Edgar K. Geffroy | Bernd Behrens | Gerd Heinemann Frank Isselborg

Herzenssache Kunde in der Automobilbranche

Neue Wettbewerbschancen und mehr Kundenerfolg mit Automotive Clienting

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1. Auflage 2015

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Redaktion: Bärbel Knill, Landsberg am Lech Umschlaggestaltung: Melanie Melzer, München

Umschlagabbildung: iStockphoto.com

Satz: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering

Druck: CPI books GmbH, Leck

Printed in Germany

ISBN Print 978-3-86881-610-5

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86414-853-8

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86414-852-1

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Inhalt

Die neuen digitalen Chancen

1. Kopfstand der Marktregeln

Erfolgsfaktor Internet

Paradigmenwechsel

Die neue Freiheit

Grenzenlose Märkte

Innovation durch Kombination

2. Das Märchen vom Marketing

Marketing braucht Flexibilität und Schnelligkeit

Die neue Offenheit

Chefsache Internet

Automotive Clienting: der Rundumblick auf Mensch, Marke und Produkt

Das Ende der alten Strukturen

3. Wie Verkauf künftig funktionieren wird

Wissen ist Macht

Verkäufer neu definieren

Neue Denkweisen für den Automobilverkauf von morgen

Die Einzigartigkeit siegt

Der Mensch im Mittelpunkt

4. Automotive Clienting – die sieben Schlüssel zur Einzigartigkeit für die Unternehmen der Automobilbranche

Der anspruchsvolle Autofahrer und informierte Autokäufer

Beziehung ist alles

Die Bedeutung zufriedener Kunden

Der Siegeszug der weichen Faktoren

5. Kundenstrategie des Nutzens

Strategiekiller Tagesgeschäft

Strategieprozess für mehr Kundenerfolg

Der Kunde im Mittelpunkt

6. Erster im Kopf des Kunden

Wege in den Kopf des Kunden

Der digitale Verkäufer

Erfolg ist eine Sache der Einstellung

7. Wer kommt vor dem Kunden?

Die Generation Y arbeitet anders

Mitarbeiter in den Mittelpunkt!

Ich will Spaß, ich will Spaß!

Die Firma als Familie

8. Triumph des Individuums

Zwischen zwei Welten

Werbung für alle oder Werbung für mich?

Bessere Technik, besserer Service

Maß für Maß bringt Erfolg

9. Der digitale Kunde

Irrtum 1: Hauptsache, ein Internetauftritt!

Irrtum 2: Am wichtigsten sind viele Besucher auf meiner Webseite!

Irrtum 3: Ich muss einfach nur bei Google gefunden werden!

Irrtum 4: Meine Internetseite lebt von informativen Texten!

Irrtum 5: Ich verkaufe nur mein Produkt und meinen Service!

10. Schneller, als der Kunde erlaubt

Stichwort Vorstellungskraft

Service mit Aufmerksamkeit und Herz

11. Neukundengeschäfte als wichtige Ergänzung zur Stammkundenpflege

Wie Sie sich Ihren Erfolg ausrechnen

Die Google-Suche

Die Facebook-Kampagne

Topentscheider gewinnt man anders

In sieben Schritten zum Kunden

Die Probefahrt lebt

12. Kairos – die Sekunde, die entscheidet

Schnell, schneller, Streichholz

Zurück in die Zukunft – mit Chronos und Kairos

Wenn die innere Stimme spricht

13. Partner statt Kunde

Willkommen in der Servicewüste!

Der gefesselte Zuschauer

Partnerschaft in der Automobilbranche für Fortgeschrittene

Leben Ihre Kunden noch?

Auf das Zusammenspiel kommt es an!

14. Die neuen Marktplätze

Autoservice daheim in der Garage

15. Beziehungsmanager statt Verkäufer

Wirtschaft ist menschlich

Alles eine Frage des Miteinanders

Der neue Verkäufer

Beziehungsarbeit

16. Kundenverblüffung statt Kundenzufriedenheit

Daumen hoch oder Daumen runter?

»Und was ist mit Tee?«

Finden Sie das Beauty-Case

Schnellere Pferde

Candle-Light-Dinner – eine persönliche Urlaubserfahrung vom Ehepaar Geffroy

17. Fähigkeiten statt Produkte

Wer hat die Lösung?

Naturgewalten und Türöffner

Dichter Nebel

Kaffee trinken mit George Clooney

18. Helfen ist die Chance für Überleben im Wettbewerb

Menschen bleiben, Produkte gehen …

Alles auf Anfang

Helfen hilft

19. Die nächste Generation der Kunden

Neue Kundengruppen, neues Glück

Geboren, um zu twittern

Auf zu den Frauen mit Anspruch!

Der Seniorenhandy-Flop

20. Connected Cars, Big Data – Chance oder Bedrohung für die Branche?

Der gläserne Autofahrer, der gläserne Kunde

Neue Geschäftsmodelle für die Branche

Was heißt das für die Automobilbranche?

21. Anfang statt Ende

Ein Ziel, viele Wege

Revolution mit Roboter

Und jetzt Sie!

Die Autoren

Stichwortverzeichnis

Die neuen digitalen Chancen

»Die Zukunft ist ein ernstes Geschäft. Wenn die Kunden die Zukunft vor Ihnen erreichen, sitzen Sie in der hintersten Reihe.« Faith Popcorn, amerikanische Trendforscherin

Die Automobilbranche befindet sich im Paradigmenwechsel. Noch nie hat sich die Branche so schnell verändert wie in den letzten Jahren. Neue Muster in der Nachfrage, neue Märkte, neue Akteure und neue Technologien beginnen die Hersteller, die Autohäuser, die freien und gebundenen Servicebetriebe radikal zu verändern.

Die Idee zu diesem Buch entstand Anfang 2015. Die Geschäftsführer von BBE Automotive und FSP (Partner von TÜV Rheinland Group), Gerd Heinemann und Frank Isselborg, veranstalteten ihr traditionelles Kick-off-Meeting und waren gerade dabei, das Jahr 2014 zu analysieren und zu überlegen, wie sie ihre Kunden angesichts des nochmals verschärften Wettbewerbs für die Zukunft sicherer aufstellen könnten.

Anfang Januar rief Edgar K. Geffroy seinen langjährigen Weggefährten Bernd Behrens an, man erinnerte sich an die fruchtbare Zusammenarbeit in den 1990er-Jahren. Sie sprachen über die aktuellen Herausforderungen, denen sich die Automobilbranche stellen muss. Nach einem angeregten Dialog kam ihnen die Idee, die Geffroy’schen Erkenntnisse auch der Autobranche zugänglich zu machen. Sehr schnell gelang es Bernd Behrens, die FSP-Gruppe, den spezialisierten Dienstleister für Kfz-Betriebe in den Bereichen Fahrzeugsicherheit und -bewertungen und Optimierer von Serviceprozessen, und die Forscher und Berater der BBE Automotive als Mitstreiter zu gewinnen.

Erster im Kopf des Kunden sein, den Kunden zur Herzenssache machen

Unsere gemeinsame Botschaft und Zielsetzung: Unternehmern der Automobilbranche die Augen für die neuen digitalen Chancen zu öffnen, sie motivieren, das Thema Internet zur Chefsache zu machen und die neuen Herausforderungen von Big Data als neue Chance zu sehen. Für uns ist klar: Wir müssen die digitale Welt mit der stationären Realität verbinden und dabei den Kunden zur Herzenssache machen und mit ihm eine partnerschaftliche Beziehung eingehen. Die Verantwortlichen in der Branche sind vielfach noch nicht in dieser veränderten Welt angekommen.

Bernd Behrens: »Es ist die Psychologie der verschleppten Reformen, unter der die Automobilbranche leidet, dabei reicht es aber nicht, einfach digitaler zu werden.«

In der Automobilbranche geht es nicht um offline oder online, Internet oder stationärer Handel und Service, sondern um ein neues Selbstverständnis des Geschäftsmodells und eine neue Art der Kundenorientierung. Die Digitalisierung erleichtert die Zugänge. Sie hilft, ein Bewusstsein für Vielfalt und individuelle Angebote zu schaffen. Aber sie ist nicht der Zugang! Nach unserer gemeinsamen Überzeugung ist der Autofahrer und Nutzer der mobilen Dienstleistungen der aktive Gestalter der Wertschöpfungskette geworden. Die Zeit ist da für eine grundlegende Neuorientierung der Unternehmen in den Märkten der Mobilität. Machen Sie den Kunden zu Ihrer Herzenssache!

Wer Lust hat, mit den neuen Möglichkeiten wieder ein guter, vielleicht ein besserer Unternehmer oder Manager in der Automobilbranche zu sein, kann durchaus optimistisch in seine persönliche Zukunft und in die seines Unternehmens blicken und:

Ihre Kunden können sich darauf freuen.

1. Kopfstand der Marktregeln

»Das einzig Beständige ist der Wandel.« Ortega Y Gasset, Heinrich Heine, Charles Darwin

Wir wussten nicht, wie uns geschah. Plötzlich sprachen alle über Kundenservice. Gerade eben war die Servicewüste Deutschland noch in aller Munde und sogar Titelthema im Stern gewesen, und auf einmal war die Welt wie ausgewechselt! Das war vor 20 Jahren. Bis dahin standen an erster Stelle Marktanteilsgewinne im Fokus der deutschen Automobilindustrie. Nur wenige Unternehmen der Automobilbranche hatten verstanden, dass der wichtigste Erfolgsfaktor ein anderer ist. Doch dann, Stück für Stück, wachte die gesamte Automobilbranche auf und entdeckte ihn: den Kunden, den lebenslangen Kunden. Immer mehr Unternehmen entwickelten ein Bewusstsein dafür, dass der Kunde der zentrale Schlüssel zum Erfolg ist.

Der deutsche Automobilmarkt folgte dabei einem Trend, der weltweit für Furore sorgte. Kundenzufriedenheit und Service bekamen einen ganz neuen Stellenwert in den Autohäusern und Servicebetrieben. Wer sich nicht an die neuen Regeln hielt, wurde abgestraft.

Wie war das jedoch vor 20 Jahren, im Jahr 1995? Viele Unternehmer und deren Mitarbeiter kamen aus der Zeit, in der Autos verteilt wurden. Denken wir nur an die Autos der Marke Mercedes. Diese wurden in den 1980er-Jahren nicht verkauft, sondern verteilt. Wartezeiten von mehr als einem Jahr waren keine Seltenheit.

Diese rosigen Zeiten gingen aber auch zu Ende, die Händlerverträge wurden durch neue Kundenzufriedenheitsbedingungen ergänzt. Und noch etwas passierte: Die Kunden wurden sich ihrer Macht bewusst. Sie merkten, wie sie hofiert wurden, und begannen, ihre Karten auszuspielen. So fand man den unzufriedenen Kunden immer häufiger als gern gesehenen Gast in TV-Talkshows wieder und Vorträge zum Thema Kunde boomten.

Vorübergehend glaubten wir sogar, dass die Unternehmen der Automobilbranche die Herausforderung Kunde tatsächlich verstanden hatten. Das war ein großer Irrtum, denn die Entwicklung geht weiter. Wir stehen nach der ersten großen Welle der Kundenzufriedenheit alle wieder in den Startblöcken. Wer also glaubt, mit guten Kundenzufriedenheitswerten im sicheren Hafen gelandet zu sein, wird sich warm anziehen müssen. Die Automobilbranche befindet sich in einem Entwicklungsprozess, bei dem kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Was die Veränderung antreibt, ist die neue digitale Welt. Sie allein wird dafür sorgen, dass wir den Faktor Kunde noch ein weiteres Mal neu erfinden müssen. Um die Beschwerde eines Kunden zu beantworten, reicht es heute bei Weitem nicht mehr aus, gute Textbausteine zu formulieren und den, der am besten passt, als Antwort an den Kunden zu kopieren und zu versenden. Ein guter Freund von uns, Autohausunternehmer einer erfolgreichen Autohausgruppe, formuliert es so: »Wir sind gerade erst am Anfang.« Er vermutet, dass höchstens 20 Prozent der Autohausbetriebe wirklich verstanden haben, welchen Wert die Kunden tatsächlich für sie haben.

Wir sind auch der festen Überzeugung, dass bis heute nur wenige verstanden haben, was ein Kunde wirklich wert ist. Und zwar auch rein monetär. Wer denkt schon ganzheitlich darüber nach, was ein Kunde rund um das Auto in einem normalen Autoleben alles ausgibt? Alleine hieraus muss eine maximale Wertschätzung resultieren.

Produkte sind out. Heute will der Kunde Erfahrungen.

Der Begriff »Customer Experience Management« (kurz CEM) ist ein aktueller Modebegriff und bringt diese Herausforderungen auf den Punkt. Es reicht nicht mehr, dem Kunden einfach nur Produkte und guten Service anzubieten. CEM – zu Deutsch Kundenerfahrungsmanagement – geht davon aus, dass Erlebnisse für den Kunden geschaffen werden müssen, um eine emotionale Bindung zwischen Kunden und Autohaus beziehungsweise Werkstatt aufzubauen. Das Ziel ist es, aus »einfachen« Kunden begeisterte Botschafter für die Marke und den Service zu machen.

Erfolgsfaktor Internet

Sowohl die Autokunden als auch die Unternehmen der Automobilbranche leben heute in einer Zeit, in der die größten Veränderungen der Wirtschaftsgeschichte stattfinden. Der Hauptdarsteller in diesem Wirtschaftsepos ist das Internet. Wer den wichtigsten Akteur nicht ernst nimmt, scheitert. Mobile.de, AutoScout24, Motor-Talk, die Liste wird jeden Tag länger. Wir wissen längst, dass die Autokunden von heute die digitalen Chancen für sich zu nutzen wissen. Unsere Kunden sind nicht mehr unbedingt treu. Liefert ein Onlinereifenhändler schneller oder billiger als der andere, entscheidet sich der Kunde für den schnelleren Shop. Kommt ein neuer Mobilitätsdienstleister wie zum Beispiel Car2Go oder DriveNow auf den Markt und bietet eine völlig neue und einfache Art der Mobilität in Großstädten, findet er schnell neue Kunden, die dieses Angebot nutzen. Selbst bei Innovationen, die keiner vorhersehen kann, greifen die Kunden vehement zu, sobald sie entdecken, dass es da etwas ganz Neues und Außergewöhnliches gibt.

Und doch, es gibt sie noch, die digitalen Laien. Es sind derzeit immer noch einige. Denken Sie nur an die jährlich drei Millionen verkauften Neuwagen. Etwa 65 Prozent werden an Gewerbebetriebe und große Fuhrparks verkauft oder sind Eigenzulassungen der Autohäuser, der Anteil der über 50-Jährigen an den restlichen Privatverkäufen ist aber weiterhin sehr hoch. Wir wollen nicht verschweigen, dass viele aus dieser Generation noch als »Digitale Outsider« einzustufen sind und den Weg ins Internet noch nicht umfänglich gefunden haben. Hier liegt noch ein Potenzial an kaufkraftstarken Autokäufern, die auf herkömmlichen Wegen bedient werden. Denken wir aber fünf Jahre weiter, dann werden die heute 55-Jährigen deutlich internetaffiner sein und mit größerer Selbstverständlichkeit das Internet nutzen.

Deutlich weiter sind wir bereits im Gebrauchtwagenmarkt mit etwa sieben Millionen Besitzumschreibungen pro Jahr. Mobile.de und Autoscout24 sind die beiden erfolgreichsten Portale für gebrauchte und neue Fahrzeuge. Fast jeder der Gebrauchtwagenkäufer informieren sich zunächst im Internet und wendet sich erst danach an den örtlichen Händler, der das gesuchte Fahrzeug angeboten hat. Google und die sozialen Medien beherrschen die Kommunikation zwischen Interessent und Anbieter. Und das Ganze gilt heute auch für den Service. Der Kunde kann sich an einem immer größer werdenden Angebot von Werkstattportalen wie Autoscout24, FairGarage oder Autobutler erfreuen. Dazu kommen wir gleich noch. Hersteller, Händler, Autohäuser und Werkstätten sind gut beraten, ihre Dienstleistungen und Produkte in der digitalen Welt professionell anzubieten und ihre Kunden in ihren Wohnzimmern abzuholen.

Wichtiger Rat für alle Akteure im Verdrängungswettbewerb des Automobilmarktes: Schaffen Sie etwas, das der Kunde noch nicht kennt, das ihm das Gefühl gibt, dass er es schon immer haben wollte oder sogar ganz dringend braucht. Denn Kundenzufriedenheit allein ist eine Sackgasse. Zufriedene Kunden berichten immer nur über das, was sie bereits aus der Vergangenheit kennen. Echte Kundeninnovation gelingt Ihnen jedoch, wenn Sie den Markt für sich als Erster gestalten.

Einige Kfz-Betriebe, Autohäuser und Autohausgruppen, die heute eine marktführende Rolle in ihrer Region spielen, haben ihre Kunden nicht nur zufriedengestellt, sondern verblüfft. Mit dem Internet haben sie als Vertriebsverantwortlicher einen guten Partner an der Seite. Ein Partner, der Ihnen dabei helfen wird, neue Wege zu gehen.

Mit gutem Beispiel geht beispielsweise das mehrfach prämierte Autohaus Kunzmann, Aschaffenburg, voran. Es ist eines der Pionierunternehmen, die schon jetzt professionell einen Onlineshop als eigenständiges Profitcenter betreiben, der von einem eigenen Onlinemarketingbereich gesteuert wird.

Paradigmenwechsel

Vielleicht ist Ihnen der Russe Nikolai Kondratjew ein Begriff, der für seine Überzeugungen leider sein Leben lassen musste. Kondratjew entwickelte die »Theorie der langen Wellen«, bei der es um zyklische Wirtschaftsentwicklung geht. Leider passte Stalin nicht, was er da hören musste. Kondratjew wies nach, dass Wohlstand in Wellen von circa 50 Jahren nicht von der richtigen politischen Grundeinstellung abhängig ist, sondern einzig und allein von sogenannten Durchbruch-Innovationen und Paradigmenwechseln. Seit 1780 hat er fünf Perioden ausgemacht, die zeigen, dass die Staaten und Menschen, die Innovation besser umgesetzt haben als andere, zur Weltmacht wurden. So erfanden etwa die Engländer die Dampfmaschine und bauten damit das Commonwealth auf. Danach folgte die Gründerzeit in Europa, ausgelöst durch die Eisenbahn, die chemische Industrie, die Automobilindustrie und die Informationstechnologie.

Willkommen in der digitalen Welt! Höchste Zeit, den Kunden neu zu entdecken.

Heute entsteht gerade das Paradigma des sechsten Zyklus. Der Startschuss für das digitale Zeitalter ist also gerade erst gefallen. Geprägt wird diese Entwicklung durch Hightech wie Internet und Robotik als großes neues Thema, deren Bedeutung für den Menschen, für eine Verbesserung seines Lebens, seiner Sicherheit und seiner Gesundheit. Es ist Gründerzeit. Und damit meinen wir keine Unternehmensneugründung, sondern die Möglichkeiten etablierter Unternehmen in der Automobilbranche, die Beziehung zum Kunden neu zu entdecken und über das Internet neue Chancen zu nutzen.

Der saisonale Reifenwechsel ist für jedes Autohaus eine besondere Herausforderung. Wer wie das Toyota Autohaus Chemnitz über 1000 Reifensätze für seine Kunden eingelagert hat, muss den saisonalen Reifenwechsel gut koordinieren, um das Tagesgeschäft nicht zu beeinträchtigen. Daher setzt das Unternehmen auf ein Onlinetool, mit dem die Kunden im Internet einen Termin suchen und direkt auswählen. Schon jetzt nutzen über 35 Prozent der Kunden über alle Altersgruppen hinweg und unabhängig von den normalen Öffnungszeiten diesen Service – ein sehr guter Wert, den Reifenspezialisten mit Onlineterminangebot meist nicht erreichen.

Der Autokunde wird, wenn er erst einmal die neuen Onlineserviceangebote kennt, sie auch nutzen. Warum nicht eine Probefahrt oder einen Servicetermin vereinbaren, und das alles bequem von zu Hause oder mit einer App zu jeder Uhrzeit und von unterwegs, ganz egal, wo ich gerade bin, aber genau dann, wenn wir einfällt, dass ich einen Termin brauche? Ganz einfach: Das Internet ist heute auf dem Stand eines siebenjährigen Kindes. In wenigen Jahren werden wir lachen, wenn wir zurückschauen. Was heute wie Fortschritt pur aussieht, sind die ersten Sandkörner der Entwicklung.

Und denken wir einmal an die sogenannten Intermediäre, die sich immer stärker als Mittler zwischen Autofahrer und Werkstatt platzieren. Gemeinsam ist allen, dass der Kunde ein transparentes Preisangebot erhält und den Termin mit dem Anbieter auch online direkt vereinbaren kann. Aktuelle BBE Automotive-Befragungen zeigen, dass bisher nur etwa zwei Prozent diese nutzen, aber 16 Prozent sich eine Nutzung vorstellen können. Noch können vom Kunden nicht alle Werkstattleistungen angefragt werden. Wir betonen: noch.

Interessant in diesem Spektrum der Anbieter ist das Angebot Easy Auto Service des Kölner Autoteilegroßhändlers Hess. Hier wird nicht nur vermittelt, sondern ein Full Service von der Abholung bis zur Auslieferung geboten. Dabei werden Convenience-Bedürfnisse bedient. Eine kleine Auswahl der aktuellen Portale: Autoscout24.de, Autoservice.com, Easyauto.de, Autobutler.de, reparaturfuxx.de, Reparaturpilot.de.

Chancen für die Automobilbranche durch neue digitale Geschäftsideen

Wir sind davon überzeugt, dass zwei Drittel aller Geschäftsideen auch in der hoch entwickelten Automobilbranche noch gar nicht erfunden wurden. Denn alles, was noch kommt, wird auf dem basieren, was heute möglich wird. Technische Möglichkeiten, Kundentrends, der gesellschaftliche Wandel, neue wirtschaftliche Entwicklung und nicht zuletzt das von Edgar K. Geffroy entwickelte Clienting ergeben Kombinationen für neue Geschäftsmodelle in der automobilen Welt, die den Autofahrer jubilieren lassen. Es ist allerdings höchste Vorsicht geboten, wenn Sie weiter auf den Pfaden alter Gewohnheiten wandeln. Früher oder später wird jeder gezwungen sein, sich mit dem größten wirtschaftlichen Wandel aller Zeiten auseinanderzusetzen. Besser, Sie gehören zu den Ersten, zu denen, die die Chancen erkennen, als zu den Spätzündern. Jetzt ist noch alles offen. Später müssen Sie schauen, was für Sie übrig bleibt.

Die AHG-Gruppe bearbeitet in Villingen-Schwenningen den Markt online mit einem »virtuellen Autohaus« und bringt Fahrzeuge und Dienstleistungen zu den Kunden. Damit belebt das Unternehmen auch die Tugenden des Außendienstes neu. QR-Codes auf Plakatwänden, beklebte Fahrzeuge, Werbung in Bussen, auf Bierdeckeln oder auf Aufklebern. Klickt der Interessent mit seinem Smartphone auf einen der QR-Codes, kann er bei der AHG eine Probefahrt mit dem gewünschten Fahrzeug buchen. Falls die Probefahrt sofort starten soll, macht sich ein Verkäufer auf den Weg zum Kunden. Wartet dieser bereits am Fahrzeug, bringt der AHG-Mitarbeiter den Schlüssel direkt vorbei. Damit greift das Autohaus mit digitalen Mitteln auf die Tugenden des traditionellen Außendienstes zurück und verbindet auf überzeugende Weise On- und Offlinegeschäft. Kundenmobilität wird immer mehr vom Wohnzimmer aus gemanagt!

Spannende Geschäftsideen im Dialog zwischen Kunde und Anbieter sind auch die Autofahrer-Communitys. Hier informiert man sich, hier kann man diskutieren und von anderen Hilfe bekommen. Was früher der Freund oder der Stammtisch war, ist heute digital mit großem Steuerungseinfluss bei der Kaufentscheidung. Erwähnenswert in Deutschland sind die Portale MotorTalk und Autoplenum.

Marktführer in Deutschland ist Motortalk mit etwa 2,4 Millionen angemeldeten Mitgliedern und laut AGOF 3,8 Millionen Usern. Laut Motortalk suchen auf dieser Plattform 91 Prozent Hilfe technischer Art, aber auch im Rahmen eines Fahrzeugkaufs, 50 Prozent wollen helfen, 48 Prozent recherchieren zum nächsten Autokauf und 41 Prozent suchen Gleichgesinnte.

Das Internet ist wie Strom. Schalten Sie es ab, passiert nichts mehr.

Das Internet ist wie Strom. Schalten Sie es ab, passiert nichts mehr. Verstehen Sie es hingegen als digitale Chance, eröffnen sich Ihnen völlig neue Kundenperspektiven, an die selbst Ihr Kunde vorher nie gedacht hätte. Wenn es dann auf einmal möglich ist, sich sein Wunschauto online zusammenzustellen und nach Hause zur Probefahrt vorfahren zu lassen, dann funktioniert das so gut, dass sich hinterher alle fragen, warum sie nicht selbst auf die Idee gekommen sind.

Die neue Freiheit

Noch spannender sind Geschäftsmodelle, die ganze Branchen erschüttern oder sogar zerstören können. Sie sollten als Unternehmer in der Automobilbranche die Welt um sich herum sehr aufmerksam beobachten und für sich selbst rechtzeitig Rückschlüsse ziehen. Dafür zwei Beispiele:

Die Autobranche vor der Zeitenwende

Die Gerüchte um ein mögliches Apple-Auto reichten vor Kurzem aus, um die Autowelt tagelang in Aufruhr zu versetzen. Könnte das Herz der Branche bald im Silicon Valley schlagen? Anlässlich der CeBIT 2015 eiert der Branchenverband Bitkom mit einer Prognose nicht lange herum: »In der Wirtschaft wird kein Stein auf dem anderen bleiben«, meinte der Bitkom-Präsident Dieter Kempf. Was vernetzt werden kann, werde künftig auch vernetzt. Und Volkswagen-Chef Martin Winterkorn sagte anlässlich der CeBIT 2014 voraus, dass die Autobranche ihre Jahresumsätze mit der vernetzten Mobilität bis zum Jahr 2020 von aktuell 32 auf mehr als 110 Milliarden Euro steigern dürfte. Darin begründen sich aber auch neue Geschäftschancen für das After-Sales-Geschäft im Autobereich.

Beispiel Carsharing

Was konnte man in der letzten Zeit lesen, es war alles dabei, vom Megatrend bis hin zum Rohrkrepierer. Die BBE Automotive GmbH präsentierte Anfang 2015 eine große Studie zum Thema. Beruhigend für alle im Automarkt tätigen: Carsharing wird die automobile Welt nicht grundlegend verändern, die Auswirkungen auf Fahrzeugverkäufe und das After Sales werden in der aktuellen Ausprägung maximal zwei Prozent des Marktvolumens kosten.

Aber: Carsharing wird ein fester Bestandteil der Mobilität und entwickelt sich kontinuierlich weiter. Auch wenn mehr als 80 Prozent der Menschen immer noch unbedingt ein eigenes Auto haben möchten, muss das Thema ernst genommen werden. Wachstum ist auf jeden Fall garantiert.

Bernd Behrens: »Die Share Economy bedeutet nicht, die kapitalistischen Auswüchse zu bekämpfen und die Welt zu verändern, sondern alle Akteure wollen darin Geld verdienen.«

Die Share Economy ist ein neuer Wirtschaftsfaktor. Nehmen Sie Car2Go oder die Anbieter von Carsharing oder Mietfahrzeugen, die in jeder großen Stadt zur Verfügung stehen und auf völlig neue Art einfache automobile Mobilität in Großstädten ermöglichen.

Das Carsharing-Angebot wird immer vielfältiger. Carsharing für Mitarbeiter, das sogenannte Corporate Carsharing, hat echtes Potenzial. Auch eine weitere Vernetzung unterschiedlicher Angebote schafft neue Anreize. Und gerade war zu lesen, dass Drive-Now-Autos mit der neuen Apple Watch zu öffnen sind, die Branche ist innovativ. Die BBE Automotive rät auch allen Akteuren im Markt, die Chancen und nicht die Risiken im Carsharing zu sehen.

Die Studie »Carsharing in Deutschland – Modeerscheinung oder Herausforderung für die Branche?« Hat sich folgende Fragen gestellt:

In der Share Economy wollen die Akteure Geld verdienen.

Die Autoren dieser BBE-Automotive-Studie, die in Kooperation mit der FSP, Partner der TÜV-Rheinland-Gruppe, durchgeführt wurde, kommen zu folgender kurz zusammengefassten Erkenntnis: Carsharing ist im Trend und sicherlich mehr als eine kurzfristige Modeerscheinung. Hier entsteht kein Megatrend, der die automobile Welt entscheidend beeinflussen wird. Die Automobilbranche sollte jedoch Carsharing als neue Chance und nicht als Konkurrenz sehen.

Beispiel E-Mobilität

Unter Fachleuten bestehen keine Zweifel, dass in Zukunft der klassische Verbrennungsmotor – ob mit Diesel oder Benzin – durch neue Antriebstechniken Schritt für Schritt ersetzt wird. In den hoch industrialisierten Ländern der westlichen Welt werden mit unterschiedlicher Geschwindigkeit erneuerbare Energien zum Standard werden. Die »Dekarbonisierung« der Weltwirtschaft hat begonnen. Damit entstehen für Automobile mit Elektromotoren neue Marktchancen. Die Elektroautos werden den Fahrzeugservice dramatisch verändern. Für die Nutzung und den Vertrieb werden neue Wege und Kanäle entstehen. Ob die klassischen Vertriebs- und Reparaturstätten in dieser neuen Welt noch gebraucht werden? Ob neue Provider auftreten? Sowohl die Fahrzeughersteller als auch die Autohäuser und Servicewerkstätten sind gut beraten, wenn sie aktiver Teil dieser evolutionären Entwicklung im Antriebsstrang des Automobils sind. Zurücklehnen und abwarten ist gefährlich.

Es gibt heutzutage nicht nur Autos auf Abruf, sondern auch jede andere x-beliebige Information – ganz gleich, wann oder wo wir sie wollen. Und wem das Tippen auf den kleinen Tasten schwerfällt, der kann seinem persönlichen Assistenten – auch als Smartphone bekannt – die Frage einfach diktieren. Dazu fällt Edgar K. Geffroy eine Geschichte ein: »Wir saßen mittags in einem Robinson Club mit einem Pärchen und seinen Kindern am Tisch, als die Mutter etwas genervt zu ihrer Tochter sagte: ›Leg wenigstens beim Essen das verdammte Ding weg.‹ Die Antwort kam schnell: ›Das ist kein Ding, das ist mein Leben!‹« Die Welt ist voll von Wissensexperten, der digitalen Welt sei Dank. Jeder kann scannen, googeln, liken und posten über Sie, über mich, über jeden anderen. Preise, Wettbewerber, Kritiken, Alternativen – alles ist nur einen Klick entfernt. Kurzum: Der Kunde ist mündiger und informierter als so mancher Verkäufer. Darauf müssen Sie sich in Ihrem Unternehmen einstellen.

Beispiel Autonomes Fahren

Autonomes Fahren kommt in evolutionären Schritten und bietet Automobilherstellern und Händlern die Chance, sich als Trendsetter dieser Zukunftstechnologie zu profilieren. Auch wenn der Weg zu vollautonomen Fahrzeugen noch weit ist, halten immer bessere teilautonome Fahrerassistenzsysteme Einzug ins Auto. Eine Profilierungschance werden daraus aber nur die Automarken und Händler machen, die ihren Kunden diese Sicherheits- und Convenience-Technologie auch erlebbar machen.

Deutschlands Autokäufer freunden sich mit autonomem Fahren langsam an. Einerseits steht fast jeder zweite dieser Technologie noch skeptisch gegenüber, andererseits begrüßt mittlerweile jeder Dritte autonome Fahrzeuge. Im Oktober 2012 betrug der Anteil der Befürworter noch deutlich geringere 22 Prozent. Von daher sehen deutsche Autokäufer autonome Fahrzeuge mehrheitlich als technologische Revolution, begrüßen Teststrecken, vertrauen der Technik und sehen darin mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Wenn es dann um die tatsächliche Nutzung autonomer Fahrzeuge geht, präferieren 49 Prozent herkömmliches Fahren, 43 Prozent das teil- und fünf Prozent das vollautonome Fahren. Das gesellschaftliche Umfeld und damit die Chance, Hersteller- und Händlermarken aufzuladen, ist aber überraschend positiv.

Grenzenlose Märkte

Früher war der Kirchturm, das heißt ein Umkreis von circa 20 Kilometern rund um das Autohaus oder die Werkstatt, die Grenze. Heute gibt es keine Grenze mehr. Die digitale Welt macht mobil. Die Entwicklung hat den gleichen Charakter wie damals, als die Eisenbahn erfunden wurde. Heute ist es egal, wo das Autohaus steht, das Internet ist überall. So informieren sich über 80 Prozent aller Autointeressenten im Internet über die bekannten Portale: Google, Mobile.de, AutoScout24 und die vielen anderen Anbieter. Auch der direkte Kauf online wird durch neue Marktteilnehmer wie Autohaus24.de für Neuwagen möglich. Im Reifen-, Teile- und Zubehörmarkt werden schon heute – mit starken Wachstumsraten – signifikante Umsätze online erzielt. Amazon und eBay Motors lassen grüßen. Immer mehr Unternehmen der Automobilbranche betreiben neben ihrem klassischen Offlineshop-Aktivitäten einen Onlineshop. Ein Autohaus oder auch ein Teilehändler ohne Onlineshop wäre ein Versäumnis mit Folgen. Denn wenn Sie es nicht selbst machen, dann machen es andere, die schneller sind.

Darum bekommt auch die Kundenbeziehung einen neuen Stellenwert. Lassen Sie uns Ihnen Wege und Chancen aufzeigen, die Sie konkret nutzen können – bevor es jeder macht. Wir möchten Ihnen Ideen an die Hand geben, die 98 Prozent der Unternehmen noch gar nicht sehen, geschweige denn einsetzen. Die neue Welt der Kunden ist längst da und verändert ihre Welt immer schneller. Wenn Sie wollen, helfen wir Ihnen, auf den Zug aufzuspringen.

Die traurige Geschichte des Videoverleihers um die Ecke, der noch mit VHS-Cassetten groß geworden ist und dann irgendwann schließen musste, ist schon etwas älter. Doch sie spiegelt exakt wider, was passiert, wenn ein Unternehmen sich nicht rechtzeitig um neue Kundentrends kümmert. Geschäftsmodelle brechen weg und neue entstehen. Einfach so. Genau an der Stelle möchten wir ansetzen.

Märkte zu entdecken ist gut. Märkte zu wecken ist einzigartig. Ihr Gewinn: Erfolg, der Bestand hat.

Wir sind davon überzeugt, dass man als Unternehmer in der Automobilbranche seinen Erfolg aktiv gestalten kann. Es gibt immer Signale, die frühzeitig einen Wandel im Markt und im Geschäft erkennen lassen. Also, entwickeln Sie die richtigen Techniken und machen Sie Ihre eigene Konjunktur! Denn es gibt nur einen einzigen Trend – nämlich den, den Sie selbst setzen. Es ist Ihre Entscheidung. Sie haben es in der Hand, ob Sie einen Markt decken oder einen Marktflecken. Einen Markt zu decken geht einfacher. Denken Sie an die Gebrauchtwagenbörsen. Dort ist mit dem Faktor Internet ein Geschäftsmodell neu erfunden worden. Das hat funktioniert. Das hat einen bedeutenden Einfluss auf das Geschäftsmodell Gebrauchtwagen und zunehmend auch auf den Vertrieb von Neuwagen. Die neuen Vergleichsportale für Werkstattdienstleistungen werden einen ähnlichen Einfluss erzielen. Es werden noch andere neue Anbieter folgen. Die zweite Strategie ist, einen neuen Markt selbst zu erfinden und die Kunden mit einer neuen Idee zu begeistern, die alles in den Schatten stellt. Etwas, was es schon gibt, ganz neu zu kombinieren oder einen neuen Markt zu wecken, ist zwar schwieriger, aber dafür beständiger und einzigartiger. Innovationen sind immer möglich.

Das Autohaus Vorndran aus Bad Neustadt hat dem Start des noch sehr zarten Pflänzchens E-Mobilität sehr kreativ mit einer von ihm gestarteten E-Mobilitätsmesse starke Impulse gegeben. Es präsentiert ein riesiges Fahrzeugangebot von Segways, Fun-Mopeds, Pedelecs, Kleinkrafträdern und natürlich Autos mit E-Motor. So ist es für uns kein Wunder, dass die Firma Vorndran Kunden für die E-Mobile begeistern konnte und 2014 der größte Händler für E-Autos seiner Marke Renault in Deutschland wurde.

Innovation durch Kombination

So hat das Apple gemacht. Alle Komponenten waren vorhanden, aber dadurch, dass Steve Jobs und sein Team einen Trend entdeckt und neue Technologien genutzt haben, ist etwas entstanden, das die Welt verändert hat. Erst die bessere Bandbreite hat es möglich gemacht, dass iPhones zu persönlichen Assistenten werden konnten. Die geniale Idee, Apps nicht selber zu produzieren, sondern mit Partnern, bescherte Apple bis heute 1,2 Millionen Apps und Lösungen für fast jede Gelegenheit. Wenn man dann noch das altbewährte Know-how sowie die konsequente Einfachheit mit einbringt und einen Kultstatus erzeugt, kann man einen ganz neuen Markt schaffen.

Dem Internet ist es egal, ob Sie ein großes oder kleines Unternehmen haben – wichtig ist, sich an die neuen Spielregeln zu halten.

Nun werden Sie denken, dass nur große Unternehmen wie Apple so etwas stemmen können. Stimmt aber nicht: Das Internet kennt kein groß oder klein, sondern nur aktiv oder inaktiv. Google ist eine Maschine, die zwar immer intelligenter wird, aber sie ist und bleibt eine Maschine. Wenn Sie die Spielregeln kennen, können Sie Ihren Erfolgshorizont erweitern, ganz gleich, ob Sie an der Spitze eines Konzerns stehen oder Inhaber eines mittelständischen Unternehmens der Automobilbranche sind.

Konsequent umgesetzt hat diesen Multi-Channel-Vertrieb Reifen.com. Diese setzen auf eine Discountstrategie mit starker Internetpräsenz, 37 eigenen Shops und einem breiten Netz angebundener Montagestationen. 2014 hat dieses seit 25 Jahren am Markt aktive Unternehmen mehr als zwei Millionen Reifen vermarktet.

Und noch ein Blick in den After-Sales-Markt. Am Bespiel der Reifen wird deutlich, dass traditionelle Anbieter wie der Reifenhandel immer mehr unter Druck geraten, da das angebotene Produkt onlinefähig ist und im Rahmen der immer häufigeren Vorabrecherche im Internet dort auch direkt bestellt werden kann. Hinzu kommt hier noch, dass in den letzten Jahren Autohäuser und freie Werkstätten in dieses Geschäft eingestiegen sind.

Der aktuelle Onlineanteil an allen Reifenverkäufen lag laut BBE Automotive-Analysen 2014 bei elf Prozent, Tendenz weiter steigend. Hier müssen die traditionellen Anbieter Antworten finden. Multi-Channel-Vertrieb kann hier eine solche Antwort sein.

Das Autohaus Kunzmann in Aschaffenburg zum Beispiel macht es richtig auf seiner Webseite: klarer Hinweis auf den Onlineshop für bequemes Shoppen von zu Hause aus.

Schlüsselfragen der Zukunft

Wichtig bei alledem ist es, eine klare Kundenstrategie zu haben. Weg von den klassischen Kundensegmenten hin zum Einzelnen, dem Individuum. Machen Sie noch alles allein oder holen Sie sich bereits Partner ins Boot? Verkaufen Sie ausschließlich aus dem stationären Handel und gehen das Risiko ein, immer mehr Geschäft ans Internet zu verlieren? Oder fahren Sie lieber eine Doppelstrategie mit einem Shop im Internet, um nicht unterzugehen? Das sind die Fragen, mit denen Anbieter sich heute auseinandersetzen müssen. In den Strategiecoachings bei unseren Kunden nehmen diese Fragen einen immer größeren Raum ein: Wie kann ich etwas antizipieren, das der Kunde erwartet, aber noch nirgends bekommt? Wie kann ich etwas liefern, das es noch gar nicht gibt, das aber jeder will?

Das sind die Schlüsselfragen der Zukunft, in denen der Kunde bei Ihnen die Hauptrolle spielen soll. Und er wird es definitiv, wenn Sie diese Fragen für Ihr Geschäft richtig beantworten. Doch ruhig Blut. Bitte verfallen Sie jetzt nicht in unkontrollierten Aktionismus, denn noch immer haben Sie alles in der Hand. Wir sind aktuell bei Stunde eins. Wie ein Topmanager von Google sagt: Können wir Kondratjiew Glauben schenken, dann haben wir noch rund 25 Jahre Zeit, bevor wir den Höhepunkt der digitalen Welle erreichen.

Marktregeln verschwinden nicht von heute auf morgen, aber sie nehmen nach einer langen Startphase an Dynamik zu und entfalten dann ihre Turbulenzen in den Märkten und in den Köpfen der Kunden. So kann sich heute in den USA schon niemand mehr vorstellen, nicht online beim Friseur oder beim Arzt einen Termin zu vereinbaren. Die Revolution der Wirtschaft und damit der Kunden ist im vollen Gange. Dies gilt im besonderen Maße auch in den Märkten der Mobilität, und sie wird mehr verändern als die letzten 50 Jahre davor. Wenn Sie allerdings vom Wort »Revolution« das R wegnehmen, bleibt »Evolution« übrig. Alles fließt. Es ist ein unaufhaltsamer Entwicklungsprozess der Natur. Wir können diesen Prozess nur mitgestalten – bestenfalls im Sinne unserer Kunden.

Genau jetzt hat jedes Unternehmen in der Automobilbranche die einzigartige Chance, den Wandel als Herausforderung zu sehen und eine neue Kundenwelt zu erschaffen. Es ist Zeit, das Internet einzuschalten und mit dem Strom der (R)Evolution zu schwimmen.

Kooperation als Chance

An alle Verzweifelten und Zweifler sei noch ein kleiner Trost gerichtet: Man muss nicht alles selbst machen, in der Kooperation liegt auch eine große Chance. So kann man sich in vielen automotiven Bereichen einem System anschließen. Die jeweiligen Systemzentralen denken vor, entwickeln einmal und stellen den Partnern anschließend professionelle Angebote zur Verfügung. In Deutschland sind fast 10000 freie Werkstätten einem solchen System wie zum Beispiel Bosch Car Service angeschlossen. Bosch verfügt mit etwa 1050 Partnern über das bekannteste, aber nicht über das größte Netz. Größer sind 1a Autoservice, Meisterhaft oder Autofit. Hinter diesen Systemen stehen große Teilehandelsorganisationen.

Solche Konzepte werden sich aus Sicht der BBE Automotive durchsetzen, das gilt auch für die Autohäuser, die heute Alternativen bei markenoffenen Systemen wie Mehrmarkencenter oder EGA haben.

Auf den Punkt

  • Wer allein auf tradierte Automobil-Serviceleistungen setzt, steckt in einer Sackgasse.
  • Die Automobilbranche steht erst am Anfang des digitalen Zeitalters.
  • Am Internet kommt heute kein Marktteilnehmer vorbei.
  • Mobilität und Wissen auf Abruf, jederzeit verfügbar – das ist die neue Freiheit.
  • Auch im Verdrängungswettbewerb gibt es Chancen für neue Märkte.
  • Wenn Sie diese Märkte wecken, machen Sie Ihre eigene Konjunktur.
  • Das Internet kennt kein groß oder klein, nur aktiv oder inaktiv.
  • Eine klare Kundenstrategie ist die Basis für Erfolg.
  • Ein bisschen Multi-Channel braucht jeder.