Über das Buch:
In der Wildnis von Wyoming, 1885:
Eigentlich hat Abigail Harding ihr Leben gut im Griff. Sie unterrichtet an einer renommierten Mädchenschule und ist so gut wie verlobt. Doch eine spontane Reise zu ihrer Schwester, die als Offiziersgattin in einem Fort in Wyoming lebt und zutiefst unglücklich zu sein scheint, verändert alles.
Abigail gerät in einen Strudel von Ereignissen, der nicht nur ihr gesamtes Lebenskonzept und ihre Zukunftspläne infrage stellt, sondern sie auch in Lebensgefahr bringt …

Über die Autorin:
Amanda Cabot lebt mit ihrem Mann in Wyoming, USA, und machte zunächst als Informatikerin Karriere, bevor sie sich ganz ihrer Leidenschaft fürs Schreiben widmete. Ihre Romane waren bereits für zahlreiche Preise nominiert. „Der Sommer, der so viel versprach“ ist ihr erstes Buch, das auf Deutsch erscheint.

Kapitel 7

War sie die Einzige, die bemerkt hatte, dass er aufgebracht war? Er hatte nur kurz die Schultern sinken lassen und die Mundwinkel verzogen, aber sie hatte es dennoch gesehen. Einen Moment später, als er sich zu Jeffrey gesellt hatte, um ihm zu gratulieren, hatte er schon wieder den Eindruck gemacht, als sei alles in bester Ordnung. Hatte er das in West Point gelernt – seine Gefühle derart zu verbergen? Abigail wusste, was sie gesehen hatte: Es ärgerte Ethan außerordentlich, dass seine Mannschaft verloren hatte. Deshalb wartete sie auf dem Paradeplatz, bis die Rekruten auf ihre Unterkünfte zusteuerten.

„Es war ein gutes Spiel“, sagte sie, als sie neben Ethan trat. Normalerweise war es Oliver Seton, der ihr nach dem Training anbot, sie nach Hause zu begleiten. Doch dieses eine Mal war er schon gegangen, kaum dass das Spiel geendet hatte.

Ethan schüttelte den Kopf. „Wir hätten gewinnen müssen. Die Blues sind ein besseres Team als die Champs. Wenn ich nicht gewesen wäre, hätten wir gewonnen.“

Das war es also, was ihm zu schaffen machte. Es war nicht so sehr die Niederlage, sondern die Überzeugung, dass er dafür verantwortlich war. War das ebenfalls etwas, das man ihm in der Militärakademie beigebracht hatte – dieses Gefühl, allein die Verantwortung übernehmen zu müssen? Das mochte ja in einem Kampf gelten, aber Baseball war etwas anderes.

„Sie spielen in einem Team, Ethan. Das bedeutet, dass jeder eine Rolle spielt. Ob man gewinnt oder verliert, hängt von allen ab, nicht von einer Person.“

Er sah sie an, als spräche sie eine andere Sprache. „Sie verstehen das nicht.“

„Ich glaube doch. Sie haben Angst, dass Sie Ihre Männer enttäuscht hätten. Aber Ethan, denken Sie doch mal darüber nach, warum Sie die Mannschaft überhaupt aufgestellt haben. Sie wollten den Männern ein neues Interesse, eine Beschäftigung geben. Sie wollten vermeiden, dass sie sich langweilen.“

Obwohl seine Lippen fest zusammengepresst blieben, entdeckte Abigail einen Funken Begeisterung in seinen Augen. Sie hoffte, diesen Funken entfachen zu können, und sagte: „Ich habe mir jeden Spieler auf dem Feld angesehen und kann Ihnen eins versichern: Niemand hat sich gelangweilt.“

„Da könnten Sie recht haben.“

„Natürlich habe ich recht.“ Abigail ballte die Fäuste, stemmte sie gegen ihre Hüften und sagte mit gespielter Entrüstung: „Hat man Ihnen nicht beigebracht, dass Lehrerinnen immer recht haben?“

Einen Moment lang glaubte sie, er würde lächeln, aber stattdessen verfinsterte sich Ethans Blick wieder. „Es ist schon komisch, aber als ich Jeffrey gratuliert habe und ihn grinsen sah, hätte ich schwören können, dass es mein Großvater ist, der vor mir steht. Ich konnte beinahe hören, wie er mir vorwirft, dass ich seinem Anspruch nicht gerecht geworden bin.“

Abigail war sich nicht sicher, ob sie Bedauern oder Bitterkeit aus Ethans Stimme heraushörte, aber keines von beidem war gut. „Ich frage mich, ob überhaupt irgendjemand den Erwartungen seiner Eltern entspricht. Ich weiß, dass ich meine mehr als einmal enttäuscht habe.“

Die Sonne begann unterzugehen und die Brise, die durch Abigails Haar wehte, war kühl – eine Erinnerung daran, dass es in Wyoming auch dann, wenn die Tage warm waren, am Abend ziemlich kalt werden konnte. Abigail wusste, dass sie zu Charlotte zurückkehren sollte. Und doch wollte sie Ethan nicht allein lassen.

Er war einen Moment lang still, so als würde er über das nachdenken, was sie gesagt hatte. Aber als er dann sprach, überraschten sie seine Worte. „Es muss schwierig gewesen sein, die Tochter eines Pfarrers zu sein. Mit meinem Großvater zu leben war nicht immer einfach, aber zumindest war das Strafgericht auf die Sonntage beschränkt gewesen.“

Welche Art von Kirche hatte Ethan besucht? So schnell, wie ihr die Frage in den Sinn gekommen war, wusste Abigail auch schon die Antwort. Papa war von einigen Gemeinden um seinen Abschied gebeten worden, weil die Gemeindemitglieder ihn als zu gutmütig bezeichnet hatten. Sie hatten Predigten gewollt, die all denen mit Strafe drohten, die eine andere Meinung vertraten. Stattdessen hatten die Vertreter dieser Gemeinden mit Erschrecken feststellen müssen, dass Papa eine eigene Meinung vertreten hatte und dass diese nicht immer mit der Meinung der Ältesten übereinstimmte.

„Mein Vater war nicht diese Art von Pfarrer.“ Abigail nickte, als Ethan den Weg in Richtung von Charlottes Haus einschlug. Sie konnten ihre Unterhaltung auf der Veranda fortsetzen. „Er hat gepredigt, dass Gott ein Gott der Liebe ist.“

„Keine Blitze von oben? Keine Drohungen mit ewiger Verdammnis?“

„Kaum. Papa wollte, dass wir nach der Hoffnung streben, die Jesus versprochen hat. Er sagte, dass wir uns keine Sorgen um das Leben nach dem Tod machen müssen, wenn wir Jesus als unseren Retter annehmen und unser Leben damit verbringen, seinem Beispiel zu folgen.“

„Zusagen anstelle von Drohungen. Das ist eine faszinierende Herangehensweise.“

„Nicht nur im Hinblick auf den Glauben. Auch Sie haben das den Männern angeboten, als Sie die Baseballspiele organisiert haben. Sie haben ihnen Unterhaltung und eine neue Herausforderung versprochen. Sie haben nicht mit Bestrafung gedroht, wenn das Spiel verloren geht.“

Ethan schmunzelte. „Als Nächstes werden Sie mir dann wohl erzählen, es spiele keine Rolle, dass wir das Spiel verloren haben.“

„Natürlich.“

„Und wenn ich Ihnen sage, dass ich noch nicht überzeugt bin, werden Sie mir sagen, dass Sie immer recht haben.“

„Natürlich.“

Ethans Lachen war das schönste Geräusch, das Abigail den ganzen Abend über gehört hatte.

* * *

Wenn es einen anderen Grund für den Ritt gegeben hätte, hätte Ethan ihn genossen. Obwohl er wusste, dass Abigail ihm widersprechen würde – um nicht zu sagen, vehement widersprechen würde –, gab es seiner Meinung nach nichts, was so wunderschön war wie die Prärie von Wyoming. Wo sonst war der Himmel so klar, dass ein fantasievoller Mensch glauben könnte, er blicke bis in die Unendlichkeit? Wo sonst war der Boden mit den kleinsten Blumen bedeckt, die man sich nur vorstellen konnte, jede davon ein Beispiel von Perfektion in Miniatur? Wo sonst trug der Wind den Duft von Salbeisträuchern über Meilen mit sich? Wyoming war wunderschön. Daran gab es keinen Zweifel. Unglücklicherweise bot die sanfte Hügellandschaft, deren Schönheit durch vereinzelte Schluchten vervollkommnet wurde, denjenigen ideale Möglichkeiten, die sich verstecken mussten. Und versteckt hatten sie sich.

Als Ethan seine Hand über seine Augen legte, um sie vor dem Sonnenlicht zu schützen, und in die Ferne starrte, verfinsterte sich sein Blick. Sie mussten ganz nah sein. Obwohl sie zwölf Stunden Vorsprung hatten, waren sie zu Fuß unterwegs. Normalerweise hätte er sie längst finden müssen, doch diese beiden elenden Feiglinge entzogen sich seinem Zugriff. Er hatte die Spur öfter verloren, als er zugeben wollte. Allein sein Instinkt hatte ihn in diese Richtung gelenkt.

Die Chancen standen gut, dass sie auf dem Weg zu den Goldfeldern von Deadwood waren. Dorthin gingen die meisten Deserteure in dem Glauben, sie würden über Nacht reich werden. Das passierte nicht, aber viele konnten dem Reiz des Goldes trotzdem nicht widerstehen. Das war der Grund, warum ein Suchtrupp in nordöstlicher Richtung nach Deadwood unterwegs war. Obwohl auch er davon überzeugt war, dass die Deserteure nach Gold aus waren, bezweifelte Ethan, dass sie den Wunsch hatten, im Dreck danach zu wühlen. Deshalb hatte er sein Pferd gesattelt und war nach Süden aufgebrochen, um die Gegend parallel zur Postkutschenroute abzusuchen. Sein Instinkt sagte ihm, dass diese Männer ebenso wie der Gefreite Schiller auf schnellen Reichtum aus waren.

„Komm schon, Samson. Wir finden sie.“

Das Pferd musste nicht getrieben werden, damit es galoppierte. Augenblicklich nach Ethans Befehl flog es mit flatternder Mähne und klappernden Hufen über die Prärie. Und dann passierte es. In dem einen Moment galoppierte Samson noch, im nächsten verpasste er einen Schritt, machte einen Satz vorwärts und hielt abrupt an. Ein Präriehundloch! Das musste es sein. Obwohl Ethan viele unterhaltsame Stunden damit zugebracht hatte, über die Gewohnheiten dieser possierlichen Nagetiere zu plaudern, war es überhaupt nicht unterhaltsam, in eines dieser Löcher zu treten. Sie waren breit genug, um den Huf eines Pferdes einzufangen, und tief genug, um ihm das Bein zu brechen – besonders, wenn es in vollem Galopp geschah.

Ethan sprang ab und sprach beruhigend auf den Hengst ein.

„Das wird schon wieder“, sagte er, während er mit den Händen das Bein des Pferdes abtastete. Samson hatte Glück gehabt, begriff Ethan, als er mit der Hand an den Fesseln des Pferdes entlangfuhr. Das Bein war nicht gebrochen, nur stark geprellt.

„Komm schon, Junge“, sagte er und ermutigte das Pferd, ein paar Schritte zu tun. Wie er gehofft hatte, war Samson in der Lage, das Bein zu belasten, obwohl er es offensichtlich schonte.

Ethan zog eine Bandage aus seiner Satteltasche und begann, das Bein seines Pferdes damit zu umwickeln.

„In ein paar Tagen bist du wieder in Ordnung“, sagte er zu seinem Pferd, dann verzog er das Gesicht. Heute würde er nicht mehr reiten können. Das bedeutete nicht nur, dass er zurück zum Fort marschieren musste, sondern – noch schlimmer – dass er diese elenden Deserteure wieder nicht würde fassen können.

Ethan versuchte, kein allzu finsteres Gesicht zu machen, während er zurück nach Fort Laramie trottete. Samson trug weder Schuld daran, dass er in das Loch getreten war, wie an der Tatsache, dass die beiden Männer sich entschieden hatten zu desertieren. Und es war ganz bestimmt auch nicht seine Schuld, dass Ethan jetzt schlecht gelaunt war. Ethan war so zuversichtlich gewesen, dass Baseball das Desertationsproblem lösen würde. Doch das war offensichtlich nicht bei allen Männern geglückt. Einer der Soldaten, der seinen Posten mitten in der Nacht verlassen hatte, war Teil seiner Mannschaft gewesen. Obwohl sein Verstand ihm klarmachte, dass eine Desertation keine spontane Entscheidung, sondern eine sorgfältig geplante Aktion war, konnte Ethan die nagende Angst nicht abschütteln, dass die Niederlage seiner Mannschaft zum Verschwinden des Mannes beigetragen hatte.

Das war absurd. Genauso absurd wie die Tatsache, wie sehr er es vermisste, seine Mahlzeiten bei den Crowleys einzunehmen.

Samson schnaubte und warf den Kopf hoch, fast so, als könnte er Ethans Gedanken lesen und hätte etwas dagegen einzuwenden. Das Pferd war kein Gedankenleser. Natürlich war es das nicht. Aber wenn Ethan ehrlich zu sich selbst war, müsste er sich eingestehen, dass er sich vor allem darauf freute, Zeit mit Abigail zu verbringen, nicht mit dem Rest der Familie Crowley.

Abigail war nicht wie die anderen Frauen, die er kennengelernt hatte. Es war kein Wunder, dass Jeffrey seine Schwägerin als Problem betrachtete. Sie hatte eine eigene Meinung und zögerte nicht, sie vor anderen zu vertreten. Da war zum Beispiel die Art und Weise, wie sie Ethan davon zu überzeugen versucht hatte, dass die Niederlage des Teams nicht seine Schuld gewesen war. Sie hatte damit keinen Erfolg gehabt – jedenfalls nicht in vollem Umfang –, aber sie hatte ihn sehr ins Nachdenken gebracht, unter anderem über die Frage, ob das Gottesbild seines Großvaters falsch sein könnte. Unglücklicherweise kam Ethan aufgrund von Charlottes Erkrankung nicht mehr in den Genuss der Rededuelle bei den Mahlzeiten. Stattdessen war das Beste, worauf er hoffen konnte, eine gewöhnliche Mahlzeit mit uninteressanten Gesprächen mit den anderen Offizieren – Gesprächen, die nur allzu oft darin bestanden, dass Oliver Loblieder auf Abigail sang.

Obwohl es nicht das erste Mal war, dass Oliver sich in eine Frau verguckt hatte, schien es dieses Mal schlimmer zu sein als sonst. Er interpretierte ein einfaches Lächeln als ein Zeichen unsterblicher Liebe. Er war sogar fest davon überzeugt, dass Abigail das Baseballtraining mit der ausdrücklichen Absicht besucht hatte, ihn zu sehen. Sobald das Training beendet war, eilte Oliver an Abigails Seite, tätschelte den Hund und plapperte ohne Pause. Ethan zuckte jedes Mal zusammen, wenn er den unaufhörlichen Wortfluss hervorsprudeln hörte. Eines Abends hatte Oliver sogar einige Verse Poesie von sich gegeben. Ethan war sich sicher, gesehen zu haben, dass Abigail sich das Lachen verkneifen musste.

Ein Habicht stieg gemächlich auf, wobei seine Flügelspannweite in den Sekunden, in denen er über Ethan war, einen willkommenen Schatten warf. Trotz seiner unvergleichlichen Schönheit verlor der Himmel von Wyoming ein bisschen von seinem Reiz, wenn ein Mann gezwungen war, stundenlang unter ihm herumzulaufen. Ethan öffnete seine Feldflasche und nahm einen kurzen Schluck. Er beschloss, sich weder von der sengenden Sonne noch von der Tatsache stören zu lassen, dass er seine Mahlzeiten nicht mehr in Abigails Gesellschaft genießen konnte. Sie würde verschwinden, noch bevor die Blätter fielen – es sei denn, Oliver stimmte sie um.

Ethan verzog angewidert den Mund, als er die Möglichkeit in Betracht zog, dass Abigail als Mrs Oliver Seton in Fort Laramie bleiben könnte. Die Tochter eines Pfarrers und ein Mann, der kein Problem damit hatte, seine Abende im „Peg’s“ zu verbringen, zu spielen und sich mit den Frauen zu vergnügen? Ethan konnte sich die beiden nicht zusammen vorstellen. Und dann gab es ja auch noch diesen unsichtbaren Woodrow.

Ethan zog seine Uhr hervor und runzelte die Stirn. Es war an der Zeit, Samson noch einmal eine Pause zu gönnen. Obwohl sich das Pferd nicht beschweren würde, wollte Ethan keine weiteren Verletzungen an seinem Bein riskieren. Aus diesem Grund verbrachte er fünfzehn Minuten pro Stunde damit, auf dem Boden zu sitzen, während Samson sein Bein entlasten konnte. Das tat sowohl dem Pferd als auch ihm selber gut. Das einzige Problem war, dass die Untätigkeit Ethan mehr Zeit zum Nachdenken verschaffte, und die Gedanken behagten ihm heute ganz und gar nicht.

Wegen Samsons unglücklicher Begegnung mit einem Präriehundloch würden die Deserteure höchstwahrscheinlich nicht gefasst werden, zumindest nicht heute. Oder morgen. Wenn Samson sich nicht verletzt hätte, wäre Ethan die ganze Nacht durchgeritten. Inzwischen aber zeigte sein Pferd Anzeichen von Ermüdung. Ethan wollte keinesfalls eine weitere Verletzung riskieren. Er und Samson würden heute Nacht ihr Lager in der Prärie aufschlagen. Der morgige Tag würde dann besser werden. Er musste einfach besser werden.

Aber als er am nächsten Vormittag das Fort betrat, löste sich
Ethans Erleichterung, wieder zu Hause zu sein, in dem Moment in Luft auf, als er zwei vertraute Gestalten aus dem Gemischtwarenladen treten sah. Warum ging Abigail mit Oliver spazieren und warum, warum nur, machte es ihm etwas aus?

* * *

Sie sollte sich nicht ärgern, sagte Abigail zu sich selbst, als sie ihre Handschuhe auszog und die Bänder ihres Hutes löste. Schließlich hatte sie erledigt, was sie sich vorgenommen hatte: Sie hatte das Garn gekauft, um das Charlotte sie gebeten hatte, und eine Dose Pfefferminz. Sie hoffte, dass diese Süßigkeiten ihre Schwester an die Nachmittage erinnern würde, die sie als Kinder damit verbracht hatten, mit ihren Puppen zu spielen, unsichtbaren Tee zu servieren und vorzugeben, dass Pfefferminzbonbons ausgefallene Kuchen wären. Darauf kam es an – nicht auf die Tatsache, dass Oliver Seton während ihres Einkaufs den Laden betreten und darauf bestanden hatte, sie nach Hause zu begleiten. Da Abigail kein unhöflicher Mensch war, sah sie keine Möglichkeit gegeben abzulehnen. Sie hätte ja kaum sagen können: „Ich würde lieber allein gehen“, auch wenn das der Wahrheit entsprach. Oliver war eigentlich ein netter Mann. Das musste sie sich eingestehen. Doch genauso ehrlich musste sie zugeben, dass sie seine Gesellschaft nicht so gern hatte wie Ethans.

Obwohl es erst etwas mehr als einen Tag her war, dass sie ihn gesehen hatte, vermisste sie Ethan bereits. Abigail zog die Stirn in Falten, als sie die Stufen hinaufstieg. Es war dumm, dass sie sich wünschte, es hätte gestern Abend ein Baseballtraining gegeben. Die Männer mussten sich auch mal ausruhen. Und sie musste aufhören, ständig an Ethan zu denken. Sie würde sich schon bald auf den Weg zurück nach Vermont und zu Woodrow machen. Darauf kam es an, nicht auf Olivers unwillkommene Gesellschaft oder Ethans Abwesenheit.

Abigail runzelte erneut die Stirn, als sie Charlottes Zimmer betrat. Sie war sicher, dass sie die Tür nicht angelehnt gelassen hatte, aber sie war eindeutig nicht verschlossen. Charlotte schlief, während Pfützes Kiste leer war. Das erklärte die halb geöffnete Tür, aber es lieferte keinen Hinweis darauf, wo der Welpe abgeblieben war. Abigail schloss die Tür leise und stieg die Stufen hinab. Vermutlich lag Pfütze im Hof unter seinem Baum und schlief. Das würde erklären, warum sie das Jaulen und Bellen nicht gehört hatte, das er von sich gab, wenn er mit einem unsichtbaren Gefährten herumtobte.

Obwohl er nachts in einer Kiste schlief, weigerte sich Mrs Channing, ihn während des Tages in der Küche oder Speisekammer zu haben. Häufig begann Pfütze sich zu langweilen, wenn Charlotte einschlief. Es war nicht möglich, ihn einfach im Hinterhof herumlaufen zu lassen, denn dann kratzte der Welpe an der Tür und jaulte, bis ihm Mrs Channing ein wenig Aufmerksamkeit schenkte. Selbst die Schläge auf das Hinterteil, die die Köchin ihm verpasste, entmutigten Pfütze nicht. In ihrer Verzweiflung hatte Abigail es sich angewöhnt, ihn an einen Baum im Hof anzubinden, wenn er nicht bei ihr oder Charlotte war. Die Tatsache, dass er nicht mehr in der Lage war, den Eingang des Hauses zu sehen, schien den Unterschied zu machen. Denn der Welpe spielte jetzt stundenlang, schlug nach Schmetterlingen und jagte – so weit, wie seine Leine das erlaubte – Eichhörnchen.

Mrs Channing musste ihn im seitlichen Hof angebunden haben, als sie zum Einkaufen gegangen war. Abigail bog um die Ecke des Hauses, doch ihr Blick verfinsterte sich, als sie keinen Hund unter dem Baum entdeckte. Der einzige Beweis dafür, dass er dort gewesen war, war ein Stück Seil, das offensichtlich zerkaut worden war. Abigail seufzte. Pfütze hatte einen neuen Trick gelernt – einen schlechten. Wenn er den Hof verlassen hatte, konnte er in Schwierigkeiten stecken, denn die Soldaten patrouillierten immer noch auf den Straßen und versuchten, das Fort von wildernden Hunden zu befreien.

„Pfütze! Pfütze! Wo bist du?“

Sie erhielt keine Antwort. Abigail ging durch den Hof und suchte nach dem Hund.

„Komm hierher, Junge. Wir spielen fangen.“

Aber nicht einmal das magische Wort fangen rief fröhliches Gebell hervor. Als sie sah, dass die Tür zum Toilettenhäuschen nur angelehnt war, rannte Abigail hinüber und riss sie auf. Pfütze hatte sich dort einmal versteckt, weil ihn die Gerüche ganz offensichtlich angezogen hatten. Aber heute war das Häuschen leer.

Der freche Welpe konnte überall im Fort sein. Abigail holte ihre Handschuhe und ihren Hut und machte sich mit der Leine in der Hand auf den Weg. Sobald sie ihn fand – denn an etwas anderes wollte sie nicht einmal denken –, würde sie dafür sorgen, dass der Hund fest angeleint wurde. Und er würde heute Abend keinen Knochen bekommen.

Abigail blickte über den Paradeplatz. Abgesehen von ein paar Soldaten, die sich auf dem Weg ins Seifenviertel befanden, war er leer. Als sie sich daran erinnerte, wie sehr Pfütze von starken Gerüchen angezogen wurde, beschleunigte Abigail ihren Schritt und steuerte auf die Ställe zu. Die meisten Pferde und Maultiere waren zu dieser Tageszeit draußen, aber der Geruch haftete noch in den Ställen. Pfütze konnte sich sicher länger als eine Stunde damit beschäftigen, sich in Stroh und Mist zu wälzen. Abigail seufzte bei dem Gedanken, ihn baden zu müssen, falls er sich tatsächlich in etwas weniger Wohlriechendem als Heu gewälzt haben sollte.

Als Abigail die Ställe betrat, war sie außer Atem und blinzelte ein paar Mal, damit sich ihre Augen an die dunkle Umgebung gewöhnen konnten. Sie hörte das Schnauben eines Pferdes und das Rascheln eines kleineren Tieres. Pfütze?

„Nicht jetzt, Junge.“

Abigail lächelte. Die Stimme und das enttäuschte Jaulen, das folgte, waren unverkennbar. Pfütze war da und Ethan ebenso. Sie eilte in den hinteren Teil des Stalles und fand Ethan, der auf dem Boden hockte und das Bein eines Pferdes von einer Bandage befreite. Pfütze, der zu glauben schien, dass es sich bei der Bandage um ein neues Spielzeug handelte, versuchte hartnäckig, danach zu schnappen.

Abigail beugte sich herunter und versuchte, Pfütze auf den Arm zu nehmen, aber er flitzte davon. „Es tut mir leid, Ethan. Ich weiß nicht, wie er davonlaufen konnte. Komm her, Pfütze.“

Der Hund machte einen weiteren Schritt zurück.

„Pfütze, geh.“ Ethan verband seinen Befehl mit einer Geste in Richtung Abigail. Der Hund kauerte sich nieder und verweigerte jede Bewegung.

„Geh!“

Dieses Mal enthielt Ethans Stimme einen Ton, der selbst erwachsenen Männern Angst einflößen konnte. Offenbar erkannten auch aufsässige Welpen den Klang eines Befehls, denn Pfütze bewegte sich langsam auf sie zu.

Als sie dem Hund die Leine angelegt hatte, wandte sich Abigail an Ethan. „Er scheint zu glauben, dass er Ihnen gehört.“

Ethan fuhr mit den Händen am Bein des Pferdes entlang und erhob sich dann. Zu Abigails Überraschung sah er genauso verärgert aus wie sie sich gefühlt hatte, als Oliver sie vom Laden nach Hause begleitet hatte. „Ich vermute, Pfütze ist mehr an Samson interessiert als an mir.“

Jetzt, wo sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bemerkte Abigail, dass Ethans Uniform verknitterter war, als sie es jemals gesehen hatte. Seine normalerweise gut polierten Stiefel waren mit Staub bedeckt.

„Was ist passiert?“

Das Pferd bewegte sich langsam, wobei es eindeutig sein rechtes Vorderbein schonte.

„Der arme, alte Kerl.“ Ethan streichelte beruhigend Samsons Schnauze. „Wir haben nach Deserteuren gesucht, als er in ein Präriehundloch getreten ist. Glücklicherweise ist sein Bein nur geprellt, aber wir haben anderthalb Tage gebraucht, um zurückzukommen.“ Das erklärte die staubige Kleidung und den Grund, warum Abigail Ethan gestern nicht gesehen hatte. Es konnte ebenfalls seine ungewöhnlich düstere Stimmung erklären. Ethan war offensichtlich zu Fuß gegangen und hatte die Nacht unter den Sternen verbracht, um das Bein des Pferdes nicht noch mehr zu belasten.

Er klopfte Samson noch einmal, dann nickte er in Richtung des Stalleingangs. „Ich bin hier fertig. Darf ich Sie und Pfütze nach Hause begleiten oder wartet jemand anderes auf Sie?“ Die scharfe Note in seiner Stimme überraschte Abigail. Ethan musste erschöpfter sein, als ihr klar gewesen war.

„Danke.“ Obwohl sie am helllichten Tage ohne Probleme auch allein nach Hause gehen könnte, wollte sich Abigail die Gelegenheit, mit Ethan zusammen zu sein, nicht entgehen lassen. Irgendwie fühlte sie sich in seiner Gesellschaft lebendiger als sonst und immer, wenn sie zusammen waren, erfuhr sie irgendetwas Neues über ihn. Ethans Charakter war vielschichtiger, als ihr am Anfang bewusst gewesen war, und das faszinierte sie.

„Komm, Pfütze.“ Abigail zog an der Leine und drängte den Welpen, die Box zu verlassen. Zuerst leistete der Hund Widerstand, aber als er sah, dass Ethan Abigail begleitete, rannte Pfütze an ihre Seite. In seinem Eifer, an Ethans Seite zu gelangen, drehte sich der Welpe vor Abigail im Kreis und verhedderte seine Leine in ihrem Rock.

„Sehen Sie“, sagte Abigail, als sie ihren Rock von dem Seil befreite und die Leine in die andere Hand nahm, „er denkt, dass er Ihnen gehört.“

Ethan zuckte die Achseln. „Wahrscheinlicher ist, dass ihn der Geruch an meinen Stiefeln fasziniert.“ Die Tatsache, dass der Welpe versuchte, die Stiefel abzuschlecken, stützte diese Vermutung. „Ich bin weit gelaufen. Kein Mensch weiß, was für Gerüche ich mitgebracht habe.“

Pfütze drehte sich um und sah in den Stall zurück, woraufhin Ethan eine Augenbraue hob. „Ihr Hund ist wankelmütig. Er wäre lieber bei den Pferden als bei einem von uns.“

Abigail erinnerte sich daran, wie Pfütze gewinselt hatte, als sie von ihrem Ausritt zurückgekehrt war. „Wenn ich eine Möglichkeit fände, ihn zu tragen, würde ich ihn auf den nächsten Ausritt mitnehmen. Diese Beine sind viel zu kurz, um mit einem Pferd mitzuhalten.“

Ethan runzelte die Stirn. „Ich wusste nicht, dass Sie draußen gewesen sind. Wer hat Sie begleitet?“ Er schien aus irgendeinem Grund verärgert zu sein, aber das war vielleicht nur Müdigkeit.

„Niemand. Charlotte hat mir versichert, ich sei sicher, solange ich in Sichtweite des Forts bleibe.“

„Vielleicht“, stimmte ihr Ethan zu, „aber das hier ist nicht Vermont. Es gibt hier Gefahren, die Ihnen nicht einmal im Traum einfallen würden. Präriehunde, giftige Schlangen, Deserteure. Sie sollten das Fort nicht allein verlassen. Wenn Sie noch einmal ausreiten möchten, werde ich Sie begleiten. Samson wird morgen nicht zur Verfügung stehen, aber wenn Sie gerne reiten möchten, könnten wir das übermorgen tun.“

Das war ein großzügiges Angebot, doch da es von einem derart finsteren Gesichtsausdruck begleitet wurde, gewann Abigail den Eindruck, als erfülle Ethan nur eine Pflicht und sehe kein Vergnügen darin. Und das verletzte sie mehr als die Dornen eines Fuchsschwanzes. Sie hatte geglaubt, sie und Ethan seien Freunde geworden, aber Freunde verhielten sich nicht so. Was hatte sich geändert?

* * *

„Ich bin so stolz auf ihn.“ Abigail tätschelte Pfützes Kopf, als sie ihn am nächsten Morgen auf den Boden neben Charlottes Bett legte. Obwohl er die Treppenstufen schon herabsteigen konnte, brauchte er immer noch Hilfe, um sie zu erklimmen. Damit es schneller ging, trug Abigail ihn lieber hinauf. Ihre Schwester hatte sich aufgesetzt und gegen einen Haufen Kissen gelehnt. Ein wenig mehr Farbe war in ihr Gesicht zurückgekehrt. Und was noch besser war: Sie litt heute nicht unter morgendlicher Übelkeit.

„Pfütze hat das Papier benutzt, das ich neben seine Kiste gelegt habe“, verkündete Abigail. „Ich musste ihm nicht einmal gut zureden. Als ich heute Morgen nach unten gegangen bin, stand er sehr stolz daneben. Ich denke, es wird einfacher sein als erwartet, ihn zur Sauberkeit zu erziehen.“

Charlotte lächelte und streckte ihre Arme nach dem Welpen aus. „Ich wünschte, ich hätte mehr Energie“, sagte sie, als sie ihn neben sich auf die Decke legte. Pfütze drehte sich auf den Rücken, um sich den Bauch kraulen zu lassen, und entlockte Charlotte dadurch ein erneutes Lächeln. „Mit ihm zu spielen, erschöpft mich.“

„Mrs Grayson sagte, ihrer Ansicht nach seist du kräftiger geworden, und du siehst heute Morgen auch besser aus.“

„Ich fühle mich besser, aber nicht gut, wenn das irgendeinen Sinn ergibt.“ Charlotte zog Pfütze auf ihren Schoß und streichelte seine Ohren. „Ich muss ununterbrochen daran denken, wie Mama ihre letzten Jahre im Bett verbracht hat. Oh, Abigail, ich möchte nicht das gleiche Schicksal erleiden.“

„Das wirst du auch nicht.“ Abigail legte ihre Hand auf Charlottes Arm. Irgendwie musste sie ihre Schwester davon überzeugen, dass sie nicht so gebrechlich werden würde wie ihre Mutter. „Das hier ist nicht wie Mamas Erkrankung. Du bist nicht krank, du erwartest nur ein Kind. Ehe du dich versiehst, wird das Kind da sein und du bist wieder bei Kräften.“

„Ich bete, dass es so ist.“

Ein paar Minuten später gab Charlotte Pfütze an Abigail zurück.

„Ich bin so müde“, sagte sie. „Das ist es, was mir Sorgen macht – dass ich die ganze Zeit schlafe.“

„Mrs Grayson hat gesagt, das sei das einzige Heilmittel, das sie kennt.“

„Ich hoffe, es funktioniert.“

„Das wird es.“ Abigail küsste Charlotte auf die Stirn und ging die Treppe hinunter, wobei sie dem zappelnden Hund etwas vorsummte.

Eine halbe Stunde später, nachdem sie Pfütze mit einer neuen Leine sicher an seinen Lieblingsbaum angebunden und im Hof zurückgelassen hatte, betrat Abigail das Wohnzimmer. Wenn sie schon nichts für Charlotte tun konnte, konnte sie wenigstens diesen Raum in den Normalzustand zurückversetzen. Jetzt, wo Jeffrey lieber hier als im Schlafzimmer schlief, musste täglich sauber
gemacht werden. Obwohl Jeffrey sein zusammengerolltes Bettzeug in der Speisekammer versteckte und versuchte, das Mobiliar wieder zurückzustellen, gelang es ihm nie, den Schmutz seiner staubigen Stiefel zu beseitigen.

Als Abigail einen der Sofabezüge glättete, schnupperte sie. Sie bildete es sich nicht ein: Es lag tatsächlich ein schwacher Geruch von Parfum über dem Raum. Wie seltsam. Es war ihr bisher noch nicht aufgefallen, dass Mrs Channing Parfum auftrug. Und bei diesem Geruch handelte es sich eindeutig weder um das Rosenwasser, das Abigail benutzte, noch um das Maiglöckchenparfum, das Charlotte bevorzugte. Und doch kam ihr irgendetwas daran bekannt vor. Abigail schnupperte noch einmal, als sie sich daran zu erinnern versuchte, wo sie diesen Geruch schon einmal wahrgenommen hatte. Es war irgendwo in Wyoming gewesen. Sie dachte zurück an die Postkutsche. Mrs Dunn hatte kein Eau de Toilette benutzt. Vielleicht war Mrs Fitzgeralds Parfum ähnlich gewesen.

Abigail hatte Jeffrey gestern nicht nach Hause zurückkehren hören, aber das war nicht ungewöhnlich. Seitdem er angefangen hatte, die Mahlzeiten mit den anderen Offizieren einzunehmen und im Wohnzimmer zu schlafen, war er jeden Abend erst spät nach Hause gekommen. Abigail sah ihn nur selten und begriff, dass sie kaum eine Vorstellung davon hatte, wie oder mit wem er seine Zeit verbrachte. Doch sicher war er nicht mit einer anderen Frau zusammen gewesen. Jeffrey liebte Charlotte. Er würde sie niemals betrügen.

Als sie die Fenster öffnete, um den Raum zu lüften, sah Abigail eine Gruppe Soldaten in Formation über den Paradeplatz marschieren. Jeweils zu viert nebeneinander aufgereiht schienen sie sich wie ein Mann fortzubewegen. In Wesley, Vermont, gab es so etwas nicht. Abigail seufzte. Heute fühlte es sich so an, als wäre Vermont viel mehr als zweitausend Meilen entfernt. Es schien zu einer vollkommen anderen Welt zu gehören. Ihr Leben dort war genau geordnet. Jeder Tag ähnelte dem vorangegangenen und ihre Zukunft war genau vorgezeichnet. Es gab keine Banditen, keine Deserteure, keine Leutnants mit unerklärlichen Stimmungen. Und vor allem gab es keine Sorgen darüber, dass ihr Schwager sein Eheversprechen gebrochen haben könnte.

Oh Herr, was soll ich tun? Wenn sie Jeffrey zur Rede stellte, würde er jedes Fehlverhalten leugnen. Wenn sie Charlotte davon erzählte, würde sie ihr vielleicht unnötigen Kummer machen.

Zum ersten Mal war Abigail dankbar für den ständigen Wind von Wyoming, denn innerhalb weniger Augenblicke erfüllte der Duft von Gras und Salbei den Raum und verdrängte den süßlichen Parfumgeruch. Der Wind fegte noch mehr als das Parfum davon. Als sie die Fenster wieder schloss, erfüllte Abigail ein Gefühl von Frieden. Eine leise Stimme tief in ihrem Inneren sagte ihr, dass sie sich genau dort befand, wo sie sein sollte.

Voller Zuversicht blickte sie auf den Schreibtisch. Obwohl sie eigentlich bis morgen damit hatte warten wollen, einen Brief an Woodrow zu schreiben, holte sie ein Stück Briefpapier aus der Schreibtischschublade und öffnete die Flasche mit der Tinte.

Eine halbe Stunde später schrieb Abigail ihren Namen unten auf das letzte Blatt und begann ihren Brief noch einmal durchzulesen. Als sie das Ende erreichte, runzelte sie die Stirn. Vier Seiten, dreizehn Absätze, und beinahe jeder davon erwähnte Ethan. Wenn sie dies hier an Woodrow schickte, würde er glauben, ihr Leben drehe sich nur um Ethan Bowles. Das tat es nicht. Das tat es ganz bestimmt nicht. Woodrow war der Mann, den sie heiraten wollte.