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Band 50-99 – Im Auftrag der Menschheit

 

Im Jahr 2840 ist die Milchstraße ein gefährlicher Ort. Neben dem Solaren Imperium der Menschheit existieren zahlreiche weitere Machtblöcke und politische Splittergruppen. Sie alle verfolgen ihre eigenen und oftmals illegalen Absichten.

Die United Stars Organisation (USO) und ihre Agenten – USO-Spezialisten genannt – kämpfen unter der Führung des unsterblichen Arkoniden Atlan für die Sicherheit und die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Galaxis. Dabei bekommen sie es immer wieder mit ebenso gefährlichen wie skrupellosen Gegnern zu tun, die nichts unversucht lassen, um ihre teuflischen Pläne in die Tat umzusetzen ...

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Nr. 50

 

Baikular – Welt des Terrors

 

Ein Fall für die kosmische Bedrängtenhilfe – ein Planet wird von Terroristen bedroht

 

von Ernst Vlcek

 

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Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Anfang November des Jahres 2840 Standardzeit. Somit sind seit den im vorangegangenen Band geschilderten Ereignissen fast auf den Tag genau 431 Jahre vergangen.

Ronald Tekener, jetzt Oberst, und Sinclair M. Kennon, jetzt im Range eines Oberstleutnants, die beiden Asse der USO, sind noch immer am Leben – und nehmen nach wie vor an gefährlichen Einsätzen teil.

Tekener, der sich einen lebenserhaltenden Zellaktivator aneignete, und Kennon, dessen organisches Gehirn aufgrund der weit fortgeschrittenen Biochemie eine Lebenserwartung von vielen Jahrhunderten besitzt, operieren jetzt unter einer neuen Tarnung oder Deckadresse.

Seit 19 Jahren besitzen sie ein autonomes Planetoidensystem, auf dessen größtem Himmelskörper sie die Zentrale der »Unabhängigen Hilfsinstitution für Bedrängte« etabliert haben.

Tekener und Kennon sind Chefs der UHB, und sie greifen – selbstverständlich gegen angemessenes Honorar! – überall dort in der Galaxis ein, wo das Eingreifen von Großmächten aus politischen Gründen nicht möglich oder opportun ist.

Ein typischer Fall für die UHB ist BAIKULAR – WELT DES TERRORS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Ronald Tekener und Sinclair M. Kennon – Leiter der »Unabhängigen Hilfsinstitution für Bedrängte«.

Ottac, der Calurier – Ein galaktischer Tramp.

Lady Chamäly – Eine Riesensiganesin.

Roger Chapman – Ein Ezialist, der aus dem Tiefschlaf geweckt wird.

Khan Elko-Nhor – Chef des Abwehrdienstes von Baikular.

1.

 

Es war beschlossen. Samos Ridgolar sollte einen Mord begehen.

Er zeigte keine Nervosität. Er war bar jeglicher Emotionen. Der geplante Mord ließ ihn völlig kalt.

Von einem Fenster der terranischen Administration aus beobachtete er den Prachtgarten. Er brauchte nicht lange auf das Eintreffen der vier Konferenzteilnehmer zu warten.

Zuerst landete Gualapa Runda in seinem Luxusschweber. Zwei als Diener verkleidete Leibwächter verließen mit ihm den Schweber und begleiteten ihn bis zum Eingang des Gebäudes. Obwohl Gualapa Runda als der größte Reeder und Raumschiffbauer von Baikular jedem Einheimischen ein Begriff war, musste er sich bei den Torposten ausweisen. Dann erst durfte er das Gebäude der terranischen Administration betreten. Seine beiden Leibwächter mussten draußen bleiben.

Kurz darauf landete ein Schweber der Ordnungssondertruppe, wie der baikularische Abwehrdienst hieß. Ihm entstiegen der Chef der Ordnungssondertruppe, Khan Elko-Nhor, und der Führer der Antiterranischen Befürwortungsliga, Mancin-Hong. Die beiden wurden von einem halben Dutzend schwerbewaffneter OS-Agenten flankiert. Am Eingang der Administration mussten die sechs Agenten jedoch trotz heftigen Protestes von Khan Elko-Nhor zurückbleiben.

Zuletzt traf Wangur Dosenid in einem Luftkissenfahrzeug ein. Er, der Sprecher der Planetaren Räte, gehörte auf Baikular zu den beliebtesten politischen Persönlichkeiten. Deshalb konnte er es sich leisten, auf einen Begleitschutz zu verzichten.

Nachdem auch er in der terranischen Administration verschwunden war, wandte sich Samos Ridgolar vom Fenster ab und setzte sich auf einen der körpergerechten Polstersessel des Wartezimmers.

Sein Gesicht war immer noch ausdruckslos. Er ließ sich durch nichts anmerken, dass er eben die Ankunft seines Opfers beobachtet hatte ...

 

*

 

Administrator Ronor Utheske wartete, bis die vier Männer am Tisch Platz genommen hatten, dann sah er sie einen nach dem anderen lange an. Sie erwiderten seine Blicke kühl, keiner zeigte Wohlwollen oder gar Sympathie.

Der Afroterraner, der die schwere Aufgabe eines Administrators von Baikular zu bewältigen hatte, neigte den Kopf leicht nach vorne und eröffnete die Geheimkonferenz mit den Worten:

»Meine Herren, wir haben uns hier in der terranischen Administration zusammengefunden, um einen Ausweg aus dem politischen Dilemma zu finden. Die Politik auf Baikular macht im Augenblick eine schwere Krise durch, und es bedarf viel guten Willens aller Beteiligten, um die drohende Gefahr zu beseitigen. Dieser Raum ist abhörsicher, es wird kein Protokoll von unserem Gespräch gemacht. Sie können also frei Ihre Meinung sagen und Ihre Vorschläge unterbreiten.«

Khan Elko-Nhor lachte laut und höhnisch auf. Der Chef der OS war ein stämmiger Mongolide, mit völlig kahlem Schädel und einem kantigen Gesicht, dessen Züge von Härte und Unnachgiebigkeit geprägt waren.

»Ich brauche mich wohl für meinen Heiterkeitsausbruch nicht zu entschuldigen«, sagte er mit seiner rauen, bellenden Stimme. »Sie sprechen von gutem Willen, Administrator Utheske, obwohl Terra sich in dieser Beziehung noch nicht bemerkbar gemacht hat. Wir haben die politischen Wirren auf Baikular ausschließlich der sturen Haltung des Solaren Imperiums zu verdanken.«

»Baikular kann nicht unmögliche Forderungen stellen und nach deren Ablehnung der Solaren Regierung Sturheit und gar Willkür vorwerfen«, entgegnete Administrator Utheske. Er beugte sich noch weiter vor und sah dem Chef der OS fest in die Augen. »Wenn sich jemand der Willkür schuldig macht, dann ist es Ihre Abwehrorganisation, Elko-Nhor. Ich muss schärfsten Protest dagegen einlegen, wie die terranischen Diplomaten und Geschäftsleute von Ihren Agenten behandelt werden. Wir haben eine ganze positronische Speicherbank voll mit Daten von Übergriffen ihrer Leute gegen unsere Beamten. Und diese Vorkommnisse beschränken sich alle auf den Zeitraum des letzten halben Jahres!«

Elko-Nhor verzog seinen schmalen Mund zu einem spöttischen Lächeln.

»Sie können meinen Leuten nichts vorwerfen, Administrator, denn sie haben nur im Interesse der planetaren Sicherheit gehandelt. Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie die angeblichen Übergriffe des letzten halben Jahres zur Sprache bringen. Denn gerade in den vergangenen sechs Monaten haben die Sabotageakte der terranischen Terroristen zugenommen. Deshalb, und nur deshalb, unterziehen wir ankommende und abreisende Terraner verschärften Kontrollen.«

»Sie wissen, dass Terra nichts mit diesen Sabotageakten zu tun hat«, entgegnete Ronor Utheske.

»Ich weiß nur, dass sie von Terranern durchgeführt wurden!«, rief Elko-Nhor heftig. »Wir haben Terraner auf frischer Tat ertappt, wir haben Geständnisse noch und noch. Terraner haben die Führer von Unabhängigkeitsorganisationen ermordet, sie haben Militärdepots und Industrieanlagen gesprengt, haben die Bevölkerung von Baikular terrorisiert. Und dann wagen Sie es, die lächerliche Behauptung abzugeben, dass das Solare Imperium mit all dem nichts zu tun hat. Ihr Wort genügt uns nicht mehr, Herr Administrator, bringen Sie uns Beweise!«

Khan Elko-Nhor lehnte sich mit einem siegessicheren Lächeln in seinem Sessel zurück.

»Sie haben noch nie verhehlt, ein fanatischer Terra-Hasser zu sein«, meinte Utheske bitter. »Ich meine aber, dass Sie Ihrer Heimat mit dieser Haltung mehr schaden als nützen.«

Wangur Dosenid räusperte sich und sagte mit leiser Stimme: »Ich finde, die Tatsache, dass von dieser Konferenz kein Protokoll angefertigt wird, sollte uns nicht dazu verleiten, uns in Gehässigkeiten zu verlieren.«

Aller Augen wandten sich dem Sprecher der Planetaren Räte zu, der als Vertreter der baikularischen Regierung erschienen war.

Er konnte nicht verheimlichen, dass seine Vorfahren aus dem ehemaligen Indien Terras stammten. Er besaß dunkles, leicht welliges Haar, dunkle Augen, volle Lippen und einen bräunlichen Teint.

Er setzte sich für eine gemäßigte Politik ein, stellte sich jedoch voll und ganz hinter die Autarkiebestrebungen der Baikularen.

»Diese Konferenz wird wie alle anderen zu einer Farce, wenn wir uns nicht auf die Vorbringung von Fakten beschränken, die unserer Sache dienen«, erklärte er.

»Ganz meiner Meinung«, stimmte Gualapa Runda zu, der wie Dosenid indische Vorfahren hatte. Niemand beachtete ihn.

Der Sprecher der Planetaren Räte fuhr fort: »Deshalb schlage ich vor, dass wir sogleich den wichtigsten Punkt behandeln. Ich meine unseren Antrag zur Erlangung der Autarkie. Wenn Baikular von Terra als souveräner Planet anerkannt werden würde, dann gäbe es keine Probleme mehr. Die Baikularen wollen nicht mehr und nicht weniger als ihre Unabhängigkeit. Ich habe Ihnen in diesem Zusammenhang schon viele Petitionen meiner Regierung übergeben, Herr Administrator. Alle wurden in scharfer Form von der Solaren Regierung zurückgewiesen. Da Sie vorhin den guten Willen Terras erwähnt haben, hoffe ich, dass unsere letzte Eingabe positiver aufgenommen wurde.«

Dosenid blickte den Administrator herausfordernd an.

Ronor Utheske machte eine Geste des Bedauerns.

»Leider wurde auch diese Petition zurückgewiesen. Obwohl ich mich für die Wünsche der Baikularen persönlich engagiert habe, blieb Terra abweisend. Man ist in der Solaren Regierung der Auffassung, dass die Baikularen nicht die nötige Reife besitzen, um ihre Welt selbst regieren zu können. Darüber hinaus sind es selbstverständlich auch wirtschaftliche Erwägungen, die Terra zu dieser ablehnenden Haltung veranlassen. Aber sie sind nur von zweitrangiger Bedeutung.«

»Das ist ein klares Nein«, sagte Wangur Dosenid. »Damit betrachte ich diese Konferenz als beendet.«

Mit diesen Worten machte er Anstalten, den Raum zu verlassen. Administrator Utheske konnte ihn nicht zum Bleiben bewegen.

Nachdem Dosenid gegangen war, wechselten Khan Elko-Nhor und Mancin-Hong einen kurzen Blick und erhoben sich ebenfalls.

Administrator Utheske warf dem Führer der Antiterranischen Befürwortungsliga einen vorwurfsvollen Blick zu und sagte:

»Sie haben während der ganzen Konferenz nicht ein einziges Mal Ihre Meinung geäußert, Mancin-Hong.«

Der Angesprochene hatte die Arme über der Brust verschränkt. Wie die meisten Baikularen war auch er mongolischer Abstammung. Sein sonst so ausdrucksstarkes Gesicht zeigte keine Regung.

Als er sprach, waren seine Augen in unbestimmbare Fernen gerichtet, seine Stimme klang desinteressiert.

»Was ich zu sagen habe, können Sie in weniger als vier Stunden über alle Fernseh- und Rundfunkstationen hören. Ich werde zu fünfhundert Millionen Baikularen sprechen, die mit mir einer Meinung sind. Das ist die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Sie täten gut daran, und mit Ihnen meine ich Terra, meiner Stimme mehr Gewicht beizumessen, denn ich vertrete die wahre Volksmeinung.«

Der Administrator von Baikular blieb unbeeindruckt.

»Sie sind keineswegs die Stimme des Volkes, Mancin-Hong, sondern der typische charismatische Führer. Sie sind nur beliebt, solange Sie die Massen blenden können. Aber wenn Sie nur einen einzigen Fehler begehen, wenn Sie einmal versagen, dann kann sich die Stimmung der Massen leicht in Hass gegen Sie wandeln. Gehen Sie also nicht zu weit, Mancin-Hong.«

Khan Elko-Nhors Arm schnellte hoch und deutete anklagend auf den Administrator.

»Diese Drohung wird Ihnen noch teuer zu stehen kommen«, rief er erregt.

Ronor Utheske schüttelte den Kopf. »Es war keine Drohung, sondern ein gutgemeinter Ratschlag.«

»Sie sollten diesen Ratschlag beherzigen«, riet Gualapa Runda, der bei dieser Konferenz die Interessen der baikularischen Großunternehmer und Konzerngewaltigen vertrat. »Ich bin ein Baikulare wie Sie, Mancin-Hong: Ich liebe meine Heimat zumindest ebenso wie Sie. Und ich würde es nicht minder begrüßen, wenn wir die Autarkie erhielten. Aber wir sollten sie nicht erzwingen. Es geht hier um mehr, als um die Befriedigung des persönlichen Ehrgeizes.«

»Ich weiß«, erwiderte Mancin-Hong ruhig. »Es geht Ihnen und Ihren Konsorten nur um den Profit. Ich erinnere mich an eine Zeit, da unterstützten Sie die Antiterranische Befürwortungsliga finanziell und durch persönlichen Einsatz, Runda. Aber dann zogen Sie sich plötzlich zurück und mimten den Neutralen. Seit damals munkelt man, Terra hätte Sie unter Androhung eines Boykotts gegen Ihre Werft ausgeschaltet. Daran ist bestimmt etwas Wahres.«

»Ich zog mich aus der ABL zurück, als Sie damit begannen, diese Organisation mit Ihren Hassparolen zu vergiften«, erklärte Gualapa Runda.

»Ich habe die ABL zu einem unübersehbaren Machtfaktor gemacht«, hielt Mancin-Hong dagegen. »Und ich werde es auch erreichen, dass Terra unsere Förderungen erfüllt.«

Damit wandte er sich ab. Nach zwei Schritten blieb er jedoch stehen und drehte sich noch einmal um.

»Ich habe nur noch eine Frage an Sie, Runda«, sagte er. »Wieso sind Sie und der Clan der Milliardäre dem Solaren Imperium noch hörig, obwohl terranische Terroristen eure Werften, Depots und Fabriken zerstören und euch Millionenverluste zufügen?«

Gualapa Runda antwortete: »Es sind Terraner, die die Sabotageakte ausführen, aber das ist für mich kein Beweis, dass sie im Auftrag des Solaren Imperiums handeln.«

2.

 

Samos Ridgolar sah vom Fenster des Wartezimmers den Schweber der Ordnungssondertruppe starten. Als er hinter sich ein Geräusch hörte, drehte er sich ohne Hast um. Es war der Sekretär des Administrators, der ihn bat, ihm zu folgen.

Samos Ridgolar nahm seinen Diplomatenkoffer auf und verließ mit dem Sekretär das Wartezimmer. Kurz darauf saß er Ronor Utheske gegenüber.

Der Administrator befand sich in gedrückter Stimmung. Daraus schloss Samos Ridgolar, dass die Geheimkonferenz negativ verlaufen war. Er hielt sich nicht lange mit Vorreden auf, sondern kam sofort auf den Grund seines Besuches zu sprechen.

»In zehn Tagen, also am 11. November, werden sieben Schiffe der GCC mit wichtigen Halbfertigteilen auf Baikular eintreffen«, führte er aus. »Es handelt sich dabei um terranische Fabrikate, die vom Dieu-Konzern dringend für die Erzeugung von Kleinst-Hyperkomgeräten benötigt werden. Wang Dieu ist nun an unsere Handelsmission mit der Bitte herangetreten, die sieben Raumschiffe entgegen unserer ursprünglichen Abmachung nicht auf dem Raumhafen von Baikular-City landen zu lassen, sondern direkt auf den Landeplätzen der Produktionsstätten.«

Administrator Utheske nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. »Die General Cosmic Company möchte nun, dass die terranische Administration die Erlaubnis für eine gesonderte Landung der sieben Raumschiffe besorgt. Habe ich recht?«

Samos Ridgolar bestätigte dies. Er holte einige Dokumente aus seinem Diplomatenkoffer und überreichte sie dem Administrator.

»Wir haben bereits alle Unterlagen vorbereitet. Die Landung der Raumschiffe bei den Produktionsstätten bedeutet nicht nur eine Kostenersparnis für den Dieu-Konzern, sondern auch einen Zeitgewinn für die GCC. Können wir damit rechnen, dass uns die Administration diese kleine Gefälligkeit erweist?«

»Warum nicht«, sagte Utheske. »Ich wundere mich jedoch ein wenig, dass Wang Dieu die Sache nicht persönlich in die Hand nimmt. Soviel ich gehört habe, hat er gute Beziehungen zur baikularischen Regierung.«

»Ich habe mich erboten, den Papierkram zu erledigen«, antwortete Ridgolar. Mit einem schwachen Lächeln fügte er hinzu: »Sozusagen als Kundendienstleistung der GCC.«

Nachdem sich Samos Ridgolar dieser Aufgabe entledigt hatte, verließ er das Administrationsgebäude. Die Torposten überprüften seine Papiere nur oberflächlich. Als Mitglied der terranischen Handelsmission war er ein ständiger Besucher der Administration und konnte ungehindert ein und ausgehen.

Das brachte viele Vorteile mit sich.

Samos Ridgolar mietete ein Schwebertaxi, ließ den Robotpiloten einige Zeit im Luftraum von Baikular-City kreuzen und landete erst auf dem Dach eines Gebäudes in der Dalai-Lama-Avenue, als er sicher war, nicht verfolgt zu werden.

Vom Parkdach fuhr er im Antigravlift in das zehnte Stockwerk hinunter und betrat dort ein Büro, das die Aufschrift WELL ITANO IMPORT-EXPORT trug.

Well Itano war, wie abgemacht, allein in seinem Büro. Bei Ridgolars Erscheinen zeigte er sich nervös und unsicher. Er war ein kleiner, rundlicher Mann, der vor zwanzig Jahren vom südamerikanischen Kontinent Terras nach Baikular ausgewandert war. Anfangs hatte er mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt, da auf Baikular fast nur Nachkommen von asiatischen Terranern lebten. Aber schließlich hatte er sich durchgesetzt. Allerdings war ihm das nur mittels anrüchiger Geschäftsmethoden gelungen.

»Haben Sie die Waffe vorbereitet?«, fragte Samos Ridgolar.

Itano nickte eifrig.

»Ja, natürlich«, versicherte er, zögerte aber, bevor er unsicher fortfuhr: »Da ist noch etwas, das mir zu denken gibt. Ich glaube zu wissen, wofür Sie die Waffe brauchen. Wenn ich recht habe ...«

»Geben Sie mir die Waffe«, unterbrach Ridgolar ihn.

Itanos Hände zitterten, als er einen Wandschrank öffnete und einen Diplomatenkoffer herausholte, der dem Ridgolars bis ins letzte Detail glich.

Bevor er den kleinen Koffer aushändigte, sagte er:

»Bisher war es mir egal, für welchen Zweck ich Ihnen die Waffen aushändigte. Ich kümmerte mich nie darum, wen Sie umlegen wollten. Ihre Organisation hat mich immer anständig bezahlt, und das war ausschlaggebend. Aber das letzte Mal, als ich Ihnen die Pyrophorit-Phiole gab, verbrannte kurz darauf ein Mann jener politischen Fraktion, der auch ich angehöre.«

Ridgolar entriss ihm den Koffer. Dabei sagte er: »Keine Sentimentalitäten, Well, das passt nicht zu Ihnen.«

Ridgolar ließ den Koffer aufschnappen. Darin befand sich ein schwerer, zerlegbarer Toxi-Nadler neuester Bauart.

Itano fuhr unbeirrbar fort: »Als Sie mich vor zehn Tagen anriefen und den Toxi-Nadler anforderten, habe ich mich ein wenig umgehört.«

»Das war ein Fehler«, sagte Ridgolar, während er die Einzelteile des Toxi-Nadlers zusammenbaute und zufrieden feststellte, dass die Waffennummer herausgeschmolzen war.

»Wissen Sie, was ich herausfand?«, sagte Itano angriffslustig.

»Keine Namen!«, herrschte Ridgolar ihn an.

Itano atmete schwer aus.

»Ich mache nicht mehr mit!«

Ridgolar montierte den als Kamera getarnten Toxi-Nadler auf das Dreibein und trug ihn auf die Terrasse hinaus.

»Verdammt, was machen Sie da!«, rief Itano erschrocken.

»Es soll nur ein kleiner Test werden. Sie haben doch ein reines Gewissen, oder?«

Itano folgte Ridgolar auf die Terrasse. Er zitterte am ganzen Körper. »Der Toxi-Nadler muss erst eingestellt werden. Die Parallaxe stimmt nicht, der Sucher gibt ein verzerrtes Bild, dadurch ist die Zielgenauigkeit beeinträchtigt.«

Ridgolar packte Itano am Hals. »Warum haben Sie mir das verschwiegen?«

»Ich hätte es Ihnen gesagt. Ehrenwort, Rid...«

»Keine Namen!« Ridgolar ließ den anderen los und sagte mit gefährlich leiser Stimme: »Nehmen Sie jetzt die Feinjustierung vor, aber schnell. Ich gebe Ihnen drei Minuten. Und dann holen Sie die Maskenbildnerin aus dem Schönheitssalon. Ich muss in spätestens dreißig Minuten aufbrechen.«

Nachdem Itano den Parallaxenausgleich des Suchers einjustiert hatte und die optimale Zielgenauigkeit gegeben war, probierte Ridgolar den Toxi-Nadler aus. Er nahm einen Schweber aufs Korn, der zwölfhundert Meter entfernt war und in seine Richtung flog. Er stellte die Bildvergrößerung auf maximale Leistung, so dass der Bug den ganzen Sucher ausfüllte. Dann drückte er ab. Er musste seine Augen anstrengen, um trotz der immensen Vergrößerung die Nadel vom Kaliber 1,8 Millimeter in die Hülle des Schwebers einschlagen zu sehen. Sie saß genau im Fadenkreuz des Suchers.

Ridgolar war zufrieden. Er zerlegte den Toxi-Nadler und verstaute ihn im Koffer. Als er damit fertig war und ins Büro zurückging, wartete dort bereits die Maskenbildnerin auf ihn.

Sie hatte ihre Utensilien bereits ausgepackt und auf einem Tischchen neben einem bequemen Sessel bereitgestellt. Ihre Augen waren verbunden. Trotzdem handhabte sie die Scheren, Pinzetten und die Dosen mit den Salben, Farbstoffen und dem Biomolplast mit traumwandlerischer Sicherheit.

Ohne ein Wort zu sagen, nahm Ridgolar im Sessel Platz und stieß die Maskenbildnerin mit dem Finger an, zum Zeichen, dass sie beginnen könne.

Eine Viertelstunde später blickte Ridgolar ein Mongolide aus dem Spiegel entgegen. Seine Maske war perfekt.

»Sie haben begnadete Hände«, stellte Ridgolar fest.

Das Mädchen lächelte. »Wenn ich modelliere, brauche ich keine Augen zum Sehen.«

Ridgolars Gesichtsausdruck wurde hart. Er griff in die Tasche und sagte: »Ja, ich habe gemerkt, dass der Tastsinn Ihrer Hände außergewöhnlich ausgeprägt ist. Halten Sie sie einmal auf.«

Das Mädchen formte die Hände zu einer Schale. Ridgolar hatte eine winzige, durchscheinende Phiole aus der Tasche geholt. Er langte nach einer Pinzette, klemmte die Phiole darin ein, hielt sie über die Hände des Mädchens und drückte zusammen.

Zwei Tropfen einer glasklaren Flüssigkeit tropften auf die Handflächen des Mädchens.

Sie schrie auf, als die Säure ihre Handflächen traf. Sie stolperte davon, sich die Hände am Gewand reibend.

Ridgolar erhob sich und griff nach dem Diplomatenkoffer mit dem Toxi-Nadler.

»Sie erbärmlicher Halunke!«, schrie Itano ihn an.

»Ich werde Sie melden müssen«, sagte Ridgolar kalt und verließ das Büro.

3.

 

Die Massenprotestkundgebung fand im »Tal der Freiheit« statt, einem zwei Kilometer durchmessenden Talkessel am Rande von Baikular-City.

Millionen waren gekommen, um Mancin-Hong zu sehen, zu hören und ihm zuzujubeln. Hunderte Millionen Baikularen saßen vor den Bildschirmen, um der größten Kundgebung in der Geschichte der Pionierwelt beizuwohnen.

Als Mancin-Hong auf dem Podium in der Mitte des Talkessels in einem Schweber der OS landete, kochte die Volksseele bereits.

Sprechchöre wurden angestimmt.

Kampflieder wurden gesungen.

Leuchtschriftraketen wurden abgeschossen.

Überall waren hasserfüllte Gesichter zu sehen und erhobene Fäuste.

Die fliegenden Kameras nahmen diese Bilder auf, die Mikrophone übertrugen die Hassparolen durch die Lautsprecher.

»Beendet die terranische Willkür!«, schrie die Masse im Chor.

UNABHÄNGIGKEIT FÜR BAIKULAR – FREIHEIT DEN BAIKULAREN!, schrieben die Leuchtschriftraketen in den Himmel.

Millionen jubelten, als Mancin-Hong aus dem Schweber stieg und vor die Mikrophone trat. OS-Agenten sicherten die Sprechertribüne ab. Uniformierte Einheiten der Polizei und der Armee drängten die Menge vom Podium zurück. Manchmal waren die fanatisierten Baikularen nicht mehr mit herkömmlichen Mitteln zu bändigen, und so traten da und dort die Elektroschockknüppel in Aktion.

Jeder Terraner, der sich in diesem Augenblick in das »Tal der Freiheit« verirrt hätte, wäre in Stücke gerissen worden.

Eine Puppe, die eine Uniform der Solaren Flotte trug, wurde angezündet und mittels eines Antigravprojektors auf die Reise geschickt. In einer Höhe von dreihundert Metern explodierte sie. Und die Menge stürzte sich auf die herabfallenden Trümmer, trampelte auf ihnen herum und spie auf sie.

»Jawohl, zerreißt die Wölfe!«, hallte es plötzlich aus allen Lautsprechern.

Mit diesen Worten begann Mancin-Hong seine Hasstirade gegen das Solare Imperium.

Die fliegenden Fernsehkameras flogen an den Führer der Antiterranischen Befürwortungsliga heran, um ihn aus nächster Nähe und ohne Teleobjekte den Millionen und aber Millionen Zuschauern präsentieren zu können.

Mancin-Hong hatte seine Zuhörer immer in der Gewalt. Er versetzte sie in Staunen, in ehrfürchtiges Schweigen, brachte sie zur Raserei, stachelte sie bis zur Weißglut auf, ganz wie es ihm beliebte.

Er dirigierte sie, ließ sie agieren wie ein Regisseur seine Schauspieler.

Und die fliegenden Kameras zeichneten alles auf. Sie zeigten die verzerrten Gesichter, die gereckten Fäuste, die wogenden Leiber und stampfenden Beine – und sie zeigten auch einen einzelnen Mann in dezenter Kleidung, der am Rande des Talkessels eine veraltete Filmkamera aus einem schwarzen Köfferchen holte und auf ein Teleskopdreibein montierte ...

 

*

 

»Was hat Samos Ridgolar bei dieser Kundgebung zu suchen?«, wunderte sich Administrator Utheske, als er die Rückenansicht des Mannes mit der antiquierten Filmkamera auf der Projektionswand sah.

»Meinen Sie Ridgolar von der GCC?«, erkundigte sich Major Splind Waikov, Chef des USO-Stützpunkts auf Baikular.

Der Mann mit der Kamera drehte sich um und zeigte sein Gesicht. Es hatte mongoloide Züge.

»Ich habe mich geirrt«, gestand Utheske. »Wahrscheinlich habe ich mich von der Tatsache täuschen lassen, dass der Kameramann den gleichen Koffer wie Ridgolar besitzt.«

»Mancin-Hong kommt langsam in Fahrt«, sagte Oberst Cangor Ratieff, der SolAb-Chef von Baikular. »Es ist unwahrscheinlich, was dieser Mann an Gift und Galle verspritzt. Es wäre doch eine interessante Aufgabe für die USO, ihn unschädlich zu machen. Meinen Sie nicht auch, Major Waikov?«

»Wenn wir Mancin-Hong außer Gefecht setzen, dann machen wir ihn zum Märtyrer«, sagte der USO-Major. »Nein, so geht das nicht. Ich bin der Meinung, dass die SolAb schon vor Jahren versagt hat, als sie nichts gegen die Gründung der ABL unternommen hat. Diese Entwicklung war schon lange vorauszusehen. Warum sollen jetzt wir die Kastanien für Sie aus dem Feuer holen?«

»Diese Entwicklung war nicht vorauszusehen«, behauptete Oberst Ratieff. »Denken Sie daran, dass ein gänzlich neuer Faktor hinzugekommen ist, nämlich die Sabotageakte, die von Terranern ausgeführt werden. Wie stellt sich Quinto-Center dazu?«

»Lordadmiral Atlan wird uns grünes Licht geben, wenn er die Hoffnung auf einen Erfolg der SolAb endgültig aufgegeben hat«, meinte Major Waikov und fügte lakonisch hinzu: »Ich nehme an, das wird sehr bald sein.«

Utheske mischte sich ein. »Meine Herren, ich muss schon bitten. Ich ließ Sie nicht kommen, damit Sie Kompetenzstreitigkeiten austragen. Wir wollen nach Beendigung der Protestkundgebung Maßnahmen zur Klärung der Lage diskutieren. Strengen Sie sich an, denn wir sitzen alle auf einer Atombombe, die jeden Augenblick gezündet werden kann.«

Administrator Utheske hatte die führenden Offiziere der USO und der Solaren Abwehr in die Funkstation der terranischen Administration gerufen, um sich von ihnen Lösungsvorschläge unterbreiten zu lassen. Das Stammpersonal an den Hyperkomen und den Normalfunkgeräten war von USO-Spezialisten abgelöst worden. Insgesamt befanden sich dreißig Personen in dem viel zu kleinen Raum und verfolgten die Fernsehübertragung von Mancin-Hongs Protestkundgebung auf der großen Projektionswand.

Die heisere Stimme des ABL-Führers dröhnte aus den Lautsprechern:

»... verlangen wir die Loslösung vom Solaren Imperium. Vierundneunzig Jahre hindurch litten wir unter den terranischen Ausbeutern. Ja, ihr stammt doch selbst von Terra ab, hält man uns in der Administration vor. Und: die fünfhunderttausend Menschen, die im Jahre 2746 Baikular besiedelten, waren Terraner.

Das mag schon sein, das stimmt schon, aber es ist auch Tatsache, dass wir, die zweite und dritte Generation, Baikularen sind. Wir fühlen uns Terra nicht mehr verpflichtet.

Man tröstet uns damit, dass wir in sechs Jahren automatisch autark werden. Aber man verschweigt, dass selbst dann unsere Außenpolitik vom Solaren Imperium gestaltet werden soll.

Wir wollen nicht sechs Jahre warten, und wir wollen die absolute Unabhängigkeit. Wir Baikularen können auf Terra als Vormund verzichten. Heute schreiben wir den 1. November 2840 – und noch ehe das neue Jahr beginnt, erwarten wir Terras Zusicherung, unsere Unabhängigkeitsbestrebungen zu berücksichtigen.

Wenn das nicht geschieht, dann wird auf Baikular ein Sturm losbrechen ...«

Und der Sturm brach im »Tal der Freiheit« los. Die fliegenden Kameras fingen die tobende Menge ein, und sie präsentierten sie den Zuschauern in der Totale, in Halbnah-, Nah- und in Großaufnahmen.

»Überall im Imperium brennt es«, murmelte USO-Major Waikov.

Administrator Utheske zuckte unwillkürlich zusammen, als auf der Projektionswand kurz der dezent gekleidete Mann mit der veralteten Stativkamera erschien.

Von hinten war die Ähnlichkeit mit Samos Ridgolar verblüffend.

Er hatte eben zu filmen begonnen ...

 

*

 

Khan Elko-Nhor konnte seiner Nervosität nicht mehr Herr werden. Obwohl Mancin-Hong heute besonders gut war, hörte er ihm kaum zu. Er war zu sehr damit beschäftigt, seine Leute zu kontrollieren, die über den gesamten Talkessel verteilt waren.

Mehr als zehntausend Spezialagenten waren aufgeboten. Die OS befand sich in höchster Alarmbereitschaft, hatte an diesem Tag den stärksten und aufwändigsten Einsatz seit ihrer Gründung.

Trotzdem konnte sich Khan Elko-Nhor einer bösen Ahnung nicht erwehren. Als Chef des Abwehrdienstes wusste er aus Erfahrung, dass manchmal die strengsten Sicherheitsmaßnahmen nichts nützten, wenn man nicht die Art der Bedrohung kannte.

Die terranischen Terroristen wurden immer dreister.

Hatten sie sich früher darauf beschränkt, unbemannte Armeedepots zu vernichten, so griffen sie jetzt bewachte Armeestützpunkte an. Den vereinzelten Aktionen gegen kleinere Privatunternehmer waren großangelegte Sabotageakte gegen Konzerne und Regierungsindustrieanlagen gefolgt.

Auf das Konto der terranischen Terroristen gingen Hunderte von Menschenleben und die Zerstörung von Gütern im Werte von Milliarden Solar.

Elko-Nhor ließ seine Augen wachsam und unruhig über die Menge schweifen, während er mit seinen Agenten in ständigem Sprechfunkkontakt stand. Hinter ihm, im Schweber, saßen drei weitere Männer an hochempfindlichen Ortungsgeräten. Sie konnten jede Strahlenwaffe bis in eine Entfernung von siebenhundert Metern exakt orten. Allerdings half das nicht viel, denn es befanden sich zu viele bewaffnete Soldaten und Sicherheitsbeamte im Tal.

Er musste Mancin-Hong mit allen Mitteln beschützen und alle Gefahren von ihm fernhalten. Denn Mancin-Hong hatte die Fähigkeiten dazu, um den Baikularen die ersehnte Freiheit zu bringen. Die Regierung schwamm auf einer zu weichen Welle und war demnach unfähig. Er, als Chef der schlagkräftigen Ordnungssondertruppe, und Mancin-Hong, mit seinen fünfhundert Millionen fanatischen Anhängern, konnten es schaffen.

Sie waren die starken Männer von Baikular!

Khan Elko-Nhor hoffte nur, dass er bald die Hintermänner der Terroristen finden würde, denn nur so konnte es ihm gelingen, das Solare Imperium vor der ganzen Galaxis zu entlarven. Und dann würden sich auch die Pionierwelten, die jetzt noch zögerten, gegen Terra erheben.

»... Und wir werden sie uns verschaffen!«, schrie Mancin-Hong heiser. Er hatte die Arme abgewinkelt und die Hände vor der Brust zu Fäusten geballt. »Die Freiheit! Die Unabhängigkeit! Und die Selbstbestimmung unserer Außenpoli...«

Er brach plötzlich ab und krümmte sich. Seine Fäuste öffneten sich, die Hände verkrallten sich in der Brust. Er wandte sich von den Mikrophonen ab und kam wankend auf Elko-Nhor zu.

Der OS-Chef hatte seine Strahlenwaffe gezogen, aber er konnte den Attentäter in der wogenden, unübersehbaren Menge nicht finden. In ohnmächtiger Wut schoss er zwei fliegende Kameras ab, die Mancin-Hong auf wenige Meter nahe gekommen waren, um die letzten Sekunden seines Lebens aufzuzeichnen.

Elko-Nhor brachte den kraftlosen Mancin-Hong an Bord des Schwebers. Zwei Agenten waren ihm dabei behilflich. Sie waren ratlos. Die Menge tobte und stürmte das Podium.

»Starten!«, befahl Elko-Nhor dem Piloten. Und zu den Ortungsspezialisten sagte er: »Sucht mit euren Geräten die westliche Talhöhe ab. Von dort muss der Schuss gekommen sein.«

Als er sich Mancin-Hong zuwandte, war dieser tot.

4.

 

Samos Ridgolar gab den tödlichen Schuss aus dem als Kamera getarnten Toxi-Nadler ab, sah durch den Sucher noch, wie Mancin-Hong zusammenbrach und wandte sich zur Flucht.

Bevor die Millionen noch begriffen, was passiert war, bevor noch die Richtung bestimmt werden konnte, aus der der Schuss kam, war Ridgolar bereits in der Menge untergetaucht.

Nach hundert Metern verlangsamte er seinen Schritt und schlenderte in Richtung des Gleiterlandeplatzes.

Inzwischen hatte sich die Nachricht von dem Attentat auf Mancin-Hong herumgesprochen und breitete sich weiter wie ein Lauffeuer aus.

Überall scharten sich diskutierende Gruppen zusammen. OS-Agenten in Zivil eilten mit gezückten Waffen umher, nahmen wahllos Verhaftungen und Durchsuchungen von Verdächtigen vor.

Ridgolar ließ sich nicht davon einschüchtern und setzte seinen Weg unauffällig, aber zielstrebig fort.

Plötzlich merkte er, dass ihn einige der Umstehenden beobachteten und abwechselnd in den Himmel über ihm starrten. Er hob den Kopf und sah eine fliegende Fernsehkamera über sich.

Verdammt! Er hatte dieses Spürauge schon bemerkt, als er den Toxi-Nadler montierte, dem aber keine Bedeutung beigemessen.

Jetzt konnte ihm dieses verdammte Ding, das ihm hartnäckig auf den Fersen blieb, zum Verhängnis werden.

Er beschleunigte seinen Schritt. Die Fernsehkamera passte sich seiner Geschwindigkeit an.

Jemand von den Umstehenden machte einen OS-Agenten auf Ridgolar aufmerksam. Ridgolar begann zu laufen.

»Halt! Stehenbleiben!«

Ridgolar lief weiter. Knapp über seinem Kopf hinweg fauchte ein Energiestrahl und verlor sich in der Ferne.

Er erreichte den Parkplatz. Sein Gleiter war nur noch hundert Meter entfernt. Er musste ihn erreichen, oder aber ... Lebend durfte er seinen Verfolgern nicht in die Hände fallen! Er wusste zuviel. Er war nicht einer von jenen unzähligen Terroristen, die man anwarb, einsetzte und dann fallen ließ. Er war ein wichtiges Bindeglied zur Aufruhrzentrale. Wenn er Elko-Nhors Leuten in die Hände fiel, würden sie vielleicht Mittel und Wege finden, alles Wissen aus ihm herauszupressen.

Ridgolar schlug einige Haken, rannte kreuz und quer zwischen den abgestellten Gleitern hindurch. Gleich hatte er es geschafft!

Ein Blick zurück. Nun waren ihm bereits drei OS-Agenten auf den Fersen. Sie waren ihm bedrohlich nahe gekommen, aber er bot ihnen kein sicheres Ziel.

Er würde es schaffen!

Er blickte hinaus. Die fliegende Kamera war immer noch über ihm. Wenn er nur eine zweite Waffe bei sich gehabt hätte, dann hätte er das Ding abschießen können. Aber er hatte darauf verzichtet. Er war zu selbstsicher gewesen. Das rächte sich jetzt.

Nein, er hatte es geschafft!

Er riss die Tür seines Gleiters auf, startete, rollte ein Stück über das kurze Landefeld und hob steil vom Boden ab. Der Gleiter schoss mit Höchstbeschleunigung in die Höhe. Die Verfolger feuerten ihm nach, trafen Teile der Karosserie, ohne jedoch den Motor oder wichtige Steuerelemente des Gleiters zu beschädigen.

Er hatte den Gleiter-Abstellplatz einige hundert Meter hinter sich gelassen, als er merkte, dass ihm drei OS-Gleiter folgten. Gleich darauf sah er es im Heckbildschirm dreimal aufblitzen und verriss gleichzeitig den Gleiter.

Doch selbst das blitzschnelle Ausweichmanöver rettete ihn nicht mehr. Die Patrouillenschiffe deckten ihn förmlich mit Energiestrahlen aus ihren schweren Bordgeschützen ein. Einige Sekunden lang war der Gleiter von einem grellen Feuerball eingehüllt. Als er in sich zusammenfiel, war der Gleiter nur noch ein manövrierunfähiges Wrack.

Ridgolar hatte nur noch eine Möglichkeit, um dem Absturz und damit dem sicheren Tod zu entgehen. Da das Heck des Gleiters alle Energietreffer abgefangen hatte, war der Bug praktisch unversehrt. Und dort befanden sich die Bremsdüsen. Wenn sie noch funktionierten, dann konnte Ridgolar mit ihnen die Flug- und Fallgeschwindigkeit drosseln und eine Notlandung versuchen.

Er aktivierte die Bremsdüsen – viel zu abrupt – und wurde mit dem Kopf gegen die Bugscheibe geschleudert. Der Aufprall war so heftig, dass er beinahe die Besinnung verlor. Trotz seiner Benommenheit war Ridgolar geistesgegenwärtig genug, um weiterhin die Bremsdüsen zu betätigen. Er konnte sogar die Bremskraft dosieren, dass der Gleiter auf eine Fernverkehrsstraße zuflog, die sich unter ihm als breites, schnurgerades Band dahinzog.

Der Gleiter prallte wuchtig auf dem Kunststoffbelag auf. Ridgolar wurde in die Höhe gehoben, verlor den Halt und wurde aus der Kabine geschleudert. Er rollte den Straßenhang hinunter und blieb am Rande eines zwei Meter hohen Getreidefeldes liegen.

Er war noch immer bei Bewusstsein. Und er erkannte seine Chance.

Er schleppte sich zwanzig Meter tief in das Feld hinein, dann brach er zusammen. Als er nach einiger Zeit die Augen öffnete, sah er die fliegende Kamera über sich schweben. Er wusste, Hunderte Millionen Zuschauer sahen ihn in diesem Augenblick auf ihren Fernsehschirmen.

Und dann tauchte ein zweiter Flugkörper auf, der um vieles größer war. An der Aufschrift erkannte Ridgolar, dass es sich um einen Schweber der Ordnungssondertruppe handelte.

Der Schweber senkte sich langsam herab und blieb einen Meter über dem Boden in der Schwebe. Der Ausstieg öffnete sich, und OS-Agenten sprangen heraus.

Khan Elko-Nhor befand sich unter ihnen.

Ridgolar bäumte sich noch ein letztes Mal auf. Er versuchte, seinen Häschern zu entkommen, wehrte die Hände ab, die sich ihm entgegenstreckten, schlug um sich und konnte zwei der Widersacher niederstrecken.

Aber plötzlich richtete sich ein schwerer Thermostrahler auf ihn. Elko-Nhor hielt die Waffe.

Ridgolar erkannte, dass seine letzte Stunde geschlagen hatte, noch bevor die tödlichen Strahlen den Lauf verließen und das Leben aus seinem Körper brannten.

Ridgolar war schon tot, als sich Khan Elko-Nhor über ihn beugte und ihm die Biomaske vom Gesicht riss.

Der OS-Chef blickte in die Fernsehkamera und sagte:

»Es war ein Terraner, der dieses abscheuliche Verbrechen begangen hat.«

 

*

 

»Also doch Ridgolar«, stellte Administrator Utheske düster fest. »Warum sind es immer die besten und vertrauenswürdigsten Männer, die abtrünnig werden?«

»Hypnose«, stellte USO-Major Waikov lakonisch fest. Auf den fragenden Blick des Administrators hin führte er aus:

»Wir haben von der GCC erfahren, dass Ridgolar vor drei Tagen spurlos verschwand. Er tauchte erst heute wieder auf, brachte eine fadenscheinige Entschuldigung vor und meldete sich zum Dienst. Es war mit allen Männern so, die später als Saboteure oder Attentäter entlarvt wurden. Sie verschwanden für zwei bis drei Tage und waren bei ihrer Rückkehr verändert.«

»Ich konnte bei Ridgolar keine Veränderung feststellen«, bemerkte Utheske dazu. »Er war noch vor fünf Stunden bei mir und bat mich, die Landeformalitäten für sieben Transportraumer zu regeln. Er hat sich nicht anders verhalten als sonst.«

»Samos Ridgolar war ein Sonderfall«, sagte Major Waikov. »Wir überprüfen noch sein Vorleben. Aber es scheint, dass er schon längere Zeit für die Terroristen gearbeitet hat, die ihre Verbrechen dem Solaren Imperium in die Schuhe schieben wollen. Er hatte Kontakt zu einem Kaufmann namens Well Itano, der des Waffenschmuggels verdächtigt wird. Leider ist er flüchtig, aber wir suchen nach ihm.«

Oberst Ratieff verzog spöttisch den Mund. Er hatte bisher schweigend zugehört, jetzt sagte er:

»Wenn Ihre Theorie stimmt, dass Ridgolar den Terroristenorganisationen schon lange angehörte, dann musste er schon früher hypnomechanisch beeinflusst sein. Wie erklären Sie sich dann aber sein Verschwinden für drei Tage?«

»Ganz einfach«, antwortete Major Waikov. »Er musste sich neue Instruktionen holen. Ich weiß, drei Tage sind dafür eine lange Zeitspanne, doch lässt sich daraus schließen, dass sich die Zentrale der Terroristen nicht in Baikular-City befindet. Sie kann an jedem beliebigen Ort von Baikular sein, wahrscheinlich aber auf der anderen Seite des Planeten. Dafür spricht das dreitägige Verschwinden Ridgolars.«

Administrator Utheske seufzte. »Der neueste Vorfall verschärft die Lage. Von heute an kann kein Terraner mehr auf Baikular seines Lebens sicher sein. Ich hoffe, die Solare Abwehr und die USO treffen entsprechende Schutzmaßnahmen für die betroffenen Privatpersonen. Und welche Schritte haben Sie unternommen, um das Grundübel, die Terroraktionen, zu beseitigen?«

»Wir haben gehandelt«, sagten Major Waikov und Oberst Ratieff wie aus einem Mund. Sie sahen einander an und lächelten. Waikov deutete mit einer Geste an, dass er seinem ranghöheren Kollegen von der SolAb das Wort überließ.

Oberst Ratieff erklärte: »Ich habe mich sofort nach dem Attentat auf Mancin-Hong mit Solarmarschall Allan D. Mercant in Verbindung gesetzt. Er gab mir vollkommene Handlungsfreiheit und stellte in Aussicht, bei einer weiteren Zuspitzung der Lage das Mutantenkorps anzufordern. Doch das kann noch Wochen dauern, denn die Mutanten sind ohnehin überlastet. Auf vielen Siedlungswelten des Imperiums ist die Lage ähnlich wie auf Baikular. Ebenso wie die Mutanten sind auch die Verbände der SolAb und der Solaren Flotte unabkömmlich. Wir werden das Problem schon mit jenen Kräften in Angriff nehmen müssen, die uns hier zur Verfügung stehen.«

»Damit haben Sie bisher keinen Erfolg erzielt und werden es auch in Zukunft nicht können«, meinte Administrator Utheske.

»Jetzt besitze ich alle Vollmachten«, gab Oberst Ratieff zu bedenken. »Aber vielleicht haben Sie nicht so unrecht, Herr Administrator. Unser vordringlichstes Problem ist es, die Terroristenorganisation auszuheben – und dafür könnten unsere Kräfte nicht ausreichen. Deshalb wurde auch ein Kurierschiff mit sämtlichen Unterlagen zur Erde geschickt. Vielleicht bekommen wir doch noch Verstärkung. Aber es gibt auch noch eine andere Möglichkeit. Major Waikov?«

Der USO-Major räusperte sich. »Selbstverständlich setzte ich mich nach Mancin-Hongs Ermordung sofort mit Quinto-Center in Verbindung. Ich habe von Lordadmiral Atlan eine ähnliche Antwort wie Oberst Ratieff erhalten. Es brennt überall in der Galaxis, und die USO, die man gerne als Galaktische Feuerwehr bezeichnet, hat alle Hände voll zu tun, um die Brände zu löschen. Aber immerhin hat Lordadmiral Atlan erkannt, dass die Bedrohung, die von Baikular ausgeht, langsam Alpha-Stufe annimmt. Jedoch wäre es nicht klug, die USO offiziell um Hilfe zu bitten. Das könnte die Lage auf Baikular nur noch verschärfen. Deshalb hat Lordadmiral Atlan vorgeschlagen, eine neutrale Macht um Unterstützung zu bitten.«

Administrator Utheske machte eine wegwerfende Handbewegung. »Es gibt keine neutralen Mächte in der Galaxis. Alle Völker sind untereinander durch Bündnisse zusammengeschlossen, und ihre Einmischung in die Politik von Baikular würde die Situation nur noch komplizieren. An welches Volk haben Sie denn gedacht?«

Major Waikov lächelte geduldig. »Ich sprach von einer Macht, nicht von einem Volk. Es gibt eine private Institution, die sich der Vorfälle auf Baikular annehmen könnte, ohne dadurch politische Komplikationen herbeizuführen.«

Utheskes Augen wurden groß.

»Sie denken doch nicht etwa an die Unabhängige Hilfsinstitution für Bedrängte! Diese Organisation hat einen mehr als zweifelhaften Ruf. Es könnte mich meine diplomatische Laufbahn kosten, wenn ich diesen Haufen von Abenteurern nach Baikular riefe. Sie wissen, wer sie leitet.«

»Ich weiß nur, dass die UHB das erfolgreichste Privatunternehmen für die Aufklärung von Verbrechen jeder Größenordnung ist«, entgegnete Major Waikov. »Übrigens stammt der Vorschlag nicht von mir, sondern vom Chef der USO selbst. Und niemand sagt, dass Sie die UHB zu Hilfe rufen sollen, im Gegenteil, davon wird sogar dringend abgeraten. Die Baikularen selbst sollen es tun, und es müssen schon zahlungskräftige Leute sein, denn die UHB stellt horrende Honorarforderungen.«

»Wer wird sich schon von der UHB melken lassen?«

»Wer fordert von Ihnen am hartnäckigsten Schutz, Herr Administrator? Wer erleidet durch die Terroristen den größten Schaden?«

»Um nur einen Namen zu nennen – Gualapa Runda«, antwortete Utheske. »Aber selbstverständlich sind alle Großindustriellen und Konzernbosse gleichermaßen betroffen.«

»Eben«, stimmte Major Waikov zu. »Dann legen Sie dem Clan der Milliardäre nahe, dass hier nur die UHB helfen kann.«

 

*

 

Gualapa Rundas Hände zitterten, als er den Bericht über die letzten Sabotageakte beiseite legte.

Der Rana-Shika-Konzern musste hundert Baumaschinen verschrotten, weil sich beim letzten entscheidenden Test vor Verlassen des Fließbandes herausstellte, dass für die wichtigsten Funktionsteile eine minderwertige Metalllegierung verwendet worden war. Der Leitende Ingenieur, ein Terraner, war verhaftet worden und hatte bereits ein volles Geständnis abgelegt. Daraus ging hervor, dass die Terroristen für diese Sabotage verantwortlich waren.

Die Hiung Positronic Company hatte bei einem Bombenanschlag der Terroristen ein Lager mit dreihundert halbfertigen Arbeitsrobotern verloren. Drei der Täter, ebenfalls Terraner, waren auf der Flucht erschossen worden.

Und er selbst, Gualapa Runda, hatte vor wenigen Stunden eine Werft verloren, als plötzlich die Motoren von drei fertig gestellten Luxusraumern explodierten. Der Schaden wurde auf mindestens hundert Millionen geschätzt. Fünf hochqualifizierte Techniker hatten das Leben verloren.

Dieser Verlust traf Runda deshalb so hart, weil gute Techniker auf Baikular kaum mehr zu beschaffen waren. Zum anderen war der entstandene Schaden nicht gedeckt. Die Versicherung hatte den Vertrag schon vor einem Monat gekündigt, als sich die Anschläge auf die Runda-Reederei immer mehr häuften.

Wenn das so weiterging, stand Gualapa Runda bald vor dem Ruin.

Es musste etwas geschehen. Und zwar schnellstens.

Runda ließ sich mit der terranischen Administration verbinden und verlangte Ronor Utheske zu sprechen. Er trug dem Administrator die jüngsten Vorfälle vor und schloss mit schneidender Stimme:

»Sie müssen sofort etwas zum Schutz der Industrie unternehmen. Wenn die Sabotageakte in dieser Form weitergehen, dann bedeutet das das Ende für die Wirtschaft von Baikular. Fordern Sie meinetwegen Truppen der Solaren Abwehr an, aber tun Sie etwas. Wir Baikularen sind Steuerzahler und Bürger des Solaren Imperiums. Wenn man uns schon ständig an unsere Pflichten erinnert, pochen wir auch auf unsere Rechte. Tun Sie endlich etwas, sonst greifen wir zur Selbsthilfe!«

»Das sollten Sie tun«, riet Ronor Utheske.

»Was?«

Das Gesicht des Administrators blickte bedauernd vom Bildschirm des Visiphons.

»Bei der augenblicklichen politischen Spannung kann das Solare Imperium nicht mit militärischen Mitteln intervenieren«, erklärte er. »Jede militärische Aktion von unserer Seite könnte einen Bürgerkrieg auslösen. Uns sind die Hände gebunden. Deshalb wäre es vielleicht wirklich das Klügste, wenn Sie zur Selbsthilfe griffen. Ziehen Sie eine neutrale, private Institution zur Unterstützung heran. Das erspart uns politische Verwicklungen und würde unwahrscheinlich rascher zu einem Erfolg führen.«

»Sie gestehen damit ein, dass Sie nicht in der Lage sind, die Situation in den Griff zu bekommen«, rief Runda unbeherrscht.

»Ich sage damit nur, dass die Baikularen selbst uns daran hindern, ihnen zu helfen«, berichtigte der Administrator. Mit fester Stimme fügte er hinzu: »Aber selbstverständlich werden wir versuchen, die Industrie von Baikular mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften zu schützen. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort. Vergessen Sie besser meinen anderen Vorschlag, er führt wahrscheinlich doch zu nichts. Die UHB hat zwar schon einige beachtenswerte Erfolge erzielt, aber das hier dürfte ein zu harter Brocken für sie sein ...«

Nachdem das Gespräch beendet war, brütete Gualapa Runda lange Zeit vor sich hin. In seinem Gehirn nahm eine Idee immer mehr Gestalt an. Sie resultierte aus einer simplen Gedankenassoziation:

Selbsthilfe – Unabhängige Hilfsinstitution für Bedrängte ...

Als sein Entschluss schließlich feststand, hatte er schon vergessen, dass Administrator Ronor Utheske den Anstoß dafür gegeben hatte.

Gualapa Runda setzte sich umgehend mit den anderen Mitgliedern des Clans der Milliardäre in Verbindung.

5.

 

Die kleine, rote Sonne, die an der Grenze des inneren Zentrumsringes der Galaxis lag, wurde in allen Standard-Sternkatalogen unter einer Nummer geführt. Nur Eingeweihte wussten, dass sie den Namen Startek trug und von 34 mehr oder weniger großen Planetoiden umkreist wurde, die im Laufe der Jahrmillionen eingefangen wurden, und dass der größte der Planetoiden die Bezeichnung Satisfy trug.

Und dort, auf Satisfy, lag die Zentrale der Unabhängigen Hilfsinstitution für Bedrängte.

Die GRACEFUL FAT SHEBA hatte die 3996 Lichtjahre vom Offronner-System, dessen vierter Planet Baikular war, in insgesamt drei Linearetappen zurückgelegt. Jetzt suchte sie sich ihren Weg zwischen den Planetoiden zu Satisfy.

Als sie nur noch 20.000 Kilometer von dem eiförmigen Himmelskörper entfernt war, dessen größter Durchmesser 182 Kilometer betrug, entspann sich ein kurzer Funkverkehr.

Gualapa Runda, der Kommandant der SHEBA, ersuchte um Landeerlaubnis – und bekam sie prompt. Keine Fragen nach der Herkunft des Schiffes und dem Grund des Besuches wurden gestellt. Das irritierte Runda, und er fragte sicherheitshalber noch einmal bei der Bodenstation von Satisfy an, ob die Zollformalitäten und Passkontrollen noch im freien Raum, oder erst nach der Landung vorgenommen würden.