Von Ulrich Offenberg

WELTREICHE

ihr Aufstieg, Glanz und Untergang

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Inhaltsverzeichnis

Das Reich der Sumerer

Ägypten – das Geschenk des Nils

Die Hethiter – das Volk der 1000 Götter

Die Assyrer – die Preußen des Orients

Das Perserreich der Achämeniden

Das Reich Alexanders des Großen

Rom

Christentum

- Die Germanen

- Die Ostkirche

- Die Kreuzzüge

- Die Jesuiten – die Speerspitze der Papstkirche

- Christentum im Zeitalter des Absolutismus

- „Go West“

- Christen heute

- Christen in Frankreich

- England

- Christen in Deutschland

- Die orthodoxe Kirche

- Die Pfingstkirchen

Der Siegeszug des Islam

Byzanz

Das Reich der Osmanen

Azteken-Reich

Das spanische Kolonial- und Weltreich

Das Reich der Habsburger

Das britische Empire

Russland und die Sowjetunion

China – der wieder erstarkte Drache

Die USA – der imperiale Riese

Das Entstehen und Vergehen von Weltreichen und Hochkulturen rund um den Globus ist der Pulsschlag einer langen Menschheitsgeschichte.

Im steten Strom der Zeit bilden sie Kristallisations-Zentren, Marksteine, die die großen Kapitel der Historie erkennen lassen. Meist waren es draufgängerische Heerführer und Könige, die durch Eroberungen riesige Territorien und Nachbarvölker zu einem Herrschaftsbereich vereinten. Aus den Trümmern der Unterworfenen wuchsen mächtige Reiche. Auch ihr Fortbestand und Glanz war immer mit Rivalität und Blut erkauft. Innere Kämpfe, neue vitale Völker oder die Implosion der schieren Größe, die sich auf Dauer nicht mehr selbst trug, brachten den Niedergang und das Ende.

Manchmal währte der Glanz großer Weltreiche 1.000 Jahre, oft nur ein Menschenleben.

Der Themenbogen der frühen Geschichte reicht von den Hochkulturen an Euphrat und Tigris, über die Pharaonen am Nil, Hethiter und Assyrer, Perser, Alexander den Großen, das Imperium Romanum, das Reich der Osmanen, Byzanz, China und die Mongolen unter Dschinghis Khan.

Europäische Seefahrer entdeckten und eroberten neue Kontinente für ihre Könige: Portugiesen, Spanier, die das Reich der Azteken in der Neuen Welt vernichteten. Im Empire der Engländer, die mit ihre Flotte die Weltmeere beherrschten, ging die Sonne nie unter. Das galt auch für das Reich der Habsburger.

Die Neuzeit dominieren die Vereinigten Staaten von Amerika, Russland – und wieder China, der von neuem erwachende Drache. Weltreiche „eroberte“ aber auch der Glaube an einen jenseitigen Herrscher. Christentum und Islam umspannen den ganzen Erdball.

Das Reich der Sumerer

Das Zweistromland oder Mesopotamien, wie die Griechen es nannten, gilt als Wiege der menschlichen Zivilisation. Das Land zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris ermöglichte schon früh eine Besiedlung. Mesopotamien umfasste ungefähr die Gebiete des heutigen Palästina, Syriens, des Irak und Kuwait.

Das erste identifizierbare Volk, das dort in der südlichsten Provinz unweit des Persischen Golfs lebte, waren die Sumerer. Woher sie kamen, ist nicht bekannt. Das älteste bekannte Weltreich entstand vor rund 4.500 Jahren zwischen Euphrat und Tigris im heutigen Irak. Davon erhalten sind nur wenige Namen, einige Inschriften und über Generationen weiter getragene Legenden.

„Uruk“ war zunächst die mächtigste Stadt Sumers, von ihren als „frühdynastisch“ bezeichneten Königen „Enmerkar“, „Lugalbanda“, „Dumusi“ und „Gilgamesch“ erzählen zahlreiche Mythen und Epen. Das „Gilgamesch-Epos“, das bedeutendste Werk der babylonischen Literatur, berichtet von den Bemühungen des Stadtfürsten von „Uruk“, die Unsterblichkeit zu erlangen.

Darin zieht „Gilgamesch“ mit seinem Freund „Enkidu“ auf Heldentaten aus. Er macht sich auf den Weg zu seinem Ahnherrn „Utnapischtim“, um von ihm das Geheimnis des ewigen Lebens zu erhalten. „Utnapischtim“ rät ihm, sechs Tage und sieben Nächte zu wachen, doch „Gilgamesch“ fällt in einen tiefen Schlaf.

Nach einem weiteren vergeblichen Versuch sieht der Held ein, dass die Unsterblichkeit für Menschen nicht zu erreichen ist, dass seine Taten ihm jedoch unsterblichen Ruhm verschaffen können. Und noch etwas wird im „Gilgamesch“-Epos beschrieben: Eine große Flut, die die Götter geschickt hatten, weil es zu viele Menschen gab und ihr Lärm sie in den Wahnsinn trieb. Es gibt noch andere Mythen über die Sintflut, die alle etwa aus der gleichen Region stammen. Dazu gehört auch die Erzählung aus dem Alten Testament.

Im 27. und Anfang des 26. Jahrhundert vor Chr. war die Stadt „Kisch“ das Machtzentrum in Nordbabylonien mit der so genannten „1. Dynastie nach der Flut“. Von deren Herrschern sind insbesondere die Könige „Etana“ und „Mesilim“ zu nennen. Mit der „1. Dynastie von Ur“ um 2550 vor Chr. verschob sich das Machtzentrum des sumerischen Reiches allerdings wieder nach Süden.

Die Sumerer schufen die Grundlagen für die Religion, sowie Strukturen einer allgemeinen Entwicklung auf den Gebieten der Kultur und Verwaltung. Spätere Eroberer, die weniger hoch entwickelten Gesellschaften angehörten, übernahmen diese Traditionen oder passten sich ihr an. Keine Ausnahme waren dabei sogar die hochmütigen Perser, die, als sie Babylon eroberten, das Ende der mesopotamischen Epoche einleiteten. Selbst die sumerische Sprache, die mit keiner anderen verwandt war, lebte weiter, als das Reich schon längst versunken war.

Der erste in einer langen Reihe von Königen, die mit aller Kraft auf ein Großreich hinarbeiteten, war „Lugalannemundu“, der in der frühen Bronzezeit des 3. Jahrtausends v. Chr. in Akkad, das vermutlich nicht weit entfernt von Babylon lag, regierte. Er soll 90 Jahre auf dem Thron gesessen haben. Möglicherweise umfasst diese Zeitspanne eine ganze Dynastie unter einem einzigen Namen. Späteren Dokumenten zufolge beherrschte dieser sagenhafte König um 2490 v. Chr. weite Teile von Mesopatamien, dem Persischen Golf bis zum Mittelmeer. Wie auch die Herrscher nach ihm ließ er sich als „König der vier Weltgegenden“ titulieren.

Lugalannemundu“ gründete das erste große Staatswesen in Mesopotamien. Er und seine Untertanen waren keine fremden Eroberer, sondern entwickelten eine überlegene Form der Zivilisation, die sie in die Lage versetzte, die an den Grenzen siedelnden Völkerschaften zu unterwerfen. Vermutlich hatte es zuvor bereits Bündnisse zwischen den einzelnen Stadtstaaten gegeben. Unter diesen waren einige mächtiger als andere, und übten eine Art Vorherrschaft aus. Der nächste große Name auf der sumerischen Königsliste ist der noch mächtigere „Sargon von Akkad“, der 2333 bis 2279 v. Chr. regierte.

Sargon stammte nicht aus einer Königsdynastie. Vermutlich stieg er Schritt für Schritt in hohe Ämter wie Mundschenk oder General auf und verdrängte schließlich die Herren, denen er erst diente. Als er an die Macht gelangt war, konnte ihn niemand mehr stoppen. Etwa um 2300 v. Chr. eroberte er mit einem rund 5000 Mann starken Heer die Nachbarstädte seiner neu gegründeten Hauptstadt Akkad und ließ deren Mauern nieder reißen. Danach weitete Sargon, von der Nachwelt als „der Große“ geadelt, als erster großer Eroberer der Geschichte seinen Herrschaftsbereich über ganz Mesopotamien aus. Nach Osten bis in den heutigen Iran, nach Norden bis nach Syrien und vermutlich sogar bis nach Kleinasien. Zu den Städten, die er Inschriften zufolge eroberte, gehörten „Mari“ im heutigen Syrien, „Jarmuti“ an der Mittelmeerküste und das in Syrien gelegene „Tuttul“. Insgesamt soll er 34 siegreiche Schlachten geschlagen und 50 Stadtherrscher gefangen genommen haben. Seine Tochter „Enheduanna“ machte er zur Hohepriesterin des Mondgottes „Sin“ und begründete damit eine Tradition, nach der dieses Amt immer an die älteste Tochter des jeweiligen Königs fiel.

Akkad war abhängig von den landwirtschaftlichen Erzeugnissen der Bauerndörfer im ganzen Reichsgebiet, das von einem Ring von Festungen umgeben war. Vom Persischen Golf und dem Indischen Ozean fuhren Boote den Euphrat hinauf und löschten im Hafen von Akkad ihre Ladungen: Silber aus anatolischen Minen im Norden, Erze aus Oman, Zinn und Kupfer für die Bronzewaffen der Soldaten sowie Holz und Stein als Baumaterialien. Möglicherweise hatte gerade die Beschaffung dieser Waren ursprünglich den Anstoß zur Ausweitung von Sargons Reich gegeben.

Bereits kurz nach dem Tod des großen Herrschers regte sich Widerstand im Reich. Seine beiden Söhne „Rimusch“ und „Manischtuschu“ hielten sich jeweils nur für kurze Zeit an der Macht. Sein Enkel „Naram-Sin“, ein ebenso geschickter Feldherr wie sein Großvater, schlug die Aufstände blutig nieder und eroberte Nordsyrien, möglicherweise sogar Teile der Arabischen Halbinsel. Unter seiner Herrschaft hatte das sumerische Reich die größte Ausdehnung in seiner ganzen Geschichte. Als erster König beanspruchte „Naram-Sin“ für sich göttlichen Status.

Nach seinem Tod begann der allmähliche Niedergang. Der Nachfolger „Scharkalischarri“ schaffte es zwar, das Reich noch 25 Jahre über den Tod seines Vaters hinaus zusammen zu halten, er kämpfte allerdings auf verlorenem Posten. Wahrscheinlich trugen Hungersnöte zusätzlich zum Zerfall des sumerischen Reiches bei. Die Armee wurde durch eindringende „Amoriter“ aufgerieben, das Handelsnetz zerstört. Festungen und Vorposten verfielen. Die Amoriter ließen sich in den Städten im Süden nieder und brachten den berühmten König „Hammurabi“ hervor. Er regierte 45 Jahre lang, von 1795 – 1750 v. Chr.. Der König ließ erstmals eine Gesetzessammlung zusammenstellen und residierte im neu gegründeten Babylon. Auch wenn die Stadt schon bald ihre Vormachtstellung wieder verlor, büßte sie doch ihre Bedeutung als wichtigstes religiöses und kulturelles Zentrum Mesopotamiens nie ein.

Etwa 200 Jahre, nachdem Sargon mit der Unterwerfung anderer Stadtstaaten in Mesopotamien begonnen hatte, war die Vormachtstellung des Sumerischen Reiches nun gebrochen.

Nur in den Mythen blieb es noch lebendig. Die Geschichte von Sargons Auffindung als Säugling in einem Binsenkörbchen findet sich als Errettung Moses im Alten Testament wieder. Die erst Jahrhunderte später nieder geschriebenen sumerischen Epen schildern Schlachten, Siege und Eroberungen, die ebenso gut Wahrheit wie Legende sein können. Sargon hinterließ wie spätere Eroberer und Reichsgründer nicht nur ein Imperium, sondern auch Mythen und Legenden.

Ägypten – das Geschenk des Nils

Der Großteil der ägyptischen Bevölkerung waren Bauern, Fellachen, die an den Ufern des Nils ihre Felder bestellten. Der Rhythmus des Flusses mit seinen jährlich wiederkehrenden Überschwemmungen war der Taktgeber für das Leben dieser Menschen. Auch wurden sie für die Bauten der Pharaonen, vor allem für ihre aufwändigen Grabanlagen, als Arbeiter heran gezogen.

Für die alten Ägypter galt, dass sich alle Wesen, auch der Pharao und die Götter, an das grundlegende kosmische Prinzip der „ma ’at“ zu halten hatten, personifiziert in „Ma ’at“, der Göttin der Ordnung, Gerechtigkeit und Güte. Die Ordnung des Himmels wurde auch durch den Gott „Re“ verkörpert, der Sonne und zweiten Naturgewalt, die das Leben der Menschen bestimmte. Der Sonnengott, so glaubten die Menschen 3000 Jahre vor der Zeitenwende, fuhr jeden Tag in einem Boot über den Himmel und kehrte durch die Unterwelt an einen Punkt im Osten zurück. Die Fährboote zwischen den Nilufern erinnern an die mythologischen Schiffe.

Auf der Erde sorgte der Pharao für Ordnung. Er war der Mensch gewordene Gott „Horus“, Sohn von „Isis“ und „Osiris“. Dieser wurde von seinem Bruder „Seth“ erschlagen, den die Ägypter mit den Mächten des Bösen und des Chaos gleich setzten. Nach seinem Tod kehrte Osiris als König der Unterwelt zurück. Von hier aus lenkte er die lebensspendenden Hochwasser.

Der Weg in die Zivilisation begann in Ägypten im Vergleich zu anderen Regionen im Vorderen Orient relativ spät. Als sie aber einmal Fuß gefasst hatte, erwies sie sich als dauerhaft und umfasste vom ersten geeinten Reich bis zu ihrem Untergang in frühchristlicher Zeit mehr als drei Jahrtausende.

Während eines Großteils der Frühgeschichte regierten in Ägypten Pharaonen, die zu 31 Dynastien zusammengefasst wurden. Zivilisiertes Leben, also Landwirtschaft und städtische Ansiedlungen, finden sich in Ägypten erst im 6. Jahrtausend v. Chr., ungefähr 2000 Jahre später als in Anatolien, Mesopotamien und Syrien. Gegen Ende des 4. Jahrtausends wurde das Nordreich durch einen aggressiven Rivalen aus Oberägypten angegriffen.

Der Zusammenschluss der beiden Länder wird in der ägyptischen Überlieferung dem legendären Pharao „Menes“ zugeschrieben. Er soll auch die Hauptstadt „Memphis“ gegründet haben. Vermutlich war es die größte Leistung der frühen ägyptischen Herrscher, nicht nur einen durch Gewalt zusammen gefügten Staat zu beherrschen, sondern auch ein gemeinsames Bewußtstein von Nord und Süd zu schaffen. Das wesentlichste Instrument war dabei die Institution des Königs. Dessen Familie waren die höchsten Ämter vorbehalten. Es gab aber auch ein Beamtentum aus fähigen Untertanen.

Unter Pharao „Snofru“ (ca. 2625 – 2585 v. Chr.), dem Begründer der 4. Dynastie, wuchs das Königsgrab zur Pyramide, vielleicht als Symbol einer Rampe aus Sonnenstrahlen gedacht, die den Pharao zu seinem letzten göttlichen Ziel im Himmel leiten würde. Der Souverän verkörperte nun nicht nur „Horus“, sondern auch den Sonnengott „Re“. Ab der Mitte der 4. Dynastie ergänzte der Titel „Sohn des Re“, die Herrscherwürde.

An der Spitze der Verwaltung stand ein Minister, der Getreidespeicher, Schatzamt, öffentliche Arbeiten, Rechtsprechung und die Beamtenschaft leitete. Anstelle eines stehenden Heeres gab es lokale Miliz-Einheiten. Tempel wurden vom König finanziert.

Die Könige der 5. bis zur 8. Dynastie – ca. 2500 – 2130 v. Chr. – werden gerne die „vergessenen Pharaonen“ des Alten Reiches genannt. Einige von ihnen bauten jedoch in „Sakkara“ und „Abusir“ bemerkenswerte Pyramiden und brachten Neuerungen in die königlichen Grabanlagen ein. Pharao „Unas“ – 2371 – 2350 v. Chr. – ließ als erster die Innenwände seiner Pyramide mit Texten versehen.

Beeindruckend sind zudem die Sonnentempel nördlich von Abusir, die sechs Könige der 5. Dynastie in Anlehnung an den Tempel in Heliopolis errichten ließen.

Gegen Ende des Alten Reiches brach in Ägypten eine Krise aus, die sich seit langem angekündigt hatte. Nach den verschwenderischen Pyramiden der 4. Dynastie wurden die Königsgräber nicht nur kleiner, sondern auch mit weniger Sorgfalt gebaut. Die Finanzierung der Grabmäler königlicher und privater Herren muss die Staatsfinanzen stark belastet haben. Hinzu kam eine fortschreitende Dürre, die am Ende des 3. Jahrtausends den ganzen Nahen Osten traf.

Diese schwerwiegende Krise wirkte sich um 2200 v. Chr., in der langen Regierungszeit von „Neferkare Pepi II.“, dem letzten großen Herrscher des Alten Reiches, aus. Nach seinem Tod regierten die Herrscher der 6., gefolgt von der 7. und 8. Dynastie noch in Memphis. Mit dem Tode der letzten Könige in Memphis, um 2130, beanspruchte der Nomarch von Herakleopolis, eine Art Gouverneur, als „Achthoes I.“ die Macht. Seine Nachfahren der 9. und 10. Dynastie wurden vom Adel in Unterägypten und den Nomarchen in Mittelägypten gestützt.

Nach zwei Generationen meldeten die Herrscher in Theben ihre Ansprüche an.

Es folgte ein erbitterter Machtkampf zwischen den beiden Pharaonen, in dem es den Herakleopolitanern nicht gelang, den Rivalen im Norden auszuschalten. Doch auch die Thebaner waren zu schwach, um sich an die Spitze des Reiches zu stellen. Erst unter „Mentuhotep II.“ waren sie endlich stark genug. Sie nutzten die Ressourcen Nubiens, um die Parteigänger von Herakleopolis in Mittelägypten zu vernichten. „Mentuhotep“ gelang es schließlich um 1980 ganz Ägypten wieder zu vereinigen.

Unter der 11. Dynastie erholte sich Ägypten rasch von den Bürgerkriegen.

Schon bald bestieg eine neue Dynastie den Pharaonen-Thron: „Amenemhet“, Minister von „Mentuhotep IV.“, strebte auf den Pharaonen-Thron und trat um 1938 als Gründer einer neuen, der 12. Dynastie, auf. Mit „Amenemhet I.“, der mit fester Hand regierte, begann das Mittlere Reich und damit eine glanzvolle Epoche des Landes.

Die acht Herrscher dieser Dynastie stellten einen bemerkenswerten Rekord an Regierungszeit, Stabilität und Wohlergehen ihres Volkes auf. Im Durchschnitt regierte jeder mehr als 20 Jahre. Es entstand ein neues, zentralisiertes System, das das Land in zwei große Verwaltungseinheiten teilte. Sie entsprachen in etwa Ober- und Unterägypten unter je einem Minister. Dieses System blieb bis etwa 1000 erhalten und gehörte zu den dauerhaften Errungenschaften in einer Zeit von Frieden und Wohlstand.

Dann folgte allerdings wieder eine Zeit der Wirren. Mehreren Königsfamilien wechselten einander ab. Das Reich konsolidierte sich erst wieder unter den Herrschern der frühen 18. Dynastie. Unter den Königen wie „Ahmose“, dem Dynastiegründer, und „Thutmosis I.“ wurden die Grenzen nach Norden vorgeschoben. Berühmt wurde „Hatschepsut“, die schöne Pharaonin, die fast 20 Jahre herrschte und deren Tempelanlage bei Luxor zu den eindrucksvollsten Bauten der Antike zählt.

Ein ehemaliger General mit dem Namen „Haremhab“ wurde um 1319 neuer Pharao. Es folgte ihm sein Minister „Ramses I.“ nach, der die 19. Dynastie begründete. „Sethos I.“ und vor allem „Ramses II.“ sicherten Ägypten mit einer starken, neu organisierten Armee die frühere Vormachtstellung. Die Bauwut dieses großen Pharaos, der es geschickt verstanden hat, sich nach der „Schlacht bei Kadesch“, bei der er nur knapp der Gefangennahme durch die „Hethiter“ entgangen war, als großer Feldherr feiern zu lassen, war legendär. Seine Monumente waren immer größer und wuchtiger als alles bisher da gewesene. Seine Tempel wuchsen zu Städten, seine Statuen zu Türmen: Bereits Bestehendes, das seinen Gefallen fand, nahm er ohne Skrupel für sich in Anspruch. 76 Jahre regierte er. Nach seinem Tod wurde das Land wieder von Invasionen fremder Völker und Bürgerkriegen heimgesucht. „Sethnacht“, ein von hohen Beamten unterstützter Herrscher, begründete die 20. Dynastie. Sein Sohn „Ramses III.“, der letzte große Kriegerpharao des Neuen Reiches, warf zwei libysche Invasionsheere zurück und hielt einen erneuten Ansturm der berüchtigten „Seevölker“ auf, die in jener Zeit zum Schrecken der Mittelmeer-Länder geworden waren. Seine Nachfolger, von „Ramses IV.“ bis „Ramses XI.“, regierten eine befriedete Nation, in der die Erbfolge reibungslos vollzogen wurde und es keine Bürgerkriege gab.

Dennoch war die 20. Dynastie eine Zeit des Niedergangs für das Reich und dessen Einheit. Von der ägyptischen Vorherrschaft in Asien war nichts mehr zu spüren. Im Süden erstarkten die „Nubier“.

In dieser Periode der Schwäche fiel Ägypten in den Einflussbereich seiner einstigen Kolonie, des nubischen „Kusch“, das mittlerweile ein reicher und militärisch starker Staat geworden war. Dessen Herrscher griffen nach dem geistigen Mutterland. Unter ihrem König „Pianchi“ drangen die Kuschiten bis Memphis vor. Das Delta blieb zwar unabhängig, dessen Könige und Fürsten unterwarfen sich allerdings der nubischen Oberhoheit. Pinachis Bruder und Nachfolger „Schabaka“ führte schließlich die nubische Eroberung ganz Ägyptens zu Ende. Die Kuschitenkönige, die 25. Herrscher-Dynastie, sahen sich gerne als Pharaonen in der großen Tradition ihrer berühmten Vorgänger, konnten diesem Anspruch aber nicht gerecht werden. Schon bald unterlagen die Emporkömmlinge aus dem Süden dem Druck aus dem Niltal und dem Einfall einer neuen Großmacht, die im Nahen Osten entstanden war: den „Assyern“.

Das führte zu einem Ringen, das ein halbes Jahrhundert dauern sollte. Memphis wechselte mehrmals den Besitzer und sogar Theben wurde geplündert. Als Sieger ging ein ägyptisierter Lokalherrscher aus dem Magnat im Nil-Delta hervor, den die Nubier zwar unterworfen, aber nicht ausgeschaltet hatten. „Psammetich“, der Herrscher von „Sais“, überlistete seine ehemaligen Herren, Assyrer und Nubier, geschickt und gründete die 26. Dynastie. Als „Psammetich I.“ bestieg er den Pharaonen-Thron. Unter ihm und seinen Nachkommen spielte Ägypten zum letzten Mal eine Großmachtrolle.

Trotz einer geschickten Diplomatie mussten die Ägypter aber in der Abfolge hilflos mit ansehen, wie die meisten ihrer Verbündeten vom persischen König „Kyros’ dem Großen“ – 550 – 529 v. Chr. – unterworfen wurden. Ägypten teilte dieses Schicksal, als Kyros’ Sohn „Kambyses II.“ kurzen Prozess mit dem letzten saitischen Herrscher „Psammetich III.“ machte. Das Land am Nil zeigte sich allerdings als Provinz eines anderen Reiches renitent. Eine Rebellion brachte ihm 404 v. Chr. wieder die Unabhängigkeit.

Fast 60 Jahre lang – von der 28. bis zur 30. Dynastie – blieb Ägypten frei. Es folgte eine kurze, zweite Besetzung durch die Perser. Diese endete, als die makedonischen Streitkräfte „Alexander des Großen“ die ungeliebten Besatzer schlugen und Ägypten okkupierten.

Während des 2. Jahrhunderts v. Chr. blieb das Land in der Hand der neuen Nachfolger Alexanders, der jung mit 32 Jahren verstorben war. Die „Ptolemäer“ etablierten die 33. Dynastie. „Ptolemäus I.“ residierte in der neuen Hauptstadt „Alexandria“. Nach dem Tod der letzten Ptolemäer-Herrscherin „Kleopatra VII.“ wurde das fruchtbare Land am Nil dann eine Provinz des Römischen Reiches. So lange, bis es der arabische General „Amr ibn el-As“ 642 n. Chr. handstreichartig für Allah und seinen Kalifen eroberte.

Noch heute dokumentieren gewaltige Pyramiden in Gizeh und Sakkara die Macht und den Reichtum der Pharaonen. Die meisten der Steinmonumente wurden innerhalb eines Zeitraumes von nur 900 Jahren von der 3. bis zur 12. Dynastie gebaut. Die größten von ihnen, die „Pyramiden von Gizeh“, stammen aus den etwa 75 Jahren, in den die Pharaonen „Cheops“ und seine Söhne „Chephren“ und „Mykerinos“ auf dem Thron saßen.

Die Zahl der Arbeiter, die für die Cheopspyramide gebraucht wurden, ist schwer vorstellbar. Ein ungeheurer Aufwand, der sich bei den Begräbnis-Riten fortsetzte und seine Begründung im Glauben an ein Weiterleben im Jenseits findet: Die Bauten, Rituale und Gebete sollten das Leben und den Status einer Person auch nach dem Tod erhalten. Dieser Glaube verlor erst in der römischen Zeit seine Bedeutung, als der Alltag für die meisten Ägypter so bedrückend wurde, dass sie gar nicht mehr den Wunsch verspürten, ihr Leben nach dem Tod fortzusetzen.

Im Mittelpunkt der ägyptischen Vorstellung von der Unterwelt stand ein göttliches Gericht, geleitet von „Osiris“. Die Seele musste vor ihn und sein Gefolge von 42 Richtern treten. Das Herz des Verstorbenen wurde gegen die Feder von „Ma´at“, Göttin der Wahrheit, Harmonie und Gerechtigkeit, aufgewogen. Nur wenn Herz und Feder im Gleichgewicht waren, konnte der Tote gesegnet und zu einem spirituellen Wesen werden.

Das Christentum, im späten 1. Jahrhundert n. Chr. vom Evangelisten „Markus“ nach Ägypten gebracht, verdrängte in den nächsten 200 Jahren schließlich den Glauben an die alten Götter. Die ägyptischen Christen, auch „Kopten“ genannt, zerstörten unzählige historische Denkmäler aus der Vorgeschichte. Sie vernichteten damit aber auch Beweise ihrer eigenen großartigen Kultur und Geschichte. Das einst so mächtige Volk am Nil, über viele Jahrhunderte von seinen Nachbarn beneidet, bewundert und gefürchtet, und auch zeitweise unterworfen, sollte fortan nur noch einen Platz in den hinteren Reihen des Welttheaters finden.

Die Hethiter – das Volk der 1000 Götter

Wie so viele Völker des Altertums sind auch die Hethiter nach dem Untergang ihres Reiches in Vergessenheit geraten. Bis in die Neuzeit waren sie nur durch einige Erwähnungen aus der Bibel ein Begriff und wurden als unbedeutende Volksgruppe im syrischpalästinischen Raum genannt. Dabei erstreckte sich ihr Herrschaftsgebiet vor allem in der heutigen Türkei bis weit in den Süden Syriens hinein.

Und David zeugte Salomo aus der Frau des Urias“ schreibt der Evangelist „Matthäus“ im Stammbaum Jesu. Der Name der Frau ist gut bekannt: „Bat-Seba“. Der besitzergreifende König der Juden ließ den gehörnten Hethiter-Offizier Urias umbringen, um Bat-Seba seinen Harem einverleiben zu können. Das störte allerdings die Beziehungen der beiden Reiche nicht. Rüsteten sie doch gegen einen gemeinsamen Feind, der sie gleichermaßen bedrohte: Die „Assyrer“.

Während die Geschichte der Juden durch das „Alte Testament“ überliefert wurde, blieb das Schicksal der Hethiter lange Zeit im Dunkeln. Nur spärlich stießen Archäologen auf Hinweise dieses geheimnisvollen Volkes.

Im ersten Viertel des 2. Jahrtausends vor der Zeitenwende wurde Zentralanatolien von Königen in Stadtstaaten regiert. In dieser etwa 200 Jahre andauernden Epoche unterhielten die Provinzherrscher Handels- und kulturelle Beziehungen mit den Vertretern der alten Hochkulturen im Nahen Osten. Korrespondiert wurde in assyrischer Keilschrift. Die meisten dieser Städte waren mit monumentalen Stadtmauern, Palästen und Tempeln ausgestattet. „Nesa“, das heutige „Kültepe“, war die erste Hauptstadt des Hethiterstaates. Der Legende nach, die auf Keilschrifttafeln aus dem 16. Jahrhundert v. Chr. nieder geschrieben wurde, gebar die Königin von Nesa in einem einzigen Jahr 30 Söhne. Sie war entsetzt über diese Widernatürlichkeit, dichtete Körbe mit Fett ab, legte ihre Söhne hinein und ließ sie in den Fluss gleiten. Die Strömung brachte die Knaben zum Meer und weiter in das Land „Zalpa“. Dort nahmen die Götter die Neugeborenen auf und zogen sie groß. Wie nun die Jahre vergingen, gebar die Königin wieder, dieses Mal 30 Töchter. Diese zog sie selbst groß. Weiter berichtet der uralte Text, dass die 30 Söhne, als sie erwachsen waren, nach „Nesa“ zurück kamen. Die Götter schenkten ihnen ein anderes Wesen, so dass ihre Mutter sie nicht erkannte und ihnen ihre 30 Töchter zur Frau gab. Der jüngste der Söhne erkannte aber, dass es die eigenen Schwestern waren und warnte seine Brüder davor, die Frauen anzurühren. Hier bricht der historische Text ab. Dem Gründermythos nach können aber die 30 Söhne und 30 Töchter als die Stammeltern der Hethiter gelten.

Zalpa liegt an der Mündung des „Halys“ am Schwarzen Meer, Nesa dagegen am Oberlauf dieses Flusses. Will man hinter diesem Mythos eine Anspielung auf historische Gegebenheiten vermuten, so kann es sich bei der Rückwanderung der 30 Söhne von Zalpa in ihren Geburtsort um den Hinweis auf eine Besiedelung handeln. Eroberungszüge von Völkern wurden auf diese Weise moralisch gerechtfertigt. Es kann daher durchaus sein, dass die ersten Hethiter von der Küste des Schwarzen Meeres aufbrachen und ins Innere Anatoliens, nach „Nesa“, gewandert sind und sich dort ansiedelten. Eine andere Quelle zur Vorgeschichte der Hethiter ist der sprachliche Aufbau ihrer Personen- und Götternamen. Die Menschen verständigten sich in einer indogermanischen Sprache. „Wasser“ hieß bei ihnen „wadar“ und „sieben“ „siptam“. Die indogermanische Sprachfamilie hatte sich aus den Weiten nördlich des Schwarzen Meeres, unter anderem in Richtung Westeuropa und Indien ausgebreitet.

Der oberste Herr des Götterhimmels war „Djeus“, der Gott des lichten Taghimmels. Die Ähnlichkeit zum griechischen „Zeus“, zum lateinischen „Jupiter“ und zum altindischen „Dyaus“ ist gewiss nicht zufällig. Seine Söhne waren ein Zwillingspaar, die „Dioskuren“. Dann gab es da die junge Göttin „Ausos“, die Morgenröte, ein recht freizügiges Mädchen. Sie soll die Tochter des Sonnengottes „Saweljos“ gewesen sein. Die Dioskuren entführten sie auf ihrem Wagen.

Außerhalb dieser Familien existierten noch andere Götter, wie der Wettergott „Perkwunos“ oder der Vegetationsgott „Suwaliyatt“. Er fungierte auch als Bote des Wettergottes, so wie im griechischen „Hermes“ als Bote des Zeus. Verehrungswürdig waren auch die „Damnassra“-Gottheiten, Beschützerinnen des Hauses, deren Name von „dom“ – also Haus abgeleitet ist.

Während des 17. und 16. Jahrhunderts v. Chr. hatten sich die Hethiter in Anatolien als führende Macht etabliert. Ein kriegerischer Herrscher mit dem Namen „Labarna“, der seine Residenz in „Hattusa“ nahm und sich fortan „der von Hattusa“ – „Hattusili“ – nannte, war die treibende Kraft eines hethitischen Großreiches geworden. Nachdem „Hattusili“ eine ganze Anzahl von Orten in Zentralen-Anatolien unterworfen hatte, war die Überquerung des Taurus eine neue Herausforderung.

Südlich des Gebirgszuges lagen die reichen nordsyrischen Anbaugebiete mit dem Zentrum „Aleppo“, in dem es zudem ein bedeutendes Heiligtum des hoch verehrten Wettergottes gab. So soll es nach einer Überlieferung sogar der Allgewaltige selbst gewesen sein, der den hethitischen Kriegern bei der Überschreitung des Gebirges half. Durch diesen siegreichen Feldzug gewann „Hattusili“ an Ansehen und Macht. Der hethitische Einfluss dehnte sich nachfolgend bis in das nördliche Mesopotamien aus, wobei es zu erbitterten Kämpfen mit den „Hurritern“ kam, ein bereits seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. bezeugtes, von Südostkleinasien und Nordsyrien bis nach Obermesopotamien verbreitetes Volk, mit dessen Staatsgründungen sich die Hethiter immer wieder auseinander setzen mussten.

Zu seinem Nachfolger bestimmte Hattusili den noch jungen „Mursili I.“. Ihm gelang es, die Hauptstadt des Königreichs „Jamhad“, – Halab“ – zu erobern. Hethitische Truppen marschierten sogar bis nach Babylon, der einstigen Residenzstadt des Königs „Hammurapi“. Wer diese legendäre Stadt eroberte, konnte zweifellos einen bedeutenden Zuwachs an Prestige verbuchen. Doch lange konnte sich der König nicht in seinem kriegerischen Ruhm sonnen: Bei einer Verschwörung, an der sich auch sein Schwager „Hantili“ beteiligte, wurde er ermordet.

Auf den Mord an „Mursili I.“ folgten innerdynastische Auseinandersetzungen. Erst König „Telipinu“ gelang es Jahrzehnte später, wieder Stärke zu demonstrieren. Er berief in Hattusa eine Ratsversammlung ein und verkündete eine Reihe von Reformen. Diese hatten vor allem das Ziel, das Königshaus vor weiteren Morden zu schützen, eine Thronfolgeregelung festzulegen und die Einigkeit an der Spitze des Staates zu fördern.

Einem Gremium, dem so genannten „panku“, wurde eine wichtige Rolle übertragen. Es sollte bei Bluttaten innerhalb des Königshauses die Bestrafung der Schuldigen veranlassen, nicht aber Rache an deren Familien und „ihren“ Häusern, also Verwandten, nehmen. Außerdem sollte es auch an der Rechtsprechung über die verschiedenen Würdenträger beteiligt sein.

Neben diesen Maßnahmen zum Schutze des Königtums wurde auch die Versorgung der Städte mit Wasser und Getreide neu geregelt. Betrug bei der Ablieferung der Ernte sollte mit dem Tode geahndet werden. Zur Vermeidung einer Zersplitterung von Familienbesitz wurde untersagt, Erben vorzeitig ihre Anteile auszuhändigen. Bei einer Bluttat konnte das Familienoberhaupt des Opfers darüber entscheiden, ob der Schuldige mit dem Tode bestraft werden sollte oder nur Ersatz zu leisten hatte.

Mit König „Telipinu“ beginnt das so genannte „Mittlere Reich“. Häufig bezeugt sind jetzt Landschenkungen an Würdenträger, die durch Formulierungen wie diese geschützt werden sollten: „Die Worte des Tabarna, des Großkönigs, sind von Eisen. Sie sind nicht zu verwerfen, nicht zu zerbrechen. Wer sie vertauscht, dem wird man sein Haupt abschlagen.“

So steht es in Keilschrift auf archäologischen Fundstücken.

In einer Zeit innerdynastischer Auseinandersetzungen sollten die jeweiligen Nutznießer der Schenkungen sicher enger an das Königshaus gebunden werden. Diese Kämpfe um die Macht trugen dazu bei, dass die hethitischen Herrscher die Kontrolle über die Gebiete südlich des Taurus wieder verloren. Erst „Tuthalija I.“ scheint die großkönigliche Macht wieder unumschränkt hergestellt zu haben. Dennoch blieb seine Herrschaft im Wesentlichen auf Anatolien beschränkt. Das Obermesopotamische „Mitanni-Reich“ übte weiterhin die Kontrolle über das nördliche Syrien aus, und die Pharaonen der 18. Dynastie vermochten ihren Einfluss zumindest bis Mittelsyrien zu erhalten.

Erst unter der Herrschaft von „Suppiluliuma I.“ vollzogen sich Veränderungen, die das zuvor auf Anatolien beschränkte hethitische Reich zu einem Imperium werden ließen, zu dem auch Teile Syriens und Mesopotamiens gehörten. Diese neue Phase, auch „Neues Reich“ genannt, wurde durch einen Feldzug des Königs im Gebiet des oberen Euphrat eingeleitet. „Suppiluliuma“ stieß auf keinen nennenswerten Widerstand. Der König von Ugarit, „Niqmadu II.“ stellte sich sogleich unter seinen Schutz. Wichtige Hafenstädte kamen unter hethitische Kontrolle.

Das Heer drang weiter nach Süden vor, besiegte das Land „Nija“ am Orontes, plünderte die Stadt „Qatna“, vermied aber einen Angriff auf die Stadt „Kadesch“, die unter ägyptischer Oberhoheit stand. Der Fürst von Kadesch war aber so unvorsichtig die schützenden Mauern seiner Stadt zu verlassen. In einer offenen Feldschlacht wurde er von den Hethitern besiegt und gefangen genommen. Sein Sohn „Aitaggama“ bestieg daraufhin den Thron von Kadesch.

Durch die erfolgreichen militärischen Aktionen in Syrien war aus dem hethitischen Staat ein Großreich entstanden, das sich mit dem der ägyptischen Pharaonen und dem der Könige von Assur und Babylons auf eine Stufe stellen konnte.

Nach dem frühen Tode des Pharaos „Tutanchamun“ war in Ägypten ein Machtkampf ausgebrochen. Die junge Witwe des Pharao bat den Hethiterkönig „Suppiluliuma I.“ brieflich um die Entsendung eines seiner Söhne, den sie heiraten wolle, um nicht einen „Diener“ als Gatten nehmen zu müssen. Eine ungeheure, von einer Ägypterin königlichen Geblüts nie zuvor geäußerte Werbung um einen ausländischen Bräutigam. Auch der Hethiter-König war von dieser Hochzeits-Werbung überrascht. Er bat um eine erneute Bestätigung und schickte schließlich einen seiner Söhne nach Memphis.

Kostbare Zeit war verstrichen. Die Feinde der Pharaonen-Witwe hatten sich formiert. Der Prinz starb auf der Reise an den Nil unter ungeklärten Umständen. Das nahm „Suppiluliuma I.“ zum Anlass, dem neuen Pharao „Eje“ den Krieg zu erklären. Auch wenn es nicht sofort zu direkten Auseinandersetzungen kam, so herrschte doch fortan Feindschaft zwischen diesen beiden Mächten. Die letzten Jahre seiner Regierung verbrachte „Suppiluliuma I.“ damit, die Position des Königshauses in Anatolien zu verteidigen und zu stärken. Vor allem die stets unruhigen „Kaskäer“ im Norden des Reiches hatten die längere Abwesenheit des Großkönigs in Syrien genutzt, um Überfälle auf hethitisches Gebiet zu unternehmen. Aber auch ein ganz anderes Problem machte dem Großkönig zu schaffen: Eine Epidemie, vermutlich die Beulenpest, war aus Syrien eingeschleppt worden und forderte auch im Königshaus zahlreiche Opfer. Die Seuche wurde von den Untertanen als göttliche Strafe dafür verstanden, dass „Suppiluliuma I.“ bei seinem Weg auf den Thron sehr skrupellos vorgegangen war. Aus Rache hätten die Götter nicht nur den König sterben lassen, sondern auch seinen Sohn und kurzzeitigen Nachfolger „Arnuwanda II.“.

Vor allem dem Gouverneur der wichtigen „Unteren Länder“, „Hannutti“, sowie dem Fürsten „Pijasili von Karkamis“ dürfte es zu verdanken gewesen sein, dass das hethitische Reich nicht schon damals den Angriffen der Nachbarn zum Opfer fiel. Zumal Arnuwandas Nachfolger „Mursili“ noch jung war und wenig Erfahrung besaß. Doch der junge König lernte schnell, vergaß nicht den Göttern zu opfern und schlug lokale Aufstände rasch und blutig nieder. Seine zwei Jahrzehnte währende Herrschaft konsolidierte das Reich der Hethiter wieder. Prinz „Muwattalli“ konnte ohne größere Schwierigkeiten die Nachfolge seines Vaters „Mursili“ antreten. Auf den Wänden der ägyptischen Tempel in Abydos, Luxor und Abu Simbel sind noch heute Reliefs zu sehen, die eine der berühmtesten Schlachten des orientalischen Altertums zeigen. Sie werden von hieroglyphischen Texten begleitet, die einen großen Sieg des Pharaos „Ramses II.“ über den Hethiterkönig „Muwattalli“ feiern: Die Schlacht von Kadesch. Trotz eines möglicherweise sehr tapferen Einsatzes des Pharaos waren die Hethiter jedoch nach dem Kampf im Vorteil und damit die eigentlichen Sieger. Das zwischen Hethitern und Ägyptern umstrittene mittelsyrische „Amurru“ gelangte jedenfalls wieder unter hethitische Kontrolle.

War Ägyptens Vordringen in das hethitisch beherrschte Syrien nach der Schlacht von Kadesch zurück gewiesen worden, so gestaltete sich die Situation an der Euphrat-Grenze weniger günstig. Die Assyrer hatten ihren Einfluss in Obermesopotamien ausgeweitet und provozierten damit ganz offen König Muwattalli. Dem Reich der Hethiter schien niemals eine längere Periode des Friedens vergönnt gewesen zu sein.