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Konrad Wiesendanger

ESM - Embodied Stress Management

Mit bewegter Achtsamkeit aus der Stressfalle

Dank

Ein Buch entsteht selten im Kopf des Autors allein. Unzählige Inspirationen, Gespräche und Ermutigungen haben mich beim Schreiben unterstützt. Namentlich erwähnen möchte ich meine Frau und Kollegin Franziska und danke ihr für das kritische Lesen des Manuskripts sowie für viele wertvolle Anregungen. Meiner Stieftochter Annouc danke ich für ihr Modell stehen, sitzen und liegen.

Konrad Wiesendanger

ESM
Embodied
Stress Management

Mit bewegter Achtsamkeit aus der Stressfalle

Die in diesem Buch und in den Audiofiles vorgestellten Übungen stellen für physisch und psychisch gesunde Menschen keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Sie ersetzen jedoch auf keinen Fall eventuell erforderliche professionelle medizinische oder psychologische Unterstützung. Eine Haftung wird von Autor und Verlag ausdrücklich ausgeschlossen. Die Anwendung des Embodied Stress Management (EMS) erfolgt auf eigene Verantwortung.

Impressum

© 2017 Konrad Wiesendanger, Luzern

Umschlaggestaltung, Illustrationen: Konrad Wiesendanger

Lektorat, Korrektorat: Susanne Spitzer, Gräfelfing

Verlag: Tredition, Hamburg

978-3-7345-3617-5 (Paperback)

978-3-7345-3618-2 (Hardcover)

978-3-7345-3619-9 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einführung

Wer braucht ESM?

Stress gehört zum Leben

Ein Blick auf Stress

Die Physiologie von Stress

Stress und das Gehirn

Achtsamkeit und Entschleunigung

Viele Wege führen zu Achtsamkeit

Feldenkrais, ein westlicher Weg

Embodiment und Bewegung

Der Wert der kleinen Bewegung

Grenzen und Unterschiede

Der Umgang mit Kontrast

Messkriterium Ästhetik

Was ist gefühlte Ästhetik?

Der Umgang mit dem Moment

Praxisteil

ESM-Embodied Stress Management

Wie Sie mit diesen Übungen umgehen

Von der Übung zum Micromove

Und wenn nichts mehr geht

Übung 0: Ein Blick nach innen

Übung 1: Die Leuchtturm-Hand

Micromove 1

Übung 2: Das Becken tanzt mit dem Kopf

Micromove 2

Übung 3: Der wendige Nacken

Micromove 3

Übung 4: Die neugierige Zunge

Micromove 4

Übung 5: Der lebendige Bauch

Micromove 5

Übung 6: Die freien Augen

Micromove 6

Übung 7: Die Quallenhand

Micromove 7

Übung 8: Das Pendel auf den Füßen

Micromove 8

Übung 9: Augen im Rücken

Micromove 9

Wie geht es weiter?

ESM Seminare

Micromoves zum Kopieren

Ihr Zugang zu den mp3-Audiodateien

Literatur

Autor

Vorwort

Stress bezeichnet alle Reaktionen eines Organismus auf spezifische äußere Reize. Im engeren Sinn verstehen wir darunter heute allerdings mehr die psychischen Stressoren wie Zeitdruck, Lärm oder unangenehme Kontakte mit Kunden/Mitarbeitern/Vorgesetzten sowie die dadurch entstehenden Belastungen.

Stress führt zur Ausschüttung von Hormonen wie Adrenalin oder Cortisol. Langfristige Überstimulierung ohne einen adäquaten regenerativen Ausgleich kann zu muskulären Anspannungen mit nachfolgenden Rückenschmerzen, Übergewicht, erhöhten Blutfetten, Blutzuckerspiegel und Bluthochdruck mit der Folge von Arteriosklerose bis zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen. Auch psychische Störungen, Depressionen und Burnout häufen sich in den letzten Jahren enorm.

Laut Gesundheitsberichtes der Bundesrepublik Deutschland machten solche psychische Störungen bereits 2012 5% aller Krankheitsfälle, aber sogar 10% aller Krankheitstage aus. Der wirtschaftliche Schaden wird mit über 200 Milliarden beziffert. Richtiger Umgang mit Stress kann daher für den Einzelnen die Lebensqualität massiv erhöhen, für den Betrieb eine deutliche Verbesserung der Produktivität und für die Volksgemeinschaft eine enorme Zunahme des Bruttoinlandsproduktes und eine verbesserte Situation der internationalen Konkurrenzsituation bedeuten.

Dieses Buch zeigt einzelnen Mitarbeitern Strategien und ganz konkrete, rasch umzusetzende Tipps auf, mit Stress besser umzugehen und die fatalen Folgen zu vermeiden. Betriebe, die ihren Mitarbeitern die Teilnahme an solchen Programmen ermöglichen, werden mit einem geringeren Krankenstand, zufriedeneren Mitarbeitern und damit einer verbesserten Marktpositionierung belohnt werden. Ich wünsche dem Buch weite Verbreitung und den Anwendern viel Erfolg!

Dr. Volker Schmiedel, M.A.

Volker Schmiedel ist Autor zahlreicher Gesundheitsratgeber wie »Burnout – wenn Arbeit, Alltag & Familie erschöpfen«, »Cholesterin – endlich Klartext«, »Natürlich Fisch – was Sie über Omega-3-Fettsäuren wirklich wissen müssen«, »Hausputz für Leber & Galle«, alle im TRIAS-Verlag. Kontakt: v.schmiedel@paramed.ch

Einführung

Stress ist nicht gleich Stress. In den 1980er und 90er Jahren arbeitete ich als Architekt und nahm Stress sehr unterschiedlich wahr. Wenn ich einen Architekturwettbewerb zum Abschluss brachte, bedeutete das lange Tage und Nächte am Zeichnungstisch, Zeitdruck und Perfektionsanspruch. Ich liebte diese Zeiten und den Druck. Im Alltag hingegen, bei der Betreuung von Bauvorhaben, im Kontakt mit Bauherren und Unternehmern, war ich nicht so absorbiert wie bei den Wettbewerben, doch ich empfand den Stress oft als belastend. Hohe Ansprüche, wenig Wertschätzung, Terminkonflikte und Auseinandersetzungen waren die Zutaten, die mir die Freude an der Arbeit trübten.

Es ist oft eine Stresserfahrung, die die
Selbstregulation des Menschen behindert.

1994 lernte ich die Feldenkrais-Methode kennen und erkannte schnell, dass ich meine Befindlichkeit im Job enorm verbessern konnte. Doch ich stellte auch fest, dass die neue Welt, die sich mir durch diese Wahrnehmungs- und Bewegungsmethode eröffnete, mir neue Chancen bot. Ich ließ mich zum Feldenkrais-Lehrer ausbilden und eröffnete meine eigene Feldenkrais-Praxis.

Ich blieb weiterhin an der Welt der Unternehmen interessiert und setzte meine Erfahrungen in Architektur und Bewegung in der Ergonomieberatung ein. Dabei fiel mir auf, dass viele Beschwerden am Arbeitsplatz zwar mit Körperhaltung und Mobiliar zu tun haben, doch dass es oft eine Stresserfahrung ist, die die Selbstregulation des Menschen behindert. Stress verhindert, dass selbst an einem gut eingerichteten Arbeitsplatz die Körperbelastung reduziert werden kann.

Und genau da setzte ich an. Mit Embodied Stress Management (ESM) habe ich eine Methode entwickelt, die es den Arbeitnehmenden erlaubt, sich am Arbeitsplatz, direkt während der Stresserfahrung, wahrzunehmen und den Zugang zu ihren körperlichen Ressourcen wiederherzustellen. Deshalb wird jede Übung von einem Micromove begleitet, einer diskreten, unsichtbaren Bewegung, die jederzeit und überall ausgeführt werden und einer unangenehmen Stresserfahrung die Spitze brechen kann.

Wer braucht ESM?

Die Statistiken zeigen, dass immer mehr Menschen unter Stress leiden. Nicht ganz klar ist, ob die körperliche, psychische und zeitliche Belastung der Menschen tatsächlich so stark gewachsen ist oder ob Stress einfach mehr Publizität bekommen hat. Tatsache ist jedoch, dass mehr Menschen Stress als Belastung in ihrem Leben empfinden.

Es gibt viele Bücher und Ratgeber, die helfen, Stress abzubauen. Entspannungskurse haben Hochkonjunktur. Meistens bedeutet das zusätzliche Termine in der ohnehin engen Agenda, wo man mittels Meditation, autogenem Training oder Yoga seine Entspannung finden soll. Dagegen ist nichts einzuwenden, und wer die Zeit für solche Übungen finden kann, wird auf jeden Fall profitieren.

Auch ESM ist ein Übungsprogramm, das für eine Weile einen zusätzlichen Aufwand erfordert. Doch nachdem Sie dieses Programm durchgeführt haben, kostet es Sie keine zusätzliche Zeit mehr. Sie werden unmittelbar während Belastungserfahrungen Ihr Verhalten verändern und Ihr Wohlbefinden verbessern können.

ESM verfolgt zwei Ziele:

Sie können erkennen, wie viel Aufwand Sie für Ihre Handlungen einsetzen. In welchen Momenten hören Sie auf zu atmen, wann spannen Sie Ihre Muskeln an? Sind diese Aktivitäten in diesem Moment notwendig oder gibt es Alternativen?

Sie können Ihre Handlungen befriedigender, mit mehr Eleganz und mit weniger Belastung für Ihren Körper ausführen. Sie können für sich mehr Handlungsoptionen erkennen und sich damit unabhängiger von Fremdbestimmung machen.

Weil der menschliche Körper sowohl Sensor als auch Motor unserer Existenz ist, findet sich der Lösungsansatz im eigenen Körper. Meistens wird allerdings der menschliche Körper über Leistung definiert. Er muss kräftiger werden, abnehmen oder einem Schönheitsideal entsprechen. Diese Forderungen führen wiederum zu Belastung und behindern einen ungestörten Blick auf das, was wirklich im Körper geschieht.

ESM nimmt Sie so, wie Sie sind! ESM verlangt von
Ihnen nicht, fremdes Expertenwissen umzusetzen.

ESM nimmt Sie so, wie Sie sind! ESM verlangt von Ihnen nicht, fremdes Expertenwissen umzusetzen. ESM begleitet Ihre Wahrnehmung auf eine spielerische Weise. ESM stellt viele Fragen, auf die nur Sie eine Antwort finden können. Die Fragen dienen dem Training Ihrer Körperwahrnehmung. ESM geht davon aus, dass Ihre Wahrnehmung zu jedem Zeitpunkt vollständig ist, dass Sie aber diese vollständige Wahrnehmung schärfen und weiterentwickeln können. Unabhängig davon, ob Sie jung oder alt sind, sportlich oder bequem, fit oder mit körperlichen Einschränkungen: Sie sind in der Lage, mit ESM Ihre Wahrnehmung zu entwickeln, neue Handlungsoptionen zu schaffen und Ihre Körperintelligenz zu trainieren.

Indem Sie Ihren Körper unter neuen Sichtweisen wahrnehmen und einsetzen, werden Sie sich in jeder Situation, auch unter Stress, ernst nehmen, zu sich schauen können und eine liebevolle Beziehung zu sich selbst pflegen.

Stress gehört zum Leben

Es ist nicht der Stress an sich, der uns belastet und krankmacht. Es ist die Menge von Stress und seine Dauer. Stress entsteht bei Zeitmangel, in komplexen Situationen, bei der Erfahrung von Angst oder in Konflikten.

In den meisten Fällen werden wir jedoch durch Stress stimuliert. Wir können Kräfte mobilisieren und unsere Reserven anzapfen. Ein freudiges Wiedersehen, ein Spaßturnier auf dem Fußballplatz, ein Konzert, auf das hin man lange geübt hat oder ein spannender Film im Kino: Diese und viele weitere glückliche Momente im Leben lösen Stress aus, der angenehm empfunden wird. Wenn jedoch der Stress ein gewisses Niveau übersteigt, länger dauert und vor allem wenn das Erlebnis den eigenen Wünschen zuwiderläuft, werden unsere Reserven schnell aufgebraucht, und wir beginnen zu leiden.

In den meisten Fällen werden wir durch Stress stimuliert.