978-3-401-80127-8.tif

Die Autorin

Ulrike Bliefert,
Jahrgang 1951, ist den Fernsehzuschauern u. a. als Darstellerin
der Maximiliane in der Verfilmung von Christine Brückners
Jauche und Levkojen / Nirgendwo ist Poenichen und als
Ulla in der Comedyserie Das Amt bekannt.
Sie schreibt zudem erfolgreich Drehbücher.
Ulrike Bliefert ist mit einem Schauspielkollegen verheiratet,
hat eine Tochter und lebt in Berlin.
Sie hat inzwischen mehrere Jugendthriller veröffentlicht.

Titel

Ulrike Bliefert

Eisrosensommer

Arenaneu.tif

Impressum

Erste Veröffentlichung als E-Book 2012
© Arena Verlag GmbH, Würzburg 2012
Alle Rechte vorbehalten
Covergestaltung: Frauke Schneider unter Verwendung
eines Fotos von Marina Mariya © shutterstock
ISBN 978-3-401-80127-8

www.arena-verlag.de
Mitreden unter forum.arena-verlag.de

Definition

Psychopath
Person, die wiederholt mit gesellschaftlichen
Normen in Konflikt gerät, keine Schuldgefühle kennt und zur Loyalität anderen gegenüber
nicht fähig ist.
Quelle: Spektrum Akademischer Verlag

Prolog

21.15 h
Die letzten Schüler verlassen den Seitentrakt des Humboldt-Gymnasiums.

Im Innern des Gebäudes entsorgt Len­nart Peters (18) ein gebrauchtes Tempotaschentuch im Papierkorb, klaubt einen heruntergefallenen und dann offenbar vergessenen Kugelschreiber vom Boden auf, testet ihn auf der Rückseite einer zerknüllten Busfahrkarte auf seine Funktionstüchtigkeit und steckt ihn ein.

Draußen auf dem Oberstufenhof wird es still. Es beginnt zu schneien.

Len­nart Peters wirft einen flüchtigen Blick auf sein Handy.

21.18 h
Er stapelt die Stühle aufeinander, schiebt sie in die Ecke und schließt den Oberstufenraum ab.

Als er im Begriff ist, auch die Außentür abzuschließen, bemerkt er, dass er seinen Schal an der Garderobe hängen gelassen hat.

Er geht zurück. Den Schlüssel lässt er stecken.

21.23 h
Len­nart Peters verlässt erneut das Schulgebäude. Als der Schlüssel nicht im Schloss steckt, durchsucht er irritiert die Taschen seines Parkas, dann die Außenfächer seines Rucksacks.

21.25 h
Auf dem Parkplatz heult ein Motor auf.

Len­nart Peters schrickt zusammen und läuft auf seinen Wagen zu.

Offenbar hat sich jemand einen Scherz erlaubt.

»Hey! Was soll das?!«

Er versucht, die Gestalt hinter dem Steuer zu erkennen.

Scheinwerfer blenden auf.

Len­nart Peters reißt den Arm hoch, um sich vor dem gleißenden Licht zu schützen.

»Mensch, hört auf mit dem Quatsch!«

Der Wagen setzt zurück, wendet, rast auf die Umfriedungsmauer des Sportbereichs zu und schrammt kreischend daran entlang.

Dann wendet er erneut und bleibt stehen.

Len­nart Peters beginnt zu rennen.

»Seid ihr wahnsinnig geworden oder was?!«

Er nestelt sein Handy aus der Tasche und hält es demonstrativ hoch.

»Wenn ihr nicht sofort damit aufhört, ruf ich die Polizei!«

Der Motor heult im Stand erneut auf.

Als Len­nart Peters bis auf wenige Meter an den Wagen herangekommen ist, tritt der Unbekannte hinter dem Steuer das Gaspedal durch. Len­nart Peters wird vom linken Kotflügel gestreift und auf den Asphalt geschleudert.

21.28 h
Er liegt bewusstlos am Boden. Aus seiner aufgerissenen Lippe sickert Blut.

Als er wieder zu sich kommt, steht sein Wagen mit geöffneter Fahrertür mitten auf dem Parkplatz.

Len­nart Peters richtet sich benommen auf.

In der Ferne hört er schwach das Geräusch eines sich entfernenden Mofas.

Sein Handy ist verschwunden.

Knapp drei Monate später gelangt der «Fall Len­nart Peters« auf den Tisch des Teen-Court Leipzig: ein fünfköpfiges Richterteam aus Schülerinnen und Schülern verschiedener Schulen, unter Supervision von Fabian Schmücke, Sozialarbeiter (27).

Keiner der Anwesenden ahnt, dass ihr Urteil den sprichwörtlichen Schneeball auslösen wird, der auf dem Weg zum Tal zur tödlichen Lawine anwächst, die alles mit sich reißt und zerstört.