Herstellung: Books on Demand GmbH

ISBN 978-3-8482-5978-6

Erste Auflage 2002

Alle Rechte vorbehalten.

Copyright edition durchblick Neckargemünd

Illustrationen von Hans Niehus

PAUSENLIEBE

Frank liebt Anne.

In der Pause,

Als er Anne sieht,

Weiß er nicht, wie ihm geschieht:

Plötzlich im Vorübergehn

Lässt er sich ein Lächeln stehn.

Anne streicht ihr Haar zurück,

Schenkt ihm einen Augenblick.

Später an der Haltestelle

Stupst ihn Anne blitzesschnelle

Heimlich im Vorübergehn

Grade so - wie aus Versehn.

"Aua!" - denkt sich Frank im Bus

"Autsch! Das war ja fast ein Kuss!"

Und er freut sich, kaum zu Hause,

Auf die nächste große Pause.

DER ZETTEL

Pfui Spinne, igitt! Was ist das denn?

Das soll ein Zeugnis sein? Das? Nur so ein paar Zahlen. Kein Gruß, kein persönliches Wort.

Also, ich bitte Sie! So etwas Liebloses! So etwas

Vorgedrucktes! So etwas Abgestempeltes! Wie soll ich das denn vor meinen Eltern vertreten?

Also wissen Sie, das ist doch wohl nicht Ihr Ernst, Herr Lehrer!

Da bemühe ich mich monate-, wochen- und tagelang, Ihrem Unterricht zu folgen, opfere wertvolle Stunden, zermartere mir das Hirn, schreibe mir die Finger wund, singe mir die Kehle heiser, verrenke mir sämtliche Knochen im Turnunterricht. Und was ist der Dank?

Keine Urkunde, kein Orden, kein Pokal, kein gelbes Trikot. Und anstelle von Fanpost nur dieses jämmerliche Blatt Papier. Ja, wissen Sie denn überhaupt, mit wem Sie es zu tun haben?

Mit mir. Mit mir höchstpersönlich.

Sagen Sie mal, Herr Lehrer, was haben Sie sich denn eigentlich dabei gedacht?

So etwas kann ich doch unmöglich meinen lieben Eltern vorlegen! Das ist ja gesundheitsgefährdend. Allein da unten im Eck, dieses Gekrakel, das ist doch Gift für die Augen.

Also, ganz ehrlich, ich, wenn ich Ihr Direktor wäre, wissen Sie, was ich da täte?

Ich würde so etwas ja gar nicht durchgehen lassen. Bei mir müssten Sie das jetzt auf der Stelle mal üben:

25mal ihre Unterschrift! Und dazu den Satz:
"Ich soll meinen Namen leserlich schreiben!" Und zwar in Schönschrift. Aber jetzt mal im Ernst: Von einem Individuum, das grade mal die Zahlen von eins bis sechs beherrscht, aber noch nicht mal den eigenen Namen schreiben kann, lasse ich den einzigen Sohn meiner Eltern doch nicht benoten.

Lächerlich. Skandalös.

Die wirklich wichtigen Leistungen werden ja überhaupt nicht gewürdigt!

Bundesligakunde zum Beispiel: Die Aufstellung des 1. FCK! Vorwärts und rückwärts kann ich die Ihnen aufsagen. Im Schlaf. Aber danach haben Sie mich ja noch kein einziges Mal gefragt.