Cover

Fabian Seeger

Spielnahes Fußballtraining

350 Trainingsformen für alle Leistungsstufen

Meyer & Meyer Fachverlag & Buchhandel GmbH

Inhaltsübersicht

Impressum

© 2016 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen

2. Auflage 2016

Auckland, Beirut, Dubai, Hägendorf, Hongkong, Indianapolis, Kairo, Kapstadt, Manila, Maidenhead, Neu-Delhi, Singapur, Sydney, Teheran, Wien

Member of the World Sport Publishers’ Association (WSPA)

978-3-8403-3612-6

verlag@m-m-sports.com

www.dersportverlag.de

ISBN 978-3-8403-3612-6

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir uns entschlossen, durchgängig die männliche (neutrale) Anredeform zu nutzen, die selbstverständlich die weibliche mit einschließt.

Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder der Autor noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren, Haftung übernehmen.

Vorwort

Stephan Kerber
©frommfotograf, Andreas Fromm

In meiner Funktion als DFB Stützpunkt Koordinator im Hamburger Fußball Verband galt es seit 2002 stets trendnahe Inhalte den regionalen Talenten näher zu bringen. So erfolgreich der deutsche Nachwuchsfußball in den letzten Jahren Dank der immer besser funktionierenden Förderinstanzen wurde, so wichtig ist es, stets zu analysieren welches Training auch den Erfolg in Jahren sicherstellt. Welche neuen Elemente werden benötigt, um sich im Topfußball behaupten zu können. Hierfür bietet diese Sammlung attraktiver Trainingsformen sehr variabel einsetzbare Inhalte, die es ermöglichen, gezielt technische oder taktische Ziele zu akzentuieren.

Altersgemäßes Training, zum anstrengungsbereiten, laufbereiten, technisch versierten Teamspieler hinwirkende Einheiten, waren ein Ziel für die Schaffung neuer Trainingsinhalte. Dies geschah vor allem über den intensiven Austausch mit den DFB-Stützpunkttrainern und HFV-Auswahltrainern und deren gute Ideen mussten weiter gedacht und in eine für den Leser nachvollziehbare Form gebracht werden. In diesem Buch finden sich viele Spielformen wieder, die keineswegs nur vom Schreibtisch in das Buch eingeflossen sind, sondern nahezu alle Formen wurden ausprobiert, variiert und verfeinert mit den unterschiedlichen Altersklassen im DFB Talentförderprogramm in Hamburg und im HFV-Auswahlbereich – hier vornehmlich in den Altersklassen der Jahrgänge 1998, 1999, 2000, 2001, 2002 und 2003 (A-Junioren zu D-Junioren – eine weite Bandbreite).

Fabian Seeger begann als DFB-Stützpunkttrainer mit dem 01.10.2009 am DFB-Stützpunkt Sachsenweg in Hamburg. Die Arbeit mit den unterschiedlichen Altersklassen und das ständige ausprobieren eigener Ideen und hinzugewonnene Tipps ergaben ein so breites Spektrum, welches den Buchinhalt in diese anwenderfreundliche Form hat entwickeln lassen. Fortan bestand ein toller Austausch und ich gratuliere ihm zu dieser Fleißarbeit aus Gesehenem Neues geschaffen zu haben, Standardformen neu gedacht und praxisnah mit neuen Impulsen versehen zu haben. Es bedeutet auch heute noch für mich eine große Motivation in der gemeinsamen Ausarbeitung der komplexen Spielformen, mit sehr variablen Regelwerk sehr bedeutsame Lernprozesse für Toptalente zu kreieren. Entgegen der Monotonie zu wirken, hin zu erlebnisorientierten freudbetonten Trainingseinheiten für dauerhaften Spaß und Lernerfolg.

Ich hoffe auf weite Verbreitung dieses Buchs und auf weitere Anwendung der Trainingsformen –

Viel Spaß dabei!

Stephan Kerber

1 Spielformen

Ein wesentliches und allgemeingültiges Ziel des Trainings ist die bestmögliche Vorbereitung auf den Wettkampf. Idealerweise werden im Training demnach genau die Bewegungsmuster und Verhaltensweisen trainiert, die im Wettkampf gefordert sind und dort auch ihre Anwendung finden. Ein Spieler sieht sich im Wettkampf mit variierenden Situationen und diversen Entscheidungsmöglichkeiten konfrontiert. Letztlich ist es entscheidend, welchen Lösungsansatz er in der spezifischen Situation findet, um zielgerichtet zum situationsspezifischen Erfolg zu kommen.

Das erfolgreiche Lösen einer Spielsituation besteht dabei nicht immer im abschließenden Torerfolg oder in einer Balleroberung. Vielmehr existieren zahlreiche Teilziele, die letztlich das erfolgreiche „Toreerzielen“ und „Toreverhindern“ zum Resultat haben. Im Sinne eines möglichst wettkampfnahen Trainings konzentriert sich Kapitel 1 „Spielformen“ auf die Herleitung von bestimmten Spielformen, welche die Komplexität des 11 gegen 11 im Kleinen abbilden. Die zahlreichen Anforderungen in den verschiedenen Wettkampfsituationen lassen sich zu Trainingsschwerpunkten zusammenführen und erlauben die Konzipierung von unterschiedlichen Spielformen mit diversen Zielsetzungen. Dabei werden einzelne Trainingsparameter, wie Spielfeldmaß, Teamgröße oder Toranzahl, sinnvoll eingesetzt, um das aktuelle Trainingsthema zu erarbeiten. Die genannten Trainingsparameter sind dabei keineswegs als fest vorgeschriebene Größen zu verstehen, vielmehr müssen sie vom ausführenden Trainer immer auf den jeweiligen Leistungs- und Fähigkeitsstand des Teams sowie auf den Altersbereich zugeschnitten und angepasst werden.

Der Wettkampf im Fußball beinhaltet die unterschiedlichsten Situationen, in denen Spieler überwiegend im Verbund agieren müssen. Für die Trainingspraxis wird die Komplexität des 11 gegen 11 verringert und Spielausschnitte werden isoliert. Durch die Betrachtung von ausgewählten Situationen und verkleinerten Spielsequenzen werden Spielformen generiert, die neben den konditionellen und technischen Anforderungen in erster Linie individualtaktische und gruppentaktische Schwerpunkte setzen.

Die Darstellung und Beschreibung der einzelnen Trainingsformen verzichtet generell auf die Angabe von Spielfeldmaßen. Die Festlegung der Spielfeldgröße, das Anlegen von Passdistanzen oder die Entfernung zwischen Spielern und Toren sind im Sinne eines Handwerkzeugs des Trainers zu verstehen. Der Trainer legt die Maße je nach konkretem Trainingsschwerpunkt fest und orientiert sich neben der thematischen Ausrichtung an Variablen wie Alter und Leistungsvermögen der Spieler, Anzahl der Trainierenden oder der gewünschten Belastungsintensität.

Spielfähigkeit

Gegnerdruck

Handlungsschnelligkeit

Kreativität

Entscheidungsfindung

ZeitdruckWahrnehmen

Orientieren

Umschalten

1.1 Passspiel

1.1.1 5 gegen 3 (auf Minitore)

Durchführung

Team WEISS spielt in Überzahl gegen Team ROT in Unterzahl. Nach Torabschluss wird jeder neue Ball vom Trainer zu Team WEISS in das Spiel gebracht. Die GELB markierten Randbereiche dürfen von keinem Spieler betreten werden. Team WEISS muss vor einem Torabschluss mindestens drei Pässe in den eigenen Reihen gespielt haben. Team ROT hingegen hat freies Spiel und kann nach Balleroberung sofort und ohne jegliche Kontaktbegrenzung auf die Tore abschließen.

Grundgedanken

Die Überzahl erleichtert und provoziert das gewünschte Passspiel. Das Spiel auf Minitore ruft auch im Abschlussverhalten präzises Passverhalten hervor. Die GELB markierten Felder (Passzone) verursachen druckvolle und provozieren raumübergreifende Pässe/Abschlüsse.

Varianten

  • Begrenzung der Ballkontakte für die Spieler im Überzahlteam.

  • Direktes Spiel mit jedem zweiten Pass des Überzahlteams.

  • Voraussetzung für einen Torschuss: 4 (5) Pässe in den Reihen des Überzahlteams.

  • Vorgabe der Torschusstechnik: Innenseite/Vollspann/direkter Abschluss.

1.1.2 4 gegen 4 plus 4 (auf Minitore)

Durchführung

Im Zentrum des Spielfeldes agieren zwei Teams zu je vier Spielern. In den Außenzonen sind weitere vier Spieler positioniert. Das jeweils ballführende Team im Zentrum darf alle vier Außenspieler einbeziehen. Die GELBEN Zonen dürfen von keinem Spieler betreten werden. Torabschlüsse dürfen nur direkt (vgl. 7) und nach vorherigem Einbezug eines Außenspielers (Doppelpass oder Spiel über den Dritten) erfolgen. Sofern nach Anspiel von außen kein direkter Torabschluss möglich ist (vgl. 3), bleibt das Team weiterhin in Ballbesitz. Nach einem Abschluss bringt der Trainer einen neuen Ball ins Spiel.

Grundgedanken

Der Einbezug der Außenspieler forciert Doppelpässe, das Spiel über den Dritten und das Spiel in die Tiefe. Die GELBE Passzone provoziert druckvolle Pässe. Da nur direkte Torabschlüsse möglich sind, ist Präzision im Abschlussverhalten gefordert. Außerdem muss die Abschlusssituation mit sicherem Kombinationsspiel gut vorbereitet werden.

Varianten

  • Begrenzung der Ballkontakte für das ballbesitzende Team.

  • Begrenzung der Ballkontakte für die Außenspieler.

  • Doppelte Punktewertung von Abschlüssen mit dem schwachen Spielbein.

1.1.3 4 gegen 4 (auf Passtore)

Durchführung

Das Team ROT spielt gegen das Team WEISS im 4 gegen 4 (vgl. 1). Das ballbesitzende Team verfolgt das Ziel, einen Pass durch eines der Passtore zu einem Teammitglied zu spielen (vgl. 2). Nach einem erfolgreichen Zuspiel durch ein Passtor (vgl. 2) bleibt das Team im Ballbesitz und setzt das Spiel ohne Unterbrechung fort (vgl. 3). Sofern ein Ball das Spielfeld verlässt, wird vom Trainer ein neuer Ball ins Spiel gebracht.

Grundgedanken

Um einen Pass durch eines der Passtore zu spielen, ist in erster Linie getimtes und sinnvolles Anbiet- und Freilaufverhalten gefordert.

Varianten

  • Vereinfachung/Ausweitung zum 4 gegen 4 (plus zwei neutrale Spieler im Ballbesitz).

  • Vorgabe der Passtechnik beim Spiel durch die Hütchentore: direktes Passspiel.

  • Variation/Veränderung in der Anordnung der Passtore.

  • Begrenzung der Ballkontakte für das ballbesitzende Team.

1.1.4 4 gegen 4 plus 4 (Spiel in die Tiefe)

Durchführung

Im Feld spielen die Teams im 4 gegen 4. Nach zwei Pässen in den eigenen Reihen darf das ballbesitzende Team die Außenspieler einbeziehen. Ein Torabschluss auf die Minitore ist nur möglich, wenn ein Anspiel von außen direkt verwertet wird. Wird ein Pass von außen nicht direkt verwertet, sondern verarbeitet und im Spiel belassen, kann im weiteren Spielverlauf ein anderer Außenspieler einbezogen werden, um über diesen zum Abschluss zu kommen. Nach Abschluss wird vom Trainer ein neuer Ball ins Spiel gebracht.

Grundgedanken

Nach Spiel auf engem Raum im 4 gegen 4 wird das Spiel nach zwei Pässen in die Tiefe nach außen aufgelöst. Nach Anspiel eines Außenspielers ist sofortiges Reagieren und Nachsetzen bzw. Freilaufen nötig, um einen Abschluss anzubringen. Der direkte Abschluss als Pass auf ein Minitor fordert hohe Konzentration und Präzision.

Varianten

  • Variation/Veränderung in der Anordnung der Passtore (z.B. diagonal versetzt).

  • Festlegung der Spielrichtung (z.B. Team ROT darf nur auf die oberen drei Tore abschließen).

  • Voraussetzung für einen Torschuss: 3 (4) Pässe in den Reihen des ballbesitzenden Teams.

  • Verbot für die Außenspieler von direkten Rückpässen zum Passgeber.

1.1.5 4 gegen 4 (Spiel in die Tiefe mit Spielrichtungsänderung)

Durchführung

Das Team ROT spielt gegen das Team BLAU im 4 gegen 4. Die Minitore dürfen vorerst nicht bespielt werden. Nach dem einleitenden Trainerball (vgl. 1) passen sich die Spieler den Ball in den eigenen Reihen zu (vgl. 2). Zunächst besteht das Ziel darin, einen Mitspieler tief durch zwei Minitore hindurch anzuspielen (vgl. 4). Der sich hinter den Minitoren lösende Spieler (vgl. 3) verarbeitet (vgl. 5) und dribbelt zurück in das Feld oder spielt direkt einen Mitspieler im Feld an (hier Passspiel, vgl. 6). Nach dem erfolgreichen Pass in die Tiefe ist im Anschluss das Spiel auf die Minitore möglich. Die Spielrichtung richtet sich nach dem tiefen Pass. Wird der tiefe Pass zwischen die Tore T2 gespielt, so greift das ballbesitzende Team auf die gegenüberliegenden Minitore T1 an (vgl. Abb.). Das verteidigende Team (hier Team ROT) greift auf die Tore T2 an und kann direkt in ein Pressing übergehen. Nachdem ein Team abgeschlossen hat, bringt der Trainer einen neuen Ball ins Spiel.

Varianten

  • Vereinfachung/Ausweitung zum 4 gegen 4 (plus zwei neutrale Spieler im Ballbesitz).

  • Voraussetzung für das Anspiel in die Tiefe: 3 (4) Pässe in den eigenen Reihen.

  • Begrenzung der Pässe vor dem Spiel in die Tiefe (z.B. maximal fünf Pässe).

  • Begrenzung der Ballkontakte für den in der Tiefe angespielten Mitspieler.

1.1.6 4 gegen 4 plus 2 (Spiel über den Außenspieler)

Durchführung

Im Zentrum wird 4 gegen 4 gespielt. Torabschlüsse auf die Minitore sind nur möglich, wenn vorab ein Außenspieler angespielt wurde (vgl. 1 und 2). Die Außenzonen, in denen sich die Außenspieler befinden, dürfen nicht betreten werden. Gleiches gilt für die Passzonen vor den Minitoren. Nach Abschluss wird ein neuer Ball vom Trainer ins Spiel gebracht.

Grundgedanken

Vor Abschluss muss das Spiel über die Außenspieler angelegt werden. Die Passzonen vor den Minitoren forcieren druckvolles Abschlussverhalten. Das Spiel über die Außenspieler ist durch die Überzahlsituation des ballbesitzenden Teams vereinfacht.

Varianten

  • Vorgabe der Torschusstechnik (vgl. 3): Innenseite/Vollspann/direkter Abschluss.

  • Voraussetzung für einen Torschuss: Einbezug beider Außenspieler (Spielverlagerung).

  • Voraussetzung für einen Torschuss: zusätzlicher Pass nach Abspiel eines Außenspielers.

  • Voraussetzung für ein Anspiel zum Außenspieler: 3 (4) Pässe in den eigenen Reihen.

1.1.7 4 gegen 4 plus 2 (auf Passquadrate)

Durchführung

Im Feld spielt Team ROT gegen Team WEISS im 4 gegen 4. Das ballbesitzende Team kann zusätzlich die neutralen Spieler (vgl. Spieler A und B) anspielen. Die Hütchenquadrate (Passquadrate) dürfen nicht betreten werden. Ziel des Spiels ist der Pass zu einem Mitspieler durch eines der Passquadrate. Nach Punktgewinn bzw. erfolgreichem Zuspiel wird das Spiel ohne Unterbrechung fortgesetzt. Das erfolgreiche Team bleibt im Ballbesitz und kann weitere Punkte sammeln.

Grundgedanken

Durch die zu bespielenden Passquadrate werden druckvolle und teils längere Pässe provoziert. Durch die Anordnung der Passquadrate können vermehrt auch diagonale Pässe eingefordert werden. Um den Ball durch eines der Passquadrate zu erhalten, ist zielgerichtetes Freilauf- und Anbietverhalten gefordert.

Varianten

  • Vorgabe der Passtechnik beim Spiel durch die Passquadrate: direktes Passspiel.

  • Punktewertung: kurzer Pass (ein Punkt, vgl. 2) und langer Pass (zwei Punkte, vgl. 1).

  • Spiel in Gleichzahl ohne neutrale Spieler (z.B. 4 gegen 4).

1.1.8 4 gegen 4 plus 4 (auf Ballhalten)

Durchführung

Im markierten Feld spielt Team ROT gegen Team BLAU im 4 gegen 4. Das ballbesitzende Team darf die Außenspieler einbeziehen. Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Pässe in den eigenen Reihen zu spielen. Ein Spieler pro Team zählt die Pässe laut mit.

Grundgedanken

Durch die große Überzahl ist das Passen bzw. das Halten des Balls in den eigenen Reihen relativ leicht. Die Spielform bietet Platz für viele Pässe in Folge und für das Üben der Passtechniken ohne zu hohen Gegnerdruck.

Varianten

  • Begrenzung der Ballkontakte für die Außenspieler.

  • Verbot von Pässen zwischen zwei Außenspielern.