INKEN WEIAND

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Ich bin Kat

Schule kann ganz schön originell sein

Der Hund

Kat gibt nicht auf

Auf dem Gnadenhof Lindholz

Sonntag mit Hindernissen

Wozu hat man denn schließlich eine beste Freundin?!

Neuzugang auf dem Gnadenhof

Lämmeralarm

Alle helfen mit

Schlechte Nachrichten

Neue Freunde

Eine Idee und ihre Folgen

Wenn, dann richtig

Geht nicht gibt’s nicht

Gemeinsam stark

Die Demonstration

Weitere Bücher

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-86506-834-7

© 2015 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers

Einbandgestaltung: Brendow Verlag Moers

Titelgrafik: fotolia katerina_dav

Innenillustrationen: Inken Weiand

Satz: Brendow Web & Print, Moers

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

www.brendow-verlag.de

Ich bin Kat

Hi, ich bin Katharina, kurz auch Kat genannt. Was man über mich wissen muss? Ich mag Tiere. Ich mag die Farbe Pink. Obwohl sie mir nicht steht. Ich bin kein Engelchen, sondern eher ein Bengelchen. Meine Oma Greta behauptet, ich hätte Krallen. So ist das. Zeichnen kann ich übrigens auch nicht, wie man nachfolgend bewundern kann.

Kat hat Krallen. Kat ist keine Prinzessin, sie mag keinen Glitzerkram und hat keine blonden Kringellöckchen. Ihre braunen Haare stehen immer etwas wuschelig vom Kopf ab.

Kat hat ihren eigenen Kopf, den hat sie schon immer gehabt. Wenn die anderen Mädchen Glitzereinhörner malten, zeichnete sie ein Auto. Und wenn die anderen sich als Prinzessin verkleideten, ging sie als Pirat. Als sie in die Schule kam, wollte sie unbedingt einen Dinosaurierranzen. Und nach einer Probestunde im Ballettunterricht schwor sie sich, so eine entsetzliche und anstrengende Hampelei nie wieder auf sich zu nehmen.

Aber Tiere, die mochte Kat schon immer. Dackelmischling Pucki hat sie alle möglichen Tricks beigebracht: Wenn das Handy klingelt, bringt er es ihr im Maul. Er kann Handtücher aus der Schublade holen, Zimmertüren öffnen und noch vieles mehr. Schade nur, dass er keine Hausaufgaben machen kann!

Dann gibt es noch Kater Max. Der ist grau und etwas faul, und insbesondere hat er keine große Lust auf Tricks. Aber Kat hat ihm mit viel Geduld tatsächlich doch noch etwas beigebracht: Er springt durch ihren Hula-Hoop-Reifen. Er holt ein Leckerchen unter dem Schrank hervor, mit den Pfoten. Und wenn er besonders gut aufgelegt ist, auch ein Spielzeug.

Aber zu Katharinas Familie gehören noch mehr:

Da ist zunächst einmal Katharinas Dad. Er ist Lehrer, für Erdkunde und Deutsch. Was die Folge hat, dass bei Kat zu Hause ziemlich viel über Erdkunde und Deutsch geredet wird. Katharinas Dad ist sozusagen immer und überall Lehrer. Auch zu Hause.

Katharinas Mum ist zwar auch Lehrerin, aber nicht immer und überall. Sie macht gerne Blödsinn, und sie ist eine absolute Leuchte, was kreative Sachen angeht. Eine Zeit lang bemalte sie Seidentücher über Seidentücher. So viele, dass man eine ganze Schulklasse damit hätte ausrüsten können. Aber das gab sich bald wieder. Danach filzte sie. Im Moment bastelt sie eine Marionette nach der anderen.

Und dann ist da noch Janina. Meine kleine Schwester. Typ Prinzessin. Blonde Locken, Glitzershirt. Und Ballett macht sie auch. Krass.

Manchmal ist sie eine kleine Zicke, manchmal total süß. Zu mir meistens eher Zicke.

Schule kann ganz schön originell sein

Wie findet ihr eigentlich Schule? Also, ich find sie so wechselhaft. Es gibt Fächer, die find ich echt toll. Zum Beispiel Bio, als wir dort Mäuse dressiert haben. Wow!

Ich konnte gar nicht verstehen, warum ein paar Mädchen etwas dagegen hatten. Ausgebüxte Mäuse find ich crazy …

Die Mäusedressur fand im Biologieunterricht statt. Die Kinder sollten auch einmal den Umgang mit echten Tieren lernen, fand die Lehrerin, Frau Weilheim. Zu diesem Zwecke gab es im Biologieraum nicht nur eine Schlange und ein Chamäleon, welche von der Terrarien-AG gepflegt wurden, sondern auch noch Mäuse. Süße, putzige Mäuse, die in kleinen Laufrädern herumliefen, mit ihren kleinen Pfötchen ihr Gesicht putzten und ab und zu mit Weizenkörnern gefüttert wurden.

Diese Mäuse nun konnte man dressieren. Frau Weilheim ließ erst zwei Kinder der Klasse einen Vortrag über Mäuse im Allgemeinen und ihr Verhalten im Besonderen halten – nach entsprechender Vorbereitung und mit Präsentation. So etwas tat Frau Weilheim gerne.

Dann durften die Kinder sich in Gruppen aufteilen und jeweils zu viert versuchen, eine Maus dazu zu bringen, über einen Hindernisparcours zu laufen oder aus einem Glas zu springen.

Dazu setzten sie die Maus entweder in das Glas oder an den Anfang des Parcours, und jede richtige Verhaltensweise wurde mit Körnern belohnt. Also schon die ersten paar Schritte im Parcours zum Beispiel. Mit der Zeit verstanden die Mäuse dann, welches Verhalten ihnen Weizenkörner einbrachte, und sie lernten ihre Aufgabe besser und besser.

Die einen Kinder stellten sich geschickter an, die anderen weniger. Man brauchte Geduld mit den Mäusen, Geduld und eine ruhige Hand.

Wenn man die nicht hatte, dann konnte es auch einmal geschehen, dass eine Maus zubiss. Wie bei Alisa, in ihren Zeigefinger. Oder auch dass eine Maus weglief. Wie bei Manuel und Jan.

Die Aufregung über die fortgelaufenen Mäuse war natürlich riesengroß, das kann man sich denken. Manuel und Jan rasten wild schreiend hinter den beiden Mäusen her, durch den ganzen Bioraum.

Frau Weilheim schrie in den höchsten Tönen, sie sollten das lassen, sonst würden sich die Mäuse erschrecken. Woraufhin die beiden erst recht weiterrannten.

Zwei Mädchen kletterten auf einen der Schultische, und Linda hockte weinend in einer Ecke, weil sie Angst hatte, die Mäuse könnten zur Schlange in deren Terrarium klettern und dort gefressen werden.

Es war gut, dass Kat da war. Dass sie so energisch war. Und dass sie so gut mit Tieren umgehen kann.

Katharina scheuchte erst einmal die kreischenden Mädels aus der Klasse, genauso die Witzbolde, die nur alles durcheinander brachten. Sie sorgte dafür, dass die noch vorhandenen Mäuse sicher untergebracht wurden. Und dann schickte sie alle aus, nach den beiden Mäusen zu suchen.

Eine fand sich ziemlich schnell in einer Zimmerecke und konnte von Kat mit Linda zusammen eingefangen werden.

Bis die andere entdeckt war, verging geraume Zeit. Manuel war es schließlich, der sie bemerkte. Sie hockte unter dem Schrank, auf dem die ganzen Terrarien standen.

„Das auch noch“, stöhnte Frau Weilheim. „Da bekommen wir sie nie heraus.“

In dem Moment klingelte es zur Pause.

„Lassen Sie es mich in der Pause noch versuchen“, sagte Kat. „Bitte.“

Frau Weilheim sah sie voller Zweifel an. „Meinst du, das hat Sinn?“

Aber Kat setzte sich durch. Während alle anderen auf den Schulhof liefen, legte sie sich vor dem Schrank auf den Boden, in der Hand ein paar Weizenkörner.

Ganz ruhig lag sie da und sprach leise auf die Maus ein, die ganz verängstigt in der Ecke hockte, ganz hinten, dort, wo Kat mit Sicherheit nicht hinkam.

Kat reckte den Arm vor und legte die Weizenkörner auf den Boden. Direkt neben ihre Hand, die bereit zum Zufassen war. Dann lag sie wieder still und sprach leise, leise.

Die Maus wartete ab. Sie zuckte mit dem Näschen, die Ohren drehten sich etwas. Ein paar Trippelschritte machte sie auf die Körner und die Hand zu.

Kat rührte sich nicht.

Die Maus blieb sitzen. Kat rührte sich immer noch nicht.

Die Maus beeilte sich nun. Diese leichte Gelegenheit, an Weizenkörner zu kommen, konnte sie sich doch nicht entgehen lassen. Ganz schnell rannte sie mit schnellen Schrittchen auf die Körner zu. Happs, hatte sie sich eines geschnappt. Und zack, hatte Kat die Maus.

Vorsichtig kroch sie nun ein Stück zurück und stand dann auf.

„Hast du sie?“ Frau Weilheim hatte derweil die Terrarien geputzt.

„Hier.“ Kat zeigte Frau Weilheim das Mäuschen.

Die Lehrerin war erleichtert. „Das hast du wunderbar gemacht.“

Der Hund

Linda ist in Ordnung. Vielleicht ist sie meine beste Freundin. Doch, ich denke schon. Wir sitzen oft nebeneinander und leihen uns gegenseitig die Buntstifte aus. Linda hat Buntstifte in Glitzerfarben!

Meine Güte, wie albern kann man denn sein!

Vor allem aber mag sie Tiere – und das macht sie echt sympathisch. Auch, wenn sie selber so übertrieben süß aussieht. So süß werde ich nie aussehen. Weil ich eben zu wenig süß bin.

Heute habe ich mit Linda zusammen echt etwas Spannendes erlebt – und dabei fast gruselig. Dabei wollten wir eigentlich nur zusammen Hausis machen.

Aber von vorne:

Wir nehmen in Deutsch gerade Diskussionen durch. Ätzendes Thema. Also, nicht, dass ich nicht gerne diskutiere … Aber als Deutschthema ist die Sache zum Weglaufen.

Jedenfalls sollten wir als Hausaufgabe zu zweit eine echte Diskussion schreiben.

War irgendwie doof, die Sache. Natürlich hatte ich mich sofort mit Linda zusammengetan. Aber sollten wir uns vielleicht ans Telefon hängen für Stunden? Alleine ins Internet erlauben meine Eltern nicht. Die sind echt unnatürlich streng.

Aber zum Glück finden sie Schule total wichtig.

Ich durfte also Linda heute mit nach Hause bringen. Damit wir die total wichtigen Hausaufgaben zusammen machen konnten.

Meine Mutter hatte für uns beide Essen vorbereitet. Nach dem Essen ging es ab in mein Zimmer und an die Hausaufgabe. Thema: Sollten Kinder früh ins Bett gehen müssen oder nicht?

Dämliche Frage, oder? Gibt es überhaupt einen einzigen plausiblen Grund dafür, Kinder früh ins Bett zu schicken?

Zuerst sitzen Katharina und Linda eine ganze Weile in Kats Zimmer herum und denken nach.

Kat meint, es gebe keinen einzigen Grund, früh ins Bett zu gehen.

Linda vertritt die Ansicht, Erwachsene würden bestimmt eine Menge Gründe dafür finden. Bestimmt sei es total gesund und außerdem gut für die Schule, wenn man früh ins Bett gehe.

Kat meint, das sei Quatsch. Die Schule finde schließlich morgens statt und nicht nachts.

Die beiden schreiben die Argumente dann schließlich doch auf. Sie bauen eine richtig witzige Diskussion zusammen, zwischen einer Oma und ihrer Enkelin, über das Thema Bettgehzeiten.

Die Oma beginnt damit, dass sie der Enkelin erklärt, guterzogene Mädchen gingen immer früh ins Bett.

Die Enkelin antwortet, guterzogene Omas ließen ihre Enkelinnen immer lange aufbleiben.

Die Oma fährt fort, sie sei so unheimlich besorgt um die Gesundheit ihrer Enkelin, darum müsse sie leider, leider darauf bestehen, dass diese früh ins Bett gehe.

„Und dann sagt die Enkelin, sie sei unheimlich besorgt um Omas Gesundheit“, schlägt Kat kichernd vor.

Linda muss ebenfalls lachen. „Ich hätte nicht gedacht, dass Hausaufgaben einen solchen Spaß machen können!“

Man merkt, Kat und Linda haben ziemlich viel Spaß bei der Sache.

Und so sind sie doch schneller fertig, als sie zunächst befürchtet haben.

Sie hängen eine Weile in Katharinas Zimmer herum, rühren sich eine Limonade an, hängen wieder etwas ab und kommen dann auf die Idee, mit Pucki eine Hunderunde zu drehen.

Der Dackelmischling sitzt vor der Tür, und das kann immerhin heißen, dass er einen Spaziergang nötig hat.

Linda hat kein eigenes Haustier, darum findet sie es sehr spannend, Pucki an der Leine zu führen. Und weil Pucki ein sehr liebes Tier ist und außerdem ja nicht sehr kräftig, darf sie ihn die meiste Zeit über halten.

Kat läuft nebenher und passt auf. Sie kennt Hundespaziergänge, und sie weiß gut, worauf man dabei alles aufpassen muss: dass der Hund keinen Müll frisst, dass er seine Hinterlassenschaften nicht auf dem Bürgersteig zurücklässt und so weiter. Als Pucki sein großes Geschäft erledigt hat, holt Kat den Kotbeutel und sammelt es ein.

„Was machst du denn da?“, erkundigt sich Linda entsetzt.

Kat lacht. „Das ist eben so, wenn man ein Tier hat. Da hat man nicht nur Spaß, sondern ist auch für den Dreck verantwortlich.“

Immerhin hat Linda deswegen nicht weniger Spaß.

Katharina zeigt ihr, wie Pucki Pfötchen gibt und sich auf Befehl einmal um sich selber dreht und Männchen macht.

Linda ist voller Bewunderung. Kat findet, das gehört sich auch so. Schließlich hat sie viele Stunden damit zugebracht, Pucki all dies beizubringen. Und schließlich ist Linda ihre Freundin.

Anschließend will Kat Linda noch zeigen, wie gut Pucki auf die Hundepfeife hört. Dazu muss sie den Hund natürlich von der Leine lassen.

Linda ist etwas besorgt. „Was machen wir, wenn er wegläuft?“, fragt sie.

Aber Kat ist sich sicher, dass nichts dergleichen passieren wird. Schließlich ist Pucki gut erzogen – und auf das Pfeifen hin kommt er ganz sicher.

Pucki läuft begeistert los. Als Kat pfeift, dreht er sich sofort um und kommt schwanzwedelnd herbeigerannt.

Kat gibt ihm ein Leckerchen und lässt ihn wieder laufen. Dann pfeift sie ihn wieder herbei.

„Der Arme“, sagt Linda. „Der tut mir echt leid, wenn er nie mal in Ruhe toben darf.“

Kat will sagen, dass Pucki gar kein bisschen arm sei, weil er ja gerne komme. Trotzdem lässt sie ihn jetzt eine Weile laufen. Zu zweit beobachten sie, wie der Hund über die Wiese tobt. Er läuft hierhin und dahin, schnuppert hier und markiert dort, stellt schließlich die Ohren auf, verharrt eine Weile in dieser Stellung und rast dann los. Nicht etwa zu Kat und Linda, sondern genau in die entgegengesetzte Richtung.

Linda schreit, Kat pfeift und schreit dann auch, doch Pucki scheint das alles überhaupt nicht zu hören. Er rennt, bis er schließlich im Gebüsch verschwunden und nicht mehr zu sehen ist.

„Was machen wir jetzt?“, fragt Linda ratlos.

Kat weint beinahe. „Ich weiß auch nicht.“

„Wir suchen ihn.“ Jetzt ist einmal Linda, die sonst immer lieb und weich ist, die Energischere. „Wir gehen um die Wiese herum und suchen da hinten. Vielleicht sitzt er da irgendwo im Gebüsch und wartet auf uns.“

Kat weiß, dass man nicht hinter dem Hund herlaufen, sondern ihn von alleine kommen lassen soll. Das lernt man schon in den ersten Hundegruppenstunden. Aber gerade in diesem Moment will Kat hinter ihrem Hund her, da ist ihr die Hundegruppe vollkommen egal.

Zu zweit laufen sie um die Wiese herum.

Doch Pucki wartet nicht im Gebüsch auf sie. Aber Kat ist sich mit einem Mal sicher, ihn kläffen zu hören.

„Das ist er!“, flüstert sie und fasst Linda am Arm.

„Was ist da hinten eigentlich?“, fragt Linda und versucht, durch die Sträucher zu spähen.

„Ein Wanderparkplatz. Da halten aber meistens nur am Wochenende Autos.“

„Und was macht dein Hund da?“

„Weiß ich doch nicht!“ Kat ist etwas unwirsch, dabei kann Linda nun wahrlich nichts dafür, dass Pucki nicht gehorcht hat und weggelaufen ist.

Aber es hilft nun nichts: Kat bahnt sich einen Weg durch die Sträucher hindurch auf den Parkplatz, auf dem an diesem ganz gewöhnlichen Donnerstag tatsächlich kein einziges Auto steht.