Was mich im Dunkeln trägt

LUCIE PANZER

Was mich im
Dunkeln trägt

Abendgedanken für eine gute Nacht

INHALT

Vorwort

  1    Heimat

  2    Für andere da sein

  3    Gute Worte

  4    Erinnerungen nutzen

  5    Schätze, die bleiben

  6    Beten

  7    Beherzt handeln

  8    Gelassen bleiben

  9    Chancen des Alters

10    Engel? …?

11    Gottvertrauen

VORWORT

Abends, um drei Minuten vor sieben, gibt es im Radioprogramm SWR 4 die Abendgedanken. Diese Sendereihe liegt mir inzwischen besonders am Herzen, denn ich merke: Abends, wenn es ruhiger wird, braucht man jemanden, der einem gut zuredet. Ich meine das ganz wörtlich und ganz positiv. Ich jedenfalls brauche dann jemanden, der mir etwas Gutes sagt. Jemanden, der mir sagt, was mir gut tut. Das hilft mir, loszulassen, was mir noch keine Ruhe lässt.

Manchmal ist das der Mensch, der sich freut, dass ich endlich nach Hause komme. Manchmal ist eine Postkarte mit herzlichen Grüßen da, manchmal eine E-Mail von einem Freund oder einer Freundin. Dann kann ich wieder spüren, wie gut es Gott mit mir meint. Die Anspannung des Tages lässt nach. Ich kann mich ent-spannen.

Eine andere Stimme. Jemand, der mir gut zuredet. Genau so sind auch die Abendgedanken im Radio gemeint. Sie sollen die Zuhörer auf andere, neue Gedanken bringen. Die Abendgedanken sollen aufmerksam machen auf Gott, der den ganzen Tag über mit mir gegangen ist, den ich aber im Stimmengewirr des Tages oft nicht spüren kann, geschweige denn hören. Und sehen kann ich ihn schon gar nicht. Da geht es mir nicht anders als vielen Hörerinnen und Hörern auch. Deshalb braucht man jemanden, der einen aufmerksam macht, am besten am Abend, wenn es schon ruhiger wird.

Wie das ist, habe ich vor einer Weile bei einer vogelkundlichen Wanderung gelernt. Das war zwar nicht am Abend, sondern am frühen Morgen in einem Urlaub, als ich Zeit dafür hatte. Schon bald konnte man aus dem verwirrenden Gezwitscher Amseln heraushören und Tauben, Kohlmeisen, Goldammern und Grünfinken. Allerdings, habe ich gemerkt: ohne Anleitung wäre mir das nicht gelungen. Erst als der Führer uns aufmerksam gemacht hat, konnten wir einzelne Vogelstimmen heraushören. Das ist nun schon eine Weile her und ich fürchte, inzwischen könnte ich es nicht mehr. Ich habe die Einzelheiten schon wieder vergessen. Hören muss man üben. Erst, wenn man genau hinhört merkt man, wie vielfältig das Leben ist und kann die Stimmen unterscheiden.

Höret, dann werdet ihr leben! Das hat in biblischer Zeit der Prophet Jesaja seinen Leuten empfohlen (Jes 55,3). Er hat nicht die Vögel gemeint, auch nicht Musik, er hat Gott gemeint. Auf den sollen die Leute hören, auf seinen Rat. An seinen Weisungen sollen sie sich orientieren, von ihm sich trösten und ermutigen lassen. „Dann werdet ihr leben“. Dann kann man leichter das tragen, was einen drückt und zuversichtlich leben, würde ich vielleicht heute sagen.

Aber wie soll das gehen, kann man natürlich fragen, mit mir hat Gott noch nie gesprochen.

Ich glaube das, ehrlich gesagt nicht. Meine Erfahrung ist eher, dass ich Gott oft nicht heraushöre aus dem alltäglichen Stimmengewirr. Man muss nämlich aufmerksam hinhören. Und das kann man üben, genau wie bei der Vogelwanderung. Manchmal nämlich höre Gott, wenn ich meine Zeitung lese und etwas darin finde, was mir Mut macht oder etwas, das mich erschreckt und aufrüttelt. Oder wenn ich mit Freunden rede oder mit Kollegen. Plötzlich höre ich etwas, dass mir weiter hilft. Genau da, wo ich es brauche. Plötzlich ist die Idee da, die ich so lange gesucht habe. Auf einmal begreife ich, dass ich mir ganz unnötig Sorgen gemacht habe und schon längst jemand da ist, der mir helfen kann. Hinterher scheint mir oft – da habe ich Gott gehört.

So eine Hörübung auf Gott wollen die Abendgedanken sein. Manchmal vielleicht auch ein Hinweis, eine Anleitung: Erinnere dich! Schau doch mal! Man kann das auch anders sehen, was dir so viel Sorgen macht!

In diesem Buch sind solche Abendgedanken gesammelt, die zum Hören anleiten möchten. Sie gehen aus von der Erfahrung, dass man mitten im Alltag Gottes Stimme hören und seine Nähe spüren kann – wenn man sich ein paar Minuten Zeit nimmt und aufmerksam die Ohren spitzt. Vielleicht hilft es auch, ab und zu ein bisschen in diesem Büchlein zu blättern.

Ich hoffe, Sie finden etwas, dass Ihnen gut tut!

Stuttgart, im September 2011

Lucie Panzer