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epub 033 Aus Bickenbachs und dessen
Umgebung vergangenen Tagen
Erscheinungstermin: 01.10.2016

© Saphir im Stahl
Verlag Erik Schreiber
An der Laut 14
64404 Bickenbach

www.saphir-im-stahl.de

Titelbild: Foto
Lektorat: Saphir im Stahl

Vertrieb: bookwire

ISBN: 978-3-943-948-67-7

Aus

Bickenbachs

und dessen Umgebung
vergangenen Tagen

Festschrift
zur Jahrhundertfeier der Kirche
und Orgelweihe

von

Pfarrer Ludwig Göhrs

Saphir im Stahl

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Vorwort

Liebe Leser,

als ich vor wenigen Jahren während eines Hofflohmarktes hier in Bickenbach auf das Büchlein stieß, „Aus Bickenbachs und dessen Umgebung vergangenen Tagen“, war ich sehr interessiert. Das Büchlein stammte aus dem Jahr 1909 und beschreibt in kurzen Kapiteln Teile der Vergangenheit von Bickenbach. An historischen Darstellungen über Bickenbach fehlt es wirklich nicht. Im Gemeindemuseum im Kolbschen Haus kann man ein sehr interessantes Buch über Bickenbach erwerben. Man darf auch nicht behaupten, die Leser unserer Tage sei an Geschichte nicht interessiert, aber wenn man nicht weiß, woher man Informationen beziehen soll und mit den Jahren vieles in Vergessenheit gerät, bietet der vorliegenden Ban einen kleinen Einblick.

Mit dem vorliegenden Nachdruck leiste ich aus der Sicht eines interessierten Laien meinen Beitrag. Mir geht es nicht darum, Geschichte zu schreiben, das können andere besser als ich. Mit diesem Nachdruck möchte ich sie an der Geschichte Bickenbachs teilhaben lassen. Dabei hoffe ich, auch im Sinne des eigentlichen Autors, Herrn Pfarrer Ludwig Göhrs zu handeln.

Aus

Bickenbachs

und dessen Umgebung
vergangenen Tagen

In alten Papieren erforscht
und der Gemeinde zur Jahrhundertfeier
der Kirche
Dargeboten

von
Ludwig Göhrs,
derzeitiger Pfarrer daselbst.

Mit sieben Abbildungen.

Preis 80 Pfg.

1909

Inhalt

Vorrede

Das Schloss Bikenbach

Die alte Burg Bickenbatch

Das Schloß Bickenbatch

Das Dorf Bickenbatch

Das Kirchspiel Bickenbatch

Die Kirche

Die Orgel

Die Glocken

Der Kirchhof

Das Pfarrhaus

Das Rathaus

Die Schule zu Bikenbatch

Verzeichnis der Schulmeister zu Bickenbatch

Das ehemalige Herrenhaus

Das ehemalige Hofgut

Was die Kirchenbücher uns noch berichten?

Vorrede

In der unfreiwilligen Musse, welche mir im vergangenen Winter schwere Herzerkrankung auferlegte, reifte in mir der Gedanke, meiner Gemeinde, wie früher bei ähnlicher Veranlassung ein Weihnachtsfestspiel1, so jetzt einige Bilder aus der Vergangenheit des Ortes und seiner Umgehung vorzuführen. Angeregt durch die fleissig angelegte Ortschronik meines Vorgängers, des Kirchenrates Dornseiff, fand ich in den durch Grossh. Oberkonsistorium zu Darmstadt, Grossh. Kreisamt Bensheim und Grossh. Haus- und Staatsarchiv mir freundlichst zur Einsicht gewährten Akten viel Neues, was auf vergangene Zeiten ein neues Licht warf. Manches war noch in lebendiger Erinnerung bei älteren Leuten des Ortes geblieben, drohte aber mit ihnen auszusterben. Allen, die mich bei meiner angestrengten Arbeit unterstützt haben, insbesondere Herrn Pfarrer D. Diehl und den Herren vom Denkmalsarchiv, Herrn Prof. Kautzsch und Architekt Blaum zu Darmstadt spreche ich meinen verbindlichsten Dank aus.

Möge das anspruchslose Büchlein eine freundliche Aufnahme finden, besonders in der Darmstadt Gemeinde, welche am 2. Pfingsttage dieses Jahres die hundertjährige Wiederkehr der Einweihung ihrer jetzigen Kirche und zugleich eine Orgelweihe begehen wird. Möge es den Blick auf das geschichtlich Gewordene schärfen und die Anhänglichkeit an die Heimat und an das von den Vätern Ererbte stärken und auf die Nachkommen verpflanzen helfen,

Bickenbach, Ostern 1909.

Ludwig Göhrs.

1 *) Im Verlag der Hofbuchhandlung Johs. Waitz.
Darmstadt

Das Schloss Bikenbach

Die alte Burg Bickenbatch

Das Geschlecht der Herren von Bickenbach reicht weit zurück in eine Zeit, über welche die Nachrichten fehlen. Der Erste, welcher nachzuweisen ist, hieß Conrad. Sein Name erscheint aber anfangs in den Urkunden stets im Verein mit dem eines Grafen Berthold von Lindenfels, welcher Vogt des berühmten und sehr reichen Klosters Lorsch im alten Oberrheingau war. In der ältesten dieser Urkunden vom Jahr 1122, durch welche Kaiser Heinrich IV. einen zu Wiesbaden gehörigen Wald verschenkt, kommt Conrad noch ohne die Bezeichnung „von Bickenbach” vor, wohl aber mit dem Zusatz nepos (Enkel). Im Jahr 1130 nennt er sich in zwei Urkunden mit Berthold von Lindenfels zusammen „Conrad von Bickenbach”. In demselben Jahr 1130 war auch dieser Berthold von Lindenfels bei der Einweihung der von Conrad in der Burg Bickenbach errichteten Kapelle zugegen.

Daraus dürfte zu schließen sein, daß Mechthild, die zweite Tochter des oben genannten Grafen Berthold von Henneberg und Lindenfels einen jetzt unbekannten Herrn geheiratet hat, welcher wahrscheinlich der Vater des in den Lorscher Urkunden (als Untenvogt in Gernsheim) genannten Conrad I. von Bickenbach ist. Diesen Conrad I. hat sich also nach dem Dorf Bickenbach genannt und wahrscheinlich die Burg erbaut, in welcher 1130 eine Burgkapelle eingeweiht worden ist.

Wo lag diese Burg? In der Gemarkung Hähnlein, an dem aus der Ebene vereinzelt und kegelförmig sich erhebenden Weilerhügel, ½ Stunde westlich vom Dorf Bickenbach. Im Volksmund heißt jene Stelle noch jetzt „die alte Burg”, nach einem Weistum von 1516 „Alt-Bickenbach”. Dort an jenem Hügel südwestlich liegt noch eine geringere Erhebung, von einem allerdings jetzt flachen, aber noch erkennbaren Graben umzogen, wie ein solcher auch den Hügel umgibt. Wo beide sich berühren, zeigt sich ein schmälerer Graben. Schon im Jahr 1836 waren beim Ebnen der Wiese im Graben etwa 70 kleinen Hufeisen, dann Sporen, Schnallen und Pfeilspitzen gefunden worden. Später noch mehrere altertümliche Schlüssel, eine kleine Zange, Messer, Nägel, Geschirre von Ton usw. Bei weiteren Nachgrabungen durch den Historischen Verein im Jahr 1876 fand Frhr. Dr. Schenck von Schweinsberg auf dem ebenen Gang unterhalb der Böschung des Hügels und oberhalb des Grabens Überreste, z. B. einen Deckstein eines romanischen Doppelfensters und auf dem anstoßenden Acker viele Mauerfundamente, besonders solche, welche auf eine frühere Ringmauer längs des umgebenden Grabens schließen ließen. Ferner Brandschutt, woraus zu entnehmen ist, daß die Stätte einst durch Feuer zerstört worden ist. Zahlreiche Gegenstände von mittelalterlichem Ursprung fanden sich hier, nämlich eine Unmasse von Tonscherben und Schiefer- und Ziegelstücken, Pfeilspitzen, Bruchstücke von Beschlägen aus Kupfer pp. Auch zwischen dem Acker und Hügel Ähnliches, darunter ein großer Schlüssel, eine Rustikaquader u. a. Auch Gegenstände von römischer Herkunft wurden gefunden. Auf einem etwa 6 Morgen großen anstoßenden Gelände, welches ein noch damals erkennbarer Graben umschließt, wurden die Spuren von ländlichen und landwirtschaftlichen Ansiedelungen aufgedeckt, wie solche vor römischen Kastellen und mittelalterlichen Burgen sich befanden. Kein Zweifel, hier auf diesem hervorragenden Hügel, den wahrscheinlich einst ein hölzerner Wartturm gekrönt hat, und auf dem südwestlich anstoßenden Gelände war einst eine römische Niederlassung und dann im Mittelalter eine befestigte Burg mit vielen noch außerhalb liegenden Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, also die alte Burg, zu welcher der freie Herr Conrad von Bickenbach im Jahr 1186 eine Kapelle stiftete. Die Pfründe des Burgkaplans bestand aus dem Zehenden vom Herrenland in der Gemarkung Alsbach, aus einem Wohnsitz in der Burg und einer außerhalb gelegenen halben Hufe und zwei Leibeigenen. Noch heute hat eine 200 Schritte von dem äußeren Burggraben entfernte und etwa 24 Morgen große Gewann an dem von Alsbach nach der Burg führenden Weilersweg die Bezeichnung „In der Caplanei”.

Ueber die Einweihung jener Kapelle in Burg Bickenbach im Jahr 1130 liegt noch eine ausführliche Urkunde vor. Sie beginnt also:

„Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1130 in der achten Zinszahl den 30. November unter Regierung Lotharius, des dritten römischen Königs. Gott gebe glücklich. Amen.”

In dieser Urkunde wird von Erzbischof Adalbert von Mainz allen „gegenwärtigen und zukünftigen Christgläubigen” kundgetan, dass er „auf Ansuchen unseres getreuen Conrad von Bickenbach durch den Straßburger Bischof Bruno die in vorgedachter Veste Bickenbach gelegene und von obgenanntem Conrad gestiftete Kapelle zu Ehren Jesu Christi und des heil. Apostels Bartholomäus habe einweihen lassen, mit dem Verfügen, daß in selbiger zu gehöriger Zeit, das ist Ostern und an Pfingsten, ohne jemandes Widerspruch soll mögen getauft werden.”

Unterschrieben ist diese Urkunde von den Zeugen der Einweihung, nämlich den vier Bischöfen Bucco zu Worms, Conrad zu Chur, Ulrich zu Costnitz und Bruno von Straßburg, ferner von Dimo, Abt zu Lorsch, Heinrich, Erzdiakon und Propst zu St. Viktor, Stefan, Erzpriester und Pfarrer zu Bickenbach, dann Gottfried, Pfalzgraf, Berthold, Graf von Lindenfels, Gerhard, Graf und Semperfrei, Heinrich von Berebach, Dammo und Sibodo von Bucho, Heinrich von Katzenellenbogen, Conrad genannt Sporun und vielen anderen.

Aus diesen Unterschriften kann man, zumal wenn man bedenkt, wie schwierig damals eine Reise von Straßburg oder gar von Chur und Costnitz gewesen ist, ersehen, in wie hohem Ansehen zu jener Zeit die Herren von Bickenbach gestanden haben, da außer dem Stellvertreter des Erzbischofs von Mainz auch ein Pfalzgraf zugegen war. Ohne dem war schon die Erzbischöfliche Erlaubnis, dass in der Burgkapelle auch getauft werden dürfe, eine besondere Vergünstigung, da das sonst nur in Pfarrkirchen gestattet war. Ebenso beweist das ist der Urkunde beigefügte Verzeichnis der in der Kapelle aufbewahrten Reliquien, dass diese Burgkapelle und ihre Besitzer vor anderen ausgezeichnet waren. „Es sind in dieser Capelle verwahrlich beigelegt die Pfande oder Überbleibsel des heiligen Bartholomäus, Bineentius des Märtyrers, Sixtus, Lambertus, Oswaldus, Nikolaus, Beatus und Maximus, Hilarius, von der Jungfrau Gutha, den heiligen elftausen Jungfrauen, vom Grabe des Herrn.” Auch zeigt der Beiname Conrads als „unsers Getreuen”, dass dieser Herr von Bickenbach schon damals des Kapitels zu Mainz Lehensträger oder Vasall gewesen ist.

Wie sich diese Reliquienschatz vermehrt hat, zeigt eine spätere Urkunde: „Bickenbach die Edelherrschafft nach Ußwysung viel alter Brieff und die Geschrifft ist der elteste Stamm eyner der in dem Stifft zu Mayntz ist, sie haben auch großen Blyß, Ernst und Andacht gehabt zu den Göttlichen Dienst Zierung der Capellen in dem Schloß zu Bickenbach, als ußwiset das köstlich mannigfaltig Heiligthum, dass sie gestellt haben in die obengenannte Capelle das da behalten ist in den zwey Altaren und drey Tabernackeln in derselben Capellen.” Und nun folgt die Aufzählung der Reliquien, deren 88 in dem ersten Tabernackel, 68 „in dem andern Tabernackel dem Mittel” und 9 in dem „mindesten Tabernackel” aufbewahrt seien. Dabei mag bemerkt werden, dass als 1. Reliquie genannt ist „von den heiligen Aposteln Simon und Juda.” (Vielleicht daher der Gebrauch, die Bickenbacher Kirchweihe auf den Tag Simon und Judä (28.Okt.) oder den darauffolgenden Sonntag zu halten.) Unter diesen Reliquien sind einige höchst merkwürdige wie: „von dem Eyß, da Christus war geboren”, „von dem Stein, da das heil. Kreutz in stand”, „von dem Kleid unseres Herrn Christi”, „von dem heiligen Grab”, „von unserer Frauen (Maria) Rock”, „von unserer Frauen Sarck”, „von St. Johannis des Täufers Haupt”, „vom Schweißtuch Christi”, „von unserer Frauen Milch” usw.

Wann diese alte Burg verlassen oder zerstört worden ist, wird wohl nie bekannt werden. Die Brandspuren lassen vermuten, daß sie in den Fehden, welche Kurmainz und Kurpfalz um den Besitz des reichen Klosters Lorsch geführt haben, also um das Jahr 1200 oder etwas später zu Grunde gegangen ist.

Das Schloß Bickenbatch,

gewöhnlich das Alsbacher Schloß genannt, wird schon 1265 erwähnt. Es ist nur zu begreiflich, daß das mächtige Herrengeschlecht von Bickenbach, nachdem es seine alte Burg verloren hatte, alsbald daran dachte, sich einen neuen und festeren Wohnsitz zu erbauen. Dies geschah nun auf denn Vorsprung des Berges, welcher heute noch die Ruine des einst stolzen und sehr festen Schlosses trägt. Sie zeigt uns folgendes Bild: Der Burggraben ist, um es gegen den Bergrücken zu schützen, breit und tief, in Fels gehauen gewesen. Das Tor von Westen führte über eine Brücke zunächst in den Zwinger, welcher die Burg in verschiedener Breite nach allen Seiten hin umgibt und nach der Südseite mit einer starken Mauer und 2 runden Halbtürmen bewehrt ist. Dicht am inneren Burgtor steht noch heute der runde Bergfrit mit 13 - 14 Fuß dicken Mauern. In Leiterhöhe war und ist noch jetzt der Eingang, durch welchen man auf die zinnengekrönte Plattform gelangt, welche 274 Meter über dem Meer liegt. Gleicher Erde ist in den Turm später ein Eingang zu dem früheren Burgverließ gebrochen worden. Der Innenraum der Burg muß einst mit vielen Gebäuden besetzt gewesene sein. Denn wegen der in der Familie Bickenbach gebräuchlichen Erbverteilung kamen bald viele Herrschaften in den Mitbesitz der Burg; man hieß sie Ganerben (d. i. Miterben), und jedem Geschlecht wurde ausdrücklich ein Platz angewiesen, wo es sich eine Wohnung auferbauen durfte. Besonders die Herren von Cronberg waren beteiligt, auch der Erzbischof und Kurfürst von Mainz, Graf von Rieneck, Schenk von Erbach u. A. Aehnlich war es mit der nahegelegenen Burg Tannenberg, welche zuerst 1263 erwähnt wird und im 14. Jahrhundert sogar 20 Ganerben besaß. Hier waren es meist raub und fehdesüchtige Adlige, bis dieses Raubnest im Jahre 1399 trotz seiner tapferen Verteidigung durch Hartmut den Jüngeren von Cronberg und seinen 56 streitbaren Mannen am 21. Juli erstürmt und in einen Schutthaufen verwandelt wurde. Die Einkünfte des Burgcaplans wurden später nach Fürstenau gezogen; das Amt Tannenberg aber wurde nach Seeheim verlegt und wurde 1714 hessisch.

Ebenso frühem Untergang fand das Schloß Darsberg oder Daxberg, gewöhnlich Burg Jossa genannt, weil die Herren von Jazza, (auch von Gaza, aus dem Joftgrunde bei Saalmünster stammend und mit den Bickenbachern und Tannenbergern verwandt) es im Jahre 1310 erbaut hatten. Dieses Schloß, welches nicht groß gewesen sein kann, kauften die Schenken von Erbach im Jahr 1346; von da an nicht mehr bewohnt, zerfiel es bald.

Auf das Schloß Bickenbach aber bezieht sich eine Urkunde, gegeben „zu Eltvil uff Dienstag vor St. Bartholomäus”, durch welche Conrad junior (d. i. der Jüngere) von Byckenbach im Jahr 1357 mit andern Edeln und Erzbischöfen einen „Burgfrieden errichtet genehm gehabt, gelöbt und bestätigt hat”; er sagt da, daß der Burgfrieden „sal geen und sin in unserm vorgenannten Hufe und Burge Byckenbach und umb daz Huß als verte und in den Termyn als hernach geschrieben steet. Zum ersten sal er geen an der Urbez Eckin und das Gescheit (die Scheidegrenze) daz die Cuingenberg Marcke (Zwingenberger Gemarkung) und die Marcke von Altzbach bit uf dit Urbisbach (Orbis) und die Urbisbach hin biß uf die obirste Strasse und die Strasse vor nacher Altzbach werts biß an daz Ertsel da der Nußbaum steet und die Strassen vor biz an die Kruße (Kreuz?) an dem Bycketebacher Wege und in an Altzbach, und die Strasse vor sich uß bit au die Stat, da die Hasilbach herin geet, und die Hasilbach oben uß mit an den Gescheit of die Eckin, da der Marck von Falkhusin (Balkhausen) anstosset und die Eckin uß bit an den Malschensteyn (Matchen, Melibokus) und den Malschensteyn her niedet bit widit (wider) uf die Urbis Eckin” zc. zc. Diese Grenzbeschreibung paßt, wie Jeder sieht, nicht auf die in der Rheingegend gelegene, sondern nur auf die hinter Alsbach errichtete zweite Burg, an der also nach den Unterschriften damals schon Teil hatten der Erzbischof Gerlach von Mainz, Graf von Wertheim, der mittelst einer Rieneckischen Tochter Ganerbe geworden war, Graf Bernhart von Eberstein, Schenk Eberhart von Erbach und seine eheliche Hausfrau Else von Catzenellenbogen und des Grafen Gerhart von Rieneck Frau Mene.

Es muß also damals (1357) schon die jetzt „Alsbacher Schloß” genannte Burg der gemeinsame Sitz der Obengenannten gewesene sein, wenn auch die Herren von Bickenbach den Hauptanteil hatten. Es durfte aber keiner dieser Ganerben nach eigenem Gefallen in der Burg sich eine Wohnung bauen, oder in schon gebauter etwas ändern ohne Zustimmung der übrigen. 1357 wurde z. B. dem obengenannten Grafen Gerhart von Rieneck von jenen übrigen zugestanden, eine Küche, doch nur in der Höhe von 34 Schuh und in Entfernung von 5 Schuh vom Turm der Veste zu errichten.

Auch über diese Burg, deren Entstehungszeit unbekannt ist, ging das Kriegswetter, wie über das Schloß von Tannenberg, aber weniger gewaltsam. Einer den Ganerben, Hermann Ulner von Dieburg hatte im Jahr 1463 in der Bergstraße Frankfurter Kaufleuten aufgelauert und sich dann mit seiner Beute in das Schloß Bickenbach zurückgezogen. Dafür wurde es durch den Frankfurter Hauptmann Haman Waldmann auf St. Lukastag (18. Oktober) erstürmt und in Brand gesteckt. Doch war das keine gründliche Zerstörung. Mit Hilfe der Ganerben wieder aufgebaut, wird es im Jahre 1488 beim Verkauf der noch übrigen Bickenbacher Güter an die Schenken von Erbach genannt. Nachher in der bayerischen Fehde nahm Landgraf Wilhelm II. von Hessen im Jahre 1504 aus den Händen des erbachischen Burghauptmanns Hans Gans den Schlüssel zur Burg an und erhielt sie in dem mit Erbach 1510 geschlossenen Vergleich zu dauerndem Besitz.

Unter Landgraf Philipp dem Großmütigen wurde Schloß Bickenbach von dem Amtmann des Amts Zwingenberg-Jägersburg bewohnt und diente auch dem aus Württemberg vertriebenen Herzog Ulrich eine Zeit lang als Zuflucht. Im dreißigjährigen Krieg war es von dem hessischen Kapitän Schaumont bewohnt. Seitdem ist das Schloß, ohne je gründlich zerstört worden zu sein, mehr und mehr zerfallen. Es hat das Aussterben seines ruhmvollen Herrengeschlechts (1497) überlebt und wird mit seinen festen Mauern noch lange Sturm und Kälte Trotz bieten.

Das Dorf Bickenbatch,

107 Meter über denn Meer gelegen, früher Bichumbach und Bigginbach geschrieben, ist sehr alt. Es kommt schon unter den Orten vor, welche im 8. und 9. Jahrhundert (der Zeit der karolingischen und sächsischen Kaiser) im Oberrheingau zwischen der Luitra (jetzt Winkelbach) und der Bach Mutdaha (Modau) lagen. Der Oberrheingau zwischen Rhein und Odenwald erstreckte sich auch noch weiter bis nach Fürth und Lichtenberg. In diesem Gebiet hatten die altfränkischen Kaiser und Könige zur Verwaltung und Beschützung ihres Eigentums Leute nötig, welchen sie ihr Land übergaben, teils zu eigentlichem Besitz, teils zu Lehen. So schenkte König Ludwig II. (Sohn von Lothar, Enkel Ludwigs des Frommen und Urenkel Karls des Großen) seine Besitzungen bei Seeheim und Bickenbach im Jahr 870 dem Kloster Lorsch, und dieses belehnte dann wieder die Herren, die sich nach letzterem Dorf oder ihrer alten Burg (am Weilerhügel) Herren von Bickenbach nannten, mit ihren Gütern. Es wird ein Herr von Bickenbach mit Namen Conrad 1130 erwähnt, welchem die Untervogtei Gernsheim übertragen war. Ober- oder Schirmvogt war damals Berthold II. von Lindenfels.