cey selbst nur zu genau, ebenso wie unmöglich es war jemandem ohne Einsicht aus dieser Szene helfen zu wollen. Alles, was sie deshalb für ihre Freundin tun konnte, war Sheila für einen Moment tröstend zu umarmen.

»Du könntest mir noch einen Gefallen tun.« Sheila löste sich seufzend von ihr und griff nach dem nächsten Teller. »Ich habe von einem Typen gehört, der nachmittags in der Schule für Jugendliche kostenlos japanisches Kampftraining anbietet, Kung-Fu oder so.«

»Chinesisch«, verbesserte Cey automatisch.

»Hä?« Sheila hielt verwirrt mit dem Abtrocknen inne.

»Kung-Fu ist eine chinesische Kampfkunst.«

»Ist doch egal«, meinte Sheila schulterzuckend. »Aber vielleicht hilft das Training Ryan wieder auf andere Gedanken zu kommen. Mit Basketball oder so etwas brauche ich ihm jedenfalls nicht zu kommen. Viiiel zu uncool.« Sheilas Mundwinkel zuckten, bevor ihre Miene wieder ernster wurde. »Ich habe Ryan gesagt, er soll sich dort blicken lassen. Falls du Zeit hast, Cey, könntest du dann darauf achten, dass er auch wirklich hingeht?«

»Na klar. Ich hab eh nichts Besonderes vor.« Cey zwinkerte ihrer Freundin aufmunternd zu.

Keine Minute später hatte sie Ryan und Jeremy eingesammelt und aus der Haustür gejagt. Die Grundschule von Jeremy lag praktischerweise genau neben der Middle School, die Ryan mal öfter und mal seltener besuchte. Cey lieferte die beiden Jungs an ihrem jeweiligen Bestimmungsort ab und verbrachte den restlichen Vormittag in einem nahen Skatepark.

Wie alles in diesem Stadtteil war auch dieser Platz übersät mit Graffitis und Müll und die meisten Hindernisse waren aus altem Schrott und Sperrmüll entstanden. Trotzdem war es hier nie leer, immer trainierten einige Verrückte für noch ausgefeiltere Moves und noch gefährlichere Sprünge und bereitwillig teilten sie ihre verschlissenen Boards mit allen, die ihre eigenen Tricks vorzeigen wollten. Jeder Erfolg und jeder Fehlversuch wurde mit dem passenden Grölen quittiert und es kamen selbst diejenigen auf ihre Kosten, die es lieber beim Zusehen beließen. An manchen Tagen war der kleine Skatepark so überfüllt – es bestand ein gewisser Zusammenhang zum Stundenplan der angrenzenden Schulen –, dass selbst die umliegenden Straßen kurzerhand zum Streetboarden miteinbezogen wurden.

Cey wurde als eine der Besten anerkannt, obwohl sie ihr Geschick nur selten unter Beweis stellte. Ohne Probleme hätte sie die unangefochtene Nummer Eins werden können, aber stattdessen bemühte Cey sich darum nur solche Stunts zu zeigen, die andere begabte Boarder ebenfalls mit einiger Mühe und sehr viel Übung meistern konnten. Heute beließ sie es dabei sich mit einigen Halbwüchsigen auf einer Mauer niederzulassen und die vorgeführten Kunststücke mit unterschiedlich lautem Applaus und beifälligen Kommentaren zu bewerten.

Pünktlich zum Ende des Unterrichts fand Cey sich am Hintereingang der Yersvilles Middle School ein und noch bevor sich die Tür vollständig geöffnet hatte, sagte sie ausdruckslos: »Und ich dachte immer, du weißt, wo sich die Sporthalle befindet.«

Ryan verdrehte entrüstet die Augen, fast schon so gut, wie Sheila das konnte. »Jetzt nerv du mich nicht auch noch«, beschwerte er sich. »Meine Schwester reicht mir vollkommen.«

»Dann solltest du ihr keinen weiteren Grund zum Ausflippen liefern.«

Cey dirigierte Ryan unnachgiebig in Richtung Sporthalle. Nur unter Protest setzte sich der Teenager in Bewegung und er listete eine wahre Flut von Gründen auf, warum er gerade jetzt ganz woanders sein müsste. Im Stillen musste Cey Ryans Kreativität bewundern, doch dann wurde ihre Aufmerksamkeit schlagartig auf etwas anderes gelenkt. Jemand näherte sich dem Schulgebäude. Und nicht nur irgendjemand, sondern ein anderer J’ajal. Er war zu weit entfernt, um sein eingeprägtes geistiges Zeichen identifizieren zu können, jenes Symbol, das von der Vollendung seiner Ausbildung und seiner Zugehörigkeit zu einer der verschiedenen J’ajal-Organisationen kündete.

Cey verspürte aber auch kein Verlangen abzuwarten und es herauszufinden. Ohne weiter auf Ryans Gemaule zu achten, beschleunigte sie ihre Schritte und vergewisserte sich dabei immer wieder, dass sich der Abstand zu dem fremden J’ajal nicht verringerte. Anscheinend hatte der irgendwo in der Schule Halt gemacht, auf jeden Fall bewegte sich seine Präsenz derzeit nicht mehr.

Die wildesten Spekulationen schossen Cey durch den Kopf, allerdings konnte keine der Theorien erklären, warum eines dieser Wesen ausgerechnet hier aufgetaucht war, in einer Stadt, die so gewöhnlich war wie tausend andere. Und dennoch hatte der fremde J’ajal den Weg hierher gefunden.

Cey überschlug die Zeit, die ihr noch bis zum Aufbruch zur Verfügung stehen würde. Dass sie gehen musste, war offensichtlich, denn sie konnte es sich nicht leisten schon wieder ins Visier einer der J’ajal-Vereinigungen zu geraten, egal welcher. Zu oft war sie in der Vergangenheit aufgefallen. Es wurde immer schwieriger für sie sich zu entziehen und ihre Anstrengungen vergrößerten sich zusehends. Vielleicht sollte sie für eine Weile komplett von der Bildfläche verschwinden, nur solange, bis sich die verschiedenen J’ajal-Syndikate wieder etwas beruhigt hatten.

Mit dieser Überlegung bugsierte Cey Ryan durch die Tür der Sporthalle. Nur einen Wimpernschlag später bemerkte sie ihren Fehler und mit einem grotesken Hüpfer brachte sie sich wieder außer Sichtweite.

Ryan quittierte ihre seltsame Reaktion mit einem fragenden Stirnrunzeln. Er ging aber weiter auf die anderen Jugendlichen zu, die bereits mit einigen Aufwärmübungen begonnen hatten. Entweder wollte der Fünfzehnjährige keinen erneuten Streit mit Sheila riskieren oder ihm war klargeworden, dass die eine oder andere Kampftechnik auf der Straße ausgesprochen hilfreich sein konnte und er sich die Stunde deswegen wirklich mal ansehen sollte.

Cey lehnte verkrampft an einer Wand und versuchte ihre stockende Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. Jede Faser ihres Körpers schrie wegzulaufen, sofort, auf der Stelle, und unter gar keinen Umständen zurückzublicken!

»… Lee kommt heute etwas später, ich werde ihn solange vertreten …«, erklang eine befehlsgewohnte Stimme aus dem Inneren der Halle.

Xyens Stimme!

Hatte er sie gesehen? Cey wusste es nicht. Auf jeden Fall schien der Mann sich nicht in Richtung Tür zu stürzen und das war das einzig Positive an diesem ganzen Schlamassel. Wie konnte es nur sein, dass sie ihn immer erst so spät erkannte? Zu spät erkannte? Bis jetzt gab es nur diesen einen J’ajal, aber dieser hatte sich zu einem enormen Problem entwickelt. Seit ihrer letzten Begegnung hatte sie zig verschiedene Städte auf unterschiedlichen Kontinenten durchquert und trotzdem war es Xyen gelungen wieder zur gleichen Zeit am gleichen Fleck wie sie zu erscheinen.

Ein Zufall? Schicksal? An so etwas glaubte Cey nicht. Es war schlichtweg unmöglich und trotzdem hörte sie, wie dieser Xyen jetzt gerade nur wenige Meter von ihr entfernt und nur durch eine Mauer getrennt den Schülern eine Übung erklärte.

Cey holte tief Luft und legte sich ihre nächsten Schritte zurecht. In drei Stunden musste sie Jeremy aus der Schule abholen und bei Sheila abliefern, denn versprochen war versprochen. Anschließend würde sie endgültig verschwinden. Sie konnte es nicht riskieren einen weiteren Tag oder sogar länger zu verweilen, zu groß war die Gefahr entdeckt zu werden. Immerhin gab es keine Spuren, die sie nicht auch von einem anderen Ort aus verwischen konnte.

Die Zeit bis zu Jeremys Unterrichtsende verbrachte Cey im Pausenhof seiner Schule. Sie verbarg sich im Schatten einiger Bäume und beobachtete aufmerksam ihre Umgebung. Die Minuten verstrichen und sie konnte nichts Ungewöhnliches feststellen. Anscheinend hatte sie tatsächlich Glück gehabt.

Jeremy freute sich wie immer sie zu sehen und sprang aufgedreht neben ihr den Weg entlang. Sein fröhliches Geplapper beruhigte ihre angespannten Nerven und Cey entschied sich diese letzten Augenblicke voll auszukosten.

Nur noch eine Kreuzung trennte sie von Sheilas kleiner Wohnung. Jeremy klammerte sich vertrauensvoll an ihre Hand und Cey spürte, wie sich unweigerlich ein Kloß in ihrem Hals bildete. Sie rief sich selbst zur Ordnung, schließlich wusste sie jedes Mal, dass es nicht für lange sein konnte, sondern nur ein vorübergehendes Zuhause war. Aber auch wenn sie schon so oft Abschied genommen hatte, wurde es doch nie einfacher.

Im Gegenteil, heute würde es besonders schmerzhaft werden. Sie hatte Sheila und ihre kleine Familie zu sehr ins Herz geschlossen. Die Menschen hatten es ihr so leichtgemacht sie zu mögen, ihr war gar nichts anderes übrig geblieben. Seit sie Jeremy vor einer brutalen Prügelattacke einiger älterer Jungs bewahrt hatte, war kaum ein Tag vergangen, an dem sie sich nicht zumindest für ein paar Minuten mit Sheila getroffen hatte.

Aus der flüchtigen Bekanntschaft mit der jungen Frau war schnell eine tiefe Vertrautheit geworden, egal wie viele Dinge es gab, die sie trennten. Cey erzählte nie, woher sie kam, und Sheila fragte nicht danach. Auf ihren Hinweis, dass sie nicht für immer in Yersvilles bleiben konnte, hatte das dominikanische Temperamentsbündel in ihrer gewohnt lässigen Weise reagiert und achselzuckend erklärt: »Solange du da bist, bist du da, und wenn du wieder weg bist, bist du eben wieder weg.«

Mit dem Gedanken daran, dass sie eine ganze Menge wundervoller Erinnerungen mitnehmen konnte, schaffte Cey es endlich die Traurigkeit zu verdrängen. Hastig blinzelte sie eine Träne fort, die sich auf ihr Gesicht verirrt hatte, dann wandte sie den Blick auf die gegenüberliegende Straßenseite.

Ceys Gesichtszüge erstarrten. Eine wohlbekannte Kälte breitete sich in ihrem Inneren aus und ihre derzeit hellblauen Augen verwandelten sich für einen flüchtigen Moment in schwarze, bodenlos erscheinende Abgründe. Die Zeitspanne war zu kurz, als dass ein normaler Mensch den Wechsel überhaupt bemerken konnte, einen Wechsel, den jeder J’ajal praktizieren konnte, von den meisten jedoch als zu anstrengend erachtet wurde. Cey dagegen nutzte alle Farben des Regenbogens je nach Gefühlslage, und jetzt gerade war ihre Stimmung – finster. Mörderisch.

Ein überaus attraktiver, dunkelhäutiger Mann stand an der gegenüberliegenden Ampel. Xyen.

Der J’ajal hatte sie also doch in der Sporthalle gesehen. So viel dazu. Ceys Muskeln zitterten vor Anspannung und fast ohne ihr Zutun schoben sich ihre messerscharfen Krallen um eine Winzigkeit unter den Fingernägeln hervor. Xyens Pupillen verengten sich, ihre Reaktion war ihm also keineswegs entgangen.

Sehr gut. Wenn der Kerl kämpfen wollte, dann sollte er kämpfen. Dass sie niemals freiwillig mitgehen würde, hatte sie ja bereits bei ihrem letzten Aufeinandertreffen deutlich zum Ausdruck gebracht.

Die Ampel sprang auf Grün. Der J’ajal verharrte regungslos und auch Cey bewegte sich nicht von der Stelle.

»Cey?« Jeremy sah ungeduldig zu ihr auf und trippelte von einem Fuß auf den anderen, er betrat jedoch nicht die Straße. »Warum gehen wir nicht weiter?«

Xyen wartete.

Cey wartete.

Die Ampel wechselte wieder auf Rot und die Autos brausten zwischen ihnen hindurch, ohne den Blickkontakt unterbrechen zu können. Cey war allerdings klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis sie verlieren musste. Der J’ajal aus dem Schulgebäude hatte gewiss ebenfalls zu Xyens Team gehört und bestimmt waren weitere seiner Männer in der Stadt unterwegs. Es dürfte also nicht mehr allzu lange dauern, bis die J’ajal sie eingekreist hatten. Wieder einmal.

Dementsprechend musste sie sich etwas einfallen lassen und zwar jetzt sofort. Es wäre viel einfacher gewesen, wenn sie ihnen alleine begegnet wäre, ohne den Menschenjungen. Aber es war nun einmal so, wie es war, und nicht anders.

Cey drückte Jeremys Hand und bereitete sich vor. Der Siebenjährige verzog missmutig das Gesicht. »Warum sind wir nicht losgegangen? Es war Grün.«

»Es tut mir leid.« Cey wusste, dass Xyen sie hören konnte, doch es spielte keine Rolle mehr. »Ich war kurz abgelenkt. Jetzt geht es gleich weiter, okay?«

Jeremy nickte ergeben. Die Autos stoppten und die Ampel zeigte grünes Licht. Und noch etwas passierte gleichzeitig – Xyen trat demonstrativ einen Schritt zur Seite.

Cey war verwirrt, was sollte das jetzt schon wieder bedeuten? Der J’ajal musterte sie so intensiv, als würde er versuchen einen Blick hinter ihren mentalen Schutzwall zu erhaschen. Erwies sich natürlich als völlig aussichtsloses Unterfangen. Dann entfernte Xyen sich ein weiteres Stück von der Ampel. Ceys Wachsamkeit verdoppelte sich, doch sie setzte ihren Weg fort.

Der Mann mit den gold-braunen Augen folgte ihnen, allerdings konnte Cey nicht feststellen, ob sich ihr wie beim letzten Mal weitere J’ajal näherten. Also war sie zumindest derzeit wohl nicht in größerer Gefahr. Trotzdem verunsicherte sie Xyens neue Taktik.

Cey überlegte, ob sie Jeremy wirklich auf direktem Weg zu Sheila bringen sollte, schließlich würde Xyen dann die genaue Adresse ihrer Wohnung erfahren. Andererseits … Sie überprüfte erneut Xyens geistiges Zeichen, ein stilisiertes S innerhalb eines Halbkreises. Ein Seday. Der würde einem normalen Menschen niemals bewusst einen Schaden zufügen.

Das Gegenteil war der Fall, die J’ajal-Organisation der Seday hatte sich dem Wohlergehen der Menschheit verpflichtet. Dafür unterhielten sie sogar eine eigene Militärtruppe, die United Secret Forces oder kurz USF. Nicht nur die streng geheimen J’ajal-Fähigkeiten machten die USF zu einer außergewöhnlichen Einheit, sondern auch, dass sie weltweit agierten, ohne den politischen Regeln und gesetzlichen Restriktionen des jeweiligen Landes unterworfen zu sein wie die sonstigen Geheimdienste dieser Nationen.

Nur wenige Außenstehende wussten von der Existenz der USF und nur einem noch kleineren Personenkreis war auch wirklich bewusst, mit wem sie es da zu tun hatten. Mason Kibera, der aktuelle Vorsitzende des Committee of Global Security, war wohl einer der wenigen Menschen, der nahezu alles über die J’ajal wusste und vor dem Tajyno, der Anführer der Seday, jederzeit Rechenschaft ablegen musste.

Obwohl Cey den Hintergrund dieser Vereinigung interessanter fand als die einiger anderer Syndikate, deren einziges Bestreben es war die eigene Macht zu vergrößern und die dafür auch gerne das ein oder andere Opfer – egal ob Mensch oder J’ajal – in Kauf nahmen, so war sie doch weit davon entfernt sich über die erneute Aufmerksamkeit der Seday zu freuen. Ihr Leben war ohne sie schon kompliziert genug. Wenn man ihr Dasein überhaupt Leben nennen konnte.

Noch bevor Cey die letzten Stufen zu Sheilas kleiner Wohnung überwunden hatte, ahnte sie, dass auch hier etwas nicht stimmte. Das schien ja echt ein großartiger Tag zu werden. Selbst Jeremys Geplapper war in der Zwischenzeit verstummt, als wenn er ihre Gefühle teilen würde. Etwas war nicht so, wie es sein sollte.

Die Eingangstür stand zur Hälfte offen und Cey platzte mitten in eine Versammlung von Sheilas Freunden. Im Gegensatz zu sonst ertönte aber kein fröhliches Geplänkel. Eine unheilvolle Ruhe erfüllte das Zimmer und Sheila versuchte gar nicht erst ihr Schluchzen zu unterdrücken. Jeremy eilte auf seine Mutter zu und diese zog ihn sofort in ihre Arme. Weitere Tränen quollen über Sheilas Gesicht.

»Was ist passiert?« Cey starrte ihre Freundin entsetzt an, sie hatte die Dominikanerin noch nie so unglücklich gesehen. Für einen Augenblick verdrängte Cey sogar den Seday, der vor dem Haus auf sie wartete, sie verdrängte, dass sie schleunigst aus Yersvilles verschwinden musste, und ihre Entscheidung Sheila und ihre Familie wieder sich selbst zu überlassen. Es war Cey unmöglich sich jetzt einfach abzuwenden und zu gehen.

»Ryan …«, schniefte Sheila, bevor sie von einem weiteren Weinkrampf erschüttert wurde und nicht mehr in der Lage war zu sprechen.

Dan, ein schuldbewusst dreinblickender Typ, den Cey schon öfter in Sheilas Wohnung gesehen hatte, ergänzte den Satz ihrer Freundin. »Sie haben sich Ryan geschnappt.«

»Wer?«

»TeJun. Vor der Schule. Sie haben Ryan aufgelauert. Ich habe gesehen, wie er aus der Sporthalle kam, und dann haben sie ihn einfach in einen Wagen gezerrt und –«

An dieser Stelle brach Dan ab, mehr Worte waren jedoch gar nicht nötig. Cey verstand sofort, was passiert war. Während sie sich in Jeremys Schule versteckt hatte, um ihren eigenen Problemen zu entfliehen – mit eher mäßigem Erfolg, wie sich ja recht schnell gezeigt hatte –, war Ryan in die Fänge einer der berüchtigtsten Straßengangs geraten. Zwar wollte der Junge ja unbedingt mit diesen Leuten in Kontakt treten, aber garantiert hatte er sich das eher als Mitglied und nicht als Opfer gedacht. Und verschleppt zu werden hörte sich verdammt nach Opfer an.

Anscheinend fasste Dan ihr Schweigen falsch auf, denn er verteidigte sich vehement. »Ich konnte nichts machen, ich war zu weit entfernt. Keine Chance.«

Allen Anwesenden war klar, dass Dan selbst mit Chance rein gar nichts getan hätte. Mit TeJun legte man sich nicht an, das war ein ungeschriebenes Gesetz, das jeder im Viertel kannte und einhielt. TeJun legten sich mit dir an. Und wenn das der Fall war, dann konnten die Angehörigen gleich einen Grabstein bestellen. TeJun ließen keine verletzten Opfer zurück. TeJun produzierten Tote.

»Es tut mir so leid«, ergänzte Dan und legte seine Hand mitfühlend auf Sheilas Arm.

Diese schüttelte verzweifelt den Kopf. »Ich habe es gewusst. Ich habe gewusst, wie fasziniert Ryan von dieser Idee war, und habe ihn nicht aufgehalten. Es ist meine Schuld …«

Sheilas Stimme brach und Cey fühlte, wie die dunklen Gedanken ihrer Freundin anfingen ihre Sinne zu vernebeln. Rasch reduzierte sie ihre äußere Wahrnehmung, auch wenn das bedeutete, dass sie sich selbst dafür angreifbarer machen musste. Schließlich spürte sie dadurch das Bewusstsein anderer J’ajal ebenfalls weniger stark. Die verbleibende Zeit war aber zu knapp bemessen, um darauf Rücksicht nehmen zu können, vielleicht war es sowieso schon zu spät. Weitere Verzögerungen durfte sie sich auf keinen Fall leisten. Und Mitgefühl auch nicht.

Ein letztes Mal betrachtete Cey das Gesicht ihrer Freundin, ein letzter Blick in die ihr vertraut gewordene Wohnung, dann verließ sie ohne ein Wort des Abschieds das Gebäude und mit dem Klang der zuschlagenden Tür verloschen ihre letzten Emotionen.

Vielleicht lag es an der Entschlossenheit, die sie umgab, oder es gehörte zu seiner undurchschaubaren Strategie, auf jeden Fall machte Xyen noch immer keine Anstalten sie aufzuhalten und solange der Seday ihr nicht im Weg stand, würde sie sich später mit ihm befassen.

Eine Flut von Passanten auf der Main Street half Cey dabei den J’ajal ein Stück weit zurückfallen zu lassen und insgesamt vergingen weniger als zwanzig Minuten, bis sie den Stammplatz der TeJun – ein altes Schrottgelände – erreichte. Das Areal wurde von einem zwei Meter hohen Stacheldrahtzaun geschützt und von mehreren Mitgliedern bewacht. Cey zählte insgesamt fünf, an der vom Eingang abgewandten Seite stand jedoch nur ein einzelner Mann. Er kramte ein Zigarettenpäckchen aus seiner Hosentasche hervor und zupfte mit ausgesprochener Sorgfalt den überschüssigen Tabak aus dem weißen Filterpapier.

Den, entschied Cey. Völlig unbefangen schritt sie auf den glatzköpfigen Kerl zu und dessen misstrauische Gesichtszüge entspannten sich wieder, als er ihren übertriebenen Hüftschwung bemerkte.

»Feuer?«, säuselte Cey in bester Flirtmanier. Sie legte die Finger auf die hintere Tasche ihrer Jeans, als wenn sie dort ein Feuerzeug aufbewahren würde.

Mister Glatzkopf grinste und nickte. »Du solltest nicht hier sein«, bemerkte er in einem halbherzigen Versuch seiner Pflicht nachzukommen. »Andererseits …«, anzüglich ließ er seinen Blick über ihre Gestalt wandern. »Was soll schon groß passieren?«

Ceys vorgetäuschtes Lächeln verwandelte sich in ein echtes, als Mister Glatzkopf vertrauensvoll den Kopf neigte, um ihr das Anstecken seiner Kippe zu ermöglichen, und sie bis auf wenige Millimeter an sich herankommen ließ.

»Danke«, hauchte Cey. Ihre Hand schnellte nach oben, ohne Feuerzeug, dafür mit gekrümmten Fingern. Ein ungesundes Knacken ertönte, als ihre Faust auf den Kehlkopf des TeJuns traf und ihn für immer von seinem Wachdienst befreite.

Cey stapfte über die halbvolle Zigarettenpackung, die zu Boden gefallen war und auf der leuchtende Buchstaben »Smoking kills« verkündeten – wie überaus passend für diese Situation! Sie erreichte den Zaun und überwand mit einigen geübten Griffen den Stacheldraht, aber Cey wusste, dass dies der einfachste Teil gewesen war. Hinein zu gelangen war die eine Sache, mit einem hoffentlich noch lebenden Ryan zu entkommen, eine ganz andere.

Immerhin bot der Platz der TeJun dank der gewaltigen Schrottberge und Autowracks genügend Möglichkeiten sich unbemerkt zu bewegen und tatsächlich schaffte Cey es die Halle im Zentrum zu erreichen, ohne mit einem weiteren Gangmitglied kämpfen zu müssen. Eine abgenutzte Feuerleiter bot die ideale Gelegenheit, um auf das Dach der Halle zu gelangen, und einige fast blinde Fenster schenkten ihr einen Blick ins Innere. Damit endete dann aber auch ihr Glück.

Einige verrostete Stahlketten und Eisenhaken hingen von der Decke herab, eine metallene Brüstung umrahmte die Wände und unterteilte die Lagerhalle in zwei Ebenen. Die Überreste einer alten Schrottpresse verdeckten die Sicht auf den hinteren Teil des Gebäudes, trotzdem konnte Cey mindestens fünfundzwanzig, dreißig TeJun-Mitglieder erkennen. Zwar hatte sie nicht damit gerechnet die Halle nahezu verlassen vorzufinden, aber eine solche Anzahl an Gegnern überraschte sie dann doch.

Viel Zeit zum Nachdenken blieb ihr allerdings nicht, denn mittlerweile hatte auch Xyen das Dach erreicht. Cey tippte einige Nachrichten in ihr Handy – wofür gab es schließlich Leute, die ihr einen Gefallen schuldeten? – und ignorierte geflissentlich den mentalen Fluch des Sedays, der von der Feuerleiter aus in ihre Richtung spurtete. Das Handy zurück in die Tasche ihres Sweatshirts geschoben und Action. Es war vielleicht kein brillanter Plan, aber der einzige, der ihr auf die Schnelle eingefallen war.

Unter Ceys Fußtritt zersprang klirrend eine der Fensterscheiben und mit viel Geschick landete sie auf einem der oberen Brüstungsstege. Der direkt vor ihr positionierte TeJun bekam noch nicht einmal die Gelegenheit sich zu ihr umzudrehen und seine Waffe zu ziehen, so schnell beförderte sie ihn ins Jenseits. Ungeschützte Nacken hatte sie von jeher geliebt. Der zweite Mann erhielt die Chance zum Schießen, agierte jedoch zu langsam. Er zielte verdutzt ins Leere, da Cey die Brücke bereits wieder verlassen hatte und nach einem beachtenswerten Salto sicher auf der unteren Ebene gelandet war. Wortfetzen aus dem versteckten Teil der Lagerhalle drangen zu ihr durch.

»… meine letzte Aufforderung mir zu erzählen, was du für die Salivos erledigt hast.«

»Gar nichts. Ich schwöre, ich habe nichts gemacht!«

Der Tumult in ihrer Nähe hielt Cey davon ab noch mehr zu hören, aber es hatte ausgereicht, um Ryans gequälte Stimme zu erkennen. Er war also am Leben. Zumindest in diesem Moment.

Jetzt sollte sie sich auf ihren eigenen Verbleib in dieser Welt konzentrieren, denn die TeJun hatten ihre Überraschung in den Griff bekommen und kreisten sie immer dichter ein. Wäre Cey ein normaler Mensch gewesen oder dies ihr erster Kampf, hätte sie kaum eine Chance gehabt.

So hingegen vollführte sie blitzschnell eine Reihe gut gezielter Schläge und verschenkte außerdem eine großzügige Anzahl ihrer Wurfsterne. Lautstark brüllend griffen sich gleich mehrere Gang-Mitglieder an die blutenden Körperstellen und für vier der TeJun, die sie absolut perfekt getroffen hatte, brachen die letzten Sekunden ihres irdischen Daseins an. Perforierte Schlagadern waren halt irgendwie … mies. Genau, wie sie es sein sollten.

Cey atmete einmal tief durch. Die gewonnenen Sekunden ermöglichten es ihr zur Seite zu huschen und so wenigstens die schützende Wand im Rücken zu haben.

Ein tätowierter Hüne riss wutschnaubend an dem Stapel Altmetall in der Mitte des Raumes. Zwei eiserne Stangen wanderten in fremde Hände, eine behielt er für sich selbst.

Mit mehr Kraft als Verstand drang er auf sie ein und Cey gelang es gerade noch sich rechtzeitig zur Seite zu winden. Funken sprühten, als das Metall mit brachialer Gewalt über einen der Stützpfeiler der Halle schrammte, dann waren auch die beiden anderen Männer an sie herangekommen. Unter der Eisenstange des ersten Angreifers tauchte Cey hinweg, dem anderen versetzte sie einen Tritt gegen das rechte Schienbein. Keine besonders ausgeklügelte Technik, dafür hielt dieser TeJun nun jaulend und wild umherhüpfend seinen hünenhaften Kumpanen davon ab ebenfalls wieder auf sie loszugehen.

Oder auch nicht. Mit einer schallenden Ohrfeige wischte der tätowierte Riese seinen Freund zur Seite. Den nächsten Schlag seiner Eisenstange ahnte Cey mehr, als dass sie ihn kommen sah, ihre übermenschlichen Instinkte retteten sie jedoch vor einem Treffer. Der Zorn des Hünen vervielfältige sich, er interessierte sich nur noch für sie und verschwendete keinen einzigen Blick mehr an seine unmittelbare Umgebung.

Wie praktisch.