Nachwort

Mark Twain sagte: »Die beiden wichtigsten Tage deines Lebens sind der Tag, an dem du geboren wurdest, und der Tag, an dem du herausfindest, warum.« Für uns war das der Tag, an dem wir unsere Firma den Namen »Gerstbach Business Analyse« gaben. Es ist für uns mehr als ein Beruf, es ist Berufung – keine Pflicht, sondern eine Möglichkeit, uns auszudrücken und Mehrwert zu schaffen. Wir würden uns freuen, wenn wir diese Leidenschaft ein wenig zum Ausdruck bringen konnten und Ihnen ein paar Handwerkszeuge anbieten konnten, mit denen auch Sie erfolgreich im Unternehmen agieren und anderen helfen können.

Aber auch wir möchten gerne von Ihnen lernen und würden uns sehr freuen, Antworten auf die folgenden Fragen zu erhalten20: Ist das von uns empfohlene Vorgehen in der Business-Analyse für Sie anwendbar? Sind die Ideen aus diesem Buch mit Ihrem Unternehmen »kompatibel«? Gibt es in Ihrem Unternehmen überhaupt Personen, die man Business-Analyst nennen könnte? Gibt es eine Abteilung, die sich der Entwicklung der Disziplin verschrieben hat?

Insbesondere, wenn Sie die letzten beiden Fragen verneinen müssen, oder wenn Sie der Meinung sind, dass der Stellenwert der Business-Analyse in Ihrem Unternehmen gestärkt werden sollte, hoffen wir, Ihnen am Ende dieses Buches noch ein paar hilfreiche Tipps geben zu können.

Wir sind davon überzeugt, dass jedes Unternehmen gute Business-Analysten dringend benötigt, um Veränderung im Unternehmen schneller, günstiger und vor allem zielsicher zu erreichen. Wenn Sie Business-Analyse in Ihrem Unternehmen professionalisieren wollen, empfehlen wir Ihnen die folgenden Punkte zu beachten:

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg!

Herzlichst,

Ingrid und Peter Gerstbach

Über die Autoren

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© Budiono Nguyen

Ingrid Gerstbach ist Unternehmensberaterin, Trainerin, Coach und Autorin. Sie hat Betriebswirtschaft, Bildungswissenschaft und Wirtschaftspsychologie studiert und in zahlreichen Projekten Unternehmen, Topführungskräfte und Teams begleitet, beraten und gecoacht. Sie verwendet die Innovationsmethode Design Thinking in der Business-Analyse, um festgefahrenen Projekten neuen Schwung zu verleihen. Sie gilt als einer der ersten Design Thinking-Trainerinnen und führende Beraterin im Bereich Business-Analyse. Sie ist Gesellschafterin der Gerstbach Business Analyse GmbH und Organisatorin der BA Camps.

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Peter Gerstbach ist Unternehmensberater, Trainer, Coach und Podcaster. Er hat Wirtschaftsinformatik und Informatik studiert und in nationalen und internationalen Unternehmen Business-Analyse-Projekte eingeführt und begleitet. Er gilt als einer der erfahrensten internationalen Berater und Trainer im Bereich Business-Analyse. Er ist Mitgründer des IIBA Austria Chapter – Internationales Institut für Business Analyse in Wien sowie geschäftsführender Eigentümer der Gerstbach Business Analyse GmbH.

Note

Kapitel 1 Business-Analyse als Wegbereiter des Unternehmenserfolgs

1 Quelle: International Institute of Business Analysis (2015): A Guide to the Business Analysis Body of Knowledge® (BABOK® Guide), Version 3 IIBA® und die später erwähnten BABOK®, Business Analysis Body of Knowledge®, CBAP® und CCBA® sind registrierte Markenzeichen des International Institute of Business Analysis. Certified Business Analysis Professional, Certification of Competency in Business Analysis sind Marken des International Institute of Business Analysis

2 International Institute of Business Analysis (2012): Leitfaden zum Business Analysis Body of Knowledge® - BABOK® Guide 2.0, Verlag Dr. Götz Schmidt. Wettenberg, S. 15 f.

3 Adam Smith (1974): An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations. Beck Verlag. München, S. 1.

4 Edeling, T. (2000): Frederick Winslow Taylor – The Principles of Scientific Management. In: Türk, K. (Hrsg): Hauptwerke der Organisationstheorie. Wiesbaden, S. 312

Kapitel 2 Das Vorgehensmodell der Business-Analyse

5 Business Analysis Core Concept Model™ (BACCM) des International Institute of Business Analysis® (IIBA®)

6 Institute of Electrical and Elctronics Engineers: IEEE Std 610.12-1990: IEEE Standard Glossary of Software Engineering Terminology.

7 International Institute of Business Analysis (2015): A Guide to the Business Analysis Body of Knowledge® (BABOK® Guide), 3. Auflage (zur Zeit der Veröffentlichung dieses Buches noch nicht erschienen)

Kapitel 3 Wissen, was zählt: Die Stakeholder

8 Freeman, R. E. (1984): Strategic Management. A Stakeholder Approach. Pitman. Boston, S. 46

9 Das deutsche Beratungshaus »Sophisten« ist Spezialist für Requirements Engineering www.sophist.de

10 http://gerstbach.at/buch/basiswissen

Kapitel 4 Strategische Business-Analyse

11 Mintzberg, Henry (1999): Strategy Safari. Eine Reise durch die Wildnis des strategischen Managements. Wien, S. 9.

12 Hermann Simon et al (Hg.) (2000). Das große Handbuch der Strategiekonzepte. Frankfurt a. M., Campus, S. 21

13 Stefan Merath (2011): Die Kunst seine Kunden zu Lieben. Offenbach, Gabal Verlag, S. 54

14 Patrick Stähler (2001): Geschäftsmodelle in der digitalen Ökonomie: Merkmale, Strategien und Auswirkungen. Josef Eul Verlag, Köln-Lohmar, S. 41

15 Alexander Osterwalder, Yves Pigneur: Business Modell Generation, John Wiley & Sons, Hoboken NJ 2010

16 Barbara Brecht-Hadraschek & Rainer Feldbrügge (2005): Prozessmanagement, Redline, München, S.13

Kapitel 5 Operative Business-Analyse

17 http://de.wikipedia.org/wiki/Projekt. Abgerufen im Oktober 2014.

18 Haunerdinger, Probst (2012): Projektmanagement; Redline, München, S. 70

Kapitel 6 Erfolgsfaktoren der Business-Analyse

19 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/85640/handlungskompetenz-v7.html

Nachwort

20 Die Kontaktdaten der Autoren finden Sie auf der Buch-Website http://gerstbach.at/buch/basiswissen

Kapitel 1

Business-Analyse als Wegbereiter
des Unternehmenserfolgs

Veränderungen in Unternehmen lassen sich mithilfe der Business-Analyse am besten umsetzen: Denn sie ist in der Lage, Bedarfe und Probleme in Unternehmen zuverlässig zu ermitteln und passende Lösungen aufzuzeigen. Und zwar genau die Lösungen, die sich langfristig und stabil in den Unternehmen verankern lassen – weil sie auf die Mission und Vision eines Unternehmens einzahlen.

1.1 Was ist Business-Analyse und warum macht sie Unternehmen erfolgreicher?

Nie zuvor standen Unternehmen so sehr vor der Herausforderung, ihre Konkurrenzfähigkeit zu halten und weiter auszubauen wie heute: Finanz- und Wirtschaftskrisen beuteln die bereits angeschlagenen Organisationen immer wieder, die Globalisierung zieht ständige Auseinandersetzungen um Produkte und Preise nach sich. Unternehmen müssen permanent Probleme bzw. Chancen identifizieren, um diese dann schnell und zuverlässig zu überschaubaren Kosten zu lösen bzw. zu nutzen.

Auch die Kosten, die durch fehlerhafte Prozesse, schlechte Kommunikation, ungünstige Entwicklung und unvollkommene Anforderungserhebung ausgelöst werden, sind erstaunlich hoch. Viele Probleme, die im Geschäftsalltag entstehen, beruhen letztendlich auf mangelhaften oder gar nicht erfolgten Geschäftsanalysen. Das wiederum führt zu schlechten Lösungen, weil kritische Elemente des Problems übersehen werden oder die Lösung komplexer wird, als sie tatsächlich sein müsste. Unternehmen können weniger gut bzw. gar nicht die jeweilige momentane Lage und den tatsächlichen Nutzen eines Projekts erfassen.

Auf die Ebene des Tagesgeschäfts übertragen, können sich die genannten Herausforderungen so darstellen:

Ob die Unternehmen groß oder klein, die internen Strukturen komplex oder einfach sind und ganz egal, welche Unternehmensziele verfolgt werden: Unterm Strich versucht jedes Unternehmen, diese und ähnliche Probleme schnell in den Griff zu bekommen und effizient zu lösen.

Wichtig: Das richtige Problem lösen

Den meisten Managern fehlt es jedoch an Zeit, um die Ursachen eines aktuellen Problems zu erforschen, es von allen Seiten zu beleuchten, zu analysieren und die übergreifenden Zusammenhänge zu verstehen, um schließlich die bestmögliche Lösung zu finden und umzusetzen. Hinzu kommt noch, dass die meisten Lösungen ohne Software gar nicht umgesetzt werden können. Das bedeutet, dass spezielles Know-how notwendig ist. Es ist aber schlicht und ergreifend nicht die Aufgabe eines Managers, sich darum zu kümmern. Die meisten von ihnen wollen auch gar keine Programmiersprache erlernen. Oder den tieferen Sinn eines Systems begreifen. Alles, was ein Manager will, ist eine schnelle, umsetzbare und damit brauchbare Lösung für das Problem. Dank der IT-Abteilung wird er eine solche Lösung auch erhalten. Die notwendige Software lässt sich meistens schnell definieren und entwickeln. Danach müssen nur noch die Datenbanken befüllt, Netzwerke untereinander verbunden und Hardware installiert werden. Sobald der IT-Experte weiß, was der Manager bzw. das Unternehmen eigentlich genau benötigt, kann er mit seiner Arbeit starten.

Hört sich einfach an, ist es aber nicht. Denn bis es eine brauchbare Lösung gibt, müssen viele Voraussetzungen erfüllt sein:

Definition der Business-Analyse

Wer aber ist dieser Jemand, der sich all diesen Herausforderungen stellt? Diese wichtige Rolle nennt sich Business-Analyst. Er hat in den letzten Jahren seinen festen Platz bereits in vielen Unternehmen gefunden. Der Auftrag des Business-Analysten lautet: Unternehmensbedarf finden und Geschäftsprobleme lösen.

Um diese Rolle zu erfüllen, reicht es aber nicht, nur Anforderungen zu erheben. Die Spezifikation von Anforderungen ist zwar eine durchaus wichtige Aufgabe, aber der Business-Analyst ist immer auch Problemlöser. Er ist der Erste, an den man sich wendet, sobald ein Unternehmen einen Bedarf erkennt. Und das gilt für jegliche Art von Bedarfen – seien sie politischer, technischer, kaufmännischer, missverstandener, unklarer, sozialer, technologischer oder philosophischer Natur. Das gilt für große und kleine Probleme – für Probleme, die durch Informationstechnologie gelöst werden können und für Probleme, für die ein überarbeiteter Geschäftsprozess, eine Umschulung der Mitarbeiter oder eine neue Organisationsstruktur sinnvoll wäre.

Der Business-Analyst nimmt sich der Fragestellung an und versucht zunächst, den Unternehmensbedarf in der Tiefe zu verstehen und herauszufinden, wie die Konsequenzen für das Unternehmen aussehen, wenn das Problem gelöst oder auch nicht gelöst ist. Erst danach begibt er sich auf die Suche nach einer Lösung, die den Unternehmensbedarf befriedigt, indem eventuell ein Problem ganz eliminiert, die Situation zumindest deutlich verbessert oder eine neue Chance erkannt und ergriffen wird. Was also ist Business-Analyse? Und was macht der Business-Analyst und was macht er nicht?

Der Business-Analyst

Das International Institute of Business Analysis® (IIBA®) definiert Business-Analyse wie folgt1:

»Business Analysis is the practice of enabling change in an enterprise by defining needs and recommending solutions that deliver value to stakeholders. (…)«

Das IIBA™ ist u. a. verantwortlich für den Business-Analysis Body of Knowledge (BABOK®). Im BABOK® werden die Business-Analyse-Wissensgebiete und die damit verbundenen Tätigkeiten beschrieben, aber auch, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten ein Business-Analyst braucht, um erfolgreich agieren zu können.

Im BABOK® Guide v22 lautet die Definition von Business-Analyse:

»Business Analyse ist die Summe der Aufgaben und Methoden, die eingesetzt werden, um zwischen unterschiedlichen Stakeholdern zu vermitteln mit dem Ziel, die Strukturen, Grundsätze und Abläufe eines Unternehmens zu verstehen und zielführende Lösungen zu empfehlen (…) Ein Business-Analyst ist jede Person, die Business-Analyse-Aktivitäten durchführt – unter welchem Titel auch immer.«

Auf Basis dieser Definition lassen sich die Tätigkeiten eines Business-Analysten beispielhaft so beschreiben:

Diese Punkte geben einen ersten Einblick in die vielen wichtigen Herausforderungen eines Business-Analysten und machen auch erste Hindernisse deutlich, sowohl technischer als auch politischer Natur.

In der Mitte von allen und umgeben von engagierten ITlern, Prozessexperten, Organisationsexperten und Führungskräften vermittelt der Business-Analyst also bei Missverständnissen, definiert Funktionen und Features, beschwichtigt das Management, untersucht mögliche Auswirkungen am Markt, entwickelt konstruktive Veränderungsszenarien und schlägt nach all dieser Arbeit Lösungen vor.

Vorteile der Business-Analyse

Business-Analyse ist der entscheidende Erfolgsfaktor für Unternehmen. An dieser Stelle wollen wir Ihnen anhand der wichtigsten Beispiele in einem etwas detaillierteren Überblick zeigen, warum dies so ist:

1.2 Die Entwicklung einer Disziplin: Wie Business-Analyse entstanden ist

Jeder Beruf hat seine eigene Geschichte zu erzählen: Hippokrates von Kos zum Beispiel war nicht nur der berühmteste Arzt des Altertums, sondern begründete die Medizin als Wissenschaft. Die Friseure sehen ihre Wurzeln bei den Barbieren im Mittelalter. Menschen wie Clarence Seward Darrow, der als Anwalt für Gerechtigkeit kämpfte, oder Karl Marx, der als Journalist die Weltgeschichte mitveränderte, sind Helden und Vorbilder für die einzelnen Berufssparten. Nicht selten zieren ihre Porträts die Wände von verschiedenen Räumlichkeiten und erinnern an die Wurzeln der jeweiligen Berufsgruppen.

Bei neueren Berufszweigen scheint es auf den ersten Blick etwas schwieriger zu sein, einen Anfang oder einen genauen Ursprung zu finden und die jeweilige Historie zu beleuchten. Bei der Business-Analyse ist das jedoch nicht so: Sie hat einen durchaus sehenswerten und großen »Stammbaum«.

Adam Smith: Früher Entwickler von Geschäftsprozessen

Als einen der Urväter der Business-Analyse könnte man niemand Geringeren als Adam Smith nennen, den Aufklärer und Begründer der Nationalökonomie. Seine Metapher der »unsichtbaren Hand« – wonach der wirtschaftliche Eigennutz des Einzelnen die Interessen der Gesellschaft stärker fördert, als wenn er diese Interesse direkt hätte fördern wollen – prägt und beeinflusst die tägliche Arbeit des Business-Analysten maßgeblich.

Aber nicht nur deswegen könnte Adam Smith als einer der ersten Business-Analysten gelten – sondern auch, weil er schon früh Geschäftsprozesse entwickelt hat: Als findiger Unternehmer stand er nämlich eines Tages vor der Frage, wie die Herstellung einer Stecknadel optimiert werden könnte. Er begann damit, den Produktionsablauf genau zu beobachten, in seine Einzelteile zu gliedern und zu dokumentieren – und da war er, der erste Geschäftsprozess:

»One man draws out the wire, another straights it, a third cuts it, a fourth points it, a fifth grinds it at the top for receiving the head: to make the head requires two or three distinct operations: to put it on is a particular business, to whiten the pins is another … and the important business of making a pin is, in this manner, divided into about eighteen distinct operations, which in some manufactories are all performed by distinct hands, though in others the same man will sometime perform two or three of them.«3

Herman Hollerith: Auf jahrelanger Suche

Herman Hollerith, ein amerikanischer Unternehmer und Ingenieur, löste im späten 19. Jahrhundert ein wesentliches Problem und hätte sich deshalb ebenfalls als einen frühen Business-Analysten bezeichnen können: 1880 erfuhr Hollerith am eigenen Leibe, wie ineffizient und zeitintensiv Volkszählungen der damaligen Zeit waren. Als junger und ambitionierter Ingenieur, frisch von der Universität, wurde er bei der Volkszählung eingesetzt. Er erstellte in mühsamer Arbeit für das US Census Bureau Statistiken und Tabellen über die Bevölkerung. Einer seiner Vorgesetzten seufzte eines Tages, dass doch endlich jemand eine Maschine erfinden sollte, um diese Statistikauswertung zu vereinfachen und die Tabellen schneller auslesen zu können. Dieser wohl eher im Scherz geäußerte Satz ließ Hollerith keine Ruhe – und er begann, nach einer effizienten Lösung zu suchen. Diese Suche dauerte Jahre!

Der junge Ingenieur entschied sich für ein Lochkartenverfahren, nach dem damals bereits die Musikautomaten arbeiteten. Die Karten wurden in Felder eingeteilt, in denen nach dem binären Prinzip – »Ja« oder »Nein«, sprich: gelocht oder nicht gelocht – Informationen hinterlegt wurden, die dann ein Abtastgerät auslas. Schon bei der nächsten Volkszählung 1890 wurde dieses Lochkartenverfahren angewandt. Während bei der Volkszählung zuvor die Auswertung volle sieben Jahre gedauert hatte, konnten dieses Mal bereits innerhalb eines einzigen Monats alle relevanten Informationen gefiltert werden.

In unsere heutige Sprache übersetzt, könnten wir nun sagen, dass Hollerith wie ein Business-Analyst an dieses Problem heranging: Er hatte einen Bedarf erkannt, sich die gegebenen Umstände, den Kontext, angesehen (den ineffizienten Ansatz, eine Volkszählung durchzuführen und deren Ergebnisse auszuwerten), und hatte dann, unter Zuhilfenahme eines Computers, für das Problem eine effiziente, kostengünstige Lösung gefunden.

Frederick Winslow Taylor: Trennung von
kontrollierender und ausführender Arbeit

Aber auch Frederick Winslow Taylor, Begründer der Arbeitswissenschaft, zählt zu den ersten und bekanntesten Business-Analysten. Er widmete sein ganzes Leben dem Wesen der Effizienz in den Betrieben. Die Geschichte erzählt, dass Taylor angeblich 59-jährig mit einer Uhr in der Hand starb. Zeit seines Lebens kämpfte er gegen »(…) die tagtägliche Vergeudung menschlicher Arbeitskraft durch ungeschickte, unangebrachte oder unwirksame Maßnahmen«4. Kaum jemand hat die Geschichte der Unternehmensproduktion und Organisation so nachhaltig beeinflusst und wurde doch so kontrovers diskutiert wie er. Er zeigte einen neuen Weg auf, wie die Produktivität nachhaltig erhöht werden konnte – indem die Prozesse und Arbeitsabläufe gesteuert und vom Management detailliert vorgeschrieben werden.

Dazu wählte Taylor folgendes Grundmuster: Zunächst wählt man einige Leute aus, die besonders geschickt arbeiten und studiert genau die Abfolge der grundlegenden Operationen, ebenso wie die Werkzeuge, die sie dabei nutzen. Danach misst man mit einer Stoppuhr die Zeit, die für jede Einzeloperation nötig ist, und versucht dadurch die schnellste Art und Weise herauszufinden, auf die sie sich ausführen lässt. Alle falschen, zeitraubenden und nutzlosen Bewegungen werden eliminiert, damit nur noch die schnellsten und besten Abläufe erhalten bleiben.

Außerdem forderte Taylor, Spezialisierungen einzuführen und ausführende und anordnende bzw. kontrollierende Tätigkeiten voneinander zu trennen.

Und genau das ist es, was Business-Analysten heute tun: Sie beobachten und »zerlegen« die einzelnen Abläufe und finden die beste Lösung, um ein Problem zu lösen und den Mehrwert zu steigern. Sie sehen: Business-Analyse blickt wie die meisten Berufe bereits auf eine lange Geschichte und Tradition zurück, und vor allem Menschen ohne IT-Bezug haben einen wesentlichen Einfluss darauf genommen. Wie hat sich aber die frühe Business-Analyse von Taylor und Co. weiterentwickelt?

Die Kluft zwischen Unternehmen und Programmierer

Seit der Geburt des ersten programmierbaren Computers in den 1940er-Jahren bis in die frühen 1980er-Jahre wurden Computersysteme vor allem von Regierungen, Universitäten und den Unternehmen verwendet, die Computer entwickelt haben.

Grundsätzlich waren sie die einzigen Unternehmen, die sich diese Technologie überhaupt leisten konnten – nicht nur, was die Kosten betraf, sondern auch im Hinblick auf die investierte Zeit und Mühe.

Doch in den 1980er-Jahren, Anfang der 1990er-Jahre änderten sich die Dinge. Die Datenspeicher wurden billiger, relationale Datenbanken wurden eingeführt, neue Programme wie Java erfunden und die ersten Benutzerschnittstellen entstanden. All diese Ereignisse führten zu einem Boom in der Informationstechnologie und Programmierer jagten »das nächste große Ding«.

Aber etwas fehlte. Obwohl die Unternehmen nun die Informationstechnologie nutzen konnten, um ihre Geschäftsprozesse zu verbessern und schneller auf die sich ändernden Geschäftsumgebungen zu reagieren, wurde die Technologie trotzdem teurer.

Der Wert der Technologie war offensichtlich, aber Geschäftsanforderungen wurden nicht identifiziert, die Wartungskosten wurden erhöht und die Lösung von Softwarefehlern übersehen. Die Anwender hatten irgendwie den direkten Anschluss an die Software-Ingenieure verpasst und konnten ihren Bedarf nicht mehr erklären. Sie konnten einfach nicht »Techy-talk« sprechen und ihren Bedarf effektiv artikulieren, während die Programmierer nicht immer interpretieren konnten, was die Anwender versuchten, ihnen zu vermitteln.

Nun wurden einem Software-Ingenieur in der Regel Systemanalysten an die Seite gestellt, um die Programmieraufgaben zu erklären. Das war aber trotzdem keine ideale Situation! Die Schwierigkeit, das Geschäftsmodell des Unternehmens wirklich zu verstehen und die daraus resultierenden Erkenntnisse auch in die Tat umzusetzen, blieb bestehen.

Um das Geschäftsmodell zu unterstützen, hatte sich die Rolle des Business-Analysten entwickelt bzw. weiterentwickelt. Diese Entwicklung ist in den letzten zwanzig Jahren nicht stehen geblieben. Damit ein Unternehmen aber wirklich erfolgreich agieren kann, müssen drei Faktoren vorhanden sein:

Der moderne Business-Analyst ist aber nicht nur mit den Anforderungen beschäftigt, sondern auch mit Fragen wie

Ein Business-Analyst sollte also nicht nur technisch versiert sein, sondern muss auch im Einklang mit dem operativen Geschäftsmodell für das Unternehmen agieren. Dieses ganzheitliche Verständnis von Prozess, IT und Organisation ermöglicht es dem Business-Analysten erst, auf Unternehmensprobleme zu reagieren und Lösungen zu finden.

Dass Business-Analyse bzw. ein Business-Analyst diese Bedeutung hat, haben viele Unternehmen erst in den letzten Jahren erkannt. Business-Analyse lässt die Unternehmen realisieren, dass Probleme wie die Verbesserung von Geschäftsprozessen, Veränderungen im Unternehmen oder effizientere Arbeitsabläufe nicht allein durch technologische Veränderungen lösbar sind. Mehr und mehr werden Business-Analysten in ein frühes Stadium der Projektarbeit eingebunden, wo sie nicht nur die Geschäftsanforderungen identifizieren, sondern den aktuellen Stand und die zukünftige Lage des Unternehmens analysieren und deren Auswirkung auf Problem und Lösung. Business-Analysten sind auch beteiligt an der Entwicklung von Business Cases (mithilfe der Kosten-Nutzen-Analyse) sowie an der Auswahl von Technologien, die die Lösung unterstützen.

In der Vergangenheit fragten viele Unternehmen, ob nicht die IT helfen kann, diese Probleme zu lösen. Aber die Frage kommt nicht mehr ausschließlich aus der Business-Perspektive, wenn sie heute fragen: »Was kann die IT tun, um die Chancen am Markt und die Produktangebote zu verbessern?« Die IT bereichert die Unternehmensangebote, indem nicht nur die Kernkompetenzen unterstützt werden, sondern sie gibt Unternehmen die Möglichkeit, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren.

Der Business-Analyst steht dabei im Vordergrund dieses Konzepts, da er auch die Technologie-Lösung sieht, aber nicht nur. Er überlegt u. a. auch, wie Unternehmen Wettbewerbsvorteile erzielen können. Er verschwendet keine Zeit und Ressourcen in die Wartung von Mängeln, sondern setzt Maßnahmen in Bewegung, damit das Unternehmen seine Kunden besser erreichen kann. Deshalb spielt er eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung der Unternehmensvision.

Die Geschichte des Business-Analysten wird auch an dieser Stelle noch lange kein Ende nehmen. Je mehr Unternehmen den tatsächlichen Nutzen der Business-Analyse für ihren Geschäftsalltag erkennen, desto besser können die Fertigkeiten angewandt und die Methoden verfeinert werden – und aus all dem heraus wird sich das Berufsbild des Business-Analysten weiterentwickeln.

1.3 Der Business-Analyst –
Mittler zwischen den Welten

In den letzten Jahren zeichnet es sich immer klarer ab: Business-Analyse ist heute ein eigenständiger und wichtiger Beruf und verbindet Wissen über technische und organisatorische Lösungswege mit unternehmerischem Denken. Um dabei erfolgreich zu sein, vertrauen Business-Analysten nicht nur auf Technologie und detaillierte Spezifikationen, sondern viel eher auf ihre Methode, Mehrwert für Unternehmen zu erzeugen, strategische Pläne umzusetzen und Resultate zu schaffen. Sie haben sich davon emanzipiert, reine Befehlsempfänger zu sein. Heute schlagen sie eine Brücke zwischen Business und IT, zwischen Projekt und Betrieb, zwischen Strategie und Ausführung.

Die Nachfrage nach Business-Analysten wird sich in den kommenden Jahren stark erhöhen. Business-Analysten müssen lernen, noch weiter über den Tellerrand des Projekts hinauszuschauen, um zu verstehen, warum das Unternehmen sich verändern muss und wie sie das Unternehmen dabei unterstützen können, die Vorteile dieser Veränderung wahrzunehmen.

Business-Analyse vermittelt zwischen Business und IT

Das klassische Rollenbild, in dem die meisten Business-Analysten arbeiten und das am weitesten verbreitet ist, sieht den Business-Analysten in der IT. Betrachtet man die Entwicklung und die Geschichte, ist das durchaus verständlich. Allerdings ist IT nur dann wertvoll, wenn sie auch auf das Business ausgerichtet ist.

Dass das häufig aber nicht so einfach wie vielleicht gedacht ist, stellt sich schnell heraus, wenn man sich die vielen Kommunikationsprobleme näher ansieht: Auf der einen Seite stehen Informatiker oder generell Menschen mit einer sehr technisch geprägten Ausbildung und Sprache. Das ist auch notwendig, denn die IT ist in den letzten Jahren zunehmend komplizierter und komplexer geworden. Während es früher nur den allgemeinen Programmierer gab, gibt es nun die unterschiedlichsten Spezialisierungen auf funktionalen Gebieten (z. B. Programmierer, Tester, Architekt), aber auch auf Domänen (ERP, CRM, Business Intelligence, Dokumentenmanagement) oder für die speziellen Lösungsanbieter (SAP, Microsoft etc.) – ganz zu schweigen von den vielen Kombinationsmöglichkeiten.

Auf der anderen Seite stehen Mitarbeiter aus diversen Fachbereichen mit ihren speziellen Domänenkenntnissen – aber oft fehlt das tiefergehende Verständnis der IT im Allgemeinen.

Die Aufgabe des Business-Analysten im IT-Umfeld besteht nun darin, eine Brücke zwischen Anforderern und Lösungsentwicklern zu schlagen, in diesem Fall eben der IT.

Folgende negative Beispiele verdeutlichen, was Business-Analyse nicht ist:

Regelmäßig zeigen Studien, dass schlechtes Anforderungsmanagement immer noch eine der Hauptursachen für fehlgeschlagene Projekte ist!

Business-Analysten sollten vielmehr …

Business-Analyse auf dieser Ebene sorgt dafür, dass IT-Lösungen die richtigen Anforderungen erfüllen. Aber Achtung: Umsetzung ist natürlich nicht immer nur IT, sondern kann auch Prozesse und Organisationen betreffen. Dieses Kommunikationsproblem besteht auch außerhalb von IT-Lösungen – aber in der IT ist es besonders häufig anzutreffen.

Business-Analyse vermittelt zwischen
Projekten und operativem Geschäft

Studien, die zeigen, dass viele Projekte schiefgehen, haben einen großen Haken: Wer definiert eigentlich, wann ein Projekt fehlgeschlagen ist oder erfolgreich war? Der geneigte Projektmanager möchte hier antworten: Wenn das magische Projektdreieck erfüllt wurde: Das Ergebnis wurde in der benötigten Qualität, den budgetierten Ressourcen und der vorgegebenen Zeit erfüllt. Somit steht und fällt diese Aussage aber mit der Festlegung dieser drei Determinanten!

Dem operativen Geschäft, das mit den Projektergebnissen leben muss, geht es um den tatsächlichen Wert, den ein Projekt geschaffen hat. Und es kommt leider häufig vor, dass ein Projekt zwar offiziell in Budget/Time/ Scope realisiert wurde, der Geschäftsnutzen sich aber trotzdem nicht einstellt.

Der Fokus muss sich also auf den Business Value beziehen.

Folgende negative Beispiele verdeutlichen, was Business-Analyse nicht ist:

Um dieses Problem zu lösen, reicht es nicht …

Business-Analysten sollten vielmehr …

Ein Business-Analyst auf dieser Ebene ist Change Agent, Moderator und Berater für das gesamte Unternehmen bzw. den betroffenen Unternehmensbereich.

Business-Analyse vermittelt zwischen
Strategie und Ausführung

Der Business-Analyst ist also nicht nur Kommunikator zwischen Anforderung und Lösung, sondern auch zwischen Projekten und deren Überführung in die Praxis. Aber wer definiert, welche Projekte am meisten Wert für das Unternehmen schaffen? Wer bestimmt, welche Probleme die dringlichsten sind, für die Lösungen gesucht werden sollen?

Auch hier können Business-Analysten einen wertvollen Beitrag liefern: auf dem Enterprise Level. Ausgangslage ist dabei die Strategie und das Geschäftsmodell eines Unternehmens, also die Festlegung, wie das Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil erlangen möchte.

Folgende negative Beispiele verdeutlichen, was Business-Analyse nicht ist:

Business-Analysten sollten vielmehr …

Ein Business-Analyst auf dieser Ebene ist ein strategischer Denker und Visionär, der das gesamte Unternehmen in Betracht zieht.

1.4 Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten
von Business-Analysten

Um in der modernen Wirtschaft zu überleben, müssen Unternehmen sich schnell den Veränderungen im Markt anpassen. Sie müssen Probleme erkennen und behandeln, die Technologie gut nutzen und Chancen schneller als ihre Konkurrenten sehen. Der internationale Wettbewerb und der rasche technologische Wandel erfordern, dass die Unternehmen schlank und dynamisch sind und entsprechend agieren.

Für all das brauchen sie ein tiefes Verständnis der eigenen Geschäftsprozesse, Systeme und der Organisation. Obwohl Führungskräfte oft gut darin sind, Strategien zu formulieren, sind viele nicht in der Lage, die dazu notwendigen Änderungen zu implementieren, ohne dabei Schaden zu verursachen und Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden zu verunsichern. Ein Change muss mit chirurgischer Präzision vonstattengehen.

Der Business-Analyst spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des Unternehmensverständnisses. Er muss Bedarf, Probleme und Herausforderungen sehr genau kennen. Gute Business-Analysten entdecken in ihrer Arbeit vor allem eines: die Stärken und Schwächen ihres Unternehmens.

Sie erahnen vielleicht schon, was wir Ihnen damit sagen wollen: Es gibt nicht das eine Berufsbild für die Business-Analyse. Es identifizieren zwar alle den Unternehmensbedarf und evaluieren Lösungen. Dabei gehen sie strategisch vor und erheben Anforderungen. Die Umsetzung begleiten sie ebenfalls alle operativ. Aber die Einsatzmöglichkeiten sind ganz unterschiedlich. Je nach Situation und Lösungsansatz erfordern sie auch unterschiedliche Skills, nutzen andere Begriffe und haben mitunter eine andere Einstellung zu ihrer Arbeit.

Wir wollen Ihnen in diesem Kapitel fünf Einsatzmöglichkeiten aufzeigen, bei denen wir die Stärke der Business-Analyse im Vordergrund sehen:

Einsatzmöglichkeit 1: Enterprise Business-Analyse

In der Enterprise Business-Analyse verbindet der Business-Analyst strategische Fragestellungen des Unternehmens mit taktischen Fragen aus Projekten. Dafür braucht er breite Fähigkeiten und Wissen, denn er hat es dabei mit vielen, allgemeinen Themen des Managements zu tun. Die Aufgaben und Zuständigkeiten der Rolle fokussieren sich darauf, die Fähigkeiten des Unternehmens in Bezug auf Strategie, Prozesse, Organisation und Informationstechnologie zu erweitern. Die Arbeit des Enterprise Business-Analysten kann sich dabei auf unterschiedliche Perspektiven beziehen:

Perspektive

Beschreibung

Was?

Daten und Informationen, die das Unternehmen benötigt und verarbeitet

Wie?

Funktionen und Abläufe, wie das Geschäft ausgeführt wird.

Wo?

Geschäftsstellen, die für Aufgaben zuständig sind

Wer?

Personen, die Leistungen erbringen, intern oder extern

Wann?

Ereignisse, die die Arbeit auslösen und Angaben, wann sie erledigt wird

Warum?

Verbindung zu den Zielen des Unternehmens

Die Rolle des Enterprise Business-Analysten ist also wesentlich breiter gefasst als andere Rollen der Business-Analyse. Damit das gelingt, braucht er auch spezielle Kompetenzen:

Kurzzusammenfassung

Einsatzmöglichkeit 2: IT Business-Analyst

Ein IT Business-Analyst ist Profi in Sachen Anforderungserhebung, Analyse und Lösung von Problemen, die mit IT-Lösungen verbunden sind. Diese Rolle bildet die oft zitierte Brücke zwischen Unternehmen und IT. Wahrscheinlich fallen momentan noch die meisten Business-Analysten in diese Kategorie.

In der Regel wird der IT Business-Analyst zu einem bestimmten IT-Projekt hinzugerufen. Dabei soll er die Anforderungen von Stakeholdern erheben, diese analysieren, dokumentieren und Funktionsspezifikationen erstellen. In dieser Rolle interagiert er auch mit dem Entwicklungs- und Testteam.

Andere häufige Titel für diese Rolle sind: Requirements Engineer, Requirements Analyst und Application Consultant.

Kurzzusammenfassung

Einsatzmöglichkeit 3: Business Process Analyst

Der Business Process Analyst ist eine wichtige Rolle, die mit dem jüngsten Hype um Business Process Management sowie SOA (Service Oriented Architecture), kombiniert mit Workflow-/Business-Process-Modeling-Systemen einhergeht.

Der Business Process Analyst analysiert, entwirft und modelliert vor allem Geschäftsprozesse. Dabei sieht er sich den Prozess bzw. die Workflow-Software genau an, um dann Prozessmodelle zu analysieren, die entweder simuliert oder direkt ausgeführt werden. Der Business Process Analyst unterstützt die Führungskräfte bei der Entscheidungsfindung durch die Modellierung und die Simulation von »Was wäre wenn …«-Szenarien.

Andere häufige Titel für diese Rolle sind: Business Process Engineer, Workflow Engineer, Business Process Modeler.

Kurzzusammenfassung

Einsatzmöglichkeit 4: Business Intelligence Analyst