Dunkle Sehnsüchte

Erotischer Roman

Bärbel Muschiol


ISBN: 978-3-95573-276-9
1. Auflage 2015, Bremen (Germany)
Klarant Verlag. © 2015 Klarant GmbH, 28355 Bremen, www.klarant.de

Titelbild: Unter Verwendung des Bildes 24952402 von Alina Cardiae Photography und 129339248 von Mike Taylor (shutterstock).

Sämtliche Figuren, Firmen und Ereignisse dieses Romans sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, lebend oder tot, ist rein zufällig und von der Autorin nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf - auch auszugsweise - nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Inhalt

1. Kapitel

Falsche Hoffnungen...

Das Leder des Barhockers berührt den Streifen nackter Haut, der zwischen meinen halterlosen Strümpfen und dem Mini unverdeckt bleibt. Gelangweilt lutsche ich an dem Stück Ananas, das ich mithilfe des Strohhalms aus meinem leeren Cocktail gefischt habe. Zwanzigprozentiges Gleichgewicht berauscht meine Sinne, so hatte ich mir meinen Abend nicht vorgestellt. Die Kontaktanzeige klang interessant, lockte mich und meine bisher schlummernde devote Seite:

 

Du (w/18-35) wünschst dir eine starke Hand, die dich erfahren und sicher besitzt. Die sich darauf versteht, dich lustvoll zu fesseln und mit gekonnten Griffen zum Höhepunkt bringt. Der dich mit deinen devoten Bedürfnissen erkennt, deine Wünsche und Sehnsüchte lesen kann, dir hilft, deine Grenzen kontinuierlich zu erweitern.

 

Mittlerweile sitze ich seit zwei Stunden in meiner Lieblingskneipe, die schwarze Rose, die als Erkennungszeichen gedient hat, welkt langsam vor sich hin, welch eine Verschwendung. Der Abend war ein kompletter Reinfall, der Inserent der Anzeige sah aus wie einer der Typen von ‚Schwiegertochter gesucht‘.

Seine Körperhaltung war quasi nicht vorhanden, die angehende Glatze wurde deutlich von seinen durch Schweiß glänzenden Geheimratsecken angekündigt. Viel zu lange Fingernägel und eine ockerfarbene Stoffhose, die mit Bügelstreifen aufgepeppt wurde, rundete sein Outfit perfekt ab. Dass seine Klamotten noch von Mutti gewaschen und gebügelt werden, war für ihn kein Problem. Spontanes Sodbrennen und ein schlagartiger Fluchtreflex war auch schon alles, was er mir an körperlichen Reaktionen entlocken konnte.

Dank meines nicht vorhandenen Pokerfaces hat er meine Abfuhr sofort erkannt. Es brauchte nur eine Handvoll Wörter, um sich zu begrüßen und zu verabschieden.

 

„Hey Honey, das mit deinem Date war wohl nichts.“ Ben, der Barkeeper und Inhaber, stellt mir unaufgefordert einen weiteren Cocktail auf Tequila-Basis unter die Nase, zwinkert mir frech zu und gibt mir zu verstehen, dass diese Runde aufs Haus geht. Frustriert plündere ich als Erstes die Deko, rühre ihn mehrmals um, genieße das klirrende Geräusch des Crush-Ices, das an den Glasrand stößt. Einzugestehen, dass in mir eine devote Seite schlummert, ist mir schwer genug gefallen. Der nächste Schritt war ganz logisch. Dank des World Wide Webs war es ein Leichtes, mich mit den Feinheiten des Spiels der Unterwerfung vertraut zu machen. Je mehr ich mich mit der Thematik beschäftigt habe, umso intensiver wurde mein Bedürfnis. Ich wollte es, will es und werde es ausprobieren.

 

Dank meiner Mitgliedschaft auf der Online-Plattform „VOLUPTAS“, das ist Latein und bedeutet Lust, habe ich die Möglichkeit, interessante Chat-Partner und einschlägige Inserate anzusehen. Der heutige Abend war nur eine weitere Erkenntnis darüber, dass es nicht so leicht ist, einen geeigneten Partner zu finden, Schwachmaten und Aufschneider gibt es unzählige.

Doch ich suche einen Mann mit Charisma, Ausstrahlung und einer natürlichen Autorität. Maskulin und herb muss er sein, so wie die Cowboys auf den Marlboro-Schachteln. Wenn ich das Bedürfnis habe ihn zu bemuttern oder ihn im Dunkeln zu beschützen, fällt es mir schwer, ihm die Oberhand zulassen. Mein Bedürfnis will sich nicht unterdrücken lassen,

in der Dunkelheit meines Schlafzimmers liege ich wach, Bilder von Frauen, unterwürfig und vor Lust stöhnend flimmern hinter meinen geschlossenen Lidern, während ich masturbiere.

Tief seufzend genieße ich den Geschmack meines Drinks, wohltuend läuft der Tequila über meine Zunge, während die Süße der Ananas mit der Säure der Zitrone über die Vorherrschaft meiner Geschmacksnerven streitet, angenehm kühl beruhigt er mein erhitztes Gemüt. In meinem Selbstmitleid versunken, spüre ich nicht die intensiven Blicke meines attraktiven Tischnachbarn.

Die Kneipe ist am Samstagabend um kurz vor Mitternacht gut besucht, durch den Temperaturunterschied sind die Scheiben beschlagen. Das schummrige Kerzenlicht und die Stimmung der Bar wirken beruhigend auf meine aufgekratzten Nerven. Trotz meines Stylings werde ich nicht wie sonst üblich angebaggert. Für heute Abend ist mir das ganz recht, mein Bedarf an Versagern ist für diese Nacht gedeckt.

Devot, zu diesem Wort fallen mir so manche Synonyme ein: demütig, ergeben, hingebungsvoll. In meiner Fantasie ergebe ich mich der Lust, lasse mich fallen und werde gehalten. Zwinkernd gebe ich Ben zu verstehen, dass ich genug für heute Abend habe, wie üblich lege ich mein Geld auf die dunkle, verkratzte Tischplatte, nicke ihm ein letztes Mal zu, begebe mich auf den Heimweg. Die Absätze meiner Pumps klackern auf dem Gehweg, die unbarmherzige Januarkälte beißt auf meiner Haut, mein Atem verwandelt sich in kleine Wölkchen, die ich über meine rot geschminkten Lippen in die Dunkelheit der Nacht hauche. Bis zu meiner Wohnung ist es nicht weit, nach drei Kreuzungen und einer Handvoll Straßenlaternen wartet meine Haustür. In der gewohnten Umgebung meiner Stammkneipe musste ich mir keine Gedanken um mein knappes Outfit machen, in der Dunkelheit der Nacht und der Einsamkeit der Straße verhält sich das allerdings anders. Unbewusst beschleunige ich meinen Schritt, versuche das ungute Gefühl nicht alleine zu sein abzuschütteln. Meine Handtasche fest umklammernd, in dem sich mein Pfefferspray befindet, überwinde ich die Entfernung zu meinem sicheren Zuhause.