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Nr. 92

– ATLAN exklusiv Band 2 –

 

Flucht aus dem Tarkihl

 

Die Häscher des Imperators kommen – sie fordern den Kopf des Kristallprinzen

 

von Clark Darlton

 

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Im Großen Imperium der Arkoniden schreibt man das Jahr 10.496 v.A. (von Arkon) – eine Zeit, die dem Jahr 9003 v. Chr. entspricht, eine Zeit also, da die Erdbewohner in Barbarei und Primitivität verharren und nichts mehr von den Sternen oder dem großen Erbe des untergegangenen Lemuria wissen.

Arkon hingegen – obzwar im Krieg gegen die Maahks befindlich – steht in voller Blüte. Imperator des Reiches ist Orbanaschol III., ein brutaler und listiger Mann, der, so geht das Gerücht, den Tod seines Bruders Gonozal VII. inszeniert haben soll, um selbst die Herrschaft übernehmen zu können.

Auch wenn Orbanaschol seine Herrschaft gefestigt hat – einen Mann hat der Imperator von Arkon zu fürchten: Atlan, den rechtmäßigen Thronerben, der kurz nach dem Tode Gonozals zusammen mit Fartuloon, dessen Leibarzt, spurlos verschwand.

Doch wohl nicht spurlos genug, denn die Kralasenen, Orbanaschols brutale Häscher, erscheinen plötzlich auf dem abgelegenen Planeten Gortavor, wo Atlan unter Fartuloons Obhut und im Schutz des Tarkihls zum Mann herangereift ist, ohne etwas von seiner wirklichen Herkunft zu ahnen, und verhaften den alten Leibarzt.

Atlan sinnt auf Fartuloons Befreiung und auf die FLUCHT AUS DEM TARKIHL ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der junge Arkonide befreit seinen Pflegevater.

Fartuloon – Leibarzt des ehemaligen Imperators von Arkon.

Armanck Declanter – Regent des Planeten Gortavor.

Farnathia – Declanters Tochter.

Der Blinde Sofgart – Anführer einer Horde gnadenloser Jäger.

Eiskralle – Ein Chretkor.

1.

 

Solange ich zurückdenken kann, lebe ich auf dem Planeten Gortavor. Fartuloon schien niemals in Erfahrung gebracht zu haben, wer meine Eltern gewesen sind, wenigstens sprach er nie darüber. Trotzdem habe ich in manchen Stunden des Nachdenkens das Gefühl, dass er mehr darüber weiß, als er zu sagen bereit ist.

Gortavor ist eine Welt am Rand des Großen Imperiums der Arkoniden. Sie spielt keine besondere Rolle im kosmopolitischen Sinne: wir haben nicht viel mit den Behörden zu tun, und das scheint Fartuloon nur recht zu sein.

Er ist Leibarzt Armanck Declanters, des Tato von Gortavor. Ihm haben wir es zu verdanken, wenn unser Leben bisher ruhig und friedvoll verlief – wenigstens bis heute.

Armanck Declanter war so etwas wie ein Onkel für mich, und als Waisenkind war ich für jeden Onkel dankbar. »Tato« ist ein Titel, er bedeutet, dass Declanter im Auftrag unseres Imperators Orbanaschol III. einen Planeten verwaltet.

Vielleicht sollte ich auch noch meinen Freund Eiskralle erwähnen, einen Chretkor, dem wir diesen seltsamen Namen gaben. Natürlich nicht ohne Grund, wie sich versteht.

Eiskralle sah nämlich so aus, als bestünde er aus Eis. Sein Körper war durchsichtig, allerdings nicht seine Organe, seine Muskeln, Knochen und Adern. Er wandelte einher wie ein gläsernes Anschauungsobjekt, viel kleiner als wir Arkoniden, aber sonst durchaus so anzuschauen wie wir. Und dann besaß er noch eine merkwürdige Eigenschaft: hielt er sich in der Wärme auf, wurde er erstaunlich beweglich, und bei Kälte kam er kaum noch vom Fleck. Beides jedoch machte ihm nichts aus, nur schnell eintretende Temperaturveränderungen flößten ihm schreckliche Furcht ein.

Ich sagte ja schon, dass wir bis heute ein ruhiges Leben geführt haben, Fartuloon, Eiskralle und ich.

Aber nur bis heute.

Ein Notruf lockte uns in die Spinnenwüste von Gortavor. Dort überfielen uns fünf verkommen aussehende Männer, Arkoniden wie Fartuloon und ich. Nur mit Mühe gelang es uns, sie unschädlich zu machen und zum Tarkihl zurückzukehren, wo uns eine neue Überraschung erwartete.

Mein »Onkel«, Armanck Declanter, schickte uns einen Boten und seine Leibwache entgegen und ließ Fartuloon verhaften. Als Grund gab er an, ein Beauftragter des Imperators sei gekommen und habe diesen Verhaftungsbefehl mitgebracht. Er könne nichts dagegen tun.

Eiskralle und ich wurden nicht beachtet. Niemand hinderte uns daran, das Tarkihl als freie Personen zu betreten, aber ich fing noch einen Blick meines »Vaters« auf, der mich zur Vorsicht ermahnte.

Dann verschwand Fartuloon mit seinen Wachen hinter den Mauern des gewaltigen Bauwerks.

Und damit begann das Abenteuer.

Zuvor jedoch muss ich etwas zu dem Tarkihl sagen, denn unter einem Palast stellt man sich etwas ganz anderes vor.

Das Tarkihl dürfte eine uralte Festung sein, aber niemand weiß heute, wer sie einst erbaute. Obwohl nicht sehr hoch, nimmt das Gebilde jedoch eine große Fläche ein, die ein riesiges Dreieck bildet. Um das Tarkihl einmal zu umwandern, benötigt man drei Stunden. Das Baumaterial sieht aus wie Bronze und wirkt unbearbeitet. Zahlreiche Vorsprünge und Erhebungen unterbrechen die glatte Fläche der Mauern. Aber sonst erinnert mich das Tarkihl immer an einen klobigen Berg, der einfach in der Wüste liegt.

Fartuloon hat mir erklärt, dass der größte Teil des Gebäudes unter der Oberfläche verborgen liegt und wahrscheinlich noch niemals betreten wurde. Wenn er mich nicht immer wieder ermahnt hätte, wäre ich sicherlich mal einem der vielen Geheimgänge in die Tiefe gefolgt. Eiskralle, der schon ewig auf Gortavor zu leben schien, wäre dafür der richtige Begleiter gewesen, aber auch er fürchtete das Unbekannte, Unheimliche. Wahrscheinlich hatte er Angst, aus großer Hitze in große Kälte zu geraten.

Er stand neben mir, als man Fartuloon unseren Blicken entzog.

»Was hat das zu bedeuten?«, fragte er mich. »Warum sollte Fartuloon auf Befehl des Imperators verhaftet werden? Was hat er verbrochen? Und warum unternimmt Declanter nichts dagegen?«

»Ist doch klar, Eiskralle, dass Armanck Declanter nichts gegen einen direkten Beauftragten von Orbanaschol unternehmen kann. Er muss seinen Befehlen gehorchen, ob er will oder nicht.«

Eiskralles Gesichtsausdruck war seiner Transparenz wegen nur schwer zu erkennen, aber ich glaubte doch so etwas wie grimmige Entschlossenheit darin lesen zu können. Das entsprach genau meinen eigenen Gefühlen. Was immer auch geschah, wir würden Fartuloon niemals im Stich lassen.

»Gehen wir in das Tarkihl«, sagte Eiskralle schließlich ganz ruhig.

»Ja«, nickte ich entschlossen. »Gehen wir.«

Wir betraten den Palast durch einen Nebeneingang. Niemand hinderte uns daran, obwohl ich nach den Vorkommnissen mit einer Wache gerechnet hatte. Unbemerkt gelangten wir in das Gebäude und eilten, so schnell wir nur konnten, zu unseren Wohnräumen.

Wir hatten keine Ahnung, wohin man Fartuloon gebracht hatte, aber ich vermutete, dass er sich jetzt in jenem Teil des Tarkihl aufhielt, den Armanck Declanter für sich und seine Familie in Anspruch genommen hatte.

Er besaß zwei Frauen, und mit einer von ihnen hatte er eine Tochter. Sie hieß Farnathia und war fünfzehn Arkonjahre alt. Selten hatte ich ein schöneres Geschöpf als sie gesehen, und ich wage zu behaupten, dass auch ich ihr nicht ganz gleichgültig war. Jedenfalls verband uns eine feste Freundschaft. Es verging kaum ein Tag, an dem wir uns nicht sahen.

Niemand ahnte etwas von den Gefühlen, die wir füreinander hegten, weder ihr Vater noch Fartuloon.

»Was nun?«, fragte Eiskralle und nahm in einem Sessel Platz, der viel zu groß für ihn war. »Wir können doch nicht einfach hingehen und fragen, warum man Fartuloon festgenommen hat.«

»Das wäre ein großer Fehler«, stimmte ich ihm zu. »Außerdem wissen wir gar nicht, was gegen ihn vorliegt. Vielleicht handelt es sich nur um ein Missverständnis.«

»Ich möchte wissen, ob der Überfall in der Spinnenwüste etwas damit zu tun hat«, sann Eiskralle vor sich hin. Seine rechte Hand ballte sich zur Faust, als wolle er einen der unbekannten Räuber in einen Klumpen Eis verwandeln. »Außerdem glaube ich niemals in meinem Leben, dass Fartuloon ein Verbrecher ist.«

»Natürlich hat unser Bauchaufschneider nichts verbrochen«, bekräftigte ich überzeugt. »Aber er hat oft versteckte Andeutungen gemacht, so als sei er mit dem Imperator nicht zufrieden. Vielleicht ist er zu unvorsichtig gewesen.«

Eiskralle zuckte mit den Schultern.

»Und wie finden wir heraus, was jetzt mit Fartuloon geschieht?«

Ich kannte das Tarkihl bis auf seinen unterirdischen Teil recht gut. Hier hatte ich meine Jugend zugebracht und gespielt. Dabei war es nicht ausgeblieben, dass ich stets neue Gänge und Geheimtüren entdeckt hatte. Ich konnte mir vorstellen, wie die unbekannten Erbauer des riesigsten aller Bauwerke hier einst gehaust hatten, wie sie sich gegenseitig belauerten und durch geheime Verstecke beobachteten.

Jetzt war ich ihnen dankbar für ihre Voraussicht.

»Gleich draußen im Korridor steht die Figur ...«

»Dieses vierbeinige Ungeheuer?«

»Ja, das meine ich.« Ich lächelte. »Ist dir daran noch nie etwas aufgefallen?«

Eiskralle war erstaunt.

»Was sollte mir aufgefallen sein? Außerdem ist es meist recht finster im Korridor, wenn man das Licht nicht einschaltet.«

»Das werden wir diesmal nicht tun, Eiskralle. Komm mit, ich werde dir ein Geheimnis verraten, das außer mir keiner im Tarkihl zu kennen scheint. Außer Farnathia, natürlich ...«

»Farnathia?«, wunderte sich Eiskralle.

»Du weißt, dass wir praktisch zusammen aufgewachsen sind. Kinder haben ihre Geheimnisse, und so waren wir natürlich sehr stolz darauf, Dinge zu kennen, die den Erwachsenen unbekannt geblieben waren. Es gibt einen Gang durch die dicken Mauern. Er verbindet unseren Wohnteil mit dem des Tato.«

Eiskralle nickte.

»Aha, und wenn man Fartuloon in die Gemächer des Tato gebracht hat, besteht für uns eine Möglichkeit, sie zu belauschen.«

»Dafür ist der Geheimgang einst gedacht gewesen. Komm!«

Der Korridor war eigentlich mehr ein Tunnel mit gewölbter Decke. Aus einem Schacht drang dämmeriges Licht. Es genügte, die bekannte Umgebung erkennen zu lassen. Wir lauschten, konnten aber kein Geräusch vernehmen.

Vorsichtig nahm ich Eiskralles Hand und zog ihn mit mir, hinüber zu der seltsamen Figur aus kaltem Metall.

Ich hatte mich als Kind immer vor dem merkwürdigen Wesen gefürchtet, das sie darstellte. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie ein solches Tier gesehen. Es hatte einen mächtigen Körper, der auf vier dicken Beinen ruhte. Der Kopf war mit einer Mähne goldgelber Haare bedeckt, die fast bis zum Sockel reichten. Im Maul saßen zwei Reihen gut herausgearbeiteter Zähne, die einem Angst einjagen konnten.

Noch einmal überzeugte ich mich davon, dass niemand in der Nähe war, dann bückte ich mich zu dem dicken Sockel hinab und drückte mit beiden Händen gleichzeitig gegen zwei kaum spürbare Erhebungen.

Sofort wurde ein leises Brummen hörbar, das aus dem Innern des metallenen Tieres zu kommen schien, gleichzeitig begann es sich mit dem Sockel zu drehen. Darunter wurde eine Öffnung sichtbar, und Stufen, die schräg nach unten in die Tiefe führten.

Eiskralle starrte in das Dunkel.

»Das ist ja ein unterirdischer Gang!«

»Nein, das sieht nur so aus«, beruhigte ich ihn. »Nur wenige Meter, dann geht es wieder aufwärts. Wir bleiben auf dieser Höhe, du wirst sehen. Komm, wir müssen uns beeilen. Die Öffnung schließt sich gleich wieder.«

Ich wartete nicht, bis er sich entschlossen hatte, sondern rutschte mit einer geschickten Bewegung durch den breiten Spalt und stand dann auf der obersten Stufe. Ich drehte mich um und winkte Eiskralle zu, der seine anfänglichen Bedenken endlich überwunden hatte und mir folgte. Kaum stand er neben mir, begann sich die Öffnung wieder zu schließen. Die Tierfigur drehte sich auf ihren alten Platz zurück.

Es war dunkel, aber weiter vor uns schimmerte ein schwaches Licht. Es war ein Stück Gangwand, das immer so leuchtete. Es kam aus dem Innern des bronzeähnlichen Metalls und wurde von einer unbekannten Energiequelle gespeist. Im Tarkihl gab es viele solcher Lichter.

»Wird es nicht kälter?«, erkundigte sich Eiskralle besorgt.

Ich musste über seine ewige Angst lächeln.

»Nein, die Temperatur ist konstant. Aber wir dürfen bald nicht mehr sprechen. Komm und halt dich an mir fest.«

Der Gang folgte ziemlich genau der Richtung des Hauptkorridors, der die einzelnen Wohnteile verband. Die Wand des Korridors musste so dick sein, dass genügend Platz für einen Hohlraum und den Geheimgang blieb.

Weit vor uns war das Gemurmel von Stimmen zu hören.

Ich brauchte Eiskralle nun nicht mehr zu warnen, er wusste von selbst Bescheid. Wenn man die Stimmen hören konnte, dann konnten auch umgekehrt ihre Besitzer uns hören, wenn wir einen Laut von uns gaben.

Der Gang wurde enger. Rechts und links konnte man die Wände mit ausgestreckten Händen berühren. Die Decke war zwei Meter hoch.

Schritt für Schritt schlichen wir uns weiter. Das Stimmengemurmel wurde lauter, bis ich den grimmigen Tonfall des Tato von Fartuloons dunklem Organ unterscheiden konnte. Die beiden Männer schienen allein zu sein, was ich mir aber nach dem Vorgefallenen nicht gut vorstellen konnte. Aber wir würden es bald wissen.

Ein feiner Lichtschimmer kam zehn Meter vor uns aus der Wand. Dort war ein länglicher Schlitz, fünf Zentimeter hoch und einen halben Meter lang, so dass bequem zwei oder drei Personen nebeneinander davorstehen und hindurchblicken konnten. Man sah aus geringer Höhe direkt hinab in den großen Beratungssaal des Tato, in dem er die Besprechungen mit den Vertretern des Planeten abhielt.

Ringsum standen mächtige Säulen, als müssten sie die hohe und reichlich verzierte Decke tragen. Die Wände waren mit verschnörkelten Figuren bedeckt, und ich war überzeugt, dass einige von ihnen weitere Geheimgänge oder Lauscherposten verbargen.

Der längliche Tisch und die Stühle standen etwas erhöht auf einer Art Podium, unten im Saal gab es fünf Sesselreihen für eventuelle Zuschauer.

Heute gab es keine Zuschauer, nur einige wild aussehende Kerle, die mich von der ersten Sekunde an an jene Gestalten erinnerten, die uns in der Spinnenwüste überfallen hatten. Ihre fast zerlumpte Bekleidung wirkte wie eine Art Uniform. Sie trugen modernste Energiestrahler und hatten alle Ausgänge besetzt. Es sah ganz so aus, als sei auch der Tato ihr Gefangener.

Vielleicht sollte ich an dieser Stelle die beiden Männer, die wir beobachteten, ein wenig beschreiben.

Armanck Declanter war fast einsneunzig groß. Sein Gesicht wirkte grimmig und verschlossen. Die starre Maske seiner Autorität war sofort da, wenn Fremde erschienen, mit denen er zu verhandeln hatte.

Jetzt hatte er sie wieder, seine offizielle Maske.

Ihm gegenüber am Tisch saß Fartuloon.

Im Gegensatz zum Tato war er nur ein Meter und fünfundsechzig Zentimeter groß. Er wirkte ungemein fett und unbeholfen, aber wer ihn kannte, der wusste nur zu gut, wie schnell und behände er sich bewegen konnte, wenn es darauf ankam. Was man für Fett hielt, waren in Wirklichkeit Muskelberge, die ihm ungewöhnliche Kräfte verliehen. Seine gelben Augen verschwanden fast hinter seinen Fettpolstern im Gesicht. Im Schein des Lichtes schimmerte seine blanke Glatze, für die er durch einen schwarzen Vollbart entschädigt wurde.

Wie gewöhnlich trug er seinen Harnisch, einen verbeulten und blankgewetzten Brustpanzer. Gegen eine Energiewaffe nützte eine solche Blechweste überhaupt nichts, aber er verzichtete nur selten auf dieses merkwürdige Bekleidungsstück. Er trennte sich auch niemals von seinem kurzen Breitschwert, in dem ich schon seit meiner Kindheit geheimnisvolle Kräfte vermutete. Besonders der Knauf mit der unfassbaren Figur hatte mich stets ungemein fasziniert. Sie schimmerte silbern, aber ich hatte sie noch nie erkennen können, weil sie in sich selbst zerfloss, wenn man sie näher betrachten wollte. Sie schien keine Konturen zu haben und bestätigte nur meine Vermutung, es müsse sich bei dem »Skarg«, so nannte Fartuloon das Schwert, um eine Zauberwaffe handeln.

Fartuloon war 55 arkonidische Jahre alt und sehr klug. Ich hegte stets die Vermutung, dass es keinen Menschen in der Galaxis gab, der mehr wusste als er. Er aß gern und gut und hatte eine ganze Menge für hübsche, schlanke Frauen übrig.

Eigentlich wusste niemand auf Gortavor, woher Fartuloon einst mit mir gekommen war. Seine medizinischen Kenntnisse waren jedoch derart groß und seine Heilerfolge so verblüffend, dass er der Leibarzt und Vertraute des Tato wurde. Er war nicht nur »Bauchaufschneider«, sondern auch ein Wissenschaftler und ein Philosoph. Er unterrichtete schon seit langer Zeit die jungen Adligen und galt als sehr reich.

Sein Einfluss auf Gortavor war groß und stand dem des Tato in keiner Weise nach, aber der Tato blieb eben doch der Tato.

Aber in diesem Augenblick wusste ich, dass es noch höhergestellte Regierungsvertreter gab: jenen nämlich, der Fartuloon verhaften ließ.

Wir sahen hinab in den Saal und wagten kaum zu atmen, damit uns kein Wort von dem entging, was unten gesprochen wurde.

Ich ahnte noch nicht, dass sich heute mein Leben entscheidend ändern sollte.

 

*

 

»... wäre doch eine solche Beschuldigung mehr als lächerlich«, sagte Fartuloon gerade wütend und knallte die dicke Faust auf die Tischplatte. »Was soll ich denn mit solchen Dingen zu tun haben? Hier von Gortavor aus auch noch!«

Der Tato sah nicht sehr glücklich aus, aber er versuchte, seine Unentschlossenheit durch Autorität zu überspielen.

»Das kann und will ich nicht entscheiden, Fartuloon. Der Beauftragte Orbanaschols besitzt alle Vollmachten des Imperiums und hat den Auftrag, den Arzt Fartuloon zu befragen. Mehr weiß ich auch nicht. Viel mehr will ich auch nicht wissen.«

»Wer ist dieser Beauftragte?«

»Ihr werdet ihn gleich sehen, Fartuloon.«

Ich vernahm mit einigem Erstaunen, dass der Tato meinen Pflegevater förmlicher als sonst behandelte. Trotz ihrer unterschiedlichen Rangstellung waren sie stets gute Freunde gewesen und hatten sich gut verstanden. Aber jetzt ...

»Wo bleibt der Kerl?«, polterte Fartuloon. »Soll er sich doch zeigen und mir ins Gesicht sagen, was ich angeblich verbrochen haben soll.«

»Das wird er sicherlich bald tun«, versprach der Tato ruhig.