Inhaltsverzeichnis

Tameriq – Wächter des Totenbuches

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Prolog

1. Ein Toter auf dem Nil

2. Wer viele Fragen stellt...

3. ...erhält auch viele Antworten

4. Aus dem Leben gerissen – den Göttern zur Freude

5. Zerstörte Träume

6. Reise mit den Göttern

7. Monumente für die Ewigkeit

8. Anklagen

Glossar

Tameriq – Wächter des Totenbuches

Abenteuer-Roman von Margret Schwekendiek

Der Umfang dieses Buchs entspricht 216 Taschenbuchseiten.

Dies ist die Geschichte von Tameriq, dem Kuschiter,  Ratgeber des Pharao und Aufseher über die Gesetze. Tameriqs Volk wurde von den Ägyptern fast vollständig vernichtet und doch hat das Schicksal ihn dazu  ausersehen,  eine bedeutende Rolle im Leben von Ramses II. zu spielen, anstatt geopfert zu werden. Tameriq soll den Mord am Hohepriester lösen. Doch dafür wird er einen furchtbaren Preis zahlen müssen...

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

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Prolog

19. Epiphi – 12. Schemu III im Jahre 1 des neuen Zeitalters Ramses II

(19. Mai 1279 v. Chr.)

Da oben steht er, Ramesisumeriamun Sessu User-Maat-Re-setep-en-Re Ka-nechet-meri-maat Wer-schefit-mek-kemet Aa-chepesch-meri-taui, im allgemeinen jedoch nur Ramses II. genannt, Pharao beider Ägypten - mein Freund, wenn man überhaupt sagen kann, dass jemand wie ich mit dem allmächtigen Pharao befreundet sein kann.

Neben ihm steht Nefertari die Schöne, seine Hauptfrau, die Große Gemahlin. Die Sonne glänzt kaum heller als das Gold des Wesech, dem traditionellen Schmuckkragen, der auf dem nackten Brustkorb von Ramses liegt. Mit unbewegter Miene läßt er zu, dass man die Doppelkrone auf seinen Kopf setzt, der traditionelle Bart wird an seinem Kinn befestigt, und in der linken Hand hält er die Geißel, die Nechacha; die Rechte umschließt das Sekhem, das Königsszepter. Die Uräusschlange auf der Doppelkrone wirkt so lebendig, dass man sie für dressiert halten könnte.

Die große Halle im Palast von Pi-Ramesse, nach dem Willen des Ramses die neue Hauptsstadt von Ägypten, ist bis zum Bersten mit Menschen gefüllt; jeder will dabei sein, wenn Ramses so überraschend schnell nach seinem Vater, der kaum zwei Jahre regiert hatte, den Thron besteigt. Neben den zahllosen Ehefrauen, von denen er vielleicht fünfzig in seinen Gemächern beglückt hat, sind natürlich auch sämtliche Hohepriester der zahlreichen Götter anwesend, dazu die hochrangigen Beamten mit ihren Familien und unzählige Abgesandte aus den angrenzenden Ländern, mit denen die Ägypter gerade nicht im Krieg liegen. Es grenzt an ein Wunder, dass jemand wie ich ebenfalls dieser Zeremonie beiwohnen darf.

Warum? Nun, ich bin ein Kuschiter, jemand aus dem Volk, das von Ramses Vater, Sethos I., in einem gnadenlosen Kampf fast völlig vernichtet wurde. Jemand aus dem Land, das auch Nubien genannt wird, weil es dort Nub, Gold, zu holen gibt. Für uns, die wir überlebt haben, wird die Niederlage in dieser Schlacht ein immerwährendes Trauma bleiben. Und doch ist Ramses mein Freund, und ich gehöre zur Hofhaltung in einer ungewöhnlich einflussreichen Position.

Wer ich bin? Tameriq, der Kuschiter. Ich bin der Kuschiter, der am Hofe des Pharao einen unglaublichen Aufstieg erleben durfte. Und ich bin der Vertraute des Pharao.

Im Alter von acht Jahren musste ich die Niederschlagung meines Volkes erleben, verlor meinen Vater, sah voller Entsetzen, wie meine Mutter vergewaltigt und als Sklavin abgeführt wurde, und kam selbst in Gefangenschaft. Ich gehörte zu denen, die während der Großen Danksagung nach dem Feldzug geopfert werden sollten, doch ein glückliches Schicksal bewahrte mich davor und brachte es mit sich, dass der zwei Jahre ältere Königssohn Ramses Gefallen an mir fand. Auf seine Bitten hin wurde ich verschont und musste als Diener in den Bädern arbeiten. Bald schon stellte sich heraus, dass ich Begabung dafür besaß, die zahlreichen Kinder in den Gemächern zu beruhigen, sie ordentlich zu beaufsichtigen und spielerisch an ihre Aufgaben heranzuführen. Binnen drei Jahren stieg ich vom Sklaven zum persönlichen Diener der Königskinder auf.

Ramses, der eine große Zuneigung zu mir gefasst hatte, sorgte dafür, dass ich sooft wie möglich an seiner Seite dem Unterricht folgen durfte, den er selbst erhielt.

Vier Jahre später beförderte man mich zum Aufseher über die Leibsklaven der Kinder, Ramses und ich machten die ersten Erfahrungen mit willigen Sklavinnen, und ich besiegte ihn zum ersten Mal im Speerwurf. Längst hatte ich unter Beweis gestellt, wie klug ich war, und auch Pharao hatte den Bitten seines Sohnes stattgegeben - ich erhielt eine besondere Ausbildung zum offiziellen Staatsbeamten, ein Privileg, das sonst nur hochgeborenen Söhnen einflussreicher Ägypter zustand.

Obwohl speziell Wesir Paser, einer der mächtigsten Ratgeber im Land, versuchte, mich überall zu behindern, gelang es mir, meinen Platz zu festigen.

Ramses vertraute mir und förderte mich nach Kräften. Noch vor dem Tod seines Vaters berief er mich in seinen persönlichen Regierungsstab.

Paser beobachtete meinen Aufstieg voller Hass und versucht weiterhin mir Steine in den Weg zu legen. Aber jetzt, da Ramses Pharao ist, muss der Wesir vorsichtig sein. Auch wenn er so viel Wissen, Macht und Einfluss besitzt, dass man ihn nicht absetzen kann, wird Ramses wohl kaum zulassen, dass er mir schadet.

Aber mittlerweile kann ich mich auch selbst recht gut schützen. Wissen ist Macht, das habe ich schon früh gelernt. Dementsprechend habe ich mein eigenes Spitzelsystem aufgebaut und erstaunliche Tatsachen erfahren, die ich je nach Bedarf einsetze.

Nun gut, heute ist der große Tag, an dem Ramses die Macht übernimmt über ganz Ober- und Unterägypten. Heute ist aber auch der Tag, an dem ich, Tameriq, der Kuschiter, mein neues Amt antrete, als Ratgeber des Pharao und Aufseher über die Gesetze, obwohl ich dieser Aufgabe schon einige Zeit nachkomme. Meine Berufung ist es, den Gesetzen und Anordnungen des Pharao Geltung zu verschaffen. Wenn man will, bin ich eine Art Polizist und Richter in einem. Verantwortlich nur meinem direkten Vorgesetzten, dem Hauptaufseher Amenacht und Pharao persönlich.

Ich lächele Ramses an und zeige mein prachtvolles Gebiss, das von meiner dunklen Haut absticht. Ich bin Tameriq, der Kuschiter, und ich bin Ägypter.

1. Ein Toter auf dem Nil

Als Ramses II. die langatmige Zeremonie hinter sich gebracht hatte, war die Nacht schon weit fortgeschritten. Im Anschluss an die Krönung hatte es ein Fest gegeben, und auch dabei hatte er die Würde und Distanz bewahren müssen, die den Herrscher über die zwei Ägypten auszeichnete.

Jetzt saß er in seinen Gemächern, und eifrige Diener waren dabei, ihn für die Nacht vorzubereiten. Die Staatsinsignien hatte er längst wieder dem Hohepriester des Amun-Re, Senenmut, übergeben, der es als Ehre und mittlerweile selbstverständliches Privileg betrachtete, diese wertvollen Gegenstände im Tempel aufbewahren und behüten zu dürfen.

Ungeduldig ließ Ramses zu, dass die zahlreichen Leibsklaven ihn entkleideten und wuschen, dann mit parfümierten Ölen salbten und die Schlafstatt bereiteten. Aber schließlich hatte er genug von ihnen und schickte sie weg.

Die hauchdünnen Schleier vor den Fensteröffnungen bewegten sich leicht im Wind, als alle das Schlafgemach verließen. Dann stand die Große Gemahlin Nefertari da. Wie ein Windhauch war sie eingetreten, ein Lächeln auf den Lippen.

Ramses streckte die Hand aus, und die schöne Frau schmiegte sich an seinen kräftigen muskulösen Körper. Doch Pharao hatte in dieser Nacht keine weiteren Wünsche, der kommende Morgen sollte mit einer Jagd noch im Morgengrauen beginnen, der Herrscher wünschte nur ein wenig zur ruhen. Er führte seine Frau zur Schlafstatt, und eng umschlungen schliefen beide ein. Noch vor dem Morgengrauen erwachte der Pharao und sah gerade seinen persönlichen Leibsklaven Achmenet hereinkommen. Er war der einzige, der das Vorrecht besaß, den göttlichen Herrscher aus dem Schlaf zu wecken.

Ramses löste sich sanft aus den Armen seiner Frau und folgte Achmenet ins Nebenzimmer, wo bereits weitere Sklaven darauf warteten, den allmächtigen Herrscher für die anstehende Jagd vorzubereiten.

Nur ein Lendenschurz war die ganze Bekleidung, Sandalen aus Schilf zierten die Füße, und das gefältelte Kopftuch, die Nemes, komplettierten die Ausstattung des muskulösen Mannes. Die Jagd sollte auf Nilpferde gehen, der oberste Priester des Hapi, des Nilgottes, hatte Glück verheißende Vorzeichen gedeutet, und die Flotte der Jagdboote lag bereit.

Nur die Edlen und Vornehmen besaßen das Recht, die schwerfälligen Tiere zu jagen, die Beute aus dieser Jagd sollte jedoch dem gemeinen Volk zugute kommen. So profitierten auch Arbeiter und Sklaven von der Thronbesteigung des neuen Pharao.

Ramses machte noch einige Dehnübungen, damit der vom Schlaf entspannte Körper die nötige Geschmeidigkeit bekam, dann ging er mit raschen Schritten durch den Palast zum Nilufer. Er hasste es, in der Sänfte getragen zu werden und benutzte sie nur bei offiziellen Anlässen.

Eine große Anzahl von Männern wartete bereits, darunter auch der Oberbefehlshaber des Heeres, der Goldhorus Neb-Amun, ein kraftvoller Mann mit einem scharf geschnittenen Gesicht, der sich aus dem gemeinen Soldatenrang bis zum Heerführer hochgearbeitet hatte. Ebenso wie Tameriq, der Kuschiter, verfügte er nicht über die Protektion der hohen Würdenträger, sondern hatte das Entzücken des Pharao gefunden, als er sich im Feldzug als mutiger Mann erwies. In seinen Händen lag die Organisation dieser Jagd, und sollte Ramses nichts erlegen oder in irgendeiner Form unzufrieden sein, musste Neb-Amun damit rechnen, Rechenschaft abzulegen. Da half ihm dann auch die glückliche Prophezeiung des Hapi-Priesters nichts mehr.

Aber soweit wollte der Goldhorus gar nicht denken, auch er trug das Jagdfieber im Blut. Seine Soldaten und eine ganze Reihe von Sklaven waren bestens vorbereitet, Pharao würde eine großartige Jagd erleben, dessen war er sicher.

Sein Blick traf kurz auf den von Tameriq, die beiden Männer hatten schon vor einiger Zeit Freundschaft geschlossen. Der riesige Kuschiter mit der ebenholzfarbigen Haut, den breiten Lippen und den flinken intelligenten Augen war ebenfalls gerüstet für die Jagd. Mit einem breiten raubtierhaften Lächeln begrüßte er Ramses, noch bevor Wesir Paser den traditionellen Kniefall ausführen konnte. Ein Blick voller Hass traf den Freund des Pharao, der sich jedoch nichts daraus machte.

Die Boote waren gut sechs Meter lang und mit ausgesuchten Soldaten besetzt, die kräftig zu rudern wussten. Ramses betrat ohne Umstände seines, auf dem ein Sonnenschutz angebracht worden war. Ihm folgten Tameriq und Neb-Amun, sowie der königliche Jagdaufseher und zwei weitere Kuschiter aus der Leibwache.

Auch die übrigen Männer am Ufer stiegen in die ihnen zugewiesenen Boote, dann setzte ein kleines Wettrennen ein, bis die Flotte die sumpfigen Nebenarme des Nils erreichen. Hier, zwischen Papyrus und Schilf, lebten die massigen Nilpferde, die heute das Ziel der Begierde sein sollten.

Amen-Hotep, der Oberpriester des Hapi, brachte ein Opfer dar, ebenso wie Senenmut, der Hohepriester des Amun, dann begannen auch schon die Treiberboote auszuschwärmen.

Vögel kreischten erschreckt und empört auf, das Wasser wurde aufgewühlt, und die Schreie der Treiber tönten durch den bislang ruhigen Morgen. Im Osten zeigte sich der erste Schimmer des Re, der Sonnenaufgang stand kurz bevor.

Mit funkelnden Augen standen Ramses und Tameriq im Bug des Bootes, die Augen fest auf den Sumpf gerichtet, um die Nilpferde zu erspähen und sich in eine gute Position für den Angriff zu bringen.

Die Jagd auf diese großen Tiere war nicht ungefährlich, sie konnten allein durch ihre Körperkraft die relativ leichten Jagdboote umwerfen, und die gewaltigen Hauer im großen Maul hatten schon viele Menschen tödlich verletzt. Aber alle hier Anwesenden waren erfahrene Kämpfer - auf dem Schlachtfeld und bei der Jagd.

„Schau, Erhabener, dort drüben ist ein prächtiger Bulle“, rief Tameriq und deutete auf den Schädel eines mächtigen Tieres.

Ramses lachte dröhnend auf. Er hob den Arm mit dem Speer und zielte kurz. Die scharf geschliffene Klinge sauste auf das Tier zu und traf zielsicher gleich hinter dem Kopf. Der Speer war so heftig geworfen, dass er im Hals stecken blieb. Blut spritzte auf, und der Bulle öffnete das riesige Maul, um zu schreien.

Das war für die übrigen Jäger das Signal. Dutzende von Speeren zuckten durch die Luft, die Schreie der getroffenen Tiere durchbrachen den lieblichen Morgen, das Gebrüll der Jäger tat ein Übriges, und das aufgewühlte Wasser schlug heftig gegen die Boote. Jeder der rund zweihundert Männer war vom Jagdfieber besessen, es gab nur noch den Geruch nach Blut und das wilde Verlangen zu töten.

Auch Tameriq ließ sich davon anstecken, doch er hatte es sich selbst zur Aufgabe gemacht Pharao zu beschützen. So behielt er selbst mitten im Gewühl der durcheinander drängenden Boote, des aufgewühlten Schlamms und der feucht glänzenden Leiber, inmitten von Blut und Wasser einen klaren Kopf und die Übersicht. Er und auch Neb-Amun warfen immer wieder aufmerksame Blicke um sich.

Mittlerweile waren auch schon vier Boote durch die im Todeskampf tobenden Tiere gekentert, einige der Treiberboote versuchten die wild planschenden Männer zu bergen, konnten aber nicht verhindern, dass es Schwerverletzte gab, die mit ihren Schreien das Chaos noch vergrößerten.

Trotz all dieser Unruhe stand der hoch gewachsene Kuschiter aufrecht im Boot, ließ sich von Zeit zu Zeit einen Speer reichen und behielt Pharao im Auge. Nun wurden auch die Speerwürfe weniger, eine große Anzahl Nilpferde war bereits tot oder kämpfte aussichtslos ums Überleben.

Einige mutige Sklaven waren ins Wasser gesprungen und befestigten Stricke an den Kadavern, um sie durch die Boote bis nach Pi-Ramesse ziehen zu lassen, wo die Leckerbissen schon hungrig erwartet wurden.

Tameriq bemerkte aus dem Augenwinkel heraus einen weiteren Speerwurf. Doch dieses Mal traf die Klinge keines der zuckenden Tierleiber, stattdessen flog sie zielstrebig auf den Hohepriester des Hapi zu. Amen-Hotep, der dickliche, kleingewachsene Mann mit der schrillen Stimme sah das Unheil nicht kommen. Die Klinge drang in den Oberkörper, direkt unter der Schulter ein, und der Mann wurde durch die Wucht aus dem Boot gestoßen. Er fiel mitten hinein in den Todeskampf von zwei Tieren und hatte keine Chance, länger als ein paar Sekunden zu überleben.

Nicht nur Tameriq hatte das Unglück verfolgt, auch Neb-Amun war der Vorfall nicht entgangen. Allerdings hatte er nicht gesehen, dass der Speer gezielt geworfen worden war.

„Los, zwei Boote sofort seitwärts“, brüllte der Goldhorus, er dirigierte die Boote zum Unglücksort. Aber natürlich war es schon zu spät, von dem Priester existierte nur noch eine leblose blutige Hülle, die rasch im schlammigen Wasser versank.

Nun war auch Ramses aufmerksam geworden, bestürzt entdeckte er den Tod des Würdenträgers. „So hat seine Weissagung ein düsteres Ende gefunden“, sagte er.

Tameriq schüttelte den Kopf. „Das war kein Unfall, Erhabener, der Speerwurf war gezielt.“

Ramses runzelte die Stirn. „Bist du sicher? Wer würde es wagen, meinen Zorn herauszufordern, indem er eine solche Tat begeht? Du musst dich täuschen.“

„Nein, ich sah, wie jemand auf den Booten dort drüben auf den Hohepriester gezielt hat. Aber ich konnte nicht erkennen, wer.“

„Wir werden später noch darüber reden“, beschied ihm der Herrscher und hob die Hände. Die Jagd war vorüber, und sie war erfolgreich gewesen. Während sich alle daran machten, die Beute nach Pi-Ramesse zu schaffen, schoss das Boot mit Ramses und Tameriq pfeilschnell zur Stadt zurück, wo eine jubelnde Menschenmenge sie in Empfang nahm.

Es dauerte Stunden, bis Pharao und seine Ratgeber im Palast zusammen saßen. Der Tod des Hohepriesters wurde öffentlich betrauert, aber niemand stellte eine Frage. Es handelte sich offenbar um einen Unfall, so etwas passierte bei der Jagd immer wieder. Mochte es sich auch um einen der Mächtigen handeln - Menschenleben waren billig in diesen Zeiten.

Doch Ramses bewies sein schon früh ausgeprägtes Geschick in der Menschenführung und  der Regierung, als er mit Tameriq beisammen saß. Sklaven fächelten ihnen kühle Luft zu, Wein, Früchte, Brot und Fleisch standen im Überfluss um sie herum, und das Bier war frisch und schmeckte.

„Du bist also fest davon überzeugt, dass Amen-Hotep gezielt ermordet wurde?“, fragte Ramses unvermittelt.

Der riesige Kuschiter blickte ihn offen an. „So sicher, wie ich weiß, dass du Pharao bist“, kam seine Antwort ohne Zögern

„Dann wünsche ich, dass du herausfindest, wer das getan hast“, entschied Ramses. „Ich weiß, dass du mittlerweile über eine Reihe von ausgezeichneten Spitzeln verfügst. Lass sie nachforschen. Es ist doch so, dass jeder der hier anwesenden etwas von mir verbirgt, sei es nun Korruption oder Mord oder doch nur eine Kleinigkeit. Aber nichts davon greift meine Herrschaft so direkt an wie ein Mord an einem der höchsten Würdenträger.“

„Du hast dein Amt gerade erst angetreten, Erhabener, vielleicht handelt es sich um einen Racheakt für ein länger zurückliegendes Geschehen. Das muss nichts mit dir zu tun haben“, gab Tameriq zu bedenken.

„In gewisser Weise hat alles etwas mit mir zu tun, mein Freund. Schau nur, wie der griesgrämige Paser uns beobachtet, er neidet dir deine Freundschaft zu mir. Ich weiß, dass dieser Mann mehr Geheimnisse hütet als ein Bauer Flöhe hat, doch er ist ein hervorragender Verwalter und für das Reich fast unersetzlich. Und doch besitzt nicht einmal Pharao genug Macht, um ihn zu entfernen. Ich bin auf ihn und seine Geheimnisse angewiesen. Du siehst, irgendwie geht mich alles etwas an.“

Tameriq trank nachdenklich aus seinem Becher. „Ich nehme an, Erhabener, dass ich anderen gegenüber schweigen soll?“

„Ja. Vorerst sollen alle weiter glauben, dass es sich um einen Unfall handelt, dann wird der Täter vielleicht sogar leichtsinnig. Aber du solltest auf dich aufpassen. Wer keine Hemmungen hat einen Priester zu töten, wird auch von dem Aufseher über die Gesetze nicht zurückschrecken.“

„Ich werde auf mich aufpassen“, versprach Tameriq und ignorierte beharrlich die weiterhin bösartigen Blicke vom Wesir. Auch Ramses bemerkte dieses wortlose Duell, und er gedachte Tameriq noch enger an sich zu binden, um ein taktisches Gleichgewicht gegen den mächtigen Wesir aufzubauen. Er stand auf, und schlagartig verstummten alle Gespräche.

„Dies ist ein Tag der Freude“, begann er mit volltönender Stimme. „Die beiden Ägypten haben eine lange Zeit von Kriegen hinter sich, und auch ich kann euch nicht versprechen, dass wir einer Zeit des Friedens entgegengehen. Doch wie der Nil alljährlich den fruchtbaren Schlamm an unsere Ufer spült, so sicher werde ich mein Bestes tun, um mein Volk gut zu regieren. Weil auch ein Pharao darauf angewiesen ist, fähige Ratgeber zu haben, ist es sein Vorrecht, eben diese Ratgeber von Zeit zu Zeit zu belohnen. Ich bin noch jung und muss mich auf die bewährten Männer stützen, die auch meinem Vater und Großvater zur Seite gestanden haben. Deshalb will ich diese Gelegenheit nutzen, um meinen Wesir Paser mit einem Zeichen der Achtung zu bedenken. Komm her, Paser, hier an meine Seite.“

Der mürrische schmächtige Mann mit der hohen Stirn und den intelligenten dunklen Augen nahm es als selbstverständlich hin, dass er geehrt wurde. Als er neben Ramses stand, wurde deutlich, wie stark die Unterschiede waren. Obwohl der Pharao nicht einmal halb soviel an Schmuckstücken und Edelsteinen trug, besaß er doch schon die Ausstrahlung von Autorität und Herrschaft, um die sich Paser seit Jahrzehnten bemühte. Er hatte im Laufe seiner Karriere so viele Nebenbuhler ausgeschaltet und so viele dunkle Geschäfte getätigt, dass allein das Wissen um diese Vorgänge sein Todesurteil bedeuten würde. Aber er hatte auch so viele Geheimnisse gesammelt, dass niemand den Versuch unternehmen würde, ernsthaft gegen ihn vorzugehen. Doch natürliche Autorität fehlte ihm, und er war kein Mann, den man auf den ersten Blick als Freund begrüßen würde.

Ramses legte ihm jetzt eine goldene Kette um den Hals. „Du, mein treuer Ratgeber, erhältst jetzt noch eine besondere Aufgabe, die nicht nur deinen Fähigkeiten angemessen ist, sie wird deinen Ruhm noch stärken.“

Jetzt wirkte der Wesir doch ein wenig irritiert, in seiner Position gab es nicht mehr viel, was ihn im Rang noch weiter erhöhen konnte. Erwartungsvoll schaute er Ramses an.

„Du wirst das nächste Opet-Fest in Luxor ausrichten und die Vorbereitungen beaufsichtigen, Wesir. In deine Hände lege ich die Verantwortung für den korrekten Ablauf.“

Tameriq konnte förmlich sehen, wie die Gesichtszüge von Paser entgleisten. Er hatte mit allem möglichen gerechnet, aber nicht damit, 700 km entfernt eine Aufgabe wahrzunehmen, die eigentlich den Priestern vorbehalten war. Doch die moralischen Nackenschläge nahmen noch kein Ende.

Ramses streckte eine Hand aus und berührte Tameriq an der Schulter. „Dieser hier, mein Aufseher königlicher Gesetze, hat mir ebenfalls schon oft seine Treue bewiesen. Tameriq, du bist für alle unvermählten Männer am Hof ein schlechtes Beispiel, und deswegen ordne ich an, dass du heiraten wirst. Meine Schwester Kyula-Merit lebt noch ohne Mann, in drei Tagen wird sie deine Frau werden.“

Für einen Augenblick herrschte in der ganzen Halle absolute Stille, dann aber brach ein Jubel los, wie er in diesem Palast nur selten gehört worden war.

Nur drei Menschen stimmten in das Geschrei nicht ein. Ramses, der den Beschluss verkündet hatte; Tameriq, der überwältigt war von der Ehre, aber auch verblüfft von dieser Anweisung; und Paser, dessen Gesicht eine einzige verzerrte Fratze von Hass und Wut war. Diese höchste aller Ehren hatte er angestrebt, doch sein Rivale wurde damit ausgezeichnet. Liebend gern hätte er ebenfalls ein Mitglied aus dem königlichen Haushalt als weitere Gemahlin geheiratet, aber diese Würdigung ging nun an jemanden, den er aus tiefstem Herzen hasste. Es gelang ihm nicht einmal, eine neutrale Miene aufzusetzen und Tameriq einen höflichen Glückwunsch auszusprechen. Er verbeugte sich vor Pharao und mischte sich wieder unter die Gäste.

„Ich danke dir, Erhabener“, sagte der Kuschiter ergriffen. „Niemals hätte ich zu hoffen gewagt...“.

„Du stehst seit meiner Kindheit treu an meiner Seite, Tameriq“, sagte Ramses leise. „Jemand wie ich wird immer das Problem haben, dass er kaum einem Menschen trauen kann. Dir kann ich trauen, du hast mich nie um etwas gebeten, du hast mir deine Treue und deine Fähigkeiten immer wieder bewiesen. Wem sonst also sollte ich solche Ehren zuteil werden lassen? Versuche glücklich zu werden, Kyula-Merit ist eine schöne Frau, aber sehr eigensinnig. Die Götter haben sie mit entschieden zuviel Klugheit gestraft.“

Die beiden Männer lachten sich vergnügt an. „Falls du noch Gold brauchst, um deine Spione zu bezahlen, hast du meine Erlaubnis den Oberzahlmeister Neferperet darauf anzusprechen. Im Übrigen möchte ich, dass du spätestens bis zum Opet-Fest ein Ergebnis vorlegen kannst. Falls nicht, werde ich die Sache ebenfalls als Unfall abtun. Du brauchst Amenacht nicht über deine Fortschritte zu unterrichten, in dieser Angelegenheit bin ich dein einziger Ansprechpartner, falls es etwas zu sagen gibt.“

„Wie du befiehlst, Erhabener. Ich werde mein Bestes tun“, versprach Tameriq. In Gedanken ordnete er bereits die Bezirke, in die er seine Leute ausschicken wollte. Sein Gedächtnis gaukelte ihm vor, den Mörder genau gesehen zu haben, auch wenn sein Verstand sich weigerte, das als Tatsache anzuerkennen. Der Aufseher der Finanzen, eben der, den er selbst ansprechen sollte, falls er Geld für seine Spione brauchte, wäre der Mörder gewesen - jedenfalls in der unsicheren Erinnerung des Kuschiters. Nein, befand er dann. Es gibt keinen Grund, warum ausgerechnet Neferperet, der hoch angesehene Würdenträger den Hohepriester töten sollte. Er musste sich irren. Und außerdem war jetzt der Zeitpunkt zum Feiern, er konnte heute Nacht noch einmal darüber nachdenken.

Wiederum fing er einen mörderischen Blick von Paser auf, dieses Mal lächelte er und erwiderte den Blick mit einer spöttischen Verneigung.

*

„Willkommen zuhause, Herr, es ist ein großer Tag der Freude. Dieses Haus bekommt endlich eine Herrin, ich bin sehr glücklich.“ Patashi, der Haushofmeister von Tameriqs Anwesen, begrüßte seinen Herrn mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht, obwohl es schon mitten in der Nacht war.

„Woher weißt du denn schon darüber Bescheid?“, fragte der Kuschiter erstaunt. Er hatte ausgerechnet diesen Eunuchen zu seinem Haushofmeister gemacht, weil Patashi einst als Sklave im Hause des Paser gelebt hatte.

Eigentlich hätte Patashi längst tot sein müssen. Bei der gewaltsamen Kastration des noch sehr jungen Patashi hatte es, wie so häufig, Komplikationen gegeben, und man hatte den damals Jugendlichen wie ein Stück ausgedienten Teppich auf die Straße geworfen, um ihn krepieren zu lassen. Tameriq hatte ihn damals gefunden und gesund gepflegt, das würde Patashi ihm niemals vergessen. Auch dass die beiden jeweils dem Tod von der Schippe gesprungen waren, verband die ungleichen Männer.

Viele Jahre diente Patashi jetzt hier im Hause, und es gab wohl nichts, von dem er nichts wusste, aber er war so verschwiegen wie ein Grab und diente seinem Herrn auf unterschiedliche Weise.

Patashi hob zu seiner längeren Erklärung an, doch Tameriq winkte ab. „Danke, ich glaube, ich will es gar nicht wissen.“

„Kann ich dir noch etwas bringen, Herr, oder soll ich deine Leibsklaven schicken? Dieses faule Pack soll sich bloß nicht erdreisten zu protestieren, weil es schon spät ist.“ Patashi ballte die Faust und schüttelte sie.

„Hat es denn überhaupt schon jemand einmal gewagt, gegen deine Befehle zu protestieren?“, fragte Tameriq ironisch.

„Wie bitte? Natürlich nicht! Alle Sklaven in diesem Hause wissen ganz genau, dass sie widerspruchslos zu gehorchen haben.“ Der Haushofmeister war längst kein Sklave mehr, ebenso wenig wie Tameriq, doch er liebte es, sich über seine Untergebenen aufzuregen und an niemandem ein gutes Haar zu lassen. Sobald jedoch jemand anders es wagte, in das Lamento einzufallen, nahm er seine Leute sofort in Schutz. Nur er durfte schimpfen, und nur er durfte bestrafen.

Tameriq wusste um diese kleinen Eigenheiten und nahm sie gelassen hin. Der Haushalt funktionierte reibungslos, und im Gegensatz zu anderen Hohen Häusern hielten sich Verschwendung und Diebstähle in Grenzen.

„Ich kann auch alleine zu Bett gehen, Patashi, danke, später. Jetzt aber...“,

Sofort nahm das Gesicht des jüngeren Mannes einen angespannten Ausdruck an. „Was kann ich für dich tun, Herr?“, fragte er sachlich. Instinktiv wusste er, dass noch ernste Probleme anstanden.

Tameriq hatte vor ihm keine Geheimnisse, im Übrigen würde er sowieso durch seine eigenen Kanäle alles erfahren. Da war es klüger, gleich die vielfältigen Talente des Mannes zu nutzen.

„Komm, setzen wir uns.“ Tameriq hockte sich auf einige weiche Kissen, Patashi ließ sich ihm gegenüber nieder.

„Du wirst dafür sorgen, dass alles vorbereitet ist, wenn die neuen Herrin einzieht“, befahl Tameriq.

„Wirklich schon in drei Tagen?“, fragte der andere.

„So hat es Pharao angeordnet.“

„Das ist wenig Zeit, aber ich werde es selbstverständlich schaffen. Das war doch noch nicht alles? Du siehst angespannt aus, Herr, hast du Ärger?“

Tameriq erzählte ihm von dem Mord, der bis jetzt allgemein als Unfall behandelt wurde, und von dem Auftrag, den Ramses ihm erteilt hatte. Patashi hörte aufmerksam zu und begann nachzudenken, seine Hand nahm ein paar Datteln aus einer Schale, und er aß, ohne um Erlaubnis zu bitten.

Tameriq hatte einige seiner Spitzel auf Anraten seines Haushofmeisters eingestellt, es handelte sich zumeist um Haussklaven in den Hohen Häusern, einige Bauern waren darunter, und sogar zwei junge Priester. Jeder konnte auf seine Weise Informationen liefern, ein großes vollständiges Bild ergab sich jedoch erst, wenn ein kluger Kopf all diese Einzelheiten passend zusammensetzte. Tameriq war solch ein kluger Kopf, der aber auch genug Verstand besaß, um auf andere zu hören.

„Du glaubst also, den Aufseher der Finanzen erkannt zu haben?“, forschte Patashi und kratzte sich am Kopf. „Das wird schwierig, Herr. Neferperet besitzt treue Sklaven und Schreiber, die nichts nach außen tragen, und wir haben bis heute noch niemanden in sein Haus einschleusen können. Selbst seine Frauen sind verschwiegen, was man kaum glauben sollte. Aber ich werde mir Gedanken machen.“

„Gut. Wir haben doch auch zwei Priester unter unseren Leuten, ich möchte die beiden gern sprechen.“

„Heute Nacht noch?“

„Nein, das wäre in jedem Fall zu auffällig“, bestimmte Tameriq. „Richte den beiden aus, dass ich sie morgen um die Mittagsstunde sprechen möchte. Nach außen hin kannst du verlauten lassen, dass ich dem Tempel des Amun eine Spende zukommen lassen will - anlässlich meiner Vermählung. Der Hohepriester Senenmut wird darüber sicherlich erfreut sein.“

„Du bist klug, Herr. Ich bin froh, nicht dein Gegner zu sein.“

„Suchst du heute Nacht etwa Komplimente? Du bist selbst schlau genug, um mir standzuhalten.“

„Mögen die Götter verhüten, dass es jemals so weit kommt“, rief der Diener entsetzt. „Du solltest jetzt schlafen gehen, Herr. Ich werde dem Gott Thoth ein Opfer darbringen, damit er unsere Nachforschungen mit seiner Gnade segnet.“

Tameriq lächelte zustimmend, doch für ihn persönlich war dieser ausufernde Götterglaube einfach nur absurd. Er wusste jedoch, dass er sich den hier herrschenden Gebräuchen anzupassen hatte.

Ohne die Hilfe der Leibsklaven ging er schlafen, er wollte einfach nur allein sein.

*

Mehrere hundert Schritte entfernt in einem anderen großzügigen Gebäude lief der Wesir Paser zornig auf und ab. Seine Wut hatte nach seiner Heimkehr keine Grenzen gekannt, und als ein Sklave nicht schnell genug demütig neue Sandalen gebracht hatte, war er selbst handgreiflich geworden. Mit einem Stock hatte er auf den Mann eingeschlagen, bis sein eigener Arm schmerzte.

„Geht mir aus den Augen, alle“, brüllte er unbeherrscht. Allein hatte er seine unruhige Wanderung wieder aufgenommen, und dabei hatte sich der Zorn eher noch gesteigert.

„Eine Ehrung von Pharao?“, brüllte er. „Eine Aufgabe, die meinen Fähigkeiten angemessen ist? Weghaben will er mich aus Pi-Ramesse, und daran ist nur der Schwarze schuld. Der hat ihm Honig in die Ohren und Gift ins Herz geträufelt. Wer weiß, was noch geschieht, sobald ich die Stadt verlassen habe? Vielleicht adoptiert Ramses diesen Tameriq gleich und ernennt ihn zum Mitregenten. Warum, bei allen Göttern, hat ihn bis heute noch niemand umgebracht? Mich ehren? Ha, er hat mich gedemütigt! Was habe ich in all diesen Jahren nicht alles schon geleistet? Hat man mir für meine Verdienste eine Prinzessin zur Ehefrau geboten? Nein, natürlich nicht! Ich bin ja nur der Wesir Paser, der den Schmutz beseitigen muss und die Geheimnisse des Pharao zu hüten hat. Mich ehren?“ Er riss mit einem Ruck die goldene Halskette von Ramses ab und schleuderte sie in eine Ecke.

Eine sanfte Bewegung im Eingang des großzügigen Raumes weckte seine Aufmerksamkeit.

„Habe ich nicht gesagt, ihr sollt verschwinden?“

Eine zarte zerbrechlich wirkende Frauengestalt stand da. Die Furchen des Alters hatten das schmale fein gezeichnete Gesicht geprägt, doch die Augen wirken zeitlos und blickten klug auf den Mann.

Das war Neferutja, die Erste Ehefrau von Paser. Sie zählte mittlerweile, ebenso wie ihr Mann, mehr als 50 Jahre, ihr Körper war gebrechlich, und sie wusste, dass sie nicht mehr lange zu leben hatte. Sie war schon in jungen Jahren Paser zur Frau gegeben worden, und die beiden hatten es nicht immer leicht gehabt. Doch vom ersten Tage an hatte sie ihren Mann geliebt, und diese Gefühle hatten bis heute Bestand. Sie war die einzige, die seinen Zorn nicht fürchtete.

„Du wirst dir noch selbst schaden mit deinen Worten, mein Gemahl“, sagte sie sanft und kam mit vorsichtigen Schritten etwas näher. Er schaute sie liebevoll an. Mehr als 30 Jahre hatte Neferutja an seiner Seite gestanden und war ihm eine gute Frau gewesen, die unter seinen zahlreichen Nebenfrauen stets für Ruhe und Ordnung gesorgt hatte. Er nahm sie in die Arme, und sein Zorn legte sich ein wenig.

„Du solltest nicht aufstehen, meine Liebe“, sagte er zärtlich. „Deine Kräfte lassen nach, du musst dich schonen.“