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Hans-Peter Widera

Im nächsten Leben werde ich Hamburger Wegewart

Betongold glänzt nicht –
Ein Baubetreuerhandbuch

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© 2016 Hans-Peter Widera

Verlag: tredition GmbH

ISBN: 978-3-7345-2304-5 (Paperback)
ISBN: 978-3-7345-2305-2 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhalt

Der Wegewart – Ein erste Annäherung

Hausauswahl – Eine Typologie

Gefahrenerkundung – es wird bombig

Im Küchenstudio – ein Vergnügen für jedermann

Telefon – das Kappen einer untoten Leitung

Wasser – ein erster Strahl

Standrohrhydrant – Aufgriff eines treuen Begleiters

Baustrom – die Spannung steigt

Baumfällgenehmigung – Versuch einer Interpretation

Der Abbruch rückt näher

Die Tierökologische Begutachterin

Der Bagger rückt näher

Baustromlegung – Noch mehr Spannung

Der Abbruch – Bagger Marsch!

Die Baustellenüberfahrt und die Umsatzsteuer

Schrecksekunde - Das Umweltreferat ist auf Zack

Kleine Nivellierungskunde – eine Sachrechenaufgabe

Feinabstimmung – mit Bodenbegutachtung

Wasserstandsmeldung und große Politik

Bau auf, bau auf – bescheidene Anfänge

Kleinbagger findet seltene Erden

Erste Steine – Die Bauarbeiter sind mit dem Wohnungsbau beschäftigt

Der große Moment – Die Vorführung

Jahreswechsel mit guten Vorsätzen

Fingerübungen – Wegewart woanders

Küchenstudio im Planungschaos ganz verrückt

Magenta – im Hamsterrad der Telekom

Hektik – und einen großen bunten Blumenstrauß für die Küchenplaner dieser Welt mit den untertänigsten Grüßen eines ungläubigen Defätisten

Fehlende Rücktrittsfreiheit – eine ganz neue Bedeutung

Neues vom Wegewart – Der.Bescheid

Der verrückte Ort – mehr Küchengeschichten

Akt Zwei der Fingerübung für das Wegewartfinale – und auch große Politik

Kommunikation mit dem Wegewart aufgenommen

Die Rücktrittfreiheit – Mangelhaft, setzen

Das Kartell des Schweigens – es spricht

Kabel – Girls‘ Day, Fenster und ein Treppenwitz

Und ewig grüßt das Stromleitungstier

Kein Ende der Losigkeit – ist das auch normal?

Der Herr des Wassers – auch der kann wichtig

Und es gab ihn doch noch – Die Ermahnung

Die Küche – fast gut aber anderes springt weiter

Nun aber – Das Ende der Bauüberfahrt wird eingeläutet

EPILOG

Der Wegewart – Ein erste Annäherung

Wir unterscheiden bei Überfahrten auf das Grundstück, unwissend und vordergründig auch einfach und die Tiefe des notwendigen Verwaltungsakts verkennend, als Auf- oder Zufahrten bezeichnet, Bauüberfahrten und endgültige Überfahrten. Beide Arten bedürfen selbstverständlich einer behördlichen Genehmigung, wobei erstere noch das erwerbbare, sprich kostenträchtige Attribut „Sondernutzungsrecht“ beinhaltet, also ähnlich einer Frittenbuden Nutzung auf dem Fußweg in der Einkaufsstraße.

Für beide Arten der Nutzung gab es natürlich zwei separate Paragrafen im Hamburger Wegegesetz. Der juristische Laie könnte unbedarft davon ausgehen, dass für jeden Sachverhalt einer dieser zwei Paragrafen galt. Wie gesagt, man könnte.

Also noch einmal schnell alles ins Gedächtnis gerufen, vorsichthalber hatte ich die beiden Paragrafen mir in Stichworten aufgeschrieben und nochmals rekapituliert, Repetitorium im Selbstversuch:

Die Bauüberfahrt ist keine Überfahrt im Sinne einer Überfahrt sondern eine Sondernutzung von nicht für den Fahrzeugverkehr vorgesehenen öffentlichen Wegen, sprich vereinfacht ausgedrückt, Fußwegen. Eine endgültige Überfahrt ist die Nutzung zur Überfahrt dieser Fußwege mit Kraftfahrzeugen nach der Bauphase, also die tatsächliche rollende Nutzung, um mit dem Auto auf das oder vom Grundstück zu kommen.

Mit diesem juristischen Laienwissen meinerseits gewappnet, ich wollte ja nicht unvorbereitet erscheinen, erschien die für solche Angelegenheiten zuständige behördliche Institution vor dem Grundstück in Gestalt eines Wegewartes, die wohl mächtigste personifizierte, weil real von Angesicht zu Angesicht und nicht nur digital existierende Erscheinung im Bauverfahren in der Freien und Hansestadt Hamburg, zuständig auch für Überfahrten.

Die Terminvereinbarung war vergleichsweise einfach gewesen, telefonische Sprechstunde zweimal die Woche für zwei Stunden kurz nach dem Mittagessen, das konnte man dank Speicherfunktion im Telefon irgendwann schaffen, solange man endloses Klingeln nicht allzu persönlich nahm.

Ein weißes Baufahrzeug, schon bisschen mit rostigen Arbeitsspuren versehen, mit Pritsche, auf der sich einige Bauutensilien wie Besen und Schaufeln befanden, schlich im Erkundungstempo die Straße hoch. Es fuhr weiter, wendete auf der Spielstraße am Ende, ich war in einem sehr, sehr, mehr als sehr ruhigen Wohngebiet, rollte zur verabredeten Hausnummer zurück, dort stand ich.

Die Straße war auch deswegen so ruhig, weil erstens dort wenige Fahrzeuge fuhren und zweitens Gegenverkehr zu Ausweichmanövern auf den sandigen Seitenstreifen oder auf die Grasnarbe des Grabens zwangen, sodass Durchgangsverkehr, selbst wenn die Straße eine Abkürzung im Navi vorgaukeln würde, irgendwie sinnlos erschien. Zum Sandstreifen aber später.

Das Baufahrzeug hielt, drei locker gekleidete Arbeiter, Beamte, öffentliche Angestellte, ich hatte keine Ahnung, Einordnung mangels geregelter Kleiderordnung bei bunt bedruckten T-Shirts nicht möglich, entstiegen dem durchgängigen Vordersitz mit der obligatorischen Thermoskanne hinter der Frontscheibe. Es fehlte dort nur noch ein LED bestücktes Schild mit der Aufschrift „Karl“ oder ähnlich, so gingen, genauer schritten ob der folgenden Amtshandlung, flashmäßig tauchten vor meinem geistigen Auge Filmszenen längst vergessener Western auf, die drei Gestalten selbstbewusst auf mich zu.

„Aha, dass musste der Wegewart in Begleitung seiner Entourage sein“, dachte ich, die Anordnung analysierend.

Aus der kurzen Vorstellung erinnere ich, dass es ein leibhaftiger Wegewart, ein angehender oder abgehender Wegewart und ein Mitarbeiter einer Baufirma war.

Wieso war bei einer Ortsbesichtigung mit der Behörde ein Bauarbeiter anwesend? Ganz einfach, ich hatte mich schon vorab informiert. In Hamburg konnte man beide Arten der Überfahrten als Bauherr nicht einfach in Auftrag geben, gar selbst buddeln, nö, da bedurfte es schon einiger ausgesuchter Firmen, die vom Wegewart beauftragt wurden, die ihn und seinen Kollegen offensichtlich kostengünstig zur Ortsbesichtigung fuhren, ortsverbunden mit einem Pinneberger Nummernschild herumfuhren und mit gefühlt überhöhten Preisen ihre Aufträge ausführten.

Ich verkniff mir bei der Begrüßung zur Vermeidung von zwischenmenschlichen Verwerfungen zu Beginn des Treffens die saloppe Frage zum Auftauen und Kennenlernen, dass die Beförderung durch die Baufirma hoffentlich keine Bestechlichkeit darstellen würde, wo mittlerweile doch eine Tasse Kaffee die Grenze der Korruption überschreiten konnte. Weiter ging ich aus demselben zwischenmenschlichen Bedürfnis heraus stillschweigend einfach mal davon aus, dass die vermutlich kostenlosen Fahrkilometer des Dienstgangs nicht auch noch irgendwie mit der Behörde abgerechnet werden würden, obwohl, das hätte mich schon interessiert.

Das Aufmaß der Bauüberfahrt erschien mir nach überschlägiger Berechnung und Zollstockarbeit plausibel, der Preis für ein paar Quadratmeter Teer: EUR 3.000 plus EUR 2.000 Kaution für Schäden an angrenzenden öffentlichen Flächen, also Grassoden am Graben usw.

Und was da alles gemacht werden sollte, Auskoffern, Unterschicht, mindestens elf Tonnen Traglast oder so. Das Ergebnis dieser von Menschenhand vorgenommene Erdverwerfung sah später so aus: Teer auf Sand. Punkt. Womit wir zum Springpunkt einer fast zweistündigen Verschwendung von Lebenszeit bei diesem Termin kommen.

Die Überfahrt ging über Sand, kein Kantstein zu überwinden, kein Fußweg im Sinne der Wegeverordnung, nein, dort parkten Autos oder wichen anderen aus. Der Fußweg war auf der anderen Straßenseite, getrennt durch einen Graben, klassische Wohnsiedlung in der Vorstadt.

Wir waren nach lauerndem Vorgeplänkel beim Thema endgültige Überfahrt angekommen, die auch wieder zwangsweise von bevorzugten Firmen mittels Achtkantsteinen, oder waren es Sechskant oder andere Formen, verlegt werden mussten. Standardpreis EUR 2.000 aufwärts, von wegen Auskoffern, Unterschicht etc. Dasselbe Gerede, kannte ich schon.

„Die Bauüberfahrt gibt es nur, wenn auch die endgültige Überfahrt beantragt wird. Und solange das Grundstück nicht real geteilt ist, es ist ja wohl ein Doppelhaus geplant, gibt es sowieso nur eine endgültige Überfahrt.“

Ich glaubte, Fanfarenstöße nach der Verlesung der kaiserlichen Bulle durch seine Majestät persönlich zu hören, erwartete, dass sich die Entourage demütig in den Staub des Seitenstreifens werfen würde, suchte den Vordergarten nach Seinen in Stein gemeißelten Worten ab und analysierte die Aussage, nachdem sich der fiktive Staub meiner Erscheinungen verzogen hatte.

Zwei Probleme auf einmal: Keine Baustellenüberfahrt und Zwang zur endgültigen „einspurigen“ Überfahrt. Jetzt kamen mittlerweile unbeeindruckt von Tagträumen meine sauber vorbereiteten juristischen Einwände zum Zuge:

Zwei Paragrafen, zwei Verfahren und keine Kopplung der beiden waren vorgeschrieben. Womit das spannende Thema als Diskussionspunkt, was ist ein Fußweg, was ein Fahrstreifen, eröffnet war.

„Der Sandstreifen ist kein Fahrweg sondern Fußweg.“ „Aber dort fahren und parken doch Fahrzeuge.“ „Ist aber kein Fahrweg, nicht für Autos gedacht, dürften dort eigentlich nicht sein.“

„Also parkt Ihr Bauwagen auf dem Seitenstreifen sozusagen illegal?“, warf ich keck ein.

„Das ist etwas anderes“, war zu erwarten, “außerdem bewegen sich die Fahrzeuge bei der Benutzung des Seitenstreifens in Richtung der Straße und nicht rechtwinklig abknickend auf das Grundstück.“

„Ich kann aber im Gesetz keine Klassifizierung von Fußwegen mittels Winkelangaben erkennen. Wollen Sie damit sagen, dass mein Vater, der nutzte das Grundstück mehr als 40 Jahre, jeden Tag mindestens zwei illegale Handlungen vollzogen hat, wenn er ungeschützt den Seitenstreifen in Richtung Garage oder aus selbiger hinaus überfahren hat?“

„Ja, schließlich führt die ungeschützte neunzig Grad Nutzung durch Kraftfahrzeuge zu einer Beschädigung des verfestigten Sandstreifens, und das würde schließlich alle Steuerzahler treffen.“ Jetzt ward mir auch noch zukünftiges asoziales Verhalten unterstellt.

„Schädigen die parallel fahrenden und parkenden Fahrzeuge den Steuerzahler nicht?“ „Also, Baustellenüberfahrt gibt es nur mit Antrag auf endgültige Überfahrt!“

Diese zielführende Diskussion mit gleichem Endsatz wiederholte sich gefühlt zehn bis zwölfmal, manchmal etwas abgewandelt, aber immer wieder trotz leichter Ansätze eines zunehmenden Verständnisses für mich, mit den Worten: „Also, Baustellenüberfahrt gibt es nur mit Antrag auf endgültige Überfahrt.“

Es gab aber auch kleine, fiese Varianten behördlichen Einfallsreichtums:

„Wir können ja die Bauüberfahrt für den Abbruch genehmigen, nach Abbruch die Bauüberfahrt wieder abbauen und dann können Sie ja erneut einen Antrag für die Bauüberfahrt zum Bauen und anschließende endgültige Überfahrt stellen.“

Also noch einmal EUR 5.000 Kosten. Das empfand ich jetzt nicht nur als Erpressung sondern auch einen engagierten Einsatz für eine ungebremste Wachstumspolitik der Bauwirtschaft bei gleichzeitigem Ziehen an der Schuldenbremse für den Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg. Ein Held des Landesrechnungshofs war unterwegs, leider hatte ich keinen Orden „Schwarze Null Erster Klasse“ zum Anstecken dabei. Die Ausführung mit besonders langer Nadel hätte ich gerne dabei gehabt und direkt angeheftet.

„Und wie lange soll die Bauüberfahrt eigentlich dort liegen, irgendwann kommen wir vorbei und entfernen die sowieso.“

„Aber ich weiß doch noch gar nicht, wann abgerissen wird und die Genehmigungen vorliegen.“ „Da können wir auch nichts für.“ Und so weiter. Endlosschleife.

Offensichtlich hatten wir so eine überwältigende Performance, dass Nachbarn es sich nicht entgehen ließen, vor ihrem Weg zur Arbeit oder zum Brötchenholen ein Stück Hamburger Behördenkultur ausharrend am Straßenrand mit zu erleben. Sozusagen eine Gelegenheit, einmal einen Blick hinter die Kulissen von „Einzug ins Glück“ Formaten zu werfen.

Irgendwann in unseren mit allgemeinem Geplänkel gefüllten Verhandlungspausen wurden mir Formblätter, schiefe Kopien auf grünem Umweltpapier mit wichtiger Miene überreicht, natürlich auch der Antrag auf endgültige Überfahrt, der sich zufälligerweise auf dem gleichen Formblatt der Baustellenüberfahrt befand. „Kauf zwei für eins, außer Tiernahrung“, der ähnliche Slogan einer untergegangenen Baumarktkette schlich sich in mein Ohr.

Beinahe wurde die behördlich vorgeschriebene Anzahl der Zettel nicht erreicht, glücklicherweise erwies sich ein Höfling als Kenner der Papierszene und zauberte ein weiteres wichtiges auszufüllendes Papier aus seinem Fundus. Mit einem Mitleid erheischenden: „Das ändert sich auch ständig“, wurde mir das fehlende Formblatt überreicht.

Das war ja noch mal gut gegangen.

Nach dem letzten Diskussionshöhepunkt am diesem Vormittag, den ich mittlerweile mitsprechen konnte: „Also, Baustellenüberfahrt gibt es nur mit Antrag auf endgültige Überfahrt“, wagte ich äußerst verwegen nach einer höheren Instanz zu fragen.

Befreit von der Notwendigkeit, sich weiter mit mir abgeben zu müssen, wurde mir bereitwillig eine Behördentelefonnummer einer kompetenten Mitarbeiterin genannt, die dafür zuständig sei.

Mein Glaube an die einzigartige Macht eines Hamburger Wegewartes war so was am Schwinden, dem kann jemand etwas vorschreiben? Wozu stand ich hier schon eineinhalb Stunden und sabbelte mich ab?

Flugs die Telefonnummer und Namen notiert, der Baumensch markierte nach meiner Unterschrift unter die Zeichnung einer eventuell möglichen Bauüberfahrt die Lage mittels einer roten Spraydose auf dem Sand, kurze, immerhin fast menschliche Verabschiedung, sie rollten gen Mittagessen oder was auch immer davon.

Also die Hoffnung auf eine höhere Instanz flott in Handlung umgesetzt.

So eine Behördennummer hatte aber einen Nachteil: Man wählte meist in Leere, benachbarte Telefonbesitzer rissen grundsätzlich nicht das Gespräch an sich oder waren nicht zuständig. Die geringe Hörerabnahme Quote lag wohlwollend beschrieben vermutlich an der Teilzeitarbeit von 5 – 38 Wochenstunden, meist erwischte man die Variante 5 Wochenstunden abzüglich Geburtstagsfeiern oder krank, aber irgendwann klappte es.

Tüüt, die hoch stehende Mitarbeiterin am Telefon. Glücklich ob des zustande gekommenen Kommunikationskanals erläuterte ich ausführlich nach höflicher Begrüßung, Hinweise auf Namen des Wegewartes, mein Überfahrtproblem. Ungefähr drei Minuten lang. Kurzes Schweigen in der Leitung. Meine Hoffnung in eine höhere Instanz, weil scheinbar nachdenkend, stieg. Dann der Satz:

„Ich bin doch hier nur Sachbearbeiterin, da kann ich nichts machen.“ Ruhiges Ausatmen meinerseits, um nicht durchs Telefon handgreiflich zu werden.

„Mir wurde aber versichert, dass Sie solche Probleme entscheiden können!“ „Bei uns gibt es nur Bauüberfahrten mit dem Antrag auf endgültige Überfahrt.“

Die Endlosschleife schien zu neuem Leben zu erwachen, zum Glück telefonierte man ja mittlerweile mit einer Flatrate.

Ich ganz ruhig aber leicht, aber nicht erkennbar, genervt: „Haben Sie dafür eine gesetzliche Grundlage, ich kann in den betreffenden Paragrafen dazu nichts finden?“

„Das ist hier bei uns so Ansage!“

Das empfand ich anerkennend als eine gelungene pragmatische Rechtsfortbildung, meinem Einwand, dass die Begründung wohl kaum einen rechtlichen Bestand haben würde, wurde als Gegenargument die „Ansage“ Platte noch mehrmals aufgelegt.

Um die untergeordnete Sachbearbeiterin nicht weiter zu überfordern, versuchte ich es mit leicht zu folgenden logischen Argumenten, etwa, wie wäre es mit einer Genehmigung der Baustellenüberfahrt, danach müsse ja sowieso über die endgültige Überfahrt entschieden werden, also allgemeines Gebrabbel wie schon beim Wegewart.

Nun kam aber ein neues Argument, was einen tiefen Einblick in die behördlichen Eifersüchteleien bot:

„Da gibt es Bauanträge, die Einfahrten beinhalten, die werden von der Baubehörde genehmigt und dann erpressen uns Bauherren mit der Anzahl und Lage der endgültigen Überfahrten in der Baugenehmigung.“

„Aha, ich bin auch noch Opfer von behördlichen Eifersüchteleien“, dachte ich nur. Dann drang etwas schärfer und auch ein wenig lauter in mein Ohr:

„ÜBERFAHRTEN TEILEN WIR ZU!“

Mein hastig ausgestoßenes: „JAWOLLL, MEIN FÖHRRERR!“, konnte ich nur noch durch blitzartiges Entfernen des Telefonhörers aus meinem direkten Sprechbereich digital stoppen, das Hackenzusammenschlagen unter meinem Tisch schmerzte aber. Nach kurzem Schlussgeplänkel über das Wetter oder so etwas legten wir auf.

Und dann folgten noch von mir via Fax übermittelte wichtige grüne Anträge, im Ergebnis schwarzweiß, schließlich streikte die Post, etwas E-Mail Schriftwechsel mit dem offensichtlich tatsächlichem Herrn des Verfahrens: „Haben Sie alles bekommen? Ich hatte Sie so verstanden, dass die Bauüberfahrt….“ Gegenrede. Die übliche war es.

Ein paar Tage später:

Eine Rechnung flatterte ins Haus für die Herstellung einer Bauüberfahrt, EUR 5.000 zu überweisen bis usw., ansonsten würde nicht rechtzeitig gebaut, Gültigkeit der Überfahrt wie beantragt fast ein Jahr.

Und noch eine Rechnung trudelte für das Sondernutzungsrecht ein: EUR 78.

Fast pünktlich: Teer auf Sand ein paar Tage nach Vollzugsantragsdatum auf dem Antrag.

Also doch nur ein Warmduscher, was war nur aus unseren verbeamteten bzw. öffentlich dienstlichen Staatsvertretern geworden?

„Und als nächstes nehmen wir beide uns die vermeintlich endgültigen Überfahrten vor“, freute ich mich. Der Bauantrag mit zwei Einfahrten war schon eingereicht, natürlich nicht als Überfahrten sondern nur als Zufahrten auf das Grundstück. Also diejenigen, die im Doppel gar nicht gingen, „solange das Grundstück nicht real geteilt ist, wenn überhaupt!“, und Erpressungspotential boten.

Hausauswahl – Eine Typologie

Die Chance auf solch wundersame Begegnungen setzte natürlich voraus, dass irgendetwas Haus artiges gebaut werden sollte. Auch wenn der Entschluss dazu relativ einfach zu fassen war, verblieben immer noch die Fragen, was genau bauen und mit wem und umgekehrt. Die eine Antwort bedingte auch die andere.

Das „mit wem“ nahm schon ein paar Wochenenden und einige freie Tage in Anspruch. Als verkürzte Quintessenz kleinerer Abenteuer mit der Hausbaubranche lassen sich einfach ein paar Tipps zur Auswahl eines Fertighausanbieters nennen. Vielleicht sollte man freundlicher die Benennung Haussystemanbieter benutzen. Mich wunderte, dass auf diese Bezeichnung noch kein Marketingspezialist gekommen war, waren doch die meisten Haustypen mit regionalen Namen variabel ausgehend von einer Grundkonstruktion.

-Wenn Ihnen von schicken Verkaufsberatern im Musterhauspark erklärt wird, dass die rauschende und rasselnde Heiz-Lüftungsanlage mit Wärme Rückgewinnung noch nicht richtig justiert wurde, und das in jedem zu besichtigenden Haus, erwarten Sie späteren Ärger in Form von schlaflosen Nächten oder sehr laut einzustellenden TV-Geräten.

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