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Jason Fung | Eve Mayer | Megan Ramos

WENIGER IST MEHR

Jason Fung | Eve Mayer | Megan Ramos

WENIGER IST MEHR

Ein Leben lang gesund und schön durch Intervallfasten

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

info@rivaverlag.de

Wichtiger Hinweis

Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung dar und sollte auch nicht als solcher benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und die Autoren haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.

1. Auflage 2021

© 2021 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Die englische Originalausgabe erschien 2020 bei Harper Wave unter dem Titel Life in the Fasting Lane: How to Make Intermittent Fasting a Lifestyle – and Reap the Benefits of Weight Loss and Better Health. © 2020 by Fung Health Consultants Inc., Eve & Levi LLC, and Megan Ramos Nutrition Inc. This German translation published by arrangement with Liepman AG, Literary Agency, The Cooke Agency International and Rick Broadhead & Associates Inc. All rights reserved.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Dr. Kimiko Leibnitz

Redaktion: Silke Panten

Umschlaggestaltung: Sonja Vallant

Umschlagabbildungen: Shutterstock: Evgeny Karandaev, Timolina, Tere Crystal Enns

Layout und Satz: Satzwerk Huber, Germering

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-7423-1538-0

ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-1212-6

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-1213-3

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt

Einführung

TEIL I
Fasten, Nahrung und Hormone

KAPITEL 1 – Die Wissenschaft vom Fasten

KAPITEL 2 – Jenseits der Wissenschaft

KAPITEL 3 – Hormone und der Hungerrüpel

KAPITEL 4 – Schluss mit Kalorienrestriktion

KAPITEL 5 – Ein Weg zur gesünderen Ernährung

KAPITEL 6 – Bereiten Sie sich darauf vor, Ihre Einstellung zum Essen zu verändern

TEIL II
Vorbereitung auf das Fasten

KAPITEL 7 – Auf die Plätze, fertig, los!

KAPITEL 8 – Bringen Sie Ihr Haus auf Vordermann und holen Sie Ihre Familie ins Boot

KAPITEL 9 – Sexualität, Schwangerschaft und Fasten

KAPITEL 10 – Die Zusammenarbeit mit Ihrem Arzt

KAPITEL 11 – Wie man sich von der Scham befreit

TEIL III
Ihr Fastenplan

KAPITEL 12 – Fasten vereinfacht

KAPITEL 13 – Schluss mit Snacks

KAPITEL 14 – Der Einstieg ins Fasten

KAPITEL 15 – Bewegung für die Gesundheit, nicht fürs Abnehmen

KAPITEL 16 – Schlemmen ohne Reue

KAPITEL 17 – Wie Sie Ihre Ziele erreichen und übertreffen

TEIL IV
Problemlösungen fürs Fasten

KAPITEL 18 – Gesundheitliche Beschwerden beseitigen

KAPITEL 19 – Gedankentricks beim Fasten

KAPITEL 20 – Fasten und soziale Anlässe

KAPITEL 21 – Wie man wieder auf Kurs kommt

KAPITEL 22 – Wie Sie eine Community finden

KAPITEL 23 – Ihr neues Leben

NACHWORT – Ist eine Magenverkleinerung für Sie das Richtige?

Danksagung

Fastenglossar

Quellen

Über die Autoren

Einführung

Eve Mayer

Ich wuchs im Süden von Louisiana auf, wo die Menschen nicht essen, um zu leben, sondern leben, um zu essen. Willy Wonka hätte in meiner Heimatstadt Thibodaux keine Schokoladenfabrik errichtet und Dauerlutscher, Plombenzieher und Bonbons hergestellt, sondern Flusskrebse, deftige Eintöpfe, Blutwurst und Étoufeé verkauft, ein herzhaftes Reisgericht mit Meeresfrüchten.

Ganz abgesehen davon ist meine Mutter eine der besten Köchinnen des gesamten Universums, und in meiner Familie gilt seit jeher die Devise laissez les bons temps rouler, was in etwa so viel bedeutet wie »genieße das Leben«. Wir feierten praktischen jeden Anlass, den man feiern kann, und auf diesen Partys – die wir mit unseren Freunden, Familienangehörigen und Nachbarn veranstalteten – drehte sich alles ums Essen. Torte war ein Ausdruck von Liebe. Fettucine mit Langusten waren gleichzusetzen mit Glückseligkeit. Üppig mit Puderzucker bestäubte, frittierte Apfelringe standen für Gemeinschaft und Zusammenhalt.

Als ich acht Jahre alt war, erfuhr meine Mutter, dass sie an einer schweren chronischen Krankheit litt, für die es damals noch keine Heilung gab. 34 Jahre lang sah ich ihr dabei zu, wie sie um ihr Leben kämpfte. Sie reiste auf ihrer Suche nach einem geeigneten Spezialisten durchs ganze Land und probierte viele Behandlungsmethoden und Medikamente aus, die ihre Situation allerdings oft verschlechterten. Zum Glück besiegte sie 2016 – ich war damals 42 Jahre alt – endlich ihre Krankheit. Aber bis dahin war ich mir nie sicher, ob die Frau, die im Mittelpunkt meines Lebens stand, das Jahr überleben würde, und ich eignete mir ungesunde Verhaltensweisen an, die es mir leichter machten, diese Ungewissheit zu ertragen. Ich betäubte meine Gefühle mit Essen: Ich versteckte es, naschte heimlich und hatte mehrmals täglich unkontrollierte Heißhungeranfälle. Ich klinkte mich aus meinem Leben aus und dröhnte mich mit Waffeln, frittierten Hühnerteilen, Cajun-Wurst und allerlei Süßigkeiten zu, die ich im Haus aufstöberte. Ich entwickelte meine eigene Methode der kohlenhydratinduzierten Meditation – nur ohne die gesundheitlichen Vorteile und die innere Ausgeglichenheit, die man durch Meditation normalerweise erlangt.

Ich war als Erwachsene immer dick und erreichte schließlich ein Höchstgewicht von 135 Kilogramm, was einer Konfektionsgröße 52 entspricht. Jede Diät, die ich machte, funktionierte eine Zeit lang, aber weil ich ständig Hunger hatte, hielt ich nie lange durch, schlug über die Stränge und nahm schließlich mehr zu, als ich abgenommen hatte. Wie viele Leidgenossen fühlte ich mich oft wie eine Versagerin. Ich schämte mich, wenn ich in die Arztpraxis, ins Schwimmbad oder ins Modegeschäft für Übergrößen ging. Ich schämte mich im Fitnessstudio, in Restaurants und bei Familientreffen.

2018 beschloss ich erneut abzunehmen – diesmal wollte ich es mit einer kohlenhydratarmen, fettreichen Kost probieren. Ich nahm insgeheim an, dass auch dieser Abnehmversuch scheitern würde, aber nach einem Monat bemerkte ich eine Veränderung. Ich hatte nicht mehr ständig Hunger. Als ich nach einigen Monaten knapp 14 Kilogramm abgenommen hatte, begann die Gewichtsabnahme zu stagnieren. Weil ich Angst vor einer erneuten Zunahme hatte, fragte ich meine Freundin Dr. Suzanne Slonim um Rat. Sie empfahl mir das Buch Die Schlankformel von Dr. Jason Fung.

Ich fing an, das Buch auf einem vierstündigen Flug zu lesen, und nach nur wenigen Minuten war ich so fasziniert, dass ich es nicht mehr weglegen konnte. Die Schlankformel erklärte die Theorie hinter meiner kohlenhydratarmen, fettreichen Ernährung, doch dann schlug Dr. Fung etwas vor, womit ich nicht gerechnet hatte. Er empfahl Leuten mit Gewichtsproblemen, zu fasten.

Wie bitte? Ich habe in meinem Leben nur dann Mahlzeiten ausfallen lassen, wenn es aus medizinischen Gründen nicht anders ging. Aber die Studien, die Dr. Fung in seinem Buch zitiert, waren einleuchtend, und so beschloss ich, dem Fasten eine Chance zu geben. Diese Entscheidung veränderte mein Leben. Ich nahm weiter ab, fühlte mich gesünder als je zuvor, und mein Körper fing an, sich auf eine Weise zu verändern, wie ich es mir niemals hätte erträumen können. Das Beste war aber, dass die Hungersignale, die mein Gehirn ständig überfluteten, endgültig aufhörten.

Sie haben richtig gelesen. Ich war nicht mehr ständig hungrig. Und wenn ich doch einmal Hunger hatte, nahm ich das gleichmütig zur Kenntnis. Ich hatte immer Angst, dass ich das Bewusstsein verlieren würde, wenn ich mehr als zwei Mahlzeiten in Folge ausfallen ließ, aber das war nicht der Fall. Ich dachte, dass mich das Fasten müde und geistig träge machen würde, aber auch das stimmte nicht. Ich dachte außerdem, dass mein Stoffwechsel durch den Nahrungsverzicht zum Erliegen käme, aber das genaue Gegenteil trat ein. Ich fühlte mich wie neugeboren.

Ich fing an, alles zu hinterfragen, was ich über das Abnehmen und die Steigerung meines Wohlbefindens gelernt hatte, und wurde wütend. Wo waren diese Informationen mein ganzes Leben lang gewesen, und warum erfuhr ich erst jetzt davon, nachdem ich so viel durchgemacht hatte?

Ich nahm Kontakt zu Dr. Fung auf, und als wir uns unterhielten, wusste ich sofort, dass ich es mit einem hochintelligenten, empathischen Fachmann zu tun hatte, der bereit war, mit mir zusammenzuarbeiten. Er stellte mich auch seiner Gesundheitspädagogin Megan Ramos vor, und wir fanden schnell eine gemeinsame Wellenlänge, als sie mir von ihren eigenen Gewichts- und Gesundheitsproblemen erzählte. Innerhalb eines Monats fassten wir einen Plan, und das Buch, das Sie jetzt in Ihren Händen halten, ist das Ergebnis.

In Weniger ist mehr wollen wir Ihnen einen völlig neuen Ansatz vorstellen, der Ihre Sicht auf das Abnehmen und die Gesundheit für immer verändern wird. Vielleicht haben Sie schon einmal »Fasten« gegoogelt, mit einer Freundin darüber geredet, einen Fernsehbeitrag gesehen oder jemanden erzählen hören, dass es wahre Wunder wirkt – nur um dann von anderer Stelle zu erfahren, dass es potenziell lebensgefährlich ist. Es scheint, als gäbe es genauso viele Meinungen über das Fasten wie Sterne am Nachthimmel, und viele dieser Informationen können so verwirrend und überfordernd sein, dass man am liebsten aufhören will, bevor man überhaupt angefangen hat. Sie haben vielleicht den Eindruck, dass das Fasten nur etwas für Menschen mit starkem Übergewicht ist, so wie ich es damals hatte. Das stimmt nicht; Fasten kann auch dabei helfen, 5 oder 10 Kilogramm abzunehmen – oder mehr oder weniger, je nachdem, welche Ziele man verfolgt. Vielleicht brauchen sie einen Ernährungsansatz, mit dem Sie mehr erreichen als abzunehmen. Kann Ihnen Fasten dabei helfen, Ihren Verstand zu schärfen und Ihr Krebsrisiko zu senken? Auf jeden Fall. Würden Sie alles tun, um Ihr Polyzystisches Ovar-Syndrom, Typ-2-Diabetes, Fettleber, Herzinsuffizienz und mehr zu heilen? Auch dabei kann Fasten helfen.

Sie brauchen jemanden, der Ihnen die reine, ungeschönte Wahrheit über das Fasten sagt, und in diesem Buch haben Sie gleich drei Vertraute an Ihrer Seite: eine Überlebende der Diätkriege (nämlich mich), eine renommierte Wissenschaftlerin, die über das Fasten forscht und damit ihre eigenen gesundheitlichen Probleme überwunden hat (Megan Ramos), und einen bahnbrechenden Arzt, der innovative Ansätze entwickelt hat (Dr. Jason Fung). Gemeinsam haben wir alle Höhen und Tiefen erlebt, und wenn Sie Fragen über das Fasten haben, können wir Ihnen Antworten geben, ohne sie zu beschönigen und mit einem Sahnehäubchen zu garnieren.

Dieses Buch ist mehr als eine schrittweise Anleitung zum Fasten. Es ist ein Ratgeber, der Ihnen helfen wird, sich selbst, Ihre Küche und Ihre Familie auf neue Ernährungsgewohnheiten vorzubereiten und gängige Probleme rund um das Thema Fasten zu lösen, beispielsweise wie man sich an Feiertagen oder im Urlaub verhält und wie man auf unerwünschte Nebenwirkungen reagiert. Ich werde Ihnen nicht nur sagen, wie Sie sich geistig auf das Fasten vorbereiten und die für Sie richtige Fastenmethode finden, sondern Ihnen auch einen Plan geben, mit dem Sie möglichst lange Freude an Ihrem neuen, gesünderen Ich haben werden. Ich sage Ihnen genau, warum Sie nicht Schuld an Ihrem Übergewicht haben und warum es mit dem Abnehmen diesmal anders laufen wird. Ich werde Sie auf dieser neuen, aufregenden Reise begleiten, und am Schluss werden wir gemeinsam Ihren Erfolg feiern.

Sie haben Fragen, und wir drei haben die Antworten. Der Arzt, die Laiin und die Wissenschaftlerin: Das ist das Team, das Sie an Ihrer Seite brauchen. Wir werden Sie unterstützen, legen wir also los!

Megan Ramos

Vor knapp zehn Jahren litt ich am Polyzystischen Ovar-Syndrom (PCOS), nichtalkoholischer Fettleber und Typ-2-Diabetes. Heute bin ich von allen drei Krankheiten geheilt, habe über 35 Kilogramm abgenommen und kann mich dank meiner guten Gesundheit beruflich voll entfalten. Ich bin eine klinische Forscherin, die sich auf Präventivmedizin spezialisiert hat, und zeige Betroffenen, wie sie durch Fasten und gesunde Ernährung Fett verlieren und ihre Gesundheit verbessern können.

In den ersten 27 Jahren meines Lebens konnte ich alles essen, worauf ich Appetit hatte, und nahm kein Gramm zu. Ich war das von allen beneidete Mädchen, das Size-Zero-Jeans trug und mit einer Dose Limonade in der einen Hand und einer Tüte Chips in der anderen Hand herumlief; deshalb schrieb meine beste Freundin in eines meiner Highschool-Jahrbücher: »Ich kann dich nicht leiden, weil du alle Chicken-Nuggets und Pommes der Welt futtern kannst und dabei trotzdem noch abnimmst.« Ich war damals zwar gertenschlank, aber nicht gesund – weder körperlich noch geistig. Ich machte mir damals ständig etwas vor und dachte, mein Körpergewicht sei ein Ausdruck für mein körperliches Wohlbefinden. Aber ein Gegenbeweis für diese Annahme waren die Krankheiten, die mich in der Mittelstufe ereilten.

Als ich zwölf Jahre alt war, wurde bei mir eine nichtalkoholische Fettleber diagnostiziert, das heißt, in meinen Leberzellen reicherte sich Fett an. Im Alter von 14 Jahren bekam ich PCOS, eine Krankheit, bei der sich in den Eierstöcken Zysten bilden, die zu einer unregelmäßigen oder gar keiner Regelblutung führen. Ich war damals so dünn, dass mir meine Ärzte zu keiner Ernährungsumstellung rieten, sondern vielmehr annahmen, dass sich mein Gesundheitszustand nach einer Weile von selbst bessern würde. Sie irrten sich. Nichts wurde besser. Es ging mir zunehmend schlechter, ich geriet immer weiter in eine Abwärtsspirale und stopfte mich mit Junkfood voll, ohne mir der Konsequenzen bewusst zu sein. Benutzte ich Essen als Ersatzbefriedigung, so wie Eve damals? Gut möglich. Schließlich war meine geliebte Mutter auch krank.

Meine Mutter litt während eines Großteils meiner Kindheit an mehreren Stoffwechsel- und Erbkrankheiten, ging von einem Arzt zum anderen und musste im Laufe der Jahre viele Operationen über sich ergehen lassen. Ich erinnere mich sehr lebhaft daran, wie sie in der Notaufnahme im Flur warten musste und vor Schmerzen schrie. Ich beschloss, dass niemand jemals wieder so krank sein sollte – und dass erst recht niemand einer geliebten Person dabei zusehen sollte, wie sie Höllenqualen litt. Ich nahm mir vor, Ärztin zu werden. Ich wollte andere heilen können – mit einem Fingerschnippen, einfach so. Mit 15 Jahren bekam ich einen Ferienjob in der Forschungsabteilung einer Privatklinik und arbeitete für eine Gruppe von Nierenspezialisten, darunter Dr. Jason Fung. In dieser Zeit lernte ich viele fabelhafte Typ-2-Diabetiker kennen, die allerdings aufgrund ihrer Krankheit dabei waren, einen Nierenschaden zu entwickeln. Meine Forschung konzentrierte sich auf die Früherkennung von Nierenschäden, weil wir dann die Möglichkeit hatten, ein komplettes Nierenversagen zu vermeiden. Ich arbeitete in meiner weiteren Highschool- und College-Zeit mit diesen Ärzten und genoss jede Minute. Aber schließlich geriet ich in eine Sackgasse. Ich erkannte, dass es letztlich keine Rolle spielte, wann wir den Nierenschaden entdeckten; er würde sich deswegen trotzdem weiterentwickeln. Eine frühe Diagnose fühlte sich sogar schlimmer an als Unwissenheit, und ich erinnere mich, wie ich damals dachte, dass es schrecklich sein musste, sein Leben zu führen und zu wissen, dass es etwas gab, das einen töten könnte.

Und trotzdem litt auch ich an chronischen Erkrankungen und unternahm nichts dagegen. Mehr noch, ich redete mir ein, dass Präventivmedizin meine große Leidenschaft war, aber mein Umgang mit Essen war ein Tod auf Raten. Ich trank bereits morgens um fünf Uhr Diätlimonade und naschte den ganzen Tag Süßigkeiten. Ich verschlang Tüten mit Junkfood, während ich auf meinen damaligen Freund wartete, der Besorgungen machte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich süchtig nach Essen war. Ich wusste, dass das Sechserpack Diätlimonade, das immer griffbereit im Auto lag, und die Tüte Brezeln in meiner Handtasche ungesund waren, aber ich konnte einfach nicht anders.

Jeder hat ein Laster; meins war eben Essen – nicht Zigaretten, Drogen oder Alkohol –, und deshalb fand ich es auch nicht so schlimm. Essen konnte man schließlich überall kaufen, ganz legal, und Kohlenhydrate waren außerdem die Lebensmittelgruppe, die ich laut behördlicher und ärztlicher Empfehlungen vermehrt essen sollte. Kohlenhydrate waren das, was ich in der Schule und zu Hause bei meinen Eltern vorgesetzt bekam. Wie konnte das also dermaßen schlecht sein? Und abgesehen davon war ich doch spindeldürr – hieß das nicht, dass ich etwas richtig machte?

Das hieß es nicht. Mein PCOS verschlimmerte sich, und so erfuhr ich im Alter von nur 22 Jahren von meinem Arzt, dass ich vermutlich keine Kinder bekommen könnte. Ich hatte mir schon immer sehnlichst gewünscht, selbst einmal Mutter zu werden, und jetzt erfuhr ich, dass mein Traum möglicherweise niemals in Erfüllung gehen würde.

Fünf Jahre später erhielt ich die Diagnose, an Typ-2-Diabetes erkrankt zu sein. Das war der schlimmste Tag meines Lebens – sogar noch schlimmer als der Tag, an dem ich von meiner möglichen Unfruchtbarkeit erfahren hatte. Als ich die Hiobsbotschaft hörte, schlug mein Herz so schnell, dass ich dachte, es würde zerbersten. Alles verschwamm vor meinen Augen, und ich bekam keine Luft mehr. Mein erster Panikanfall.

Ich war gerade einmal 27 Jahre alt, und als mir mein Arzt meine Blutwerte zeigte, war das beinahe so, als hätte er mir mein Todesurteil überreicht. Wie sollte es in meinem Leben weitergehen? Würden meine Nieren mit 35 versagen, so wie bei meinen Testpersonen? Würde ich mit 40 Alzheimer bekommen? Oder mit 45 einen Herzinfarkt, gefolgt von einem Schlaganfall mit 50?

Ich ging nach Hause, warf mich aufs Bett und brach in Tränen aus. Ich konnte mich von der Vorstellung verabschieden, Menschen durch Medizin zu helfen. Ich würde meinen Traum, Ärztin zu werden, an den Nagel hängen und mich nach etwas anderem umsehen müssen.

Als ich mich schließlich beruhigt hatte, beschloss ich, alles in meiner Macht Stehende zu unternehmen, um wieder gesund zu werden. Mein erster Schritt bestand darin, regelmäßig gesunde Mahlzeiten zu essen. Als Kanadierin orientierte ich mich an den von der kanadischen Regierung ausgegebenen Ernährungsempfehlungen – die dem Leitfaden des Landwirtschaftsministeriums in den Vereinigten Staaten (USDA) und auch denen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ähnelt. Weil Experten den Ratgeber entwickelt hatten, wollte ich mich genau an ihre Vorgaben halten. Und das tat ich auch – ich aß täglich drei Mahlzeiten und mehrere Zwischenmahlzeiten. Raten Sie einmal, was geschah? Statt dünn und schwabbelig zu sein, wurde ich nun dick und schwabbelig.

Einige Monate später suchte ich verzweifelt nach einer Lösung und dachte an Dr. Fung, mit dem ich immer noch zusammenarbeitete. Plötzlich wusste ich, dass meine Diabetes-Diagnose vielleicht der größte Segen meines Lebens war.

Jason, der ein Querdenker ist, hatte gerade angefangen, Nachforschungen über das Fasten anzustellen. Eines Nachmittags hörte ich, wie er vor einer kleinen Gruppe einen Vortrag hielt und erklärte, dass sich durch Fasten Typ-2-Diabetes eventuell rückgängig machen lässt. Ich dachte damals: Auf keinen Fall. Das ist zu extrem. Aber ich hatte nichts zu verlieren. Im Gegenteil, ich hatte alles zu gewinnen.

Ich unterhielt mich mit Jason, fing sofort an zu fasten und wandte seine Prinzipien der gesunden Ernährung an, indem ich kohlenhydratarme, fettreiche und möglichst unverarbeitete Nahrungsmittel aß. Innerhalb einiger Wochen erkannte ich, dass alles, was ich bisher über Ernährung gelernt hatte, falsch gewesen war. Es ist mittlerweile acht Jahre her, seit ich anfing, Dr. Fungs Rat zu folgen, und ich habe fast 40 Kilogramm abgenommen. Ich leide nicht mehr an Typ-2-Diabetes, Fettleber und PCOS.

Heute bin ich eine sehr glückliche und gesunde 35-jährige Frau, die das große Privileg hat, jeden Tag Klienten zu helfen, erfolgreich abzunehmen und ihren Typ-2-Diabetes rückgängig zu machen. Ich arbeite immer noch mit Jason, und wir haben gemeinsam ein Programm namens »The Fasting Method« entwickelt. Es handelt sich dabei um eine Online-Community mit Sitz in Toronto, die aus Personen besteht, die abnehmen und ihre chronischen Krankheiten verbessern wollen und dabei von Coaches betreut werden. Ich betreue Klienten auch persönlich und gebe ihnen die lebensrettenden Tipps, die ich mir selbst von meinen Ärzten gewünscht hätte, aber niemals erhielt. Das gehört zu den schönsten Seiten meines Jobs, weil ich dadurch Frauen wie Jennifer kennenlerne.

So wie ich hatte auch Jennifer Übergewicht und PCOS. Diese Krankheit führt unter anderem dazu, dass sie Akne und Gesichtsbehaarung bekam, höchst unangenehme Nebenwirkungen der Hormonschwankungen, die diese Krankheit verursacht. Sie bekam ihre Periode erst mit 18 Jahren, und danach hatte sie höchstens einmal im Jahr ihre Regel. Sie und ihr Mann hatten jahrelang vergeblich versucht, ein Kind zu bekommen, und beschlossen daher, höchstens dreimal eine künstliche Befruchtung zu probieren. Um auf Nummer sicher zu gehen, füllten sie auch einen Adoptionsantrag aus und hofften, dass sie auf die eine oder andere Weise ein Kind bekämen.

Hunderte von Hormongaben später, nach dreimaliger künstlicher Befruchtung, reiften Jennifers Follikel nicht, und deshalb konnten ihre Ärzte keine Eizellen entnehmen, geschweige denn befruchten. Glücklicherweise wurde die Adoption bewilligt, und Jennifer und ihr Mann hießen einen wunderbaren kleinen Jungen namens Nico in ihrer Familie willkommen.

Jennifer machte sich immer noch Sorgen um ihre Gesundheit und ihr Gewicht, und deshalb beriet sie sich mit einem unserer Fasten-Coaches, der sie durch ein Programm begleitete, das aus einer zucker- und kohlenhydratarmen Kost bestand, die sie mit Fasten kombinierte. Jennifer nahm ein wenig ab, und ihre Regel setzte wieder ein. Aus einer Laune heraus entschied sie sich zu einer vierten künstlichen Befruchtung. Sie wurde schwanger, und ihr zweiter Sohn Oscar kam auf die Welt, als Nico zweieinhalb Jahre alt war. Sie setzte ihre gesunden Gewohnheiten fort, und drei Jahre später wurde sie völlig überraschend ein zweites Mal schwanger und bekam einen dritten Sohn. Jennifer ist jetzt eine gesunde, schlanke Mutter von drei Söhnen, hat eine regelmäßige Periode und ein glücklicheres Leben, als sie es sich jemals hätte erträumen können.

Wegen des Fastens bin ich zuversichtlich, dass ich – so wie Jennifer – eines Tages Mutter werden kann. Bis dahin setze ich voller Freude meine Arbeit fort, um Menschen zu helfen, ihr Leben zum Positiven zu wenden. Gemeinsam mit Dr. Fung und Eve Mayer stelle ich mich Ihnen als Beraterin zur Verfügung und zeige Ihnen aus meiner Sicht als Forscherin, wie Ihnen das Fasten helfen kann, abzunehmen und chronische Erkrankungen zu verhindern.

Dr. Jason Fung

Ich bin Nephrologe – also ein Nierenspezialist – und habe mein Medizinstudium und Praxisjahr an der University of Toronto absolviert, bevor ich an die University of California nach Los Angeles ging. In den letzten zwanzig Jahren war ich durchgehend damit beschäftigt, die Nieren meiner Patienten zu behandeln und mein Bestes zu tun, damit diese lebenswichtigen Organe normal arbeiten. Ich verordnete die richtigen Medikamente, Behandlungsmaßnahmen und Operationen und hielt mich an die Vorschriften, um Nierenkranken zu helfen, die an Nierensteinen, Diabetes, Krebs, Entzündungen und vielen anderen Problemen litten. Deshalb wundert es mich immer noch ein wenig, dass ich jetzt Adipositas-Medizin praktiziere und mich bemühe, meine Patienten medikamentenfrei zu bekommen und sie vor Operationen und Dialysen zu bewahren. Im Grunde habe ich es mir zur Lebensaufgabe gemacht, Nephrologen wie mich arbeitslos zu machen.

Warum? Weil ich vor zehn Jahren ein verstörendes Muster entdeckte. Früher war die gängigste Ursache für Niereninsuffizienz Bluthochdruck, gefolgt von Typ-2-Diabetes. Im Laufe der Zeit, als die richtigen Screenings und die Einführung von Blutdruckmedikamenten halfen, das Auftreten von bluthochdruckbedingten Krankheiten zu verringern, entwickelte sich Typ-2-Diabetes zur Hauptursache für Niereninsuffizienz. Medikamente und die neueste Technologie halfen diesen Menschen offensichtlich nicht, und mir wurde immer deutlicher vor Augen geführt, dass meine Bemühungen, Niereninsuffizienz mit Medikamenten, Dialyse usw. zu behandeln, niemals in einem großen Rahmen erfolgreich sein würden, weil sie die Hauptursache des Problems außer Acht ließen. Es war offensichtlich, dass Übergewicht, das zu Typ-2-Diabetes führt, der eigentliche Übeltäter war. Deshalb ist die einzige logische Lösung, den Betroffenen dabei zu helfen, dieses überschüssige Gewicht zu verlieren.

Aber wie lässt sich ein effektiver, nachhaltiger Gewichtsverlust erzielen? Wie schafft man es am besten, seine Abnehmziele zu erreichen und seine Gesundheit zu verbessern? Jahrzehntelang rieten die Ärzte ihren Patienten, weniger zu essen und sich mehr zu bewegen. Aber das funktioniert in den meisten Fällen nicht, und eine Reihe wissenschaftlicher Studien (die ich in diesem Buch zitieren werde) haben zur Genüge bewiesen, dass eine Einschränkung der Kalorienzufuhr nichts bringt. Jeder – und damit schließe ich mich selbst ein – hat schon einmal eine solche Ernährungsform probiert und ist gescheitert, ob man nun 5 oder 50 Kilogramm abnehmen wollte. Leider lernte ich während des Medizinstudiums so gut wie nichts über Ernährung und Abnehmen, deshalb setzte ich mich daran, beides zu verstehen. Das Körpergewicht war die mit Abstand wichtigste Determinante für die Gesundheit meiner Patienten; deswegen musste ich ein Experte auf diesem Gebiet werden.

Aber das Erlernen neuer Informationen ist nicht annähernd so schwierig wie das Verlernen von altem, obsoletem Wissen, das sich in meinem Verstand festgesetzt hat, und das meiste von dem, was ich über das Abnehmen zu wissen glaubte – oder im Medizinstudium gelernt hatte –, erwies sich als falsch. Die Einschränkung der Kalorienzufuhr ist ein gutes Beispiel dafür. Im Medizinstudium hieß es, dass man abnimmt, wenn man weniger Kalorien aufnimmt als man verbraucht. Darum ging es schließlich bei der Kalorienbilanz, oder? Fakt ist, dass diese Strategie nicht zum Erfolg führt, und das ist nicht nur meine Meinung. Die Erfolgsrate einer Kalorienrestriktion liegt bei etwa 1 Prozent. Adipositas ist zu einer globalen Epidemie geworden, auch dann, als die Menschen anfingen, ihre Kalorienzufuhr viel strenger im Auge zu behalten als früher.

Weil es vor allem für Nierenpatienten sehr wichtig ist, abzunehmen bzw. ein gesundes Körpergewicht zu halten, betrachtete ich die wissenschaftliche Erklärung für diesen Ratschlag. Ich stellte überrascht fest, dass die gesamte Theorie der Kalorienrestriktion einer wissenschaftlichen Untersuchung nicht standhält. Es gibt im menschlichen Körper keine biologischen Prozesse, die sich auf Kalorien verlassen. Es gibt keine Studien, die beweisen, dass man abnimmt, wenn man seine Kalorienzufuhr reduziert. Im Gegenteil – jede Studie zeigt, dass eine Einschränkung der Kalorienzufuhr fruchtlos ist. Wenn wir bereits wissen, dass diese Methode nichts bringt, warum klammerten sich dann so viele Experten an diese gescheiterte Methode? Das wollte mir nicht einleuchten.

Ich beschloss, nach einer erfolgreicheren Abnehmmethode zu suchen, und fand einige bewährte Strategien, die in Vergessenheit geraten sind. Kurz nachdem ich meinen Patienten dazu geraten hatte, weniger Zucker und verarbeitetes Getreide zu essen, stellte ich ihnen das Fasten vor. Dieser Ratschlag leitete die Wende ein. Sie nahmen ab, eigneten sich gesunde Gewohnheiten an und verbesserten viele ihrer chronischen Erkrankungen.

Aber es gibt eine Komponente des Fastens, die weit über das hinausgeht, was man auf der Waage oder im Blutbild sieht: die Verbesserung der psychischen und emotionalen Probleme, die mit Übergewicht und einer schlechten gesundheitlichen Verfassung in Verbindung stehen, darunter Suchtverhalten, Schuldgefühle und ein vermindertes Selbstbewusstsein. Die Behandlung dieser Probleme ist genauso wichtig wie die Behandlung körperlicher Beschwerden.

Ich gebe zu, dass ich vielleicht nicht die geeignetste Person bin, die man um Rat fragt, wenn es um die psychischen und emotionalen Aspekte des Abnehmens geht. Ich habe seit meiner Schulzeit mein Gewicht weitgehend gehalten, und ich trug sogar bis vor nicht allzu langer Zeit eine Hose, die ich schon seit dreißig Jahren besitze, bis sie meine (peinlich berührte) Frau entsorgte. Sicher, ich nehme gelegentlich das eine oder andere Kilogramm zu, normalerweise nach den Feiertagen oder nach einem Urlaub, aber ich nehme sie zügig wieder ab, meist wenn ich unter Stress stehe. Ich verstehe also die Probleme des Abnehmens unter einem logischen Gesichtspunkt, kann mich aber nicht wirklich damit identifizieren oder aus eigener Erfahrung sprechen.

Ich bin jedoch sicher, dass die überaus kluge und eloquente Eve Mayer diese Probleme gut schildern kann, und meine langjährige Kollegin Megan Ramos kennt Adipositas sowohl aus persönlicher wie auch aus beruflicher Erfahrung. Gemeinsam hoffen wir, Ihnen zeigen zu können, wie Sie mit Fasten eine Gewichtszunahme und eine Vielzahl chronischer Krankheiten rückgängig machen können. Deswegen haben wir dieses Buch geschrieben. Um Aufklärungsarbeit zu leisten. Um zu lernen. Um zu lachen und zu weinen. Um eine Gemeinschaft aufzubauen. Um Mythen zu dekonstruieren und Vorurteile abzubauen. Vor allem aber wollten wir dieses Buch schreiben, um ein Monstrum zu verstehen, das wir alle zu bändigen versuchen: Adipositas.

TEIL I
Fasten, Nahrung und Hormone

KAPITEL 1
Die Wissenschaft vom Fasten

Eve Mayer

Wissenschaft. Mir jagt dieses Wort einen Heidenrespekt ein, und das war schon immer so. Weil ich in der Schule ohne große Anstrengung regelmäßig Einser und Zweier schrieb, ärgerte ich mich maßlos über die eine Vier, die ich einst in meinem Zeugnis in Chemie hatte.

Diese Angst und die Unfähigkeit, wissenschaftliche Grundprinzipien zu verstehen, trugen unter anderem dazu bei, dass ich 24 Jahre lang dick blieb. Heute leide ich nicht mehr an Adipositas, und die Wissenschaft macht mir auch keine Angst mehr. Bin ich plötzlich ein Genie geworden? Keineswegs! Manchmal verwirren mich immer noch die einfachsten Grundbegriffe. Aber es hat sich etwas verändert, und ich weiß, dass ich nicht zuletzt deshalb so viel abgenommen habe und gesünder geworden bin, weil ich angefangen habe, mir Gedanken darüber zu machen, was eigentlich in meinem Körper passiert.

Ich werde Ihnen die wissenschaftlichen Grundlagen des Fastens auf eine Weise nahebringen, wie es mir damals, als ich abnehmen wollte, auch geholfen hätte: mit einfachen und verständlichen Worten. Dr. Fung und Megan werden ausführlich erklären, was bei der Nahrungsaufnahme genau im menschlichen Körper passiert, aber ich möchte Ihnen vorher von meinen eigenen Erfahrungen berichten und Ihnen erläutern, wie das Wissen über den Stoffwechsel, die Verdauung, Hormone usw. dazu beigetragen hat, mein Leben zu verändern.

Ich war jahrelang dick, und das störte mich massiv. Außerdem litt ich an Prädiabetes, Unfruchtbarkeit, Allergien, Nebenhöhlenentzündungen, Gelenkschmerzen, Bronchitis und Lungenentzündungen. Ich ging von einem Arzt zum anderen, und weil ich sehr ehrgeizig bin, setzte ich alle ihre Empfehlungen um. Ich reduzierte meine Kalorienzufuhr. Ich ging ins Fitnessstudio. Ich nahm meine Medikamente ein. ich machte eine Psychotherapie. ich aß mehr Obst und Gemüse. Um meinen trägen Stoffwechsel anzuregen, aß ich häufiger kleinere Mahlzeiten. Ich ließ mir zweimal ein Magenband legen, und später wurde mein Magenvolumen durch eine Schlauchmagen-Operation dauerhaft verkleinert. Die Eingriffe führten zu unterschiedlichen Ergebnissen. Aber meist nahm ich nur ab, um später wieder zuzunehmen. In dieser Zeit packte ich mein Problem niemals an der eigentlichen Wurzel an.

Ich dachte, mein Körper sei kaputt. Doch dann probierte ich etwas Neues.

Als ich Anfang 2018 Zucker aus meinem Speiseplan strich und meine Kohlenhydratzufuhr drastisch senkte, geschah etwas Erstaunliches. Ich hatte nicht mehr ständig Hunger. Es war eine gewaltige – und mehr als willkommene – Veränderung, und plötzlich wollte ich wissen, wie und warum mein neuer Ansatz funktionierte. Als ich Die Schlankformel las, ging mir ein Licht auf, und ich erkannte: Mein Übergewicht hat etwas mit meinen Hormonen zu tun. Auswahl und Timing des Essens wirken sich auf meine Hormone aus. Wenn ich diese beiden Dinge verändere, kann ich also abnehmen.

Meine Ärzte hatten mir gesagt, dass ich prädiabetisch war und Insulinprobleme hatte, aber sie erklärten mir nie, was das eigentlich bedeutete. Warum ist Insulin so wichtig? Was bewirkt es im Körper? Was ist Insulinresistenz? Warum müssen Diabetiker Insulin nehmen, wenn zu viel Insulin das Problem ist? Warum nehme ich Metformin – abgesehen davon, dass es mir helfen wird, nicht vollständig in den Diabetes abzugleiten?

Dr. Fungs Ansatz erklärte mir alles. Ich begriff, dass mein Körper Energie speichern oder verbrennen kann. Aber beides gleichzeitig geht nicht. Wenn ich ständig am Essen bin, ist mein Körper damit beschäftigt, die zugeführte Energie als Fett zu speichern. Wenn ich seltener esse, hat mein Körper mehr Zeit, Energie zu verbrennen – und damit Fett. Fasten gibt meinem Körper die Möglichkeit, Energie zu verbrauchen statt zu speichern. Ich habe immer noch körpereigene Energiedepots in Form von überschüssigem Fett. Mein Stoffwechsel und Verdauungssystem sind in der Lage, dieses Fett als Energie zu nutzen – was aber nur möglich ist, wenn ich ihnen die Gelegenheit dazu gebe und eine Zeit lang nichts esse.

Ich vertraue dieser Wissenschaft, weil ich gesehen habe, wie sich die Theorie in der Praxis auswirkt. Meine gesundheitlichen Probleme gehören der Vergangenheit an. Ich habe keinen Prädiabetes mehr, werde selten krank, muss nicht mehr täglich Medikamente nehmen und fühle mich bestens. Wenn ich oft esse, bin ich hungrig, müde und abgeschlagen – und das liegt an meinen Hormonen, nicht weil ich eine bestimmte Menge gegessen habe. Fasten ist wie ein erholsamer, gesunder Schlaf. Ich gehe ins Bett, um meinem Körper und Geist Ruhe zu gönnen. In der Nacht kann sich mein Körper regenerieren und reparieren und muss nicht – wie im Wachzustand – Tausend Dinge erledigen. Der Schlaf gibt meinem Geist auch die Möglichkeit, das Tagesgeschehen zu verarbeiten und sich zu überlegen, was er mit diesen Informationen anfangen soll. Er ist eine effiziente Phase der körperlichen Verjüngung – so wie das Fasten.

Wenn Sie von der Wissenschaft vom Fasten fasziniert und gleichzeitig überfordert sind – so wie ich damals –, sollten Sie sich entspannen und nicht zu streng mit sich sein. Es lohnt sich, das Fasten auszuprobieren, ob Sie nun 3 oder 30 Kilogramm abnehmen oder Ihre Gesundheit verbessern wollen. Der beste wissenschaftliche Beweis, den Sie jemals erhalten können, ist, diesen Ansatz auszuprobieren und zu spüren, wie sich Ihr Körper verändert.

Jason Fung

Es gibt zahlreiche Gründe, warum man regelmäßig fasten sollte. Aus medizinischer Sicht werden viele Krankheiten unter anderem durch zu viel Körperfett verursacht. Übergewicht erhöht das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und Krebs. Ein Gewichtsverlust führt zu einem Anstieg des HDL-Cholesterinspiegels, des »guten« Cholesterins, und senkt den Triglyzeridspiegel. Diese beiden Faktoren tragen dazu bei, das Risiko für eben genannte Krankheiten zu verringern. Übergewicht kann zu Bluthochdruck, der Entstehung oder Verschlimmerung von Arthrose, Schlafstörungen, Rückenschmerzen, Leberinsuffizienz und vielen anderen Krankheiten führen. Typ-2-Diabetes, der eng mit einem erhöhten Körperfettanteil in Zusammenhang steht, ist auch die Hauptursache für Erblindung, Niereninsuffizienz, nichttraumatische Amputationen und Infektionen. Als Nephrologe habe ich mitansehen müssen, wie 42-jährige Diabetiker zur Dialyse mussten, weil ihre Nieren versagten; diese Behandlung würde sie voraussichtlich bis an ihr Lebensende begleiten. Ich habe erlebt, wie 50-jährige Diabetiker Durchblutungsstörungen in den Beinen entwickelten, die zu Amputationen führten. Ich habe aufgehört zu zählen, wie viele Typ-2-Diabetiker erblindeten. Ja, in diesen Fällen hätte ein Gewichtsverlust die Gesundheit meiner Patienten erheblich verbessert und ihnen geholfen, die Krankheiten und Nebenwirkungen zu vermeiden, die ihre Lebensqualität so massiv beeinträchtigten – oder im schlimmsten Fall ihrem Leben ein Ende setzen.

Aber wie Megan in ihrer Einführung bereits sagte, gibt es viele Menschen, die kein Übergewicht – im Sinne eines zu hohen BMI-Werts – haben, aber trotzdem unter Stoffwechselaspekten ungesund sind. Und es gibt viele Menschen mit Übergewicht – wieder im Sinne eines zu hohen BMI (Body-Mass-Index) – die unter Stoffwechselaspekten kerngesund sind. Während das Gewicht also nicht der alleinige, ausschlaggebende Faktor ist, hat sich gezeigt, dass Fasten helfen kann, das Auftreten vieler metabolischer Syndrome, darunter Typ-2-Diabetes, zu verhindern.

Ich weiß, dass das unvorstellbar erscheinen mag – als wäre es zu schön, um wahr zu sein. Wie kann das Weglassen einiger Mahlzeiten – oder sogar nur einer Mahlzeit am Tag – eine so große Auswirkung auf die Gesundheit haben? Unsere Patientin Natasha ist ein gutes Beispiel dafür, wie vorteilhaft regelmäßiges Fasten sein kann.

Natasha erhielt Anfang 2012 die Diagnose Typ-2-Diabetes. Obwohl sie versuchte, sich gesünder zu ernähren, mehr Sport trieb und das Antidiabetikum Metformin einnahm, half fast nichts. Bei einer Körpergröße von 1,52 Meter nahm sie nicht ab; Metformin wirkte sich negativ auf ihr Wohlbefinden aus, und ihr Blutzucker stieg selbst dann stark an, wenn sie eine kleine Portion Kohlenhydrate aß.

Natasha probierte es mit Fasten und kam gut damit zurecht, aber sie hatte Angst davor, länger als einen Tag zu fasten. Ihr Fasten-Coach nahm ihr die Angst vor dem erweiterten Fasten, und heute fastet Natasha zwei oder dreimal in der Woche 42 Stunden. Ihr Blutzucker befindet sich jetzt in einem normalen bis prädiabetischen Bereich, und sie trägt jetzt Konfektionsgröße 36. Sie sieht blendend aus. Sie fühlt sich hervorragend. Und das Beste ist, dass ihre Gesundheit wiederhergestellt ist. Fasten hat ihr Leben verändert.

Ich weiß, dass es viele Menschen gibt, die sich davor fürchten, einige Stunden nichts zu essen. Selbst bei der Vorstellung, Snacks und kleine Zwischenmahlzeiten zu streichen, werden sie schon unruhig. Aber wenn es Ihnen wie Natasha geht, haben Sie vielleicht einfach nur Angst, das Fasten auszuprobieren. Oder vielleicht verstehen Sie nicht genau, was das Fasten in Ihrem Körper bewirkt, warum es funktioniert und wie es Ihnen helfen kann. Wissen ist Macht. Erlauben Sie mir daher zu erklären, wie sich die Dinge, die Sie essen, auf Ihren Körper auswirken, warum sie Hormonschwankungen auslösen können, die zu einer Gewichtszunahme und chronischen Erkrankungen führen, und wie Fasten dazu beitragen kann, diese Probleme zu beheben.

Verdauung, Hormone und wie Essen als Energiereserve gespeichert wird

In dem Augenblick, in dem Essen in den Mund gelangt, fängt der Körper an, harte Arbeit zu verrichten, um dieses Essen in Zellenergie umzuwandeln. Der Weg ist jedoch nicht immer einfach oder naheliegend, und wenn man die falschen oder zu viele Lebensmittel verzehrt, kann der Körper Probleme bekommen.

Das endokrine System des Körpers ist ein großes Netzwerk aus Drüsen, die Hormone ins Blut abgeben, um alle körperlichen Funktionen, unter anderem Schlaf, Stoffwechsel, die Umwandlung von Nahrung in Energie für eine korrekte Zellfunktion, Fortpflanzung und Sexualtrieb, Stimmung, Hunger und mehr zu regulieren. Wenn wir etwas essen, schüttet die Bauchspeicheldrüse – ein längliches, etwa 15 Zentimeter langes Organ, das hinter dem Magen liegt und zum endokrinen System und Verdauungssystem gehört – das Hormon Insulin aus. Insulin signalisiert dem übrigen Körper, das jetzt Nahrung verfügbar ist, die in Energie umgewandelt werden kann; diese Nahrungsenergie (Kalorien) muss für die Zukunft gespeichert werden.

Der Körper speichert Energie auf zwei Arten: als Zucker und als Körperfett. Zucker ist als schnelle Energiequelle verfügbar, während Fett als Reserve oder Depot eingelagert und nur dann verbrannt wird, wenn der Körper nicht ohne Weiteres auf Blutzucker zurückgreifen kann. Reden wir zuerst über den Zucker, weil eine Stabilisierung des Blutzuckers – auch als Glukose bekannt – zu den Hauptvorteilen des Fastens zählt.

Eine der einfachsten Arten, den Blutzucker stark ansteigen zu lassen, ist der Verzehr von Kohlenhydraten, die chemisch betrachtet eine Kette aus Zuckermolekülen sind. Wenn wir Kohlenhydrate essen, wird ein Teil dieses Zuckers von den Zellen der Nieren, der Leber, des Gehirns und mehr verwendet. Falls dann noch Kohlenhydrate übrig sind, werden sie in der Leber als Glykogen gespeichert, das eine andere Kette aus Zuckermolekülen ist. Wir werden gleich noch näher auf das Glykogen eingehen.

Unser Körper kann Energie aber auch als Körperfett speichern. Wenn wir Nahrungsfette aufnehmen (die in allen möglichen pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln enthalten sind, von Kartoffelchips über rotes Fleisch zu Milch), werden die einzelnen Fettmoleküle, die sogenannten Triglyzeride, direkt ins Blut aufgenommen und in die Fettzellen transportiert. Wenn wir so viel Glukose zu uns nehmen, dass der Körper sie in der Leber nicht mehr als Glykogen speichern kann, verwandelt die Leber die Glukose in Triglyzeride. Die Triglyzeride versorgen dann die Fettzellen.

Diese beiden Systeme der Energiespeicherung – Glykogen und Fett – ergänzen sich gegenseitig. Glykogen ist einfach nutzbar und kann von der Leber leicht verarbeitet werden, aber die Leber verfügt über begrenzten Speicherplatz. Körperfett ist schwerer zugänglich und für die Leber viel schwerer zu spalten, bietet aber den Vorteil des unbegrenzten Speicherplatzes (wie jeder mit Hüftgold nur allzu gut weiß!). Stellen Sie sich Glykogen als Kühlschrank vor. Sie können ihn leicht mit Nahrung befüllen, die Sie jederzeit wieder entnehmen können, aber Ihnen stehen nicht so viele Fächer zur Verfügung. Körperfett hingegen ist eher wie eine Gefriertruhe, die im Keller steht. Sie ist schwerer zugänglich, man kann nichts darin kochen (weil der Inhalt gefroren ist), aber sie ist riesig und praktisch niemals voll.

Insulin und die Entwicklung von Diabetes

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass Insulin ein Hormon ist, das dem Körper signalisiert, wann es an der Zeit ist, Nahrung in Energie zu verwandeln. Aber es erfüllt noch andere Aufgaben. Insulin reguliert den Glukosespiegel im Körper und stellt sicher, dass dieser nicht zu stark steigt oder fällt. Das gelingt ihm, indem er Glukose aus dem Blut nimmt und in der Leber als Glykogen oder im Körper als Fett speichert. Weil der Körper Fett als Schutz, Wärmespender und Energiereserve benötigt – falls jemals eine Hungersnot eintreten sollte –, verhindert Insulin auch, dass wir zu viel Körperfett als Energiequelle verwenden.

Wenn der Insulinspiegel zu hoch ist, wird der Körper Nahrungsenergie speichern, und zwar sowohl im »Kühlschrank« als auch in der »Gefriertruhe«. Die Probleme fangen jedoch erst richtig an, wenn die Bauchspeicheldrüse auf Hochtouren läuft und zu viel Insulin ausschüttet. Wie kann das passieren? Alle Nahrungsmittel, die Makronährstoffe enthalten (Protein, Fett und Kohlenhydrate), regen in gewissem Ausmaß die Insulinproduktion an, aber bestimmte Nahrungsmittel sind dabei effektiver als andere. Die diesbezüglich schlimmsten Übeltäter sind raffinierte Kohlenhydrate wie Weißbrot, zuckerhaltige Erfrischungsgetränke, Kuchen und Kekse.

Wenn wir zu oft zu viel Zucker oder kohlenhydratreiche Dinge essen, wie das bei uns in Nordamerika und Europa gang und gäbe ist – viele Menschen nehmen am Tag sechs oder sieben kohlenhydratlastige Mahlzeiten oder Snacks zu sich –, wird der Insulinspiegel in die Höhe schießen. Ein hoher Insulinspiegel signalisiert dem Körper, dass er versuchen sollte, Nahrungsenergie zu speichern, was uns davon abhält, unsere Fettspeicher zu leeren oder zu verbrennen. Im übertragenen Sinn füllen wir unseren Kühlschrank immer weiter und fragen uns dabei, warum unsere Gefriertruhe aus allen Nähten platzt.

Wenn zu viel Insulin das System überflutet, reagieren die Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die das Insulin produzieren, nicht mehr, und der Glukosespiegel steigt. Wenn er erhöht bleibt, gehört man zu den geschätzten 500 Millionen Menschen weltweit, die an Typ-2-Diabetes leiden.

Die Beurteilung und Behandlung von Diabetes

Diabetes äußert sich auf vielfältige Weise, unter anderem als Durst, Erschöpfung, verschwommene Sicht, Hunger (obwohl man mehr isst als sonst), häufiges Wasserlassen, Kribbeln, Schmerzen oder Taubheitsgefühle in den Händen oder Füßen oder schlecht heilende Hautläsionen. Vielleicht hat man aber auch keine Symptome. Viele Menschen merken erst nach einem Bluttest, dass sie Prädiabetes oder Diabetes haben.

Es gibt zahlreiche Tests, die Ärzte verwenden, um zu bestimmen, ob jemand Diabetes hat. Ich möchte nur auf zwei von ihnen eingehen, weil viele meiner Patienten regelmäßig damit in Kontakt kommen – und feststellen, dass sich ihre Werte nach den ersten Fastenversuchen deutlich bessern.

Der erste Test ist der A1c-Test. Dieser einfache Bluttest misst, wie hoch der prozentuale Anteil des Hämoglobins ist – ein Protein in den roten Blutkörperchen, das Sauerstoff transportiert –, an den sich Zucker angelagert hat. A1c misst über einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel, weshalb eine kohlenhydratreiche Mahlzeit das Ergebnis nicht zwangsläufig negativ beeinflusst. Menschen ohne Diabetes haben einen niedrigen A1c-Spiegel, der zwischen 4 und 5,6 Prozent liegt. Wenn Ihr A1c-Spiegel zwischen 5,7 und 6,4 Prozent liegt, ist bei Ihnen das Risiko für die Entwicklung von Diabetes vorhanden, ein Zustand, der oft als Prädiabetes bezeichnet wird. Bei einem A1c-Spiegel über 6,5 Prozent haben Sie Typ-2-Diabetes.

Der andere Test ist der sogenannte Nüchtern-Plasma-Glukose-Test. Dieser Test misst den Blutzuckerspiegel nicht über einen gewissen Zeitraum, sondern zu einem bestimmten Zeitpunkt, und wird normalerweise am frühen Morgen durchgeführt, nachdem man also die Nacht durchgeschlafen und demzufolge etwa acht Stunden nichts gegessen hat. Ein hoher Wert – der auf Diabetes hinweist – liegt bei über 126 Milligramm/Deziliter (mg/dL). Als Prädiabetiker hat man normalerweise einen Wert zwischen 100 und 125 Milligramm/Deziliter; ein Wert unter 100 Milligramm/Deziliter gilt als normal.