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Das Wissen dieser Welt aus den Hörsälen der Universitäten.

Fachbereich ASTROPHYSIK

Das Universum – Der Anfang von allem

Von Prof. Dr. Harald Lesch

Der Anfang von allem

Der Anfang von allem ist der Anfang von allem, was es in der Welt gibt und damit auch der Anfang von der Welt selbst. Die Welt, so wie wir sie naturwissenschaftlich verstehen, besteht nicht nur aus diesem Planeten Erde, sondern aus der Milchstraße, aus vielen Milchstraßen, aus Galaxienhaufen, letztendlich aus dem ganzen Universum. Eine der Urfragen der Naturwissenschaften ist: Hat das Universum einen Anfang gehabt?

Das ist eine Frage, die nicht nur die Naturwissenschaften stellen, sondern natürlich auch jede Religion. Was ist der Grund dafür, dass es überhaupt etwas gibt? War es Schöpfung? Also gab es etwas, wie immer man es nennen will, das diese Welt in ihre Existenz geworfen hat? Oder ist die Natur letztendlich etwas, was sich selbst erzeugt?

Jetzt gibt es ein Problem. Das gedankliche Problem nämlich, dass wir „Nein“ sagen können. Genau das wird dazu führen, dass Sie immer wieder den Kopf schütteln werden, während ich Ihnen erzähle, was wir Physiker meinen, wie die Welt angefangen hat.

Wir reden davon, dass die Welt einen Anfang hatte, irgendwann. Sofort werden Sie sagen: „Na und, was war denn vor dem Anfang?“

Wenn man einen Anfang definiert hat, was war denn vor dem Anfang, den man definiert hat? Da muss doch etwas davor gewesen sein. Und das ist das Problem. Merken Sie es. Das Problem ist, dass man „Nein“ sagen kann zu einer Aussage. Ich sage Ihnen, „die Welt hatte einen Anfang,“ Sie sagen, „nein, der Anfang war gar nicht der Anfang, es gibt einen anderen Anfang.“

Achten Sie darauf, wenn wir jetzt über Kosmologie reden, also über die Entwicklung des gesamten Kosmos, dass man da leicht in eine Falle läuft. Aber fangen wir mal an.

Hubble und die Expansion des Universums

Wie ist man eigentlich auf die Idee gekommen, dass das Universum einen Anfang gehabt haben könnte? Das geht letztlich auf eine Beobachtung zurück, die in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts gemacht worden ist. Nämlich die Beobachtung, dass die Galaxien, also die Milchstraßen, diese Sterneninseln, hunderttausend Lichtjahre große Sterneninseln, dass die sich von unserer Milchstraße wegbewegen.

Wir haben das gemessen. Man misst das Licht. Astronomie ist ja – wie soll man sagen – Lichtkunde, fortschrittliche Lichtkunde. Wir Astronomen machen nichts anderes als Ägyptologen auch tun. Ägyptologen lesen aus den Hieroglyphen etwas über das Leben der alten Ägypter. Wir Astronomen lesen aus dem Licht der Sterne etwas über das Leben der Sterne, über das Leben des Universums. Wir lesen aus dem Licht etwas heraus.

So hat auch Edwin Hubble aus dem Licht der Galaxien abgelesen, dass diese Galaxien sich von uns entfernen. Licht: Das elektromagnetische Spektrum reicht vom Radiobereich, das sind die besonders langen Wellen, bis hin zum Röntgenbereich, das sind die ganz kurzen Wellen. Wir Menschen können die elektromagnetischen Wellen im so genannten sichtbaren Bereich, also im optischen Licht sehen.

Hubble hat mit einem Fernrohr optische Strahlung der Galaxien aufgenommen und in der Strahlung dieser Galaxien Spektrallinien gefunden. Das ist kein Wunder, denn das Licht der Galaxien kommt von Atomen, und die Atome sind aufgebaut aus Atomkernen. Um die Atomkerne herum laufen die Elektronen. Je nach dem auf welchem Energieniveau diese Elektronen sind, geben sie die eine oder andere besondere Lichtsorte ab, die sich durch ihre Spektrallinien unterscheiden.

Wo diese Linien auftauchen, das hängt auch davon ab, wie die Lichtquelle sich bewegt. Bewegt sie sich von uns weg, dann wird eine ursprünglich bei einer ganz bestimmten Frequenz vorhandene Spektrallinie zum Roten hin verschoben, also zu den langen Wellen. Bewegt sich eine Lichtquelle auf uns zu, dann wird sie ins Blaue, also zu den kürzeren Wellen verschoben.

Das kennt man auch von den Schallwellen. Das ist die berühmte Geschichte mit dem Feuerwehrwagen, der sich mit Blaulicht und vollem Tatütata auf uns zu bewegt: Der Ton wird höher. Dann bewegt sich der Wagen von uns weg, und der Ton wird tiefer.

Genau das gleiche passiert bei Lichtwellen, wenn sich die Objekte, die Licht ausstrahlen, entsprechend bewegen. So konnte Hubble zeigen, dass Galaxien sich von unserer Milchstraße entfernen. Und zwar umso schneller, das war das Sensationelle, umso schneller, je weiter sie von uns entfernt sind.

Mit anderen Worten, man hat ein Bild vor Augen wie: Das Universum ist ein Teig. In diesem Teig sind lauter Rosinen. Nehmen wir einen Hefeteig, der auch noch aufgeht. Dann kann man messen, dass die Rosinen sich am schnellsten voneinander entfernen, die am weitesten voneinander entfernt sind.