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Für all diejenigen unter uns, die vergessen haben, was es heißt, ein Wunschfänger zu sein.

Prolog

Wunschfänger

Vignette

Der dunkle Nachthimmel mit seinen abertausenden von Sternen hatte schon immer etwas Magisches für mich.

Schon als kleines Mädchen habe ich es geliebt, zusammen mit meinem Paps nachts hinauf in den Sternenhimmel zu sehen, um ihn nach Sternschnuppen abzusuchen.

Mein Paps, der als Astrophysiker sein ganzes Leben den Sternen widmete, fand nichts aufregender, als stundenlang hinauf in den sternenverhangenen Himmel zu blicken und Ausschau zu halten. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft er mich mitten in der Nacht aufgeweckt hat. Immer heimlich, denn Mom war der Meinung, dass ein kleines Mädchen ihren Schlaf bräuchte. Sicherlich hatte sie da nicht Unrecht, aber was sie nicht verstand war, dass dies eine ganz besondere Zeit für uns war. Nur für uns zwei.

»Cassie mein Stern«, hat er jedes Mal geflüstert. Wenn ich dann die Augen aufschlug, war das Erste, was ich sah, sein strahlendes Gesicht. In seinen grünen Augen, die meinen so ähnlich sind, lag dann immer dieses Funkeln.

»Es ist wieder Zeit, Wünsche zu fangen!«

Zusammen schlichen wir uns hinauf auf unsere Dachterrasse, wo mein Paps schon alles vorbereitet hatte. Auf unserer rot gestreiften Hollywoodschaukel lagen warme Decken und Kissen. Zwei dampfende Tassen Schokolade standen auf dem kleinen Tisch neben dem Teleskop. In die dicken Decken gehüllt und die heiße Tasse Schokolade in der Hand haben wir schweigend nebeneinandergesessen und hinauf in den Sternenhimmel geblickt. Wenn wir unsere Tassen geleert hatten, rutschte ich dichter an meinen Paps heran und er schlang einen Arm um mich und ich wusste ich war sicher. Damals glaubte ich noch, dass niemand stärker war als mein Vater. Dann hob er die Hand und ich folgte seinem ausgestreckten Finger mit konzentriertem Blick, obwohl ich genau wusste, was er mir zeigen würde.

»Das, mein kleiner Stern«, sagte er mit seiner ruhigen und tiefen Stimme und fuhr dabei ein recht markantes »W« am Nachthimmel entlang, »Das ist Cassiopeia. Es wird erzählt, dass sie einst eine Königin war, die Frau des äthiopischen Königs Kepheus. Eine recht eitle Frau, möchte man meinen.«

Genau an dieser Stelle blickte er dann lächelnd auf mich hinab und kitzelte mich.

»Was ich so an Cassiopeia liebe«, flüsterte er schließlich und blickte wieder hinauf, »ist, dass ihre Sterne nie untergehen. Sie ist ein zirkumpolares Sternbild. Cassiopeia ist immer irgendwo am Himmel zu finden. Die Milchstraße geht mitten durch sie hindurch, so dass es aussieht, als sei sie auf einen Sternenteppich gebettet.«

Immer hielt ich vor Spannung den Atem an, obwohl ich wusste, was er mir sagen wollte.

Mein Paps zog mich noch enger an sich heran und ich konnte das Aftershave riechen, das Mom ihm immer schenkte.

»Weißt du, mein kleiner Stern. Auch wenn wir einmal getrennt sein sollten, brauche ich nur hinauf in den Himmel zu blicken und dann weiß ich, dass du da bist.«

Damals habe ich mir geschworen, mich nie von meinem Paps zu trennen. Es war mein einziger Wunsch, den ich für jede Sternschnuppe benutzte, die ich sah. Jetzt, wo ich älter bin, habe ich aufgehört, den Nachthimmel nach Sternschnuppen abzusuchen, um einen Wunsch zu fangen. Denn Sternschnuppen können keine Wünsche erfüllen. Das musste ich auf die harte Tour lernen, als mein Paps vor einem halben Jahr starb.

Ich hasse Sterne.

Kapitel 1

Sternschnuppenschweif

Vignette

Der Sitz im Bus war nach der langen Fahrt extrem unbequem, aber zum Glück hatte sich bis jetzt niemand neben mich gesetzt und ich konnte mich voll und ganz ausstrecken. Nicht dass ich viel Platz benötigt hätte, aber ich hatte absolut keine Lust auf langweiligen Smalltalk oder stinkende Mitfahrer. Ich war seit mittlerweile fünf Stunden unterwegs. Gelangweilt blätterte ich durch das Klatschmagazin, das mir meine Mom noch am Bahnhof zugesteckt hatte. Zusammen mit einem Frozen Joghurt, Mango, meine Lieblingssorte, und einem belegten Brötchen.

»Für die lange Fahrt, Cassie«, hatte sie gesagt und dabei nur schwer ihre Tränen unterdrücken können. Bei ihrem Anblick hatte ich meinen Ärger und meine eigenen Tränen runtergeschluckt und mich zu einem Lächeln gezwungen. Sie hatte erleichtert aufgeatmet und als mein Bus kam, schnappte sie sich schnell meinen bis oben hin vollgestopften Seesack und huschte zum Verstauraum hinüber. Lustlos hatte ich beim Busfahrer eingecheckt und dann auf Mom gewartet, die mit verdächtig roten Augen zu mir kam. Sie lächelte und griff nach einem meiner geflochtenen Zöpfe, die ich immer trug.

»Da wären wir nun«, sagte sie mit brüchiger Stimme und ich hatte es vor Kummer und Wut kaum aushalten können. Sie so zu sehen war schrecklich für mich und gleichzeitig war ich wütend, weil sie mich nicht an ihrem Kummer teilhaben ließ. Auch ich litt. Auch ich trauerte.

Die Worte von Dr Morgan, meiner Therapeutin, fielen mir wieder ein. »Jeder trauert auf seine ganz eigene Art, Cassiopeia. Das kannst du deiner Mutter nicht vorwerfen.«

Mit Dr Morgan war ich von Anfang an nicht klargekommen. Um Mom einen Gefallen zu tun, hatte ich die Trauertherapeutin aufgesucht. Ihre steife Haltung, der stechende Blick hinter ihren Brillengläsern und das akkurat zu einem dunklen Dutt hochgesteckte Haar hatten sie keinerlei Wärme und Empathie ausstrahlen lassen. Sie hatte mir einiges über Trauer erzählt und hatte mich so dazu bringen wollen, selbst über meinen Verlust zu sprechen. Aber es ging nicht. Je mehr sie bohrte, umso mehr verschloss ich mich. Bis meine Mom es aufgab mich zu ihr zu schicken. Zu meinem Leidwesen war sie stattdessen auf eine andere Idee gekommen. Aber ich schluckte wieder einmal meinen Ärger hinunter und nahm Mom fest in die Arme. Sie fühlte sich so furchtbar dünn und zerbrechlich an. Dabei war sie immer die große starke Frau von uns gewesen. Ganz anders als ich.

»Ist schon gut Mom«, hatte ich geflüstert. »Ich komme schon klar. Wichtig ist, dass du wieder auf die Beine kommst. Versprich mir das.«

Sie hatte heftig an meinem Hals genickt und mich noch fester umarmt. Nur mit Mühe hatte ich meine eigenen Tränen unterdrücken können. Als sie sich schließlich von mir gelöst hatte, wirkte sie etwas gefasster. Aus ihren tiefblauen Augen hatte sie mich angesehen, die so gar nicht wie meine waren. Sternenhimmelaugen, hatte Paps sie genannt und bei der Erinnerung daran war mir ein heißer Schmerz durch den Körper gefahren.

»Ich habe Jane gesagt, wann dein Bus ankommt und sie wird dich an der Bushaltestelle abholen. Du musst dich also nicht mit deinem Gepäck abmühen, Schatz.«

Ich hatte nur stumm genickt. Jane Atkins war Moms älteste Freundin. Sie waren zusammen zur Highschool gegangen und hatten sogar das College zusammen besucht. Erst danach trennten sich ihre Wege, als meine Mom meinen Paps kennenlernte und seiner Arbeit zuliebe zu ihm zog. Aber die beiden Freundinnen haben sich nie aus den Augen verloren. Als ich noch ein kleines Mädchen gewesen bin, haben wir viele Sommer in dem kleinen Küstenort verbracht, wo Jane mit ihrer Familie lebte. Jane und ihr Mann Dave, von dem sie mittlerweile geschieden war, hatten ebenfalls Kinder. Summer war in meinem Alter und Logan zwei Jahre älter. Es waren schöne Sommer, aber alle trugen sie jetzt schmerzlich schöne Erinnerungen an meinen Paps mit sich und ich hatte eigentlich nicht die Absicht, diese wieder aufzufrischen.

»Ich glaube, es wird Zeit, Schatz. Du weißt, du kannst mich jederzeit anrufen, ja?«

»Ja Mom, das weiß ich. Ich werde mich melden, versprochen.« Noch einmal hatte ich sie kurz gedrückt. »Ich hab dich lieb.«

»Ich dich auch, Cassie.«

Während der Bus abgefahren war, hatte Mom die ganze Zeit gewinkt und sich ständig verstohlen über das Gesicht gewischt.

Entnervt warf ich meine Zeitschrift auf den leeren Sitz neben mich und starrte nach draußen. So sah es also aus. Ich würde den Sommer über bei Moms alter Freundin Jane an der Ostküste verbringen.

Seit mein Paps vor einem halben Jahr gestorben war, haben meine Mom und ich eine sehr schwere Zeit durchgemacht. Es war ein Verkehrsunfall. Mein Paps war unterwegs zur Arbeit gewesen. Es ging um irgendeine besondere Sternenkonstellation, die nicht warten konnte. Er ist auf der vereisten Straße mit seinem Auto von der Fahrbahn abgeraten und dabei einen Abhang hinabgestürzt. Er war sofort tot, hatten die Ärzte behauptet. Als ob das einen Unterschied machen würde.

Ich spielte mit einem Ende meiner Zöpfe und betrachtete nachdenklich die braunen Spitzen.

Mein Paps war gerade mal vierzig Jahre alt gewesen. Viel zu jung. Obwohl, das würde man wahrscheinlich immer sagen, wenn es um die Liebsten ging. Mein Paps war die große Liebe meiner Mutter gewesen und jeder hatte sehen können, wie sehr sich die beiden liebten. Sein plötzlicher Tod hatte Mom vollkommen aus der Bahn geworfen. Sie war völlig erstarrt, leer und hilflos. Wie ein Geist war sie durch unser Haus gewandert. Sie hatte nicht schlafen können, nicht essen können und nur stumm vor sich hin geweint. Dabei war auch mein Herz gebrochen, nein, zerschmettert worden. Aber eine von uns hatte stark sein müssen und so hatte ich, soweit es mir möglich war, alles in die Wege geleitet, so dass Mom nur noch zustimmen musste.

Die Zeit nach der Beerdigung wurde auch nicht besser. Mom fand einfach nicht hinaus aus ihrer Trauer und ich fand nicht hinein. Zwar besuchte ich in der Zeit Dr Morgan, aber dadurch fühlte ich mich umso leerer und einsamer. Das ging ein halbes Jahr so, bis ich es nicht mehr ertrug.

All den Schmerz, die Wut und die Trauer habe ich Tag für Tag nur vor mir hergeschoben. Ein Berg an Ballast. Ständig habe ich mir eingeredet, ich müsste stark sein und für Mom da sein. Aber irgendwann kann man einfach nicht mehr stark sein.

Ich schloss die Augen und dachte voller Bitterkeit an den Tag. Es war ein ganz normaler Nachmittag, an dem ich aus der Schule kam. Nichts war anders als sonst und doch war irgendwie alles anders.

Zwischen den Rechnungen entdeckte ich eine Karte, die an meinen Paps adressiert war. Beim Anblick seines Namens brach etwas in mir zusammen. Von jetzt auf gleich habe ich unsere Küche demoliert, mit Tellern und Tassen wie eine Verrückte um mich geworfen. Dabei habe ich alles hinausgeschrien, bis ich heiser war. Dann kamen nur noch Tränen, die nicht mehr versiegen wollten.

Zusammengesunken auf den kalten Küchenfliesen hat mich schließlich meine Mom gefunden und endlich hat sich etwas bei ihr geregt. Sie hat mich in ihre Arme genommen und fest an sich gedrückt.

Danach haben wir geredet, die ganze Nacht, wie schon lange nicht mehr. Einfach über alles.

Mom würde sich über diesen Sommer in Therapie begeben und ich würde bei den Atkins wohnen. Um Abstand von allem zu bekommen, meinte sie.

Ich schnaufte bei dem Gedanken. Wie sollte ich an so einem Ort, der angefüllt war von wunderschönen Erinnerungen an meinen Paps, Abstand zu ihm bekommen. Doch Mom war sofort Feuer und Flamme von der Idee und hatte gleich am nächsten Tag mit Jane telefoniert. Sie hatte so erleichtert und voller Energie ausgesehen, dass ich nicht den Mut aufbrachte, ihr zu wiedersprechen.

Drei Monate würde ich an diesem Ort verbringen und überall würde ich meinen Paps sehen. Ich griff hastig an meine Kette und versuchte den Schmerz zu unterdrücken. Die Kette hatte mein Paps mir zu meinem zwölften Geburtstag geschenkt. Es war ein kleiner silberner Stern, der an einer feinen Silberkette hing. Vom ersten Moment an habe ich die Kette geliebt.

Als der Bus plötzlich holpernd zum Stehen kam, wurde ich ruckartig aus meinen düsteren Gedanken gerissen. Schnell spähte ich aus dem Fenster und stellte fest, dass es meine Haltestelle war. Hastig sprang ich auf und stolperte durch den Bus. Das Klatschmagazin ließ ich dabei mit voller Absicht liegen. Vielleicht freute sich ja der Nächste darüber. Der Busfahrer stand bereits ungeduldig neben dem geöffneten Stauraum und blickte mich mit vor der Brust verschränkten Armen an, als ich hinaussprang. Ich warf ihm einen finsteren Blick zu und packte meinen ziemlich schweren Seesack. Ohne mit der Wimper zu zucken sah er mir dabei zu, wie ich ächzend mit meinem Gepäck kämpfte. Kaum hatte der Seesack den Boden berührt, schlug der Busfahrer bereits den Stauraum wieder zu und stürmte zur Tür. Keine Minute später war der Bus abgefahren und hinterließ nur eine Staubwolke. Fassungslos starrte ich dem immer kleiner werdenden Bus hinterher.

Wo waren nur die Gentlemen geblieben, von denen es hieß, sie würden einer Dame mit dem Gepäck helfen?

Ich zuckte bloß mit den Schultern und sah mich nach Jane um. Vor meiner Abfahrt hatte Mom mir noch ein Foto von ihr gezeigt, um meine Erinnerungen wieder aufzufrischen. Jane war noch immer eine große schlanke Frau, mit langen blonden Haaren und niedlichen Grübchen in den Wangen, wenn sie lächelte. Sie hatte auf den ersten Blick wieder sympathisch gewirkt.

Während ich nach ihr Ausschau hielt, knallte die Sonne erbarmungslos auf mich hinab. Es mussten mindestens 30 Grad sein. Zum Glück hatte ich mir morgens ein leichtes Sommerkleid angezogen. Ein knallgrünes, das zu meinen Augen passte. Okay, ehrlich gesagt hatte ich es nur Mom zuliebe angezogen. Sie hatte es mir zu meinem letzten Geburtstag geschenkt und findet mich süß darin. Ich denke eher, dass ich damit aussehe wie eine Zwölfjährige, aber gut. Ich wollte sie aufmuntern. Jetzt gerade war ich auch sehr zufrieden mit meiner Wahl.

Ein paar Meter von mir entfernt lehnte ein Typ lässig an einem recht ramponierten Jeep und starrte mich an. Jedenfalls glaubte ich es, denn durch seine verspiegelte Sonnenbrille fiel es mir schwer, seinen Blick direkt auszumachen. Wütend verschränkte ich die Arme vor der Brust und blickte verstohlen zu ihm hinüber.

Der Kerl sah verdammt gut trainiert aus. Seine aschblonden Haare wirkten zerzaust, als sei er gerade erst aufgestanden. Er trug ein blaues Shirt, das sichtlich über seiner Brust spannte und seine muskulösen Oberarme noch betonte. Seine hellen Shorts saßen verboten tief. Auf den ersten Blick würde man ihn für einen Surfer halten, einen wirklich heißen Kerl, der aber so gar nichts für mich war. Solche Typen wollten meistens nur eines von mir, und das waren meine Physikhausaufgaben.

Ich sah mich erneut nach Jane um und kaute unentschlossen auf meiner Unterlippe herum. Wo blieb sie denn? Mein Blick wanderte weiter über den noch immer leeren Busbahnhof. Ja, man hatte mich in den kleinsten Ort an der gesamten Ostküste verschleppt, wo stündlich nur ein Bus fuhr, und mein Blick blieb abermals an dem Typen hängen.

Ich erstarrte.

Der Kerl blickte mich tatsächlich an und grinste jetzt auch noch breit. Gut, es war schon ein ziemlich sexy Grinsen, das konnte ich sogar auf die Entfernung sehen, aber so was ließ mich kalt.

Ohne eine Reaktion drehte ich mich demonstrativ zur Seite und kniete mich vor meinen Seesack. Irgendwo in den Untiefen musste mein Handy stecken. Ich verfluchte mich selbst für meine Nachlässigkeit, das Handy nicht griffbereit eingepackt zu haben, und durchwühlte den Inhalt.

Plötzlich fiel ein Schatten über mich und ich ließ vor Schreck meinen Seesack los. Meine Klamotten, Bücher und allerlei Krimskrams, wie Kugelschreiber, ein Tacker und Klebeband, ergossen sich auf den Gehweg. Ich fluchte und versuchte, den Schaden möglichst gering zu halten. Dabei fiel ich auf die Knie und ein heißer Schmerz schoss durch meine Beine.

»Autsch«, rief ich aus. Zwei gebräunte Hände kamen in mein Sichtfeld und packten meinen Seesack.

»Warte, ich helf dir.«

Ich strich mir meine Zöpfe zurück und sah hoch. Dabei begegnete mein Blick grauen Augen, die amüsiert funkelten. Mir verschlug es für einen Moment die Sprache, denn noch nie hatte ich solche Augen gesehen. Wie eine Sternschnuppe, deren Schweif man noch einen Moment betrachten kann, bis sie verglüht.

Wie eine Sternschnuppe? Himmel hatte ich denn schon einen Sonnenstich?

Wütend riss ich ihm meinen Seesack aus der Hand und sammelte schnell meine restlichen Sachen ein. Dabei fand ich auch endlich mein Handy.

»Danke, das geht schon«, sagte ich schroff und stand auf. Jetzt erkannte ich, dass es der Typ vom Jeep war, der mich die ganze Zeit beobachtet hatte. Er hob abwehrend die Hände und grinste immer noch breit. Zwei kleine Grübchen wurden dabei sichtbar, die ihn einfach unwiderstehlich wirken ließen. Einen Moment starrte ich ihn an, dann atmete ich tief durch und blickte auf mein Handy.

»So ein verdammter Mist«, entfuhr es mir, als ich vergeblich versuchte, mein Handy einzuschalten.

»Akku leer?«, fragte der Surferboy und erst jetzt fiel mir auf wie tief und warm seine Stimme klang. Ganz ähnlich wie die meines Paps. Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals und ich musste kräftig schlucken.

»Sieht so aus«, sagte ich und musterte ihn skeptisch. »Was willst du eigentlich von mir? Ich warte hier auf meinen Freund«, fügte ich nicht ganz so selbstsicher hinzu, wie ich eigentlich gehofft hatte. Surferboy grinste wieder und musterte mich.

»So so, dein Freund«, sagte er. Man, was war das für ein Lächeln. Aber im nächsten Moment schalt ich mich selbst für mein mädchenhaftes Getue. Im Grunde hatte ich momentan weder den Kopf noch den Platz für mehr Gefühlschaos, als ohnehin schon da war. Also reckte ich nur frech das Kinn und legte noch einen oben drauf.

»Ja, mein Freund. Hast du was dagegen? Er ist jede Minute hier und ziemlich eifersüchtig. Vielleicht solltest du besser gehen, solange er noch nicht hier ist.«

Aber Surferboy schien nicht im Mindesten von meiner Darbietung überzeugt zu sein und schob lässig seine Hände in die Hosentaschen.

»Glaub mir, ich bin schon ein großer Junge«, sagte er augenzwinkernd. »Und dank Spinat sogar recht stark.«

Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken und bückte mich schnell zu meinem Seesack hinab, um mein Handy zu verstauen. Im Leben würde ich ihm nicht stecken, dass ich ihn witzig fand.

»Wie heißt denn dein Freund?«, fragte Surferboy wie nebenbei. So langsam wurde mir der Kerl zu neugierig und ich beschloss, Jane schon mal entgegen zu gehen. Also schnappte ich mir den Riemen meiner Tasche und warf sie mir ächzend über die Schulter.

»Weißt du, ich kenne so ziemlich jeden hier im Ort. Das ist Segen und Fluch einer Kleinstadt.«

Surferboy gab einfach nicht auf. Genervt drehte ich mich zu ihm um und verlagerte das Gewicht meines Gepäcks. Keinen Kilometer weit würde ich damit kommen, aber ein Versuch war es wert. Ich funkelte Surferboy an und setzte mein bestes Lächeln auf. Was er konnte, konnte ich schon lange.

»Logan«, sagte ich und nannte somit den einzigen Namen, der passen würde. »Logan Atkins. Vielleicht kennst du ihn?«

Ein schelmisches Glitzern trat in seine Augen und er schien sich prächtig zu amüsieren. Mittlerweile rann mir der Schweiß unangenehm den Rücken hinab. Wenn das hier noch länger so ging, würde ich tatsächlich noch einen Hitzschlag bekommen.

»Logan! Das ist ein Freund von mir, aber soweit ich weiß ist er gerade solo.« Surferboy wollte es wohl darauf anlegen.

»Dann kannst du ihn ja nicht so gut zu kennen, wie du dachtest«, blaffte ich ihn an und spürte das Gewicht des Seesacks unangenehm auf den Schultern. »Wie heißt du überhaupt?«, wollte ich wissen.

Jetzt lächelte er noch breiter und streckte mir wie zum Händeschlag die Hand entgegen.

»Wie unhöflich von mir, mich nicht vorzustellen. Verrate es nicht meiner Mutter«, sagte er mit seiner tiefen Stimme. Den Blick seiner grauen Augen direkt auf mich gerichtet. »Ich bin Logan. Logan Atkins.«

Mir klappte der Mund auf und Surferboy, nein Logan, brach in schallendes Gelächter aus. Ich spürte wie ich knallrot anlief und die altbekannte Hitze mir in die Wangen stieg. Das konnte nicht sein. Das sollte der kleine Logan sein, der mir damals immer an den Zöpfen gezogen hatte? Damals hatte er noch eine Zahnlücke gehabt und war so groß wie ich gewesen. Ein schmächtiges Hemd, das Summer und mich immer beim Spielen geärgert hatte. Jetzt überragte er mich um mindestens zwei Köpfe. Als ich mich endlich wieder aus meiner Starre gelöst hatte, warf ich wütend meinen Seesack zu Boden und stemmte die Hände in die Hüften.

»Findest du das etwa witzig?«, knurrte ich ihn an. Logan war sichtlich bemüht, sich wieder unter Kontrolle zu bringen.

»Wer sagt denn, dass du wirklich Logan bist? Du kannst ja auch irgendein durchgeknallter Irrer sein, der gerade ein neues Opfer sucht. Ich sollte von jemand anderem abgeholt werden«, versuchte ich meinen letzten Rest Würde zu bewahren und wartete seine Reaktion ab. So leicht würde ich es Logan nicht machen. Er schien sich langsam wieder zu sammeln, konnte ein Lächeln aber immer noch nicht ganz unterdrücken.

»Meine Mutter hat eine Extraschicht im Krankenhaus und hat mich gebeten, dich abzuholen. Sie hat dir sogar eine SMS geschickt, aber na ja.« Er nickte auf meinen Seesack hinab. Ja, mein gottverdammter Akku war tot.

»Ach«, sagte ich und ließ meine Hände sinken. »wie praktisch, dass ich jetzt nicht nachschauen kann.«

In Logans Augen blitzte es und ich wusste nicht, ob er langsam wütend wurde oder sich auf meine Kosten amüsierte. Ich hoffte ersteres. Mit einer Hand strich er sich sein helles Haar aus der Stirn.

»Hör mal Cassie, können wir bitte los? Ich bin heute Abend noch verabredet.«

Ich kniff die Lippen zusammen und sagte kein Wort. Logan seufzte und gab sich geschlagen.

»Also schön«, brummte er und starrte mich einen Moment an. »Erinnerst du dich noch an den Sommer, wo du und Summer mit mir am Strand wart? Ich glaube, ihr beide wart da ungefähr elf. Wir haben uns zu dritt weggeschlichen. Mitten in der Nacht und als wir dann zurück wollten, fanden wir den Weg nicht mehr. Summer hat ganz bitterlich geweint und ich, gut ich war damals schon cool, wusste aber auch nicht weiter. Du hast dich dann in den Sand gesetzt und hinauf in den Sternenhimmel geschaut.«

Ich lauschte ihm gebannt. Diese Geschichte hatte ich bis eben tatsächlich vergessen, aber jetzt fiel sie mir wieder ein.

»Du hast uns beide an die Hand genommen und nach oben gezeigt. Wir müssen nur den Sternen folgen, die bringen uns nach Hause, waren deine Worte und tatsächlich haben wir den Weg nach Hause gefunden, ohne dass unsere Eltern etwas erfahren haben. Reicht dir das als Beweis?«

Ich konnte es nicht länger leugnen. Dieser verdammt heiße Surferboy war tatsächlich Logan Atkins. Ich stöhnte innerlich. Musste er ausgerechnet über Sterne reden? Ich wollte gerade etwas sagen, als er mir zuvorkam.

»Also was ist. Können wir los?«

Ohne ein weiteres Wort stapfte ich an ihm vorbei auf den ramponierten Jeep zu. Die Beifahrertür war offen und so schmiss ich mich demonstrativ auf die abgewetzte Sitzbank und knallte die Tür zu. Mit verschränkten Armen und leider immer noch rotem Kopf starrte ich nach draußen.

So ein Vollidiot.

Ich hörte einen dumpfen Aufschlag und gleich darauf wurde die Fahrerseite geöffnet. Logan schwang sich elegant und immer noch grinsend hinters Lenkrad. Er setzte seine Sonnenbrille auf und legte eine Hand über meine Lehne.

»So Liebling«, sagte er. »Wohin soll ich meine Freundin denn mal fahren?«

 

Kapitel 2

Herzenskälte

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Das Haus der Atkins war noch genauso, wie ich es in Erinnerung hatte, als ich das letzte Mal vor sieben Jahren hier gewesen war. Ich weiß bis heute nicht, warum wir seitdem keinen Sommer mehr hier waren.

Ihr Haus liegt nur zehn Minuten vom Strand entfernt und zugleich etwas abseits vom Ortskern. Eine große Veranda führte um das Haus herum, das hellblau war, mit weißen Rahmen, Türen und Fenstern. Ein kleiner verwilderter Vorgarten machte den Eindruck, dass sich keiner seit Daves Auszug mehr fürs Gärtnern interessierte, aber es störte mich nicht im Geringsten. Durch diese Wildheit mitten in diesem gepflegten Örtchen fühlte ich mich gleich wie Zuhause.

Als wir nun mit Logans Jeep die Einfahrt hinauffuhren war es, als wäre ich wieder zehn Jahre alt und würde meinen letzten Sommer hier verbringen. Einen Moment starrte ich nur hinaus und sah das Haus an, wurde überschwemmt von Erinnerungen und mein Herz füllte sich an mit Kummer und süßem Schmerz. Gerade, als ich es fast nicht mehr geschafft hätte, die Tränen zu unterdrücken, klopfte Logan wie ein Irrer an meine Scheibe und ich schreckte zusammen.

Grob stieß ich die Tür auf und sprang aus dem Auto.

»Was ist?«, brummte ich und vermied es dabei, in seine grauen Augen zu blicken. Logan zuckte bloß mit den Schultern und griff sich meinen Seesack. Ohne sich noch einmal nach mir umzudrehen ging er aufs Haus zu.

»Nun komm schon. Summer wartet auf dich«, rief er mir von der Veranda aus zu. Ich blieb noch einen Moment für mich alleine und genoss den schmerzlichen Anblick des Hauses.

Hier war ich jetzt also.

Und es gab kein Zurück.

Entschlossen gab ich mir einen Ruck und stapfte zur Tür. Beim Betreten des Hauses schlugen mir altbekannte Gerüche entgegen. Es roch nach Meer, Erdbeeren und Holz.

Ich hatte gerade einen Schritt in das Haus gesetzt, als ich auch schon von einem Wirbel aus langen blonden Haaren und lila Klamotten angesprungen wurde. Arme krallten sich um mich und ich geriet ins Trudeln.

»Cassie!«, schrie mir Summer direkt ins Ohr.

»Du erdrückst sie ja Sum«, rief Logan von irgendwoher. Wahrscheinlich aus der Küche, wie ich vermutete. Summer lockerte sofort ihren festen Krakengriff um meinen Körper und schob mich von sich.

»Entschuldige bitte Cassie. Ich freu mich nur so, dass du endlich wieder da bist!« Summer strahlte über das ganze schöne Gesicht und sah dabei noch mehr aus wie eine jüngere Version ihrer Mutter. Sie hatte das gleiche lange aschblonde Haar und die niedlichen Grübchen in den Wangen, die wohl in der Familie zu liegen schienen. Ihre blauen Augen funkelten und sie wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. Seit damals war sie ein gutes Stück gewachsen und überragte mich jetzt auch um mindestens einen Kopf. Ihre schlanke Gestalt hatte sie in ein lila Outfit gesteckt, das alles perfekt betonte. Und wenn ich lila sage, dann meine ich das auch. Von Kopf bis Fuß hatte Summer sich in den verschiedensten Lilatönen eingekleidet und sogar die Fingernägel passend dazu gestaltet. Bei jedem anderen hätte ich nur mit den Augen gerollt, aber nicht bei Summer. Sie sah einfach in allem toll aus.

Die Herzlichkeit ihrer Begrüßung rührte mich sehr. Ich merkte erst jetzt, dass auch ich sie schrecklich vermisst hatte. In den Sommern, die ich hier verbracht hatte, waren wir gute Freundinnen gewesen. Sehr gute sogar und gerade jetzt könnte ich wirklich eine gebrauchen.

Ein breites Lächeln trat auf mein Gesicht.

»Ich hab dich auch sehr vermisst, Summer«, brachte ich schließlich hervor.

»Und wasch isch mit mir?«, fragte Logan mit vollem Mund. Er trat, beladen mit einem Sandwich in der einen Hand und einer Limo in der anderen, mitten auf den Flur und zerstörte dabei unseren wunderbaren Moment. Summer rollte genervt mit Augen und wedelte mit der Hand.

»Wasch denn?«, fragte Logan und betrachtete uns mit Unschuldsmiene. Summer beachtete ihn nicht weiter. Stattdessen griff sie meinen Seesack und wandte sich der Treppe zu, die hoch in die obere Etage führt. Ich wusste, dass Summer und Logan dort oben ihre Zimmer hatten.

»Komm Cassie, ich zeig dir dein Zimmer.«

Ich folgte Summer die Treppe hinauf und mein Blick wanderte dabei über die zahlreichen Fotos an den Wänden. Es hatte sich nichts verändert. Na ja, fast nichts. Es waren neue Bilder hinzugekommen, die ich im Vorbeigehen flüchtig betrachtete.

Summer hielt zielstrebig auf das kleine Gästezimmer am Ende des Flurs zu und öffnete schwungvoll die Tür.

»Tadaa«, rief sie und warf meinen Seesack aufs Bett. »Das wird dein Reich sein. Ist das okay für dich?«

Sonnenstrahlen fielen durch das kleine Fenster, das direkt hinauf aufs Meer gerichtet war. Das Bett, das in der Nische unter der Schräge stand, kannte ich noch nicht. Es sah aber sehr einladend und bequem aus. Eine Kommode stand auf der gegenüberliegenden Seite und ich hatte sogar ein Regal. Ich setzte mich zu Summer aufs Bett.

»Es ist wunderbar. Danke«, plötzlich brach meine Stimme und ich musste heftig blinzeln. Über das Bett hinweg griff Summer meine Hand und drückte sie fest.

»Es tut mir so unendlich leid, Cassie«, sagte sie mit erstickter Stimme. Ich wusste, was sie meinte und brachte nur ein Nicken zustande.

Paps.

Weder traute ich meiner Stimme, noch diesen verdammten Tränen. Ich tastete nach meiner Kette und spürte den kleinen Stern unter dem Stoff meines Kleides. Für einen Moment saßen wir schweigend da. Dann stand Summer behutsam auf.

»Ich lass dich dann mal in Ruhe auspacken. Die Dusche ist neben meinem Zimmer, also neben der lila Tür. Wenn du fertig bist, komm doch runter zu uns in die Küche. Mom hat heute Spätschicht, also kochen wir. Was meinst du?«

Ich nickte nur schwach und hörte kaum, wie Summer den Raum verließ und leise die Tür hinter sich schloss.

Ich war keine zwei Minuten hier und schon hatten mich meine Gefühle restlos überrannt. Um mich zu beschäftigen zog ich den Seesack zu mir herüber und fing an meine Sachen auszupacken. Etwas zu tun zu haben tat mir gut und löste mich aus meiner starren Haltung. Als erstes kramte ich mein Handy samt Ladekabel hervor, stöpselte es ein und rief Mom an. Nach kurzem Klingeln war sie schon dran.

»Hey Mom«, sagte ich betont fröhlich.

»Hallo Schatz. Wie geht es dir? Bist du gut angekommen?« Während ich weiter meine Sachen ausräumte, erzählte ich Mom alles von meiner Busfahrt und sagte ihr, dass ich gut angekommen sei. Sie selber erzählte von dem Zentrum, in dem sie sich jetzt befand und wie gut sie sich dort aufgehoben fühlte.

»Hast du schon mit Jane gesprochen?«, fragte Mom mich schließlich. Ich wechselte das Handy auf die andere Seite und klemmte es mir unters Kinn, damit ich das Wirrwarr aus Socken und Unterwäsche entknoten konnte. Nicht einmal bei meinen Socken konnte ich Ordnung halten.

»Nein. Jane hat heute Spätschicht. Aber ich sehe sie bestimmt morgen. Soll ich ihr etwas ausrichten von dir?«

»Nein schon gut. Ich ruf sie morgen selber an. Ist sonst alles in Ordnung Cassie?«

Ich schluckte schwer und war froh darüber, dass Mom in diesem Moment nicht mein Gesicht sehen konnte.

»Ja, alles Bestens. Ich bin nur müde von der Fahrt. Das ist alles.«

»Dann ruh dich aus Schatz«, sagte sie und klang dabei sehr erleichtert. »Wenn irgendetwas sein sollte, kannst du mich anrufen. Immer, das weißt du doch hoffentlich.«

Das würde während ihrer Therapie bestimmt schwer werden, aber ich hütete mich, ein Wort darüber zu verlieren.

»Ja Mom, das weiß ich. Ich hab dich lieb.«

»Ich dich auch, Cassie. Bis dann.«

Ich legte mein Handy auf den Nachttisch, damit es weiter laden konnte. Ohne große Sorgfalt verstaute ich meine Sachen in der Kommode und im Regal, schnappte mir ein paar frische Klamotten und machte mich auf den Weg zur Dusche. Vielleicht würde mich eine Abkühlung auf andere Gedanken bringen.

***

Tatsächlich hatte mich die Dusche erfrischt und als ich beschwingt die Treppe hinunter stolperte, schlug mir der herrliche Duft von Pfannkuchen und Erdbeermarmelade entgegen.

Ich sprang die letzten beiden Stufen hinunter und schlenderte in die halboffene Küche. Summer stand am Herd und warf gerade einen weiteren Pfannkuchen in die Luft, als ich mich auf einen der Stühle am langen Küchentresen niederließ. Geschickt fing sie ihn auf und drehte sich mit einem triumphierenden Blick zu mir um.

»Na, hungrig?«, fragte sie mich und deutete auf den riesigen Stapel Pfannkuchen, der bereits vor mir auf dem Tresen stand. Ich nickte und sah ihr beim Kochen zu. Dabei erzählte Summer ununterbrochen, was in der Zeit, wo wir uns nicht gesehen hatten, alles passiert war. Sie erzählte von der Schule, den Kursen und von ihren Plänen, Fotografie studieren zu wollen. Dass ihr Dad vor ein paar Jahren ausgezogen war, erwähnte sie nur am Rande und ich wollte auch nicht weiter nachbohren.

»Und letzten Sommer habe ich einen Fotografiekurs belegt, der am College ausgeschrieben war. Das war unglaublich. Ich muss dir unbedingt die Bilder zeigen.« Summer legte den letzten Pfannkuchen zu den anderen, verteilte Geschirr und stellte noch einen Krug kalte Limonade dazu.

»Auf die alten Zeiten«, sagte sie lächelnd. Ein warmes Gefühl machte sich in mir breit und vertrieb endgültig den letzten Rest Traurigkeit. Jedenfalls für den Moment.

An jedem ersten Tag, wenn wir bei den Atkins zu Besuch waren, gab es traditionell selbstgemachte Pfannkuchen mit selbstgemachter Erdbeermarmelade. Das Rezept für die Marmelade war noch von Janes Ur-Ur-Großmutter und wurde gehütet wie einen Schatz. Ich persönlich liebte diese Marmelade und bei ihrem Anblick lief mir das Wasser im Mund zusammen. Zu lange hatte ich sie nicht mehr gegessen.

»Auf die alten Zeiten«, sagte ich. Summer ließ sich auf einen Stuhl mir gegenüber sinken und brüllte plötzlich los.

»LOGAN! ESSEN!«

Unweigerlich zuckte ich zusammen, aber Summer rollte bloß mit den Augen.

»Ständig rennt er mit diesen Kopfhörern durch die Gegend und hört absolut nichts. Na ja, meistens will er auch nichts hören.«

Grinsend spießte ich einen Pfannkuchen auf die Gabel und zog ihn auf meinen Teller. Summer schob mir die Marmelade hinüber und ich ließ mich nicht zweimal bitten. Großzügig verteilte ich sie auf meinem Pfannkuchen und rollte ihn ein.

Der erste Bissen war eine Explosion an Süße, ein Gefühl von Heimat und eine Erinnerung an Freundschaft.

»Summer das schmeckt köstlich«, rief ich aus und Summer strahlte dabei über das ganze Gesicht.

»Freut mich, dass es dir schmeckt. Endlich mal jemand, der nichts an meinem Essen auszusetzen hat. Logan findet immer …«

»Was finde ich immer?«

Als ich seine warme Stimme hinter mir hörte, lief mir ein wohliger Schauer über den Rücken und vor Schreck stieß die Gabel mit einem weiteren Bissen Pfannkuchen gegen mein Gesicht, anstatt in meinem Mund zu landen. Die Marmelade klebte an meiner Wange und ich ließ hastig die Gabel sinken.

»Du findest immer etwas an meinem Essen, worüber du meckern kannst.« Summer deute auf den freien Platz neben mir und Logan ließ sich darauf nieder. Sofort stieg mir sein herbes Shampoo in die Nase. Er musste auch geduscht haben. Ich linste zu ihm herüber. Seine Haarspitzen waren noch feucht, wodurch sie sich leicht lockten und er hatte sich umgezogen. Er trug jetzt ein weißes Shirt, was seine Bräune noch mehr unterstrich und dazu ausgewaschene Jeans. Um seinen Hals lagen große grüne Kopfhörer, aus denen gedämpft Musik zu hören war. Er schien mein Starren bemerkt zu haben, denn er sah von seinem Essen hoch und grinste sofort breit. Meine Wangen begannen augenblicklich zu glühen. Diese verräterischen Dinger.

»Was?«, fragte ich und zog die Augenbrauen in die Höhe. Die Grübchen in seinen Wangen wurden noch ein bisschen tiefer.

»Auf die alten Zeiten, was Cassie?« Verwirrt starrte ich ihn einfach an. Dann deutete er mit seiner Gabel auf mein Gesicht.

»Früher konntest du auch schon nicht richtig essen.«

Ruckartig drehte ich mich von ihm weg. So ein Mist. Das konnte auch nur mir passieren. Hastig griff ich nach dem Tuch, das Summer mir reichte, und wischte die letzten Reste der Marmelade aus dem Gesicht.

»Haha, was haben wir gelacht, Logan.« Summers trockene Antwort gab mir Zeit, mein Tuch unauffällig verschwinden zu lassen. Es hatte sich wirklich nichts geändert. Logan war nach wie vor ein Vollidiot.

Schweigend aßen wir unsere Pfannkuchen weiter und ich versuchte ihn so gut es ging zu ignorieren, doch ich spürte seinen unnachgiebigen Blick auf mir ruhen. Nach dem zweiten Pfannkuchen kribbelte schon mein ganzer Körper davon und ich hielt es nicht länger aus. Aufgebracht fuhr ich ihn an.

»Was ist denn jetzt noch? Hab ich noch mehr Marmelade im Gesicht?« Wie konnte man nur die ganze Zeit über grinsen? Aber Logan tat es. Er schob seinen Teller zur Seite und lehnte sich zurück.

»Ich hab mich nur gefragt was aus unserer kleinen Sommerkleid-Cassie geworden ist?« Stirnrunzelnd sah ich ihn an. Mit einem Nicken deutete er auf meine Klamotten. Jetzt, wo meine Mom kilometerweit entfernt war, hatte ich das niedliche Sommerkleid gleich verbannt und gegen meine normalen Klamotten ausgetauscht.

Ich trug kurze Jeansshorts, allerdings nicht zu knapp. Ich hatte weder den Hintern dafür, noch die Ambition. Darüber trug ich ein Spaghettiträgertop, das von einem XL-Shirt verdeckt wurde und mir über die linke Schulter rutschte. Es war eines meiner Liebsten, weswegen es schon ziemlich verwaschen war. Irgendwann war es mal blau gewesen. Jetzt hatte es eine merkwürdige Farbe zwischen grau und blau angenommen. Das Wichtigste war aber sowieso der Spruch darauf. Er stammte von Albert Einstein, meinem Lieblingsphysiker, und passte bei mir wie die Faust aufs Auge. Jedenfalls was die Ordnung anging.

Geniale Menschen sind selten ordentlich. Ordentliche selten genial.

Es war ein Geschenk von Paps zu Weihnachten gewesen. Vor Ewigkeiten. Schon allein deswegen würde ich es niemals wegschmeißen können. Nur meine Haare hatte ich wieder in unordentlich geflochtene Zöpfe gebracht. Ich hasste meine Haare und konnte absolut gar nichts mit ihnen anfangen. Sie waren dunkelbraun und lockig, wodurch sie schwer zu bändigen waren. Leider aber nicht so lockig, dass es schon wieder niedlich gewesen wäre. Nein, es war irgendwas dazwischen, womit kein Mensch etwas anfangen konnte. Einzelne Strähnen lösten sich immer daraus und kräuselten sich.

Ich zuckte bloß mit den Schultern. Es gab nichts an mir auszusetzen, wie ich fand.

»Ich weiß nicht was du meinst. So lauf ich immer rum.« Ich schnappte mir meine Limo und sah zu Summer hinüber, die wieder einmal mit den Augen rollte. Logan halt, wollte sie mir sagen.

»Und was soll der Spruch darauf?« Logan gab einfach keine Ruhe. Ich schloss die Augen und versuchte mich zu sammeln.

»Was passt dir an dem Spruch nicht?« Ich sah ihn an und traf dabei direkt dem Blick seiner schönen grauen Augen.

»Ist das nicht ein bisschen überheblich?«, fragte er und hob skeptisch eine Augenbraue in die Höhe.

»Ich wüsste nicht, was daran überheblich sein sollte. Er ist von Einstein, meinem Lieblingsphysiker.« Summer fing an, unser Geschirr zusammen zu räumen und ignorierte unsere Auseinandersetzung. Logan war aber anscheinend immer noch nicht fertig. Worauf wollte er bloß hinaus?

»Und damit lernst du Kerle kennen?«

Jetzt war ich sauer. Was dachte sich dieser Surferboy eigentlich? Empört verschränkte ich die Arme vor der Brust.

»Hör mal zu Surferboy«, sagte ich und ignorierte seinen amüsierten Blick bei meinem Ausdruck. »Ob ich damit Kerle kennenlerne geht dich gar nichts an …«

»Also nicht«, unterbrach er mich und ließ mich gleichzeitig rot anlaufen. Aber ich fuhr unbeirrt fort.

»… und außerdem hat mir mein Paps das T-Shirt geschenkt.«

»Ja, dein Paps hat dich auch immer mein kleiner Stern genannt. Es ist also nicht gerade das beste Argument.«

Summer, die gerade das Geschirr in die Spülmaschine räumte, sog hörbar die Luft ein.

»Logan«, fauchte sie.

Da war er plötzlich wieder. Dieser mächtige Klumpen aus Eis, der anstelle meines Herzens in meiner Brust schlug und den ich während des Essens nur ganz schwach wahrgenommen hatte. Alles zog sich in mir zusammen und das Atmen fiel mir schwer. Die Herzenskälte breitete sich aus und kroch in jeden Winkel meines Körpers.

Mein kleiner Stern.

Nur mein Paps hatte mich so genannt und niemand anders würde mich so nennen. Niemals wieder.

Betäubt schob ich meinen Teller zurück und stand auf. Tränen versperrten mir die Sicht und ich sah schnell zu Boden. Ich wollte nicht, das Logan oder Summer sie sahen.

»Ich bin satt«, flüsterte ich. »Ich geh noch mal kurz frische Luft schnappen.«

»Cassie warte!«, rief Summer mir noch hinterher, aber ich hatte der Küche bereits den Rücken gekehrt. Ich wollte ihre entsetzten Mienen nicht sehen. Ich wollte diese Kälte nicht spüren.

»Verdammt Logan. Kannst du nicht einmal kein Trampel sein?« Ich hörte, wie ein Stuhl grob zurückgeschoben wurde und Logan zu einer Erwiderung ansetzte.

»Ach jetzt komm …«

Ich trat aus der Haustür und die Stimmen verstummten. Es dämmerte bereits und vom Meer her wehte eine salzige Brise, die meine Tränen mit sich nahmen und mein Gesicht trockneten. Ohne dass ich groß darüber nachdachte, schlugen meine Füße den Weg zum Strand ein. Der Sand knirschte weich unter meinen Flipflops. Unaufhaltsam liefen mir die Tränen übers Gesicht und tiefe Schluchzer bahnten sich nach oben.

Es schmerzte. Alles schmerzte.

Ich fing an zu laufen, was auf dem weichen Sand nicht gerade leicht war, und blieb erst stehen, als ich die Spitze der Düne erreicht hatte. Oben blieb ich stehen. Der Wind zerrte an meinem Shirt, aber es störte mich nicht. Mein tränenverhangener Blick ruhte auf dem dunklen Meer, dessen Wellen ein ums andere Mal brachen und am Strand in kleinen Ausläufern zur Ruhe kamen. Die Sonne hing wie eine unheilverkündende Botschaft über dem Wasser. Rot und schwer. Langsam lief ich die Düne hinab und ging auf das Wasser zu.

In sicherer Entfernung vom Wasser ließ ich mich in den Sand fallen, der noch erstaunlich warm war. Ich griff nach den feinen Körnern und ließ sie durch meine Hand rieseln.

Warum war ich nur an den Strand gegangen?

Erinnerungen blitzten vor meinem inneren Auge auf und der Schmerz und die Kälte in meiner Brust schienen mich zu erdrücken. Sie nahmen mich vollkommen ein und ließen keinen Raum für irgendetwas anderes.

Hier, an diesem Strand, hatte mein Paps mir das Schwimmen beigebracht, hatte mit mir die abenteuerlichsten Sandburgen gebaut und zusammen mit Mom und mir am Lagefeuer gesungen und hinauf in die Sterne gesehen.

Ich fühlte mich so unendlich klein und verletzlich. Schniefend zog ich die Beine an und bettete meinen Kopf auf die Knie. Ich wollte nichts mehr sehen. Einzig das Rauschen des Meeres übertönte meine Schluchzer, die immer rauer wurden.

Wie hatte ich auch nur annehmen können, einen ganzen Sommer an dem Ort zu verbringen, mit dem ich so viele schöne Erinnerungen an Paps verband? Warum hatte ich Mom nicht einmal widersprochen?

Ich wusste nicht wie lange ich reglos im Sand saß und stumm vor mich hin weinte. Mein Zeitgefühl war wie vom Winde verweht. Irgendwann ließ sich jemand neben mich in den Sand fallen und warf mir eine Jacke über die Schultern.

Ich schreckte hoch und blinzelte durch den Tränenschleier, um etwas zu erkennen. Es war schon dunkel. Eine große Gestalt saß neben mir, die einzig vom Licht einer Taschenlampe erhellt wurde. Ein herber Duft nach Meer und etwas Süßem ging von der Jacke aus, die ich instinktiv enger um meine Schultern zog. Erst jetzt fiel mir auf, wie kalt mir eigentlich war und wie steif sich meine Glieder anfühlten.

Logan sah mich stumm an. Er sagte kein einziges Wort, aber sein Blick war so ernst, wie ich es noch nie bei ihm gesehen hatte. Mir fehlte die Kraft, mit ihm zu streiten und ihn von mir zu stoßen.

Ohne lange zu überlegen streckte er einen Arm nach mir aus und zog mich an sich. Erschöpft ließ ich meinen Kopf gegen seine breite Brust sinken und genoss für den Moment die Wärme und die Geborgenheit, die sein starker Körper ausstrahlte. Immer wieder fielen mir die Augen zu und mein Kopf sackte mehr und mehr nach unten. Erschöpft vom vielen Weinen. Leise flüsterte das Rauschen des Meeres auf mich ein und ließ mich in einen Dämmerzustand gleiten.

Logan seufzte. In einer einzigen fließenden Bewegung stand er auf und schaffte es gleichzeitig, mich auf seine Arme zu heben. Ich nuschelte etwas Unverständliches, als er mich über den Strand zurück zum Haus brachte. Ich hielt die Augen geschlossen. Es war einfach zu anstrengend, etwas zu sehen. Mein Körper fühlte sich leer und ausgelaugt an.

Ohne Umschweife brachte mich Logan ins Haus und hoch in mein Zimmer. Vorsichtig legte er mich aufs Bett und meine Lider flatterten kurz auf. Ich sah, dass er mich von der Bettkante aus traurig beobachtete. Ich rollte mich zusammen wie ein Embryo, um der Leere in mir zu entgehen.

»Danke«, flüsterte ich mit rauer Stimme. Logan lachte hohl und fuhr sich durch seine blonden Haare.

»Ach Cassie«, flüsterte er mit seiner warmen tiefen Stimme, die mich augenblicklich wieder die Augen schließen ließ. Ich wollte mich von diesem Klang in den Schlaf gleiten lassen.

Ich spürte, dass er sich über mich beugte und konnte seinen warmen Atem auf meiner Wange spüren. Oder träumte ich schon?

»Du brauchst dich nicht zu bedanken.«

Ich träumte. Denn was ich spürte, konnte nur ein Traum sein. Weiche Lippen legten sich auf meine und ich schmeckte Erdbeermarmelade und Meer. Für einen kurzen Moment wich die Herzenskälte zurück. Dann waren diese weichen Lippen verschwunden. Zurück blieb nur meine Herzenskälte und ich fiel in eine traumlose Schwärze.

 

Kapitel 3

Sommerchallenge

Vignette

Der nächste Morgen kam für meinen Geschmack viel zu früh. Geweckt wurde ich von einer lautstarken Auseinandersetzung, die aus der Küche zu mir nach oben drang. Grummelnd zog ich mein Kissen über den Kopf, was aber kaum half. Logans Stimme durchdrang das ganze Haus.

»Ach dann ist alles wieder meine Schuld?«, schrie er und ich konnte deutlich hören, wie wütend er war. Eine zarte Frauenstimme antwortete ihm, aber sie sprach so ruhig, dass ich sie nicht verstand.

»Wisst ihr was? Ich bin weg.« Im selben Moment knallte eine Tür. Jetzt konnte ich Summers Stimme erkennen, die beruhigend auf die andere Person, die Jane sein musste, einredete. Seufzend warf ich das Kissen zur Seite und stand auf. Jetzt war an Schlaf eh nicht mehr zu denken. Mit brummendem Kopf suchte ich mir meine Sachen zusammen und huschte schnell rüber ins Bad, um mich frisch zu machen.

Den Blick in den Spiegel hätte ich mir lieber erspart. Meine Augen waren ganz dick geschwollen vom vielen Weinen und dunkle Augenringe ließen mich wie einen Zombie aussehen. Stöhnend drehte ich den Wasserhahn auf und schlug mir kaltes Wasser ins Gesicht, das mich sofort erfrischte. Ich schälte mich aus meinem Sternchen-Schlafanzug, noch ein süßes Geschenk von Mom, und Schlüpfte in meine Klamotten. Ein frisches Shirt, diesmal in rot mit einem anderen Aufdruck.

Alles ist relativ.

Nachdem ich meine Zöpfe gerichtet hatte, warf ich noch einen prüfenden Blick in den Spiegel.

Jeder würde sehen, dass ich die ganze Nacht geheult hatte. Mein Blick fiel auf meine Lippen und wie von selbst legten sich meine Finger darauf. Vorsichtig fuhr ich die Lippen entlang.

Was war das nur gestern Nacht gewesen? Hatte ich den Kuss geträumt? Gott, wahrscheinlich hatte ich mir tatsächlich einen Sonnenstich eingefangen. Aber warum konnte ich dann noch immer so deutlich den Geschmack von seinen Lippen schmecken. Erdbeeren und Meer.

Energisch schüttelte ich den Kopf. Schluss jetzt damit. Kein. Surferboy. Für. Cassie.

Mit diesem Vorsatz beschloss ich, mich in die Küche zu wagen.

***

Es duftete nach Kaffee und frischem Toast. Mein Magen knurrte. Summer löffelte lustlos ihr Müsli und war mit ihrem Handy beschäftigt, als ich mich neben ihr am Tresen niederließ. Heute hatte sie ihre Vorliebe für Lila etwas dezenter gestaltet. Einzig ihre knappen Shorts waren in diesem knalligen Ton. Jane bemerkte mich sofort und kam auf mich zu.

»Cassiopeia! Lass dich ansehen.«

Ich stand auf und ließ mich von ihr in den Arm nehmen. Lächelnd sah sie mir dann ins Gesicht und strich mir zärtlich eine Strähne zurück. Jane sah müder aus, als auf dem Foto, das Mom mir gezeigt hatte, aber ansonsten war sie noch genauso schön wie eh und je.

»Hallo, Jane«, sagte ich und lächelte zurück. Ich ignorierte, dass sie mich bei meinem vollen Namen nannte. In all den Jahren, die wir uns nun kannten, hatte ich Jane nie davon überzeugen können, mich einfach nur Cassie zu nennen.

Sie drückte mich sanft auf meinen Stuhl zurück und wuselte gleich darauf in der Küche herum, kramte Toast und Aufschnitt hervor und stellte mir alles hin.

»Hey.«

Summer stupste mich vorsichtig mit dem Knie an und sah mir besorgt in die Augen.

»Selber hey.«

Ich lächelte weiter, um ihr zu verstehen zu geben, dass soweit alles okay war. Sie musterte mich aus ihren großen blauen Augen, sagte aber nichts.

Meinen Toast bestrich ich wieder großzügig mit der heißgeliebten Erdbeermarmelade und nahm dann einen großen Schluck Kaffee. Jane saß mir gegenüber und sah mir strahlend beim Frühstücken zu.

»Mom, nun starr Cassie doch nicht so an«, sagte Summer und legte endlich ihr Handy zur Seite. Jane sah sie fragend an.

»Aber das mache ich doch gar nicht. Ich hab Cassiopeia nur so lange nicht gesehen und sie ist so erwachsen geworden.« Jane seufzte theatralisch und Summer und ich grinsten uns breit an.

Mütter.

»Summer hat mir schon erzählt, dass du die Busfahrt gut überstanden hast. Wie war deine erste Nacht bei uns?«