ADRIAN PLASS

Heiliger
Schein!

Geheimwissen
für Gemeindeprofis

Aus dem Englischen
von Christian Rendel

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.d-nb.de abrufbar.

ISBN 9783865066633

© 2009 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers

Originaltitel: Looking Good Being Bad: The Gentle Art of Churchmanship

First published 2009 by Authentic Media, IBS-STL U.K.

© 2009 by Adrian Plass

Illustrationen von Anna Danby

Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers

Titelfoto: Colourbox

Satz: Satzstudio Winkens, Wegberg

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014

www.brendow-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Einleitung

Prolog

Erster Teil:
Die hohe Kunst des Gebetslebens

Zweiter Teil:
Die hohe Kunst der effektiven Kommunikation

Dritter Teil:
Stars in der Welt der Gemeindelebenskunst

Vierter Teil:
Die hohe Kunst des Anglikanertums

Fünfter Teil:
Die hohe Kunst der Wochenendfreizeit

Sechster Teil:
Die hohe Kunst des Schrittetuns

Siebter Teil:
Die hohe Kunst des Ablenkens

Achter Teil:
Westentaschentheologie

Neunter Teil:
Gemeindelebenskunst und die Bibel

Zehnter Teil:
Technische Neuerungen

Elfter Teil:
Die hohe Kunst der Prominenz

Zwölfter Teil:
Aufrichtigkeit und Gemeindelebenskunst

Dreizehnter Teil:
Pendelmanöver

Vierzehnter Teil:
Die hohe Kunst des Aus-der-Fassung-Bringens

Fünfzehnter Teil:
Die hohe Kunst, ein fröhlicher Geber zu sein

Sechzehnter Teil:
Leserfragen, ausgewählt, bearbeitet und beantwortet von Professor Peter Caws

Anmerkungen

Einleitung

Ich möchte mich bei allen bedanken, die Vorschläge für dieses Buch gemacht haben. Es sind zu viele, um sie alle hier zu nennen; ich würde nur jemanden vergessen. Besonderen Dank schulde ich den Lifemanship-Büchern von Stephen Potter, die in den späten 1940er- und frühen 1950er-Jahren erschienen. Mit ihrer faszinierenden und witzigen Art haben sie nicht nur den besonderen Stil dieses Buches, sondern vieles von dem inspiriert, was ich in den letzten zwanzig Jahren zu Papier gebracht habe. Ich hoffe und vermute, Potter würde mir zustimmen, wenn ich sage, dass Humor nichts Lächerliches ist. Man muss ihn sehr ernst nehmen, besonders wenn man Leute gleichzeitig zum Lachen und zum Nachdenken anregen möchte. Ich hoffe, Heiliger Schein macht Ihnen Spaß. Kehren Sie es von innen nach außen, und Sie werden sehen, wie sehr ich die Gemeinde liebe.

Prolog

Die ganze Sache war sehr eigenartig. Geradezu unheimlich.

Eines späten Abends fuhr mich mein Freund Jake von Lancaster nach Salisbury. Ein kleines Stück südlich von Worcester waren wir beide am Ende unserer Kräfte und beschlossen, rechts hinaus auf einen Parkplatz an der A38 zu fahren und ein Nickerchen zu machen. Als ich aufwachte, waren wir schon wieder in Bewegung, doch irgendwo unterwegs musste Jake falsch abgebogen sein. Auf einem Wegweiser las ich, dass wir auf einen Ort namens Great Malvern zusteuerten. Jake gähnte immer noch vor Müdigkeit, doch er fuhr rechts heran und hielt, als ich ihn darauf hinwies, dass wir wahrscheinlich in die falsche Richtung fuhren.

»Fragen wir jemanden«, sagte er. »Frag du. Steig aus und frag jemanden.«

»Schön und gut«, wandte ich ein, »aber wen denn? Wo? Es ist doch schon so spät.«

»Versuch’s mal in dieser Einfahrt dort«, sagte er, rekelte sich auf seinem Sitz zurecht und schloss die Augen.

Ich gehorchte. Die Einfahrt, auf die Jake mit einer kurzen Daumenbewegung gedeutet hatte, schlängelte sich von der Hauptstraße aus zwischen herrlichen Kastanienbäumen entlang, bis sie sich vor einem viktorianischen Klinkerhaus von beeindruckenden Ausmaßen zu einem geräumigen, gekiesten Parkplatz verbreiterte. Durch das unverhangene Fenster eines hell erleuchteten Zimmers links der Haustür sah ich einen Mann an einem Schreibtisch arbeiten. Ich beschloss, mein Glück zu versuchen. Während ich ziemlich nervös mit bloßen Knöcheln an die massive Tür klopfte, bemerkte ich an der Seite des Säulenvorbaus ein in Holz gerahmtes Schild mit der Aufschrift:

SITUS USUSFRUCTUM ADDIT

Ich verfüge über keinerlei Lateinkenntnisse, doch später sollte ich, wie Sie noch entdecken werden, die Bedeutung dieser Worte erfahren.

Schon nach wenigen Sekunden öffnete mir ein hochgewachsener, gut aussehender Mann, blond und vollkommen weiß gekleidet. Seine Begrüßung, vorgetragen in gemessenem, sanftem Tonfall, klang verbindlich und gelassen.

»Kann ich Ihnen behilflich sein? Mein Name ist Professor Peter Caws. Ich bin der Leiter des Instituts für Gemeindelebenskunst, das hier sein Hauptquartier hat.«

Etwas nervös erklärte ich ihm, wir seien auf dem Weg nach Salisbury und hätten wohl einen Abzweig verpasst. Jetzt seien wir in Richtung Great Malvern geraten.

»Ganz einfach«, erwiderte er. »Wenden Sie, fahren Sie zurück durch die Dörfer Bowling Green und Powick, bis Sie zum Kreisverkehr kommen. Dort biegen Sie rechts ab auf die A44, dann am nächsten Kreisverkehr wieder rechts und auf der A38 nach Süden.«

»Herzlichen Dank«, sagte ich, »und entschuldigen Sie bitte die späte Störung.« Im Begriff, mich umzudrehen, hielt ich noch einmal inne. »Übrigens, was ist eigentlich das – nun, das Institut für Gemeindelebenskunst?«

Der Mann hob elegant eine Augenbraue.

»Wir pflegen auf übertriebene Eigenwerbung zu verzichten«, sagte er, »aber ich gebe Ihnen gerne ein Exemplar unseres aktuellen Jahresberichts mit, wenn Sie interessiert sind. Er ist gerade heute Morgen frisch aus der Druckerei gekommen.«

Er verschwand und erschien wenige Sekunden später mit einem dicken broschierten Buch.

»Bitte sehr. Vielleicht wäre ja einer unserer Kurse für Sie interessant.«

»Ich besuche sehr ungern Kurse.«

»Interessant. Wir haben einen zweiwöchigen Grundlagenkurs speziell für Leute, die nicht gern Kurse besuchen.«

»Ja, nun, ich muss dann mal los. Nochmals vielen Dank.«

Plötzlich, von einer unerklärlichen Angst befallen, machte ich auf dem Absatz kehrt und floh in die Nacht und die Einfahrt hinunter. Minuten später saß ich wieder in Jakes Auto auf dem Beifahrersitz und hatte den Jahresbericht achtlos nach hinten geworfen. Getreu den Anweisungen des Professors wendeten wir und machten uns auf den Weg zu dem Kreisverkehr, der uns wieder in die richtige Richtung bringen würde.

Bald darauf muss ich tief eingeschlafen sein. Als ich wieder erwachte, stand der Wagen, und Jake schlief neben mir. Das völlig Verblüffende daran war, dass wir uns genau an derselben Stelle an der A38 zu befinden schienen, an der wir schon zuvor für ein Nickerchen gehalten hatten. Aber das konnte doch sicherlich nicht sein.

War etwa alles nur ein Traum gewesen? So musste es wohl sein, doch etwas hielt mich davon ab, Jake davon zu erzählen. Überhaupt sagte ich bis Salisbury kaum noch ein Wort. Erst als Jake mich zwei Tage später zu Hause absetzte und mir nachrief: »Vergiss dein Buch nicht!«, wurde mir klar, dass Professor Caws’ Bericht, ob nun Traum oder nicht, seit zwei Tagen hinten im Fußraum des Autos gelegen hatte.

Inzwischen hatte ich Gelegenheit, ihn zu lesen. Sie haben ihn vor sich. Er ist ein höchst außergewöhnliches Dokument. Ich habe mich oft gefragt, wieso es ein so mühseliges Handwerk ist, in der christlichen Gemeinde zu irgendwelchen Fortschritten zu kommen. Kann es tatsächlich sein, dass es eine Organisation von Leuten gibt, deren ausdrückliches Ziel es ist, zu – nun, lesen Sie den Bericht und machen Sie sich Ihr eigenes Bild.

Übrigens habe ich versucht, eine Telefonnummer oder irgendwelche anderen Adressinformationen über das Institut für Gemeindelebenskunst ausfindig zu machen, aber es ist mir nicht gelungen. Wie Sie dem Bericht entnehmen werden, hat Professor Caws eine Adresse für das Einsenden seiner Fragebögen angegeben, aber wie ich entdeckt habe, gibt es diese Adresse überhaupt nicht. Vielleicht fahre ich eines Tages noch einmal nach Great Malvern und suche nach der Kastanienallee und dem großen Haus, aber ich habe den mehr als nur leisen Verdacht, dass ich sie nicht vorfinden werde.

Wer ist Peter Caws? Ich habe keine Ahnung, aber der Name geht mir ständig im Kopf herum. Es ist, als ob irgendetwas daran mich an eine ganz andere Person erinnert. Immer wieder denke ich, jetzt habe ich es, aber dann ist es wieder weg. Ich komme einfach nicht darauf 

HEILIGER SCHEIN

Die subtile Kunst, in der Gemeinde gut dazustehen

Jahresbericht für 2009

von Professor Peter Caws

Es ist mir als Leiter des Instituts für Gemeindelebenskunst ein Vergnügen und ein Vorrecht, Ihnen diesen Bericht für das Jahr 2009 zu präsentieren. Im vergangenen Jahr konnte sich unsere Bewegung mit so vielen neuen Triumphen und Innovationen schmücken, dass wir uns in unserem Eintreten für die zentralen Überzeugungen der Gemeindelebenskunst ermutigt und bestätigt wissen dürfen. Wir halten weiterhin daran fest, dass ein völliger Mangel an Glauben oder Überzeugung und die fehlende Bereitschaft, Zeit, Kraft oder Geld auf irgendeinen Aspekt des christlichen Lebens zu verwenden, keinerlei Hindernis für die Mitgliedschaft und das Engagement in der Kirche sein müssen. Allerdings müssen wir stets bedenken, dass unsere Kunst subtil und unentdeckt bleiben sollte. Auf den folgenden Seiten feiern wir diejenigen aus Vergangenheit und Gegenwart, die durch ihr Beispiel und ihre Sachkenntnis in der Lage sind, uns in dieser Hinsicht zu unterstützen und aufzuklären. Ich empfehle Ihnen diesen Bericht herzlich an.

Erster Teil:

Die hohe Kunst des Gebetslebens

Die hohe Kunst des Heilungsgebets

Ich muss nicht betonen, wie überaus stolz wir sind auf die hervorragende Arbeit, die in diesem Bereich von Absolventen unseres Instituts geleistet wurde. Namen werde ich nicht nennen, da viele dieser Leute inzwischen sehr bekannt sind, aber es ist eine große Freude, so viele vertraute Gesichter und Frisuren live und im Fernsehen wiederzusehen. Ihre mit Autogrammen versehenen Fotos hängen hier auf den Fluren des Instituts. Es ist ein Quell tiefster Befriedigung, dass diese großen Gemeindelebenskünstler und -künstlerinnen nach wie vor die Tricks und Praktiken anwenden, die sie in früheren Jahren in Frome oder in neuerer Zeit hier in unserem wunderschönen neuen Gebäude in Great Malvern gelernt haben, wo Studenten von Fachleuten in der Anwendung neuester versteckter Kommunikationstechniken unterrichtet werden.

Fassen Sie Mut! Das ist meine Botschaft an alle, die sich in der hohen Kunst des Heilungsgebets engagieren. Echte Heilungsdienste mögen kommen und gehen, doch unsere Tätigkeit in diesem Bereich der Kirche scheint von einem Höhepunkt zum nächsten zu eilen. Das Institut für Gemeindelebenskunst wird nicht darin nachlassen, denen, die sich mit diesem Gebiet befassen, mit Unterstützung, Rat und praktischer Hilfe zur Seite zu stehen. Beginnen wir mit einer unserer neuesten Innovationen.

Handliche Heilungs-Handwärmer

Dieses pfiffig benannte Hilfsmittel für eindrucksvolle Heilungsgebete ist vollkommen ungefährlich in der Anwendung und für Außenstehende praktisch nicht zu entdecken. Das Set besteht aus einem Paar batteriebetriebener Taschenhandwärmer (erhältlich im Institut für Gemeindelebenskunst zum Preis von fünfzehn Pfund je Set, einschließlich Porto und Verpackung – siehe Abbildung), ideal für den Gebrauch in Situationen, in denen Heilungsuchende damit rechnen, das von den Händen der für sie Betenden eine seltsame Wärme ausgehen wird. Die gute Nachricht ist, dass sie keine Enttäuschung erleben werden. Stecken Sie einfach beide Hände in die Seitentaschen Ihrer Jacke, während Sie vor der Handauflegung die »Was-kann-ich-für-Sie-tun?«-Routine abspulen, schalten Sie die Handwärmer ein und warten Sie etwa zweieinhalb Minuten, bis Ihre Handflächen sanft vor Wärme glühen. Nötigenfalls wiederholen Sie den Vorgang.

Dies ist eine unserer kreativsten Neuentwicklungen, und wir sind überzeugt, dass man uns dieses Produkt geradezu aus den Händen reißen wird. Also sichern Sie sich Ihr Set, so schnell Sie können!

Die hohe Kunst des Spendenbriefschreibens

Gemeindelebenskünstler und -künstlerinnen müssen essen wie alle anderen auch, und der Gemeindelebenskünstler, der sich mit der hohen Kunst des Heilungsgebets befasst, bildet da keine Ausnahme. Seine Bedürfnisse sind ebenso groß oder (da er von Natur aus hedonistischer veranlagt ist) noch größer als diejenigen von Männern oder Frauen, die einen echten Heilungsdienst haben. Um dem entgegenzukommen, ist es wesentlich, sich mit den Grundprinzipien der hohen Kunst des Spendenbriefschreibens vertraut zu machen, einem der einfachsten Wege, sich stetige Einkünfte während des ganzen Jahres zu sichern. Es gibt fünf Hauptprinzipien.

(1) Bitten Sie stets vor allem um Gebetsunterstützung

Machen Sie schon zu Beginn Ihres Briefes deutlich, dass Gebet der erste und Geld der letzte Punkt auf der Liste Ihrer Bedürfnisse ist. Lassen Sie die Tatsache, dass Sie Geld brauchen, nur beiläufig fallen oder sozusagen herausrutschen.

»Ich habe den Ruf erhalten, Gottes heilende Kraft unter den Angehörigen des Matshawake-Stammes im Carrabunda-Gebiet des Amazonasbeckens zu erweisen, und dies wird, vorausgesetzt, die finanziellen Fragen sind bis dahin geregelt, im September geschehen. Bitte beten Sie für die leidende Bevölkerung von Carrabunda, dass in der Zeit bis dahin kleinliches Denken an Miete und Benzinkosten der Linderung ihrer Not nicht im Wege stehen.«

Achten Sie darauf, sich mit pathetischem Optimismus schwärmerisch über die äußerst knappen zur Verfügung stehenden Mittel zu äußern. Das ist in finanzieller Hinsicht erheblich produktiver als Klagen oder Selbstmitleid:

»Ich kann immer wieder nur darüber staunen, wie für alle meine Bedürfnisse gesorgt wird. Es gibt jede Menge Grund zum Danken. Ich bin begeistert, dass ich eines der Zimmer in meinem Haus heizen konnte, nachdem am Donnerstag eine Gabe mit der Post eintraf, und Wunder über Wunder, letzte Woche habe ich in einer Schublade eine ganze, noch ungebrauchte Kerze gefunden! Wer braucht schon elektrisches Licht, wenn jeden Monat aufs Neue solche Wunder geschehen? Dahinter steht Gott. Verzeihen Sie meine kindliche Begeisterung, aber ich habe vor, die Kerze für einen besonderen Anlass aufzubewahren. Welches Vorrecht, dass mir solch überreichliche Versorgung zuteilwird!«

Listen Sie unbedingt Ihre eigenen bevorzugten Hilfsorganisationen auf und fordern Sie die Leute auf, dorthin zu spenden, bevor sie auch nur daran denken, Sie finanziell zu unterstützen. Mit einem genialen Handstreich erbot sich Prentice Basset aus Streatham einmal, seinen Unterstützern Geld zu schicken, falls sie in Not gerieten, und erklärte, er verfüge zwar nur über wenige Mittel, doch für ihn sei es keine Frage, dass »niemand Mangel leiden soll, solange ich etwas dagegen tun kann«. Das Geld strömte nur so herein, und Basset wirkte in jenem Jahr für den Herrn auf Barbados.

(2) Immer schön in die Ferne schweifen

Falls Sie nicht vorhaben zu verreisen, achten Sie darauf, dass die meisten Ihrer scheinbaren Zielorte sich in unbekannten Weltgegenden befinden, also in Ländern, die so fern oder entlegen sind, dass kein Leser Ihres Briefs voraussichtlich je dort hinkommen wird. Fügen Sie in der unteren rechten Ecke der Rückseite eine unscharfe kleine Landkarte ein, mit einem großen Pfeil, der einen ausgefransten rosa Fleck namens »Mandarak« irgendwo in der riesigen, leeren Weite Zentralasiens nahezu vollständig verdeckt (siehe Abbildung). Sollte jemand den Wunsch äußern, einen solchen Ort zu besuchen, veranlassen Sie einfach, dass Mandarak von einem Nachbarland überrannt oder von einer so drastischen Naturkatastrophe oder Epidemie verheert wird, dass die Kosten einer Reise dorthin viel besser für Hilfsleistungen verwendet werden sollten, weitergeleitet durch Ihre kompetenten und fähigen Hände.

Falls Sie vorhaben, über ein konkretes Wunder zu berichten, achten Sie darauf, dass es in einer kleinen, verfallenen Hütte auf halber Höhe am Hang eines gefährlichen aktiven Vulkans in einem entlegenen Winkel von Pakistan passiert ist, wo es weder ein Telefon noch die Möglichkeit gibt, E-Mails zu senden oder zu empfangen.

(3) Sagen Sie über lokale Veranstaltungen immer die Wahrheit

Falls Sie es für nötig erachten, von Ihrem »Wirken« in näherer Umgebung zu berichten, halten Sie sich immer strikt an die Wahrheit. Patrick Gift, ein Absolvent unseres Instituts, ist auf diesem Gebiet seit Langem ein Experte. Betrachten Sie als Beispiel diesen Auszug aus seinem Rundbrief für den Juli 2004:

»Noch etwas Aufregendes habe ich allen meinen Partnern und Unterstützern zu berichten. Am Freitagmorgen erhielt ich einen Anruf mit der Bitte, einen Mann zu besuchen, den ich bereits ein wenig kannte. Nicht nur mir, sondern auch allen Beteiligten war klar, dass dieser Mann (ich werde ihn Mr. Sefton nennen) sterben würde. Ich tat alles, was Mr. Sefton von mir erbat und erwartete, und ging, innerlich bewegt von der Frage, ob ich ihn in dieser Welt je wiedersehen würde. Am Samstagmorgen wurde ich erneut in dasselbe Haus gerufen. Als ich dort eintraf, fand ich Mr. Sefton aus dem Bett aufgestanden, wohlauf und begierig, mir zu zeigen, wozu ein Mann mit kräftigen Gliedern und dem Willen zum Arbeiten imstande ist. Gott sei gepriesen für das, was er in Mr. Seftons Leben getan hat!«

Ein Meisterstück. Es traf vollkommen zu, dass Gift an jenem Morgen kontaktiert wurde. Der Mann namens Sefton, der nicht nur enorm fit war, sondern auch im selben Jahr schon acht Marathonläufe mit Zeiten unter drei Stunden hinter sich hatte, war zeitlich knapp dran und hatte einige Grabearbeiten, die in seinem Garten zu verrichten waren. Er bot sieben Pfund fünfzig pro Stunde dafür an, diese Arbeiten zu erledigen, während er im Büro war. Ebenso traf zu, das Sefton sterben würde. Das trifft für uns alle zu. Gift stocherte ein wenig halbherzig in der Erde herum, steckte das Geld ein, das Sefton fahrlässigerweise auf dem Küchentisch für ihn hinterlegt hatte, und ging nach Haus. Durchaus zutreffend war auch, dass Gift Sefton möglicherweise in dieser Welt nicht mehr wiedersehen würde; freilich war es ebenso möglich, dass dies doch geschehen würde. So war es denn auch. Als Sefton am nächsten Tag erneut anrief, nahm Gift an, es gebe noch mehr Arbeit zu tun, und ging hin, nur um festzustellen, dass Sefton (der aus dem Bett aufgestanden war, weil er das jeden Morgen tut wie jeder andere auch, nur mit mehr Energie, weil er so furchtbar fit ist) außer sich war vor Wut darüber, dass am Freitag nur ein winziges Stück seines Gartens (nachlässig) umgegraben worden war. Sefton beaufsichtigte Gift, bis die Arbeit ordentlich erledigt war, und weigerte sich, ihm dafür noch mehr Geld zu bezahlen.

Man kann nur bewundern, wie Gift diese Katastrophe zu seinem Vorteil verkehrte. Gute Gemeindelebenskunst beruht oft auf Kreativität, und hier im Institut sind sich alle einig, dass Gift damit im Übermaß gesegnet ist.

(4) Perfektionieren Sie die High-Power-Heilungspositur und fügen Sie eine Abbildung ein

Ein Foto von Ihnen, dem Heiler, bei der Arbeit sollte in Ihrem Brief stets augenfällig platziert werden. Für die Anwendung der High-Power-Heilungspositur gelten strikte Richtlinien (siehe Abbildung). Im Idealfall sollte sie folgendermaßen ausgeführt werden:

(a) Legen Sie die linke Hand leicht, aber teilnahmsvoll auf die rechte Schulter des Heilungsuchenden.

(b) Legen Sie den Kopf in einem Winkel von vierunddreißig Grad nach rechts.

(c) Setzen Sie eine Miene konzentrierten Zuhörens auf, verbunden mit einem leichten Lächeln zuversichtlicher Vertraulichkeit, so als würden Ihnen aus einer anderen geistlichen Dimension freundliche Anweisungen übermittelt.

(d) Heben Sie den rechten Arm, bis die Spitze des längsten Fingers den Scheitelpunkt Ihres Kopfes um etwa drei Zoll überragt, und drehen Sie die Handfläche ein wenig nach innen und links.

(e) Hier kann eine leichte, aber rasche Wippbewegung auf den Fußballen angeraten sein; beachten Sie jedoch bitte, dass die FGBMFI für dieses Manöver Patente angemeldet hat.

Zu unserer Freude können wir jetzt denjenigen, die Schwierigkeiten damit haben, die High-Power-Heilungspositur erfolgreich einzunehmen, unser brandneues Produkt anbieten, die HPHP-Schablone (erhältlich beim Institut für Gemeindelebenskunst zum Preis von vierundzwanzig Pfund je Schablone für die Selbstmontage in Minzgrün oder Quietschorange, einschließlich Porto und Verpackung – siehe Abbildung). Dieses etwas mehr als lebensgroße Modell eines High-Power-Heilers ist aus besonders verstärkter Pappe hergestellt und gestattet es dem Anwender, sich regelrecht in die Figur hineinzustellen und so automatisch die korrekte Positur einzunehmen. Untersuchungen weisen darauf hin, dass das bewegungslose Verharren in der HPHP-Schablone für eine Stunde täglich nach einer Woche zur Ausbildung neuraler Muster führt, die sich nicht ohne Weiteres wieder auflösen werden.

(5) Ein paar handgeschriebene Worte darunter

Fügen Sie unten auf der letzten Seite Ihres Briefes immer ein paar handgeschriebene Worte hinzu. Der Stil sollte von informeller Vertraulichkeit sein, so als wäre die Person, an die Sie schreiben, der einzige Mensch auf der Welt, der wirklich verstünde, was Sie durchmachen. Patrick Gift liefert uns allen dazu ein nachahmenswertes Beispiel:

»Hi Chris, altes Haus! Tut mir leid, dass ich dir den ganzen Reklamekram schicke. Du wenigstens verstehst, was ich hier mache, ohne die ganzen langen Erklärungen. Du hast es selbst erlebt, das weiß ich. Ich sage das nur dir, mein lieber Bruder, ganz unter uns, aber es lastet einiges auf mir, und es tut mir gut, einfach zu wissen, dass du im Gebet an meiner Seite stehst, während die Arbeit weitergeht. Eines Tages werden wir uns treffen und endlich mal richtig reden. Ich kann dir gar nicht sagen, wie ich mich darauf freue!«

Die Wahrheit ist, dass Gift sein »altes Haus« Chris einmal kurz auf einer Fundraisingveranstaltung getroffen, es aber irgendwie geschafft hatte, ihm seine Adresse zu entlocken, bevor sie sich trennten. Er erhielt postwendend einen Scheck über hundert Pfund.

(6) Das Lächeln im Abwenden

Noch ein nützlicher Tipp von Patrick Gift. Wenn Sie als Gemeindelebenskünstler und -künstlerinnen aufgefordert werden, für die Heilung einer Person zu beten, ist es ratsam, das Gebet damit zu beenden, dass Sie sich mit einem stillen, aber seligen Lächeln auf dem Gesicht rasch von dem Heilungsuchenden abwenden. Die Implikation dieses heiteren Lächelns sollte sein, dass Sie Ihre Pflicht gegenüber Gott und dem leidenden Menschen nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt haben und nun den Erfolg oder das Scheitern Ihres Gebets völlig von der inneren Reaktion der Person abhängig machen, für die Sie gebetet haben. Mit Gifts eigenen Worten:

»Ein fähiger Gemeindelebenskünstler wird sich nie dem Risiko aussetzen, Verantwortung für den Ausgang eines von ihm gesprochenen Gebets zu übernehmen.«

In diesem Zusammenhang erhalten wir von unseren Mitgliedern und Studenten ständig Bitten um Hinweise, wie mit den Rückfragen umzugehen sei, die sich aus der (unvermeidlichen) Nichtheilung ergeben, zu der das Gebet von Gemeindelebenskünstlern und -künstlerinnen führt. Gift nennt dazu eine Reihe empfehlenswerter Antwortmanöver (vollständige Liste erhältlich beim Institut für Gemeindelebenskunst gegen eine Schutzgebühr von zwei Pfund einschließlich Porto und Verpackung).1

(a) Das hängt davon ab, was Sie mit Heilung meinen. (Mit einem neckischen, viel sagenden Lächeln gesagt – auch wenn es sich lächerlich anhört, wenn man es zu jemandem sagt, der sein Bein nicht bewegen kann.)

(b) Es passiert nicht immer sofort. (Ja, klar doch )

(c) Sie werden Gott und anderen Menschen in Ihrem ungeheilten Zustand besser dienen können. (Wirklich?)

(d) Vielleicht gibt es eine Sünde in Ihrem Leben, die bekannt werden muss. (Die Sünde extremer Gutgläubigkeit vielleicht?)

(e) Es fehlt Ihnen an Glauben. (Sie sind Mose, verglichen mit der Person, die für Sie betet.)

(f) Der Tod ist der größte Heiler von allen. (Tolle Nachricht, was?)

(g) Ich frage mich – wollen Sie wirklich geheilt werden? (Äh, ja.)

(h) Sie sind geheilt worden, aber Sie müssen Ihre Heilung auch in Anspruch nehmen. (Interessant, den nachhaltigen Erfolg dieses Manövers zu beobachten, obwohl es Heilung als etwas darstellt, was man beantragen muss wie einen Preis bei einer Reader’s-Digest-Lotterie.)

(i) Es gibt Geheimnisse, die zu ergründen uns nicht beschieden ist. (Am besten mit einem traurigen Kopfschütteln zu unterstreichen.)

(j) Gottes Antwort auf ein Gebet kann ein »Ja«, ein »Nein« oder ein »Warte« sein. (Gott ist offensichtlich der erste Batter für irgendeine Kricketmannschaft.)

Die hohe Kunst des Zungenredens

Es ist natürlich höchst unwahrscheinlich, dass ein ernsthafter Student der Gemeindelebenskunst tatsächlich in Zungen redet, doch gerade aus diesem Grund ist es ratsam, vorbereitet zu sein. Es gibt immer wieder Situationen, in denen sich die scheinbare Anwendung dieser Gabe als strategisch unerlässlich erweist. J. N. Vallant aus Ipswich hat uns für unsere Bemühungen in dieser Richtung ein unschätzbar wertvolles Hilfsmittel zur Verfügung gestellt. Erforderlich ist dafür schlicht und einfach eine Kopie der Aufstellungsliste der Kricket-Nationalmannschaft von Sri Lanka aus den frühen 1990er-Jahren. Nach ausgiebigen Tests hier im Institut für Gemeindelebenskunst und im Feldeinsatz können wir erfreut berichten, dass Vallants Behauptungen vollkommen zutreffend sind. Ob bei einem Gebetstreffen in gleichförmiger Monotonie gemurmelt oder kraftvoll, aber mit leichtem Nuscheln vorgetragen (natürlich nur in Gegenwart von Leuten, die sich nicht für Kricket interessieren und nichts davon verstehen), hat sich das Herunterleiern dieser Namen als bemerkenswert wirkungsvoll erwiesen.

Ein Kollege und Bekannter von mir hat tatsächlich erlebt, wie seine Rezitation der sri-lankischen Kricketmannschaft von der Dame neben ihm als Ruf Gottes ausgelegt wurde, in dem Dorf Cowfold in Sussex einen Gemeinschaftswaschsalon einzurichten.

Wir fügen die Liste hier zu Ihrer Verwendung bei. Übung ist wie immer hilfreich, und vergessen Sie nicht, dass stimmlich gesehen am Ende des letzten Namens eine mystische Senkung oder Wendung der Stimme erforderlich ist.

Marvan Atapattu

Sanath Jayasuriya

Hashan Tillakaratne

Suresh Perera

Aravinda de Silva

Romesh Kaluwitharana

Pramodya Wickramasinge

Muthia Muralitharan

Kumara Dharmasena

Artuna Ranatunga

Mahela Jaywardena

Noch ein Hinweis zu der Gabe des Zungenredens. Es gibt zwei nützliche und gegensätzliche Standpunkte, die Praktikanten der Gemeindelebenskunst in diesem Bereich einnehmen können, je nach der derzeit vorherrschenden Meinungslage und dem Ort, wo sie sich befinden.

Der erste ist das Zum-Glück-haben-wir-das-alles-hinter-uns-Manöver, bei dem der Gemeindelebenskünstler oder die Gemeindelebenskünstlerin leichthin und mit einer Miene toleranter Belustigung von der schlechten alten Zeit redet, in der charismatische Gemeinden andeuteten oder behaupteten, eine echte Bekehrung sei unweigerlich von der Gabe des Zungenredens begleitet. Weisen Sie darauf hin, dass Paulus im zwölften Kapitel des zweiten Korintherbriefes2 die Frage stellt: »Reden alle in Zungen?« Führen Sie dies als logischen, unwiderlegbaren Beweis an, dass die frühe Gemeinde keine so törichte Erwartung hatte. Dieses Manöver ist besonders hilfreich in Situationen, in denen sich ein ausgewogenes, vernünftiges Interesse an den Geistesgaben entwickelt und eingedämmt werden muss.

Befinden Sie sich dagegen in einem gemeindlichen Umfeld, in dem allgemein die Auffassung herrscht, die Leute seien noch nicht bereit dafür oder müssten Gaben dieser Art nach der Priorität ordnen, wenden Sie das Es-scheint-also-Folgendes-passiert-zu-sein-Manöver an, das, wie wir alle wissen, eine Seitentaktik des Seien-Sie-mir-nicht-böse-ich-zitiere-nurwas-die-Bibel-sagt-Manövers ist. In diesem Fall sagen Sie ernsthaft und mit einer Miene teilnahmsvollen Verantwortungsbewusstseins:

»Verzeihen Sie, aber ich versuche wirklich nur zu verstehen, was die Bibel uns in dieser Frage lehrt. Meine Frage ist diese – können wir die ersten sechs Verse des neunzehnten Kapitels der Apostelgeschichte lesen und guten Gewissens weiterhin sagen, dass Zungenrede oder Zungenrede und Prophetie damals, also zu einer Zeit, als die Muster für künftige Generationen von Christen geprägt wurden, nicht als klare und verbreitete Zeichen einer echten Taufe angesehen worden seien? Das ist nur eine Frage. ›Und als Paulus die Hände auf sie legte, kam der heilige Geist auf sie, und sie redeten in Zungen und weissagten.‹3 So steht es in meiner Bibel, und (mit tiefem Ernst) daran bin ich gebunden.«

Zweiter Teil:

Die hohe Kunst der effektiven Kommunikation

Es ist unser unerschütterlicher Glaube, dass fast jeder Gemeindelebenskünstler oder jede Gemeindelebenskünstlerin, wie genussvoll unwissend oder herrlich träge auch immer, in der Lage ist, über jedes biblische oder geistliche Thema zu sprechen, zu schreiben oder zu predigen, solange sie sich mit den Ratschlägen und Hinweisen vertraut machen, die uns die Meister dieser Kunst in Vergangenheit und Gegenwart zur Verfügung stellen. Durham Steadmans vorzügliches, wenn auch rätselhaft betiteltes Buch Sin Bull Hit (erhältlich beim Institut für Gemeindelebenskunst zum Preis von vierzehn Pfund einschließlich Porto und Verpackung) ist unserer Meinung nach weit und breit das beste Standardwerk. Wir beginnen diesen Abschnitt mit Beispielen aus Steadhams Ratschlägen.

Seien Sie originell

Von Zeit zu Zeit kann es für Gemeindelebenskünstler und -künstlerinnen notwendig sein, einen Vortrag oder eine schriftliche Arbeit abzuliefern, die langweilig, steif und von bleischwerer Orthodoxie ist. Die sinkenden Auflagen vieler unserer christlichen Zeitschriften sind an sich schon ein Tribut an die unermüdlichen Anstrengungen wenig bekannter, aber sehr engagierter Absolventen des Instituts für Gemeindelebenskunst in Frome und neuerdings in Great Malvern. Doch diese unbesungenen Helden würden sicherlich zustimmen, dass es in der Hauptsache unsere Aufgabe ist, mit der Originalität unserer Herangehensweise an die Schrift, an Bücher und historische Gestalten zu blenden und zu beunruhigen, auch wenn wir so gut wie nichts über sie wissen. Dies lässt sich auf verschiedenerlei Weise bewerkstelligen, doch eine der ergiebigsten Methoden ist es, einfach einem Buch, einem Schriftsteller oder einem berühmten Christen vorzuwerfen, es mangele ihnen gerade an der Qualität, die sie bislang ausgezeichnet hat.

Ein anschauliches Beispiel, das ich selbst mit vorzüglichem Erfolg in Ansprachen und Bibelarbeiten verwendet habe, betrifft den Propheten Jona. Aus Mut und Loyalität, so betone ich immer wieder, habe Jona sich in Tarsis eingeschifft, und nur eine Mischung aus Feigheit und schierem Ungehorsam habe ihn schließlich dazu veranlasst, in Ninive zu predigen. Beiläufig erwähne ich dabei auch, es sei nicht unbedingt so, dass der große Fisch Jona verschlungen habe, sondern in einem sehr realen Sinne habe Jona den großen Fisch verschlungen.

»Wagen wir es«, so frage ich die Gruppe oder Gemeinde, vor der ich spreche, »zuzulassen, dass wir der Wahrheit ins Gesicht sehen, die hinter dieser Geschichte steckt, die wir zu kennen und zu verstehen glauben, oder werden wir uns hinter blutleeren Konventionen verstecken und Gott und einander verschämt zuflüstern, dass uns die Wahrheit nicht interessiert? Meine Freunde, hören Sie die Herausforderung? Und werden Sie ihr folgen?«

Meistens folgen sie ihr tatsächlich, und ganz ehrlich, wenn Sie diesen Kniff erst einmal beherrschen, wird Ihnen die biblische Welt und die christliche Welt im Allgemeinen zu Füßen liegen. Es gibt so viele Möglichkeiten, wenn Sie sich die Mühe machen, die Bücher der Bibel, historische Gestalten und bekannte Schriftsteller aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Beispiele aus der Bibel:

Apostelgeschichte: Schwer zugänglich und undurchschaubar theoretisch, ohne viel Dramatik oder realistische Handlung.

Offenbarung: Eine nette Abwechslung nach all den schwer zu durchdringenden Büchern, wahrscheinlich das klarste und einfachste von allen.

Prediger: Ein zum Brüllen komisches Buch, geschrieben von einem echten Optimisten. Heitert mich immer wieder auf und erinnert mich daran, dass sich das Leben eben doch lohnt. (Manchmal lasse ich mich von Leuten dabei beobachten, wie ich schmunzelnd über dem Buch des Predigers sitze und gelegentlich den Kopf zurückwerfe und in schallendes Gelächter ausbreche.)

Psalmen: Ohne wirkliche lyrische oder musikalische Qualität. Befassen sich vorwiegend mit banalen Themen und versäumen es, die Tiefen emotionaler Not der Menschen, die sich nach Gott sehnen, auszuloten. Kaum ein Bewusstsein oder eine Anerkennung für die dunkle Seite der menschlichen Erfahrung.

Ruth: Schwer beladen mit Rauheit und Brutalität. Unsympathische, lieblose Hauptfiguren, die den Leser an der Menschheit im Allgemeinen und an den Frauen im Besonderen verzweifeln lassen.

1. Mose: Hinterlässt beim Leser den tiefen Wunsch, mehr über die Anfänge, die Ursprünge der Schöpfung, die anfängliche Freundschaft zwischen Gott und seinem Volk und darüber zu erfahren, was denn die Seligkeit dieser Beziehung schließlich zerstört hat.

Klagelieder: Zu lustig.

Philemon: Zu lang.

Jesaja: Zu kurz.

4. Mose: Zu emotionsgeladen.

Hiob: Im Stil sehr prosaisch und ein deprimierender Hinweis darauf, dass Männer und Frauen, die aus eigener, bewusster Schuld heraus in die Irre gehen, sehr oft nicht bereit sind, auf die vorzüglichen Ratschläge weiser Freunde zu hören.

Hoheslied: Eine leidenschaftslose Abhandlung über die intellektuellen und praktischen Probleme des formellen Umgangs zwischen Männern und Frauen. Ach, käme doch etwas von den sinnlichen, sexuellen Aspekten menschlicher Beziehungen darin vor!

Jakobus: Eine Ermahnung, dass unser Verhalten und Handeln im Vergleich zu unserem Glauben von geringer Bedeutung ist.

Genau dasselbe Vorgehen wenden Sie auf historische Gestalten an:

Martin Luther: Konformistischer Theologe, dem jeder Sinn für geistliche Erneuerung abging.

John Wesley: Ein Mann, dessen Leben und Wirken gekennzeichnet und möglicherweise beeinträchtigt war durch seine barsche Weigerung, zu reisen und zu lehren, weil er, wenn er unterwegs war, seine Frau so sehr vermisste.

Juliana von Norwich: