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Dr. Detlef Rettinger

Faszination Devisen

Dr. Detlef Rettinger

Faszination Devisen

Alles, was Sie über den Handel mit Währungen wissen müssen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

rettinger@finanzbuchverlag.de

2. Auflage 2013

© 2005 by Finanzbuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

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Lektorat: Dr. Renate Oettinger

Umschlaggestaltung: Stephanie Villiger

Gesamtbearbeitung: Julia Grunow

Druck: Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN Print 978-3-89879-768-9

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-392-1

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-825-4

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Grundlegendes

1.1 Faszination Devisenmarkt

1.2 Wechselkurse, Devisen, Währungen, Sorten

1.3 Was bewegt die Kurse?

1.4 Wer bewegt die Kurse?

1.5 Was ist die Forex?

1.6 Was sind die Vorteile des Devisenmarktes?

1.7 Was macht das Devisen-Traden so interessant?

2. Fundamentale Prognose der Wechselkurse

2.1 Fundamentalismus oder Charttechnik?

2.1.1 Die Einflussgrößen der Fundamentalanalyse

2.1.2 Zeithorizont entscheidend

2.1.3 Stimmungen und Erwartungen

2.2 Die Zahlungsbilanz

2.2.1 Wie setzt sich die Zahlungsbilanz zusammen?

2.2.2 Zahlungsbilanz und Wechselkurse

2.2.3 Wie reagiert die Leistungsbilanz auf eine Abwertung?

2.3 Die Kaufkraftparitäten-Theorie

2.4 Die Zinsparitäten-Theorie

2.5 Wie beeinflussen die Fundamentaldaten die Wechselkurse?

2.6 Die Konjunkturindikatoren

2.6.1 Was ist Konjunktur?

2.6.2 Die Vielfalt der Konjunkturindikatoren

2.6.3 Welche Konjunkturindikatoren sollte man einsetzen?

2.6.4 Die Konjunkturindikatoren und der Devisenmarkt

2.7 Exkurs: Die Auswirkungen fixer Wechselkurse am Beispiel des Argentinischen Pesos

3. Einflüsse auf die Wechselkurse in der Praxis

3.1 Die Preisentwicklung

3.2 Die Zinsentwicklung

3.2.1 Der Euromarkt

3.2.2 Zins- und Inflationserwartungen

3.3 Rentenmarkt und Wechselkurse

3.4 Die Geldpolitik

3.5 Direkte Devisenmarktinterventionen

3.6 Exkurs: Yen-Interventionen in den Jahren 2003/04 als Beipiel

4. Die wichtigsten Währungen

4.1 Währungsgeschichte

4.2 Der US-Dollar

4.2.1 Die Leitwährung der Welt

4.2.2 Das Federal Reserve System

4.2.3 Exkurs: Mythos Greenspan

4.3 Der Euro

4.3.1 Die Einheitswährung

4.3.2 Die Europäische Zentralbank

4.3.3 Die Euro-Kandidaten

4.4 Der Japanische Yen

4.5 Das Britische Pfund

4.6 Der Schweizer Franken

4.7 Weitere Währungen

4.8 Exkurs: Der Chinesische Yuan

5. Die Geschäftsarten im Devisenhandel

5.1 Kassageschäfte

5.2 Devisentermingeschäfte

5.2.1 Zinsdifferenz und Swap-Satz

5.2.2 Die verschiedenen Arten von Termingeschäften

5.2.3 Gewinne mit Terminspekulationen

5.3 Futures

5.4 Devisenoptionen

6. Wie spekuliert man an der Forex?

6.1 Spot-Trades

6.2 Die Performance-Berechnung

6.3 Was ist bei der Margin zu beachten?

6.4 Arten von Orders

6.4.1 Orders mit Limit und Stop-Loss

6.4.2 Kombinierte Orders

6.5 Worauf ist bei der Kontoeröffnung zu achten?

7. Devisenspekulation mit Derivaten

7.1 Goldene Regeln

7.2 Praxis des Derivatehandels

7.3 Optionsscheine

7.3.1 Wie funktionieren Optionsscheine?

7.3.2 Kategorien und Basisdaten

7.3.3 Was beeinflusst den Optionsscheinpreis?

7.3.4 Die Bedeutung der Volatilität

7.3.5 Der Hebel als Kennzahl zur Bewertung von Optionsscheinen?

7.3.6 Was ist der „faire Wert“ eines Optionsscheins?

7.3.7 Die Wahl des richtigen Optionsscheins

7.4 Turbozertifikate

7.4.1 Wie funktionieren Turbozertifikate?

7.4.2 Wie wird der Wert eines Turbozertifikats ermittelt?

7.4.3 Der kleine Bruder der Futures

7.4.4 Open-End-Turbozertifikate

7.5 Optionsscheine und Turbozertifikate im Vergleich

7.5.1 Unterschiedliche Konstruktionen

7.5.2 Die Bedeutung der Volatilität

7.5.3 Turbozertifikate: mehr Chancen – mehr Risiken

8. Regeln für eine erfolgreiche Spekulation

8.1 Grundlagen der Charttechnik

8.1.1 Welche Charts sollte man wählen?

8.1.2 Was ist die Technische Analyse?

8.1.3 Trends, Unterstützungen und Widerstände

8.1.4 Handeln auf Basis von Trends, Unterstützungen und Widerständen

8.1.5 Technische Indikatoren

8.2 Das richtige Setzen von Stop-Loss–Marken

8.3 Exkurs: Limits und Stop-Loss-Marken bei Derivaten

8.3.1 Das Setzen von Limits und Stop-Loss-Orders

8.3.2 Die Berechnung von Limits und Stopp-Marken

8.4 Tipps für den Trading-Erfolg

8.4.1 Handeln Sie mit Plan und Disziplin

8.4.2 Versuchen Sie keinen Kaltstart

8.4.3 Lernen Sie, sich selbst einzuschätzen

8.4.4 Entwickeln Sie ein System

8.4.5 Begrenzen Sie das Risiko

8.4.6 Glauben Sie an sich selbst

9. Guthaben und Kredite in fremden Währungen

9.1 Fremdwährungskonten und Zinszertifikate

9.2 Fremdwährungskredite

9.2.1 Wie funktionieren Fremdwährungskredite?

9.2.2 Wie wird der Zinssatz berechnet?

9.2.3 Welche Risiken bestehen bei einem Fremdwährungskredit?

9.2.4 Welche Kosten fallen an?

9.2.5 Für wen sind Fremdwährungskredite geeignet?

9.2.6 Worauf sollte man bei der Aufnahme eines Fremdwährungskredits achten?

10. Anhang

10.1 Referenzkurse im Devisenhandel

10.2 Glossar

10.3 Leserfragen an die Redaktion des Devisen-Trader (www.devisen-trader.de)

10.4 Weiterführende Literaturhinweise

Vorwort

Der Devisenmarkt ist in den vergangenen Jahren immer stärker in den Blickpunkt der Privatanleger getreten. Allenthalben ist steigendes Interesse an diesem spannenden Markt festzustellen.

Das ist zum einen sicherlich darauf zurückzuführen, dass sich für den Privatanleger inzwischen mehr, einfachere und günstigere Möglichkeiten eröffnen, am Devisenmarkt zu investieren oder zu spekulieren. Zum anderen liegt das steigende Interesse aber auch am Devisenmarkt selbst, da er durch seine Schnelligkeit und durch die Vielzahl an Einflussgrößen eine große Faszination ausübt. So ist es eben interessant zu beobachten, wie sich zum Beispiel Zinsänderungen der Notenbanken, politische Veränderungen und konjunkturelle Entwicklungen auf die Wechselkurse auswirken. Ein Anliegen dieses Buches ist es daher, dem Leser die Faszination, die vom Devisenmarkt ausgeht, zu vermitteln.

Daneben soll das Buch vor allem zwei Funktionen erfüllen: Zum einen soll es dem mit Devisen noch wenig erfahrenen Leser ein Werkzeug an die Hand geben, um sich in der Welt des Devisenhandels besser zurechtzufinden. Zum anderen soll dieses Buch durch die Vielzahl an behandelten Themengebieten aber auch dem Leser, der bereits Erfahrungen mit Devisen besitzt, als Nachschlagewerk dienen. Obwohl die einzelnen Kapitel aufeinander aufbauen, stehen sie daher trotzdem jeweils für sich, sodass sich jeder Leser nur auf den ihn besonders interessierenden Teil konzentrieren kann.

Der Schwerpunkt dieses Buches liegt auf dem Trading am Devisenmarkt. Aber der Devisenmarkt eignet sich nicht nur für das Trading, er bietet auch gute Möglichkeiten für die mittel– und langfristige Geldanlage. So ist das Investieren in ausländischen Devisen eine gute Möglichkeit der Beimischung für ein diversifiziertes Depot. Darüber hinaus kann durch die Aufnahme von Krediten in fremder Währung von den oftmals niedrigeren Zinsen in anderen Ländern profitiert werden. Auf diese Punkte wird zum Beispiel in Kapital 9 näher eingegangen.

Zum Aufbau des Buches im Einzelnen: In Kapitel 1 werden zur Einführung grundlegende Begriffe aus dem Devisenhandel erläutert. Der erste Schwerpunkt des Buches liegt anschließend auf der Erläuterung der gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge und ihrer Auswirkungen auf die Wechselkurse im Kapitel 2, „Fundamentale Prognose der Wechselkurse“, und im Kapitel 3, „Einflüsse auf die Wechselkurse in der Praxis“. Im Kapitel vier schließlich wird alles Wissenswerte zu den wichtigsten Währungen dieser Welt dargestellt.

Die Kapitel 5, 6 und 7 beschäftigen sich mit der Frage, welche Möglichkeiten es für den Privatanleger gibt, durch Spekulieren am Devisenmarkt Geld zu verdienen. In Kapitel 5, „Die Geschäftsarten im Devisenhandel“, werden dabei zuerst die grundlegenden Möglichkeiten vorgestellt. Anschließend wird in Kapitel 6, „Wie spekuliert man an der Forex?“, erläutert, wie die direkte Spekulation am Devisenmarkt (englisch: Forex) vor sich geht und worauf hierbei besonders zu achten ist. Nicht zuletzt wird dabei auch die Frage behandelt, wie bei der Auswahl des geeigneten Devisen–Brokers vorgegangen werden sollte. Kapitel 7, „Devisenspekulation mit Derivaten“, zeigt schließlich auf, was der Privatanleger wissen sollte, wenn er in Turbozertifikate oder Optionsscheine auf Wechselkurse investieren will.

Kapitel 8, „Regeln für eine erfolgreiche Spekulation“ widmet sich dann der Frage, was es zu beachten gilt, um das Spekulieren am Devisenmarkt zum Erfolg werden zu lassen. Dabei werden unter anderem die Grundlagen der Charttechnik, der richtige Umgang mit Stop–Loss–Strategien sowie die Psychologie des Tradings behandelt.

Abgeschlossen wird das Buch mit Kapitel 9, „Guthaben und Kredite in fremden Währungen“, das sich weniger mit der Devisenspekulation als mit dem längerfristigen Investieren in Devisen beschäftigt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Fremdwährungskrediten, die in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen haben.

Bei der obigen Beschreibung des Buches wird dem Leser auffallen, dass eine Vielzahl von Themen behandelt wird. Ziel des Autors war es nicht, diese Themen alle erschöpfend darzustellen – das wäre im Rahmen dieses Buches auch gar nicht möglich gewesen. Stattdessen soll der Leser Einblick in alle wichtigen Aspekte des Spekulierens und Investierens am Devisenmarkt erhalten. Eine nicht zuletzt durch viele Praxisbeispiele verständliche Darstellung war dabei das besondere Anliegen des Autors. Sollte sich der Leser nach der Lektüre dieses Buches dazu animiert sehen, sein Wissen auf dem einen oder anderen Gebiet mit weiterführender Literatur zu vertiefen, so liegt dies durchaus im Interesse des Autors.

1. Grundlegendes

1.1 Faszination Devisenmarkt

Der Devisenmarkt ist zweifellos einer der vollkommensten und liquidesten Märkte der Welt; gerade das macht ihn so spannend. Hier spielen dank Computertechnik Zeit und Raum kaum eine Rolle. Während selbst die großen Aktienbörsen weltweit immer noch einen nationalen Charakter besitzen, ist der Devisenmarkt ein echter internationaler Markt.

Es gibt keinen Börsenschluss und keine Eröffnung. Die Devisenhändler geben sich über alle Zeitzonen weltweit sozusagen die Klinke in die Hand und sorgen für einen ununterbrochenen Handel, 24 Stunden lang, rund um die Uhr. Ob man am Nordkap sitzt oder auf Neuseeland, spielt dabei keine Rolle.

Die besondere Faszination des Devisenmarktes rührt aber darüber hinaus sicher von der Vielzahl an Einflussgrößen her, denen die Devisenkurse ausgesetzt sind: Zinsen, Inflationsentwicklung, politische Ereignisse, volkswirtschaftliche Wachstumsraten, geldpolitische Entscheidungen, Entwicklungen an den Aktien– und Rentenmärkten – all dies findet seinen Niederschlag in der Preisbildung auf dem Devisenmarkt.

Viele Trader interessieren sich aber für solche „fundamentalen“ Einflüsse wenig und handeln nur unter charttechnischen Gesichtspunkten – auch dies ist möglich. Für die Charttechniker sind alle Informationen, die sie brauchen, aus den Kursen selbst herauszulesen.

Letztlich erlaubt der Devisenmarkt durch seine Vielseitigkeit eine Unmenge von Handelsstrategien. Jeder Trader oder Anleger muss dabei seinen eigenen Weg finden. Dieses Buch möchte dafür das Rüstzeug geben. Im Folgenden sollen jedoch erst einmal einige grundlegende Dinge geklärt werden.

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Abb. 1.1: Der Wechselkurs zwischen Euro und US–Dollar (EUR/USD) 2004

Der Wechselkurs zwischen Euro und US–Dollar wird üblicherweise in der Schreibweise EUR/USD dargestellt. Dabei wird der Preis des Euros in US–Dollar angegeben. Das heißt: Ein Euro kostete demnach Ende Dezember 2004 etwa 1,3550 US–Dollar. Im Chart ist die Kursentwicklung im Verlauf des Jahres 2004 dargestellt.

1.2 Wechselkurse, Devisen, Währungen, Sorten

Der Preis aller Güter in einer modernen Volkswirtschaft ist gegenüber der jeweiligen Währung, in Deutschland dem Euro, festgelegt. Man spricht daher von einer Geldwirtschaft. Geld besitzt dabei die Rechenfunktion, um Güterpreise vergleichbar zu machen.

Will man allerdings die Inlandswährung, also zum Beispiel den Euro, gegenüber den Währungen anderer Länder vergleichbar machen, um den Preis von ausländischen Gütern in inländischer Währung auszudrücken, dann benötigt man den Wechselkurs. Das heißt: Der Preis einer Währung in einer fremden Währung wird Wechselkurs genannt.

Ausländische Währungen bezeichnet man dabei als Devisen, weshalb der Markt, auf dem ausländische Währungen gehandelt werden, Devisenmarkt genannt wird. Der Preis auf dem Devisenmarkt ist damit der Wechselkurs. Dabei muss natürlich beachtet werden, dass es nicht nur eine Auslandswährung gibt, sich der Devisenmarkt also in viele Währungspaare unterteilt.

Mit Sorten schließlich bezeichnet man die Bestände an ausländischem Bargeld, während zu den Devisen auch Fremdwährungsguthaben sowie Geldmarktanlagen im Ausland zählen. Die Bestände an Sorten, über die ein Land verfügt, sind also ein Teil seiner Devisenbestände.

Die Art und Weise der Kursnotierung an den Devisenmärkten sorgt allerdings immer wieder für Verwirrung: So hat sich zum Beispiel für den Euro die so genannte Mengennotierung durchgesetzt, anstelle der früher zum Beispiel für die D–Mark gebräuchlichen Preisnotierung.

Bei der Mengennotierung dient die Inlandswährung (das heißt der Euro) als feste Bezugsgröße. Beim Wechselkurs Euro/US–Dollar gilt daher der Euro als so genannte „Base Currency“, während der US–Dollar in diesem Fall die „Secondary Currency“ ist. Die Base Currency ist es auch, die jeweils gekauft oder verkauft wird.

Im Folgenden werden übrigens die offiziellen Abkürzungen für die Währungen, die so genannten ISO–Codes, verwendet, also USD für US–Dollar, EUR für Euro usw. (siehe Anhang 10.1 „Referenzkurse im Devisenhandel“).

Beispiel:

Liegt der Wechselkurs EUR/USD bei 1,3200 US–Dollar, dann heißt dies, dass man für einen Euro 1,3200 US–Dollar erhält. Steigt nun der EUR/USD–Wechselkurs von 1,3200 auf 1,3400 US–Dollar, so bedeutet dies eine Aufwertung des Euros und gleichzeitig eine Abwertung des US–Dollars, denn: Eine Aufwertung der einen Währung ist bei einem Wechselkurs immer gleichbedeutend mit einer Abwertung der anderen Währung.

Es muss allerdings gesagt werden, dass eine solche Schreibweise mathematisch nicht korrekt ist, da die Referenzgröße – hier der Euro – eigentlich im Nenner stehen müsste.

Üblich ist die Kursangabe bis auf die vierte Nachkommastelle, allerdings gibt es auch Wechselkurse wie den des Yens, der nur bis auf die zweite Nachkommastelle angegeben wird. Die letzte Dezimalstelle wird üblicherweise als „Punkt“ oder „Pip“ bezeichnet. Steigt der Wechselkurs des Euros zum US–Dollar zum Beispiel von 1,2000 auf 1,2050 USD, dann bedeutet dies eine Zunahme um 50 Punkte oder 50 Pips.

Darauf wird im Kapitel 6 noch genauer eingegangen.

Seit den fünfziger Jahren war es im professionellen Devisenhandel zwischen Banken üblich, die verschiedenen Lokalwährungen durch die Bezeichnung des Preises von einem US–Dollar in lokaler Währung anzugeben. Dies resultierte aus der Bedeutung des US–Dollars als internationaler Ankerwährung. Erst seit kurzem kratzt der Euro allmählich an dieser herausgehobenen Stellung des US–Dollars, ohne sie bislang aber wirklich gefährden zu können.

Man schätzt, dass 90 Prozent aller Währungen, die am Devisenmarkt gehandelt werden, gegenüber dem US–Dollar gehandelt werden. Die nächsten vier in der Rangliste sind Euro (EUR), Japanischer Yen (JPY), Britisches Pfund (GBP) und Schweizer Franken (CHF). Die Wechselkurse dieser vier Währungen gegenüber dem US–Dollar, also EUR/USD, USD/JPY, GBP/USD und USD/CHF, werden als „Major Pairings“ oder einfach als „Majors“ bezeichnet. Diese vier Währungspaare sind es auch, die am Devisenmarkt am meisten gehandelt werden.

Im Übrigen: Aus der historisch gewachsenen Praxis der Notierung aller Währungen gegenüber der Referenzwährung „US–Dollar“ resultiert es, die Wechselkurse zwischen anderen Währungen als „Cross–Rates“ zu bezeichnen. Das gilt zum Beispiel für Wechselkurse wie EUR/CHF, EUR/GBP, EUR/SEK oder GBP/JPY.

Gelegentlich wird allerdings der Begriff „Cross“ auch für einen Wechselkurs zwischen zwei Währungen im Allgemeinen verwendet.

REFERENZWÄHRUNG US–DOLLAR: AN 90 PROZENT ALLER TRANSAKTIONEN AUF DEM DEVISENMARKT IST DER US–DOLLAR BETEILIGT.

------ Währungspaar

Wechselkurs

EUR/USD

1,2750

USD/CHF

1,2020

------ Den Kurs (Bid) für EUR/CHF erhält man durch folgende Rechnung:

1 EUR = wie viel CHF?

1 EUR = 1,2750 USD

1 USD = 1,2020 CHF

--------> 1 EUR = 1,2750 x 1,2020 = 1,5326 CHF

--------> Kurs EUR/CHF = 1,5326

Tab. 1.1: Berechnung einer Cross–Rate am Beispiel des EUR/CHF–Wechselkurses

1.3 Was bewegt die Kurse?

„Der Wechselkurs spiegelt die relative wirtschaftliche Stärke zweier Währungsräume wider“ – das stimmt allenfalls auf lange Sicht, kurzfristig lassen sich so keine Wechselkursbewegungen erklären. Denn: Im Prinzip gibt es nur eine Möglichkeit zur Erklärung von Devisenkursen, und das ist die des Zusammenspiels von Angebot und Nachfrage.

Diese beiden Kräfte entscheiden, in welche Richtung sich der jeweilige Devisenkurs bewegt. Wer also Devisenkurse prognostizieren will, der muss Vorhersagen über die Entwicklung von Angebot und Nachfrage nach den jeweiligen Währungen treffen. Dieser Hinweis – so selbstverständlich er auch klingen mag – ist deswegen so wichtig, weil vor allem fundamentale Analysten sich immer fragen müssen, ob der Theorie–Ansatz, den sie gerade verfolgen, wirklich das aktuelle Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage erklärt.

Als Beispiel mag hier der Hinweis dienen, dass die jahrelangen Handelsbilanzdefizite der USA seit Mitte der neunziger Jahre von vielen Analysten als Grund dafür angeführt wurden, dass der US–Dollar abwerten müsste. Denn: Der Importüberschuss muss ja irgendwie bezahlt werden, was dazu führt, dass das Angebot von US–Dollars an den internationalen Devisenmärkten ständig steigt.

Doch der US–Dollar wertete lange Zeit nicht ab, im Gegenteil. Der Grund: Angebot und Nachfrage nach US–Dollars wurden weniger von den Handelsströmen bestimmt als vielmehr von den Kapitalströmen. Entscheidend für den Wechselkurs war daher der ständige Zustrom von Anlagegeldern aus dem Ausland in die USA. Dadurch wurden US–Dollars nachgefragt, und damit wurde das Defizit in der Handelsbilanz mehr als wettgemacht.

Erst als die Aktienmärkte in den USA in den vergangenen Jahren einbrachen und es für ausländische Anleger zunehmend unattraktiv wurde, in den USA zu investieren, sank die Nachfrage nach US–Dollars. Und erst dann spielte auch das Handelsbilanzdefizit für die Erklärung von Angebot und Nachfrage nach US–Dollars wieder eine wichtige Rolle.

Dieses Beispiel zeigt, dass es nicht genügt, eine einzelne fundamentale Erklärung für den Wechselkurs heranzuziehen; man muss immer verschiedene Ansätze im Blick haben.

Daneben ist es auch wichtig, auf die Cross–Rate–Effekte zu achten. Steigt zum Beispiel der Wechselkurs EUR/USD an, das heißt der Euro wertet gegenüber dem US–Dollar auf und der Wechselkurs USD/JPY bleibt gleichzeitig unverändert, dann steigt auch der Wechselkurs EUR/JPY an.

Das heißt: Der Euro wertet gegenüber dem Yen auf, obwohl sich im Verhältnis beider Währungen direkt nichts geändert hat. Einziger Grund für die Veränderung ist der Cross–Rate–Effekt aus der Aufwertung gegenüber dem US–Dollar.

BEI DER WECHSELKURSPROGNOSE SOLLTE IMMER AUCH DER CROSS–RATE–EFFEKT BERÜCKSICHTIGT WERDEN.

1.4 Wer bewegt die Kurse?

Es gibt zahlreiche Akteure am Devisenmarkt. Da sind zum einen natürlich die Handelsunternehmen, die zur Abwicklung ihrer Auslandsgeschäfte Währungen konvertieren müssen. Dann gibt es Investoren, die im Ausland langfristig Geld anlegen wollen und zum Beispiel für den Kauf von Aktien ausländischer Unternehmen ebenfalls Fremdwährungen benötigen.

Eine weitere wichtige Anlegergruppe sind international anlegende Kapitalfonds. Zu diesen zählen auch die so genannten Hedge Fonds wie zum Beispiel der berühmte Quantum–Fonds von George Soros. Die Hedge Fonds besitzen große Marktmacht, da sie nicht nur über große Anlagesummen verfügen, sondern ihre Investments „hebeln“ können und dadurch enorme Summen bewegen.

Das „Hebeln“ von Investitionen, also die Bewegung großer Anlagesummen bei geringem Kapitaleinsatz, ist am Devisenmarkt besonders leicht, weshalb Hedge Fonds gerne auf dem Devisenmarkt aktiv sind. Allerdings sind gehebelte Investments natürlich auch mit einem hohen Risiko verbunden. Das hat sich am Fall des Hedge Fonds LTCM gezeigt, dessen Beinahe–Zusammenbruch im Jahr 1998 für Turbulenzen an den internationalen Kapitalmärkten und sogar zu einem Eingreifen der US–Notenbank führte.

Die Notenbanken der jeweiligen Staaten treten häufig als Vermittler für den Fluss von Devisen auf, agieren zum Teil aber auch selbstständig am Devisenmarkt. Zum einen verwalten die Notenbanken die Devisenreserven eines Landes, und deren Ansteigen oder Sinken beeinflusst natürlich Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkt. Ein Beispiel dafür ist Russland, das Mitte 2004 ankündigte, den Anteil des Euros an seinen Devisenreserven zu erhöhen und dafür den Anteil des US–Dollars zu verringern.

Zum anderen treten die Notenbanken aber auch gelegentlich als Akteure am Devisenmarkt auf, indem sie versuchen, durch Interventionen die Wechselkurse zu beeinflussen. So haben die großen Notenbanken der Welt nach den Anschlägen des 11. September 2001 am Devisenmarkt interveniert, um allzu exzessive Wechselkursschwankungen einzudämmen. Auf die Möglichkeit von Notenbankinterventionen wird später noch eingegangen.

Die Geschäftsbanken selbst werden auch am Devisenmarkt aktiv, meistens im Auftrag von Kunden. Allerdings führen viele Geschäftsbanken auch auf eigene Rechnung Devisengeschäfte zur Erzielung von Kursgewinnen durch.

Die Privatanleger schließlich spielen an der Forex zwar eine zunehmende, aber vom Volumen her immer noch eine geringe Rolle.

-------- UNTERNEHMEN

International tätige Unternehmen benötigen für ihre Transaktionen Devisen.

-------- GESCHÄFTSBANKEN

Geschäftsbanken führen im Kundenauftrag oder auf eigene Rechnung Devisentransaktionen durch. Sie sind zudem in erster Linie für die „Kurspflege“, das Market Making, verantwortlich.

-------- NOTENBANKEN

Über die Notenbanken als Verwalter der Devisenreserven eines Landes werden viele Zahlungen in fremden Währungen abgewickelt. Zudem treten die Notenbanken gelegentlich als selbstständige Akteure auf, zum Beispiel bei Devisenmarktinterventionen.

-------- INTERNATIONAL ANLEGENDE KAPITALFONDS

Angesichts des stetig wachsenden internationalen Kapitalstroms besitzen die Kapitalfonds eine große Bedeutung am Devisenmarkt. Zu ihnen zählen auch Hedge Fonds, die durch ihre große Marktmacht manchmal den Markt bewegen können.

-------- PRIVATANLEGER

Privatanleger werden erst seit wenigen Jahren verstärkt am Devisenmarkt aktiv. Sie benötigen aber dafür Zwischenhändler, die so genannten Devisen–Broker.

Tab. 1.2: Die Akteure am Devisenmarkt

1.5 Was ist die Forex?

Der „Ort“ des Devisenhandels für professionelle Marktteilnehmer ist der so genannte Interbanken–Markt. Man spricht hier auch von der Forex (kurz: FX).

Forex ist die englische Bezeichnung für den Devisenmarkt und eine Abkürzung für den Begriff „Foreign Exchange“, was nichts anderes als „Austausch von Devisen“ bedeutet. Die Forex bezeichnet damit lediglich die Verbindung aller Akteure am Devisenmarkt über elektronische Handelssysteme, wobei es allerdings keinen Zwischenhändler wie den Makler an einer Aktienbörse gibt – die Marktteilnehmer handeln am Devisenmarkt direkt miteinander.

Privatanleger können in der Regel nicht direkt an der Forex handeln, sie müssen auf einen „Zwischenhändler“ zurückgreifen, nämlich die auf den Handel an der Forex spezialisierten Devisen–Broker. Seit Mitte der neunziger Jahre hat deren Zahl ständig zugenommen, und inzwischen ist es für Privatanleger relativ einfach geworden, am Devisenmarkt zu spekulieren. Wie dies vor sich geht, darauf wird später noch genau eingegangen.

Die Kurse, zu denen der Privatmann über seinen Devisen–Broker an der Forex spekulieren kann, basieren auf den Kursen am erwähnten Interbanken–Markt. Maßgeblich für die Kursbildung sind dabei die 300 größten am Devisenmarkt aktiven Bankinstitute. Zu den wichtigsten Banken am Devisenmarkt zählen internationale Institute wie Barclays Bank, Citibank, JP Morgan Chase, Deutsche Bank, UBS und weitere.

Wichtig ist es an dieser Stelle, noch anzumerken, dass schätzungsweise 70 bis 90 Prozent des Devisenmarktes spekulativer Natur sind, das heißt die Akteure haben kein wirkliches Interesse an der physischen Lieferung der jeweiligen Währungen.

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Abb. 1.2: Intraday–Chart EUR/USD vom 27.10.2004 (Stundenchart)

Beispiel für die kurzfristigen Gewinnchancen am Devisenmarkt: Infolge einer Entspannung beim Ölpreis wertete der US–Dollar am 27. Oktober 2004 kräftig auf, und EUR/USD fiel innerhalb weniger Stunden um etwa 1,1 Cent von 1,2800 auf 1,2690 USD.

Wer direkt über einen Spot–Trade short in EUR/USD investiert war, hätte innerhalb weniger Stunden bei einer gängigen Ordergröße von einem Lot (siehe Kapitel 6) 1.100 US–Dollar verdienen können. Mit einem Derivat, zum Beispiel einem Put oder einem Short–Zertifikat, wäre bei einem Hebel von 30 ein Gewinn von etwa 25 Prozent zu realisieren gewesen.

In den nächsten Kapiteln wird erläutert, wie solche Gewinnchancen in der Praxis umgesetzt werden können.

1.6 Was sind die Vorteile des Devisenmarktes?

Will man mit Trading Geld verdienen, so gibt es keinen Markt, der dafür besser geeignet ist als der Devisenmarkt. Speziell im Vergleich zum Aktienmarkt verfügt der Handel mit Währungen über viele Vorteile (siehe auch Tabelle 1.3). Dabei sticht eines besonders ins Auge: Während die Aktienmärkte zum größten Teil immer noch national organisiert und damit fragmentiert sind, ist der Devisenmarkt der einzige echte „Weltmarkt“.

Aber auch in absoluten Zahlen schlägt der Devisenmarkt die weltweiten Börsen: Ungefähr 1,5 Billionen US–Dollar – das ist eine Zahl mit zwölf Nullen – werden im Schnitt täglich umgesetzt, was mehr ist als an allen Aktienmärkten zusammengenommen an einem beliebigen Tag. An Spitzentagen kann der Umsatz sogar drei Billionen US–Dollar betragen. Dabei ist im Übrigen zwar immer noch London der Hauptumschlagplatz für Devisen – sprich dort sitzen die meisten Devisenhändler –, aber im Prinzip kann jeder von jedem Ort auf der Welt aus an diesem Markt teilnehmen.

Am Devisenmarkt herrscht zudem eine hohe Volatilität, das heißt es gibt starke Kursschwankungen. Genau auf diese Kursschwankungen aber ist der Trader angewiesen, um Gewinne machen zu können – nur auf diese Weise kann er das Prinzip jedes Spekulationsgeschäfts umsetzen, nämlich „billig kaufen und teuer verkaufen“.

Als weiterer Vorteil des Tradens am Devisenmarkt kommt ein technischer Aspekt hinzu: Die Möglichkeiten, die dem Privatanleger zum Umsetzen seiner Trading–Strategien zur Verfügung stehen, sind professioneller als für jeden anderen Markt. Der Grund ist der hohe Wettbewerb zwischen den Devisen–Brokern, der – wie der Markt selbst – auch über die Ländergrenzen hinweg reicht. Man kann als Privatanleger zwischen Devisen–Brokern überall auf der Welt wählen. Es muss lediglich die Seriosität des Anbieters überprüft werden.

-------- HOHE LIQUIDITÄT

Es ist kein Problem, am Devisenmarkt auch hohe Volumen umzusetzen. Speziell für die Hauptwährungen ist immer Marktinteresse vorhanden. Man kann daher nicht auf Wertpapieren sitzen bleiben.

-------- HOHE VOLATILITÄT

Die ständigen Kursschwankungen am Devisenmarkt sorgen dafür, dass es ständig neue Trading–Gelegenheiten gibt.

-------- STÄNDIGER MARKTZUGANG

Am Devisenmarkt kann rund um die Uhr und rund um die Welt gehandelt werden. Es gibt keine feste Börse, an deren Handelszeiten man gebunden ist.

-------- Gewinnchancen in jeder Lage

Am Devisenmarkt gibt es immer Trading–Chancen. Die wirtschaftliche Lage hat keinen Einfluss auf die Möglichkeit, am Devisenmarkt Geld zu verdienen. Ob die Kurse steigen oder fallen, spielt keine Rolle; einen Bärenmarkt gibt es nicht.

-------- PROFESSIONELLE TOOLS AUCH FÜR PRIVATANLEGER

Geringe Gebühren, geringe Spreads, sekundenschnelles Handeln und die Möglichkeit, intelligente Strategien umzusetzen, ermöglichen jedem Privatanleger ein professionelles Trading mit Risikokontrolle. Dazu kommen die hohen Hebel, die beim Traden über die Devisen–Broker erzielt werden können.

Tab. 1.3: Die Vorteile des Devisenmarktes im Überblick

1.7 Was macht das Devisen–Traden so interessant?

Es wurde schon erwähnt: Die Zahl der Devisen–Broker hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Das liegt zum einen an den beschriebenen Vorteilen der Spekulation am Devisenmarkt gegenüber anderen Möglichkeiten der Spekulation. Zum anderen übt aber auch der „Beruf Trader“ eine große Faszination aus, weshalb die Zahl der Privatpersonen unter den Tradern immer mehr zunimmt.

Trading kann im Übrigen als Spekulieren mit System definiert werden, also die systematische Ausnutzung von Kursbewegungen zur Erzielung von Gewinnen.

Im herkömmlichen Sinn ist der Trader ein Angestellter einer Broker–Gesellschaft oder eines anderen Finanzinstituts; die Zahl der Trader, die auf eigene Rechnung arbeiten, nimmt aber immer mehr zu.

Die Vorteile des Tradings auf eigene Rechnung liegen natürlich auf der Hand: Man ist sein eigener Herr, kann über Arbeitszeiten und Arbeitseinsatz selbst bestimmen. Die eigenen Aktionen haben unmittelbaren Einfluss auf den eigenen Erfolg oder Misserfolg und damit auf das eigene Einkommen. Nicht zuletzt bietet das Trading die Möglichkeit, viel Geld in kurzer Zeit zu verdienen.

Zudem sind die technischen Voraussetzungen, um traden zu können, gering: Ein leistungsfähiger PC, die geeignete Software sowie ein Internetanschluss genügen.

Den Lebensunterhalt mit Trading zu verdienen ist aber alles andere als leicht. Viele scheitern bei diesem Versuch, denn den hohen Gewinnchancen stehen natürlich auch hohe Verlustrisiken gegenüber. Das Beste ist es daher, langsam in das Trading einzusteigen und viel Zeit zum Lernen und zum Üben einzuplanen. Genau diesem Zweck soll das vorliegende Buch dienen.

TRADEN BEDEUTET SPEKULIEREN MIT SYSTEM.

2. Fundamentale Prognose der Wechselkurse

2.1 Fundamentalismus oder Charttechnik?

Die beiden wichtigsten Ansätze zur Analyse der Devisenmärkte sind die fundamentale und die technische Analyse. Die fundamentale Analyse beruft sich auf ökonomische Theorien, um die Kräfte von Angebot und Nachfrage zu erklären.

Die technische Analyse versucht, aus der Betrachtung der Entwicklung von Kursen und Umsätzen Prognosen für die Zukunft abzuleiten. Die technische Analyse kann weiter aufgeteilt werden in die quantitative Analyse, die auf verschiedenen statistischen Verfahren beruhende Indikatoren einsetzt, und die Charttechnik, die Trendlinien, Widerstände und Unterstützungen sowie Formationen verwendet, um den weiteren Kursverlauf zu prognostizieren (siehe dazu Kapitel 8).

Die fundamentale Analyse untersucht demnach in erster Linie die Gründe für Marktbewegungen, während der technischen Analyse die fundamentalen Gründe gleichgültig sind. Sie nimmt die Marktbewegungen als gegeben hin und versucht aus ihnen Prognosen für die zukünftige Kursentwicklung abzuleiten.

2.1.1 Die Einflussgrößen der Fundamentalanalyse

Die Fundamentalanalyse zieht makroökonomische Indikatoren sowie politische Rahmenbedingungen in den verschiedenen Ländern heran, um die Entwicklung des Wechselkurses zwischen den Währungen dieser Länder zu erklären. Zu den makroökonomischen Indikatoren, die man auch als Konjunkturindikatoren bezeichnen kann, zählen zum Beispiel Wachstumsraten, Zinsen, Inflation, Arbeitsmarktdaten, Geldmengen, Devisenreserven und die Produktivität.

Unter den politischen Rahmenbedingungen sind unter anderem das Vertrauen in eine Regierung sowie die politische und wirtschaftliche Stabilität eines Landes zu verstehen. Aufgrund der Interdependenz der Geld– und Kapitalmärkte ist es jedoch auch ratsam, die Entwicklung an den Aktien–, den Geld– und den Rentenmärkten im Auge zu behalten. Dieser Frage wird ausführlich in Kapitel 3 nachgegangen.

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Abb. 2.1: Wechselkurs Euro/US–Dollar (EUR/USD) 1995–2005

Nach dem Platzen der Blase am US–Aktienmarkt rückten verstärkt die strukturellen Defizite in der US–Wirtschaft wie das Handelsbilanzdefizit und die geringe Sparquote in den Fokus der Anleger. Der US–Dollar wertete daher gegenüber dem Euro in wenigen Jahren um mehr als 50 Prozent ab (EUR/USD stieg von 0,85 auf 1,35 Euro).

2.1.2 Zeithorizont entscheidend

Nicht selten wird der für die Wechselkursprognose betrachtete Zeithorizont als entscheidend dafür angesehen, welchem Ansatz man den Vorzug geben soll. Es gibt Studien, nach denen bei langfristigen Prognosen von mehr als einem Jahr die fundamentale Analyse erfolgreicher abschneidet. Bei kurzfristig angelegten Analysen bis zu drei Monaten sei der technischen Analyse der Vorzug zu geben. Für den dazwischen liegenden Prognosehorizont von drei Monaten bis zu einem Jahr führe eine Kombination beider Ansätze zu dem besten Ergebnis.

Das würde bedeuten, dass Trader mit kurzfristigem Zeithorizont die fundamentale Analyse vernachlässigen können.

Tatsächlich ist der technischen Analyse der Vorzug zu geben, je kürzer der Zeithorizont ist, dennoch verspricht die Kombination beider Ansätze den größten Erfolg. So werden die Wechselkurse auch kurzfristig zum Beispiel von der Veröffentlichung von Konjunkturindikatoren beeinflusst, weshalb technisch orientierte Trader ebenfalls über die Bedeutung, Tendenz und mögliche Interpretationen solcher Daten informiert sein sollten. Auch die Kenntnis der Zusammenhänge von Aktienmärkten und Rentenmärkten sowie Zinsentwicklungen ist wichtig, da sich dadurch oftmals Entwicklungen an den Devisenmärkten vorhersehen lassen, bevor die technische Analyse die entsprechenden Hinweise liefert.

Umgekehrt sollten auch fundamental orientierte Akteure auf dem Devisenmarkt die technische Analyse zu Rate ziehen, und wenn es nur zur Feststellung von Einstiegs– und Ausstiegssignalen, also zum Timing von Anlageentscheidungen, ist.

Die Verwendung beider Ansätze ermöglicht in jedem Fall die Absicherung von Schlussfolgerungen: Geht zum Beispiel der Bruch eines charttechnischen Abwärtstrends eines Wechselkurses mit der Veröffentlichung positiver Konjunkturdaten des Landes mit der aufwertenden Währung einher, so reduziert sich damit das Risiko einer entsprechenden Positionierung, da verschiedene Ansätze sozusagen „Kaufsignale“ geliefert haben.

LETZTLICH MUSS JEDER FÜR SICH HERAUSFINDEN, OB UND WIE ER DIE VERSCHIEDENEN ANSÄTZE MITEINANDER KOMBINIERT.

2.1.3 Stimmungen und Erwartungen

Wichtig bei der Analyse ist vor allem ein systematisches Vorgehen, um nicht in Versuchung zu geraten, sich aus der Vielzahl der verfügbaren Informationen gerade die herauszusuchen, welche die Meinung unterstützen, die man sowieso schon hatte. Die Kenntnis der eigenen Psychologie und das Vermeiden entsprechender Fehler sind oftmals wichtiger für den langfristigen Handelserfolg als die richtige Interpretation von Informationen (siehe dazu Kapitel 8).

Die Psychologie spielt aber nicht nur bei den individuellen Entscheidungen eine Rolle, psychologische Phänomene können den gesamten Markt beeinflussen. So sind gerade die Devisenmärkte von Stimmungen (englisch: Sentiment) geprägt. Ist zum Beispiel die Stimmung für eine Währung bullish, dann werden sämtliche Daten positiv interpretiert oder schlechte Nachrichten werden – im Extremfall – ignoriert. Solche Stimmungen können von einer positiven Grundeinstellung gegenüber einer Wirtschaft und deren Währung oder von allgemeinem Zukunftsoptimismus getragen sein. Ein erfolgreicher Trader sollte ein Gespür für die Stimmung in einem Markt entwickeln, denn gegen solche Stimmungen zu handeln kann sehr teuer werden.

Von Stimmungen zu unterscheiden sind die Erwartungen. So müssen positive Konjunkturdaten der Währung eines Landes nicht unbedingt Auftrieb verleihen. So einfach ist die Interpretation neuer Daten leider nicht, denn wichtig ist, was die Marktteilnehmer im Vorfeld einer Veröffentlichung erwarteten.

Sind sie davon ausgegangen, dass die entsprechenden Zahlen noch besser ausfallen, dann haben sie sich schon zuvor entsprechend positioniert und bauen diese Positionen aufgrund der aus ihrer Sicht enttäuschenden Zahlen wieder ab. Man spricht daher häufig davon, dass bestimmte Entwicklungen „eingepreist“ sind. Schließlich wird an den Devisenmärkten wie auch an den Aktienmärkten die Zukunft gehandelt; da kann man es sich oftmals nicht leisten, abzuwarten, bis die „harten Zahlen“ tatsächlich vorliegen.

2.2 Die Zahlungsbilanz

Bei der nebenstehenden Lehrbuchdefinition der Zahlungsbilanz wird bereits ein Missverständnis deutlich, das beim Begriff „Zahlungsbilanz“ aufkommen kann. Denn: Bei der Zahlungsbilanz handelt es sich nicht, wie bei Bilanzen sonst üblich, um eine Aufstellung von Aktiva und Passiva zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern um eine Stromrechnung. Es werden die Güter und Geldströme zwischen dem Inland und dem Ausland in einem bestimmten Zeitraum erfasst.

„ALS ZAHLUNGSBILANZ BEZEICHNET MAN DIE AUFZEICHNUNG ALLER ÖKONOMISCHEN TRANSAKTIONEN ZWISCHEN DEN EINWOHNERN, REGIERUNGEN UND INSTITUTIONEN DES INLANDES UND DEN EINWOHNERN, REGIERUNGEN UND INSTITUTIONEN DES AUSLANDES FÜR EINE BESTIMMTE PERIODE (…).“ (ROSE, THEORIE DER AUSSENWIRTSCHAFT, SEITE 1)

Allerdings ist der Begriff „Bilanz“ nicht ganz unpassend, denn genauso wie eine Bilanz per Definition immer ausgeglichen ist, ist auch die Zahlungsbilanz eines Landes immer ausgeglichen. Das liegt daran, dass analog zu den Regeln der in einem Unternehmen üblichen doppelten Buchführung auch in der Zahlungsbilanz jede Transaktion zu zwei Buchungen führt, die sich unter dem Strich ausgleichen.