Über Guido Dieckmann

Guido Dieckmann, geboren 1969 in Heidelberg, arbeitete nach dem Studium der Geschichte und Anglistik als Übersetzer und Wirtschaftshistoriker. Heute ist er als freier Schriftsteller erfolgreich und zählt mit seinen historischen Romanen, u.a. dem Bestseller »Luther« (2003), zu den bekanntesten Autoren dieses Genres in Deutschland. Guido Dieckmann lebt mit seiner Frau an der Deutschen Weinstraße.
Als Aufbau Taschenbuch sind von ihm lieferbar: »Die sieben Templer«, »Luther« sowie »Das Geheimnis des Poeten. Ein historischer Weimar-Krimi«.

Mehr Informationen zum Autor unter www.guido-dieckmann.de

Informationen zum Buch

Ein mörderisches Komplott

Weimar im Winter 1798. Christian Vulpius hat es geschafft: Sein Räuberroman Rinaldo Rinaldini wird endlich gedruckt. Da wird er in einen neuen mysteriösen Fall verwickelt. In den Räumen der altehrwürdigen Bibliothek findet die Hebamme Josefina Bleichwein den Tod – erschlagen von einem Bücherregal. Bevor die Frau ihren Verletzungen erliegt, vertraut sie Vulpius jedoch an, dass sie sich von der französischen Wahrsagerin Madame Europe, die momentan Weimar besucht, die Karten habe legen lassen. Dabei habe sie von einem langsam aufziehenden Sturm erfahren, der die Stadt mitsamt ihrem Herrscherhaus bedrohe. Ist der Herzog von Weimar in Gefahr?

Das klassische Weimar als Kulisse für einen spannenden Mordfall

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Guido Dieckmann

Der Fluch der Kartenlegerin

Ein historischer Weimar-Krimi

Inhaltsübersicht

Über Guido Dieckmann

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Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

Epilog

Anmerkungen des Autors

Impressum

Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an! Erlkönig hat mir ein Leids getan!

Aus »Der Erlkönig«

von Johann Wolfgang v. Goethe

Prolog

Eine Tagesreise weit hinter Warschau,
im Winter 1789

Kein Reisender mag es, wenn ein Schneesturm ihn zwingt, für eine unbestimmte Zeit Zuflucht in einer einsamen Herberge mitten im Wald zu suchen. Er kann nichts weiter tun als warten, bis das Wetter sich gebessert hat und die Kutsche weiterfahren kann. Aber wenigstens befindet er sich in Sicherheit. Auf mich trifft dies nicht zu, denn ich bin eine zum Tode Verurteilte auf der Flucht. Jede Minute, die ich damit vergeude, hier die Wände anzustarren, spielt denen in die Hände, die hinter mir her sind. Mein Kutscher hat keine Ahnung, warum ich so verzweifelt bin. Er sitzt unten im Gastraum, trinkt Bier und ist froh, nicht in die Kälte hinauszumüssen. Er behauptet, dass wir unsere Reise bald fortsetzen können, aber überzeugt hat er mich damit nicht. Stattdessen hat er mir geraten, mich auszuruhen. Ich müsse doch völlig erschöpft sein. Ja, erschöpft bin ich in der Tat. Aber es ist die Angst, die mir den Appetit raubt und mich nicht schlafen lässt.

Ich habe mein Aussehen verändert und meinen Namen vergessen. Aber ob ich damit meine Verfolger täuschen kann?

Ich setze mich mit einem Buch ans Fenster. Es sind Gedichte von Goethe, den ich schon lange bewundere, doch heute fällt es mir schwer, mich auf die Verse zu konzentrieren. Immer wieder wandert mein Blick durch das Fenster in den Hof. Auf der dünnen Glasscheibe vor mir haben sich zarte Eisblumen gebildet, von außen schlägt ein stürmischer Wind wässrige Flocken gegen das Fenster. Er rüttelt grob an den Läden. Einen Augenblick lang lausche ich dem Gesang des Sturms. Einen bangen Moment lang glaube ich, durch das Knarren der Holzdielen und das Ächzen im Gebälk die Stimme des Mannes zu hören, dem ich davongelaufen bin und der mich in seinem Keller zu Tode foltern wird, falls er mich aufspürt. Meine Hände zittern, als ich mir sein Gesicht unter der tadellos sitzenden gepuderten Perücke vorstelle: die eiskalten Augen, die mich, sooft er seinen Blick auf mich richtete, dermaßen aus der Fassung brachten, dass ich kein Wort mehr über die Lippen bekam. Inzwischen muss er herausgefunden haben, dass ich keineswegs eine Cousine besuche, sondern meine Heimat Frankreich für immer verlassen habe. Mein Ziel heißt nun Russland, weil ich hoffe, am Hof der Zarin Katharina eine Bleibe zu finden. Die Zarin ist eine starke Frau, die sich vor keinem Mann in ganz Europa fürchtet. Ich vertraue darauf, dass sie mich nicht zurückschicken wird. Ich fange an, in dem Buch zu blättern, und lese ein Gedicht, das auf meine angegriffenen Nerven nicht gerade beruhigend wirkt. Ein Kind wird von einer üblen Erscheinung gequält, doch sein Vater nimmt davon nichts wahr. Immer wieder versucht er, den Jungen zu beruhigen. Nun, darin erinnert er mich an meinem eigenen Vater. Der hat nicht glauben wollen, was für einem Teufel er mich zur Frau gegeben hat. Der Vater in Goethes Gedicht reitet einfach weiter, obwohl ihm doch langsam einmal auffallen müsste, dass mit dem Knaben in seinem Arm etwas nicht stimmt. Und dann …

Dann springt die Tür zu meiner Kammer mit einem hässlichen Knarren auf, und mir bleibt vor Schreck fast das Herz stehen.

»Musst du dich so anschleichen?«, zische ich die Kinderfrau an, ein unscheinbares Wesen, das ich in Dresden eingestellt habe. Sie zuckt nur mit den Schultern und meldet, dass sie Maria gefüttert habe und gleich zu Bett bringen werde. Maria? Wer zum Teufel ist Maria? Ach so. An den deutschen Namen, den sie meinem Kind gegeben hat, muss ich mich erst noch gewöhnen. Auch in St. Petersburg werden wir uns unter einem falschen Namen niederlassen müssen.

»Madame machen sich zu viele Sorgen«, sagt die Kammerfrau und klingt plötzlich fast wie der Kutscher. »Sie haben so lange durchgehalten, da werden Sie auch den Rest des Weges schaffen.« Sie schenkt mir ein aufmunterndes Lächeln, das mir guttut. Ich bin froh, dass sie bei mir ist, denn sie kann gut mit Kindern umgehen.

»Was soll schon geschehen?«, fährt sie mit ihrer tiefen Stimme fort. »Ihre Tarnung ist perfekt. Eine arme Witwe, die mit ihrem Kind und einer Dienerin nach Russland reist, um die Töchter eines Fürsten in Französisch und guten Manieren zu unterrichten. Absolut unverdächtig!«

Unverdächtig? Wirklich? Mein Blick fällt auf die schäbige Tasche auf dem Bett. Ich habe die Briefe des Fürsten aufgehoben, obwohl es klüger gewesen wäre, sie zu verbrennen. Aber das habe ich nicht übers Herz gebracht. Sie enthalten eine Einladung, das Entreebillet in ein neues, angstfreies Dasein. Nur zwei Tage noch, dann wird die Kutsche des Fürsten mich erwarten. Doch zwei Tage inmitten dieser Winterstürme können lang sein. Zu lang. Und mein Gemahl  …

»Wenn er mich findet, wird er mich eigenhändig töten. Du hast keine Ahnung, wie grausam er sein kann. Ein Menschenleben bedeutet ihm nichts. Ich habe seinen Stolz verletzt, und das wird er nicht auf sich sitzen lassen. Außerdem hat er genug Geld und Einfluss, um mich einmal um die ganze Welt zu verfolgen.« Ich lege das Buch mit dem schaurigen Goethe-Gedicht zur Seite und schlage müde die Hände vors Gesicht. Und wenn ich doch umkehre? Vielleicht ist es noch nicht zu spät. Ich könnte einen Kurierreiter nach Frankreich schicken und einfach warten, bis …

Die Kinderfrau drückt mir teilnahmsvoll die Hand. »Wird schon gut gehen, meine Liebe. Ihr fürchterlicher Gemahl wird uns hier nicht aufspüren. Er hat doch keinen blassen Schimmer von diesem Russen und Ihrem Briefwechsel, oder?«

Nein, davon kann er nichts wissen. Jähzornig wie er ist, hätte er es mich spüren lassen, wenn er es bemerkt hätte. Er hielt nie etwas davon, Bestrafungen auf die lange Bank zu schieben. Allerdings wird er Nachforschungen angestellt haben. Gewiss hat er Menschen aus meinem Umfeld befragt. Dienstboten und Freunde. Was, wenn die schon geplaudert haben?

Die Herrin hat in Paris Bücher gekauft, die in einer fremden Schrift geschrieben waren.

Sie hat in Läden eingekauft, die eine Dame ihres Standes eigentlich nicht betreten sollte.

Sie hat die Bücher ins Feuer geworfen. Einmal haben wir sie überrascht, wie sie Puppen und anderes Mädchenspielzeug in einen Reisekoffer gepackt hat.

»Gehen Sie hinunter, ich werde hierbleiben und wachen«, erlöst mich Marias Kinderfrau aus dem Gefängnis meiner eigenen Gedanken. »Diese Poststation ist ein besserer Pferdestall, aber unten im Schankraum gibt es eine heiße Suppe, die einigermaßen genießbar ist. Sie brauchen etwas zum Aufwärmen. Beeilen Sie sich besser, sonst ist nichts mehr übrig.«

Bevor ich es mir überlegen kann, öffnet sie die Tür und späht hinaus in die Dunkelheit.

»Am Tisch der Wahrsagerin ist noch ein Plätzchen frei.«

»Eine … Wahrsagerin?« Ich verkrampfe mich innerlich, aber das Nicken der Kinderfrau wirkt so gelangweilt, als spräche sie über die Magd der Postmeisterin.

»Eine merkwürdige Person. Sie unterhält die Reisenden, indem sie ihnen für einen Becher Wein aus ihren Spielkarten die Zukunft herausliest. Vielleicht sollte Madame sie um Rat fragen. Es kann nie schaden, sein Schicksal zu kennen!«

Während ich hinuntergehe, überlege ich, ob diese Kartenlegerin einen Buckel, Warzen auf der Nase und gerötete Augen hat wie die Hexen in den Märchenbüchern meiner Kindheit. Doch neben dem gemauerten Ofen in der Wirtsstube sitzt eine auffallend hübsche, gut gekleidete Person, die mir so liebenswürdig zulächelt, dass ich mir ein Herz fasse und mich neben sie auf die Bank gleiten lasse. Noch bevor ich ein Wort mit ihr gewechselt habe, spricht sie mich in fließendem Französisch an. Aber sie stellt keine Fragen, als spürte sie, dass mir ein Geheimnis auf der Seele brennt. Wie betäubt verfolge ich, wie sie ihre Karten durch die schlanken Finger wandern lässt, bevor sie sie, gut gemischt, vor mir auf dem schmutzigen Tisch ausbreitet. Ich achte nicht mehr auf den Lärm der Schankstube, den beißenden Geruch nach Rauch, Bier und schwitzenden Leibern. Meine Aufmerksamkeit gilt allein den Bildern und wunderlichen Zeichen auf den Karten der Fremden. Derweil bringt mir eine Magd eine Schale mit dampfender Suppe. Ich möchte eigentlich nichts essen, aber mein leerer Magen befiehlt mir schließlich, den Löffel in die Hand zu nehmen. Die warme Mahlzeit tut gut, und der Wein, der plötzlich vor mir steht, entspannt mich so sehr, dass ich für einen kurzen Augenblick meine Ängste vergesse.

Bis ich die Fremde erbleichen sehe. Sie zuckt zusammen. Mit ungestümen Bewegungen rafft sie ihre Karten vom Tisch.

»Was haben Sie gesehen?«, stoße ich hervor und bemerke zu spät, dass ich gegen meinen Willen Französisch gesprochen habe.

»Nichts, es ist gar nichts, Madame. Verzeihen Sie mir, aber ich muss gehen!«

Als sie versucht, sich an mir vorbeizudrücken, packe ich sie am Arm. Jetzt lächelt sie nicht mehr. Im Gegenteil. Auf ihrem Gesicht breitet sich jener Ausdruck von Todesangst aus, die mir wohlbekannt ist, weil sie schon seit Wochen jeden meiner Schritte begleitet. Mir ist, als würde ich in einen Spiegel schauen.

»Sie … haben etwas in Ihren Karten gesehen, aber Sie wollen mir nicht sagen, was!« Plötzlich spüre ich, wie meine Hände und Füße taub werden. Mein Herz beginnt wie wild zu klopfen. Ich muss einen Moment lang die Augen schließen, damit das Schwindelgefühl nachlässt. Die Frau mit den Spielkarten reißt sich von mir los, und ich habe keine Kraft mehr, um noch mal nach ihr zu greifen. Etwas stimmt nicht mit mir. Das Essen. Es muss etwas im Essen gewesen sein, aber wer … Warum? Vor meinen Augen scheinen sich Menschen, Tische, Stühle und Krüge aufzulösen. Ich stehe auf, wanke zur Tür.

Ist er hier? Hat er mich gefunden?

Als ich wieder zu mir komme, liege ich auf einem Bett. Jemand hat mir das Mieder gelockert und mich dann allein gelassen. Bis auf eine Kerze auf dem Schemel ist es stockdunkel, aber aus irgendeinem Grund spüre ich, dass die Nacht vorüber ist. Ich kämpfe mich auf die Füße, obwohl mein Kopf bei jedem Schritt zu platzen droht. So höllische Schmerzen habe ich noch nie gehabt, außerdem ist mir speiübel. In der verbrauchten Luft liegt noch ein metallischer Geruch. Blut. Angst schnürt mir die Kehle zu. Mit schwacher Stimme rufe ich nach der Kinderfrau, dann nach meinem Kutscher, bekomme aber keine Antwort. Zitternd taumle ich auf das Bett zu, in dem ich mein schlafendes Kind zurückgelassen habe, und strecke die Hand nach dem Bettvorhang aus. Mein Blick fällt auf den Fußboden davor. Dort ist noch mehr Blut, und in einer Lache liegen … Karten. Bunte Spielkarten, die ich schon einmal gesehen habe. Einige sind zerrissen, andere voller Blutflecke. Mein Herz droht auszusetzen. Nein, nicht das Kind, schießt es mir durch den Kopf. Nur das nicht.

Ich schlage den Vorhang zurück und schreie entsetzt auf, als mir ein erschlafftes Handgelenk entgegenfällt.

Aus den Aufzeichnungen der französischen Emigrantin Claire de Sangré. Aus dem Jahr 1789.

1. Kapitel

Weimar, November 1798

»Hier, mein Lieber, überzeugen Sie sich nur selbst!«

Hüstelnd hob Buchhändler Hoffmann die Kerze an, damit Christian Vulpius das hohe Regal hinter dem Ladentisch besser  sehen konnte. Es war noch recht früh am Morgen und so dunkel in dem nach Papier und Staub riechenden Laden, dass man kaum die Hand vor Augen erkannte. Die Kälte, die ganz Weimar schon seit Tagen heimsuchte, war auch hier empfindlich zu spüren. Noch brannte kein Feuer im Ofen, und der Buchhändler selbst sah so verschlafen aus, als hätte Christian ihn geradewegs aus dem Bett geklopft. Hoffmann hatte einen roten Morgenrock übergeworfen, und seine Füße steckten in ausgetretenen Pantoffeln. Aber wenigstens hatte er Christian in den Laden gelassen, statt ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen.

Christian lauschte auf die Schläge der nahen Kirchturmuhr, die ihn zur Eile mahnten. Er hatte seinem Vorgesetzten versprochen, heute früher an seinem Platz in der Bibliothek zu sein, um einige liegen gebliebene Akten durchzusehen. Verspätete er sich wieder, würde der Alte ihm das bestimmt den ganzen Tag nachtragen. Dennoch ging es Christian im Augenblick um Wichtigeres, als um die Launen des Bibliothekars und dessen Papiere, nämlich um sein seelisches Wohlbefinden, das schon vor Tagen aus dem Gleichgewicht geraten war. Jawohl, er konnte vor Aufregung weder essen noch schlafen und fürchtete, über kurz oder lang überzuschnappen, falls er nicht herausfand, ob sein Roman in seiner Vaterstadt gekauft wurde oder nicht.

In den Weimarer Journalen, die er seit Tagen mit klopfendem Herzen durchstöberte, hatte er zu seinem Bedauern noch kein Wort über sein Buch gefunden. Die Rezensenten wussten, dass Geheimrat von Goethe sein Mentor war. Ließen sie sich vielleicht deshalb zu keinem Kommentar bewegen? Weil sie zu höflich waren, um ihn öffentlich zu zerreißen? Womöglich war es noch viel schlimmer, und sein Roman so schlecht, dass er es nicht einmal wert war, in den Journalen verspottet zu werden. Christian fragte sich, ob er zu ungeduldig war. Aber er wartete doch schon so lange darauf, dass sich jemand zu seinem Werk äußerte. Den Besuch im Buchladen hatte er lange aufgeschoben, weil er sich vor der Antwort fürchtete. Der Buchhändler war in ganz Weimar als Literaturkenner, aber auch für seine messerscharfen Kommentare bekannt.

Was, wenn Hoffmann den Rinaldini für misslungen hielt? Für einen öden Ladenhüter, der bestenfalls belächelt, aber nicht gekauft werden würde?

Christian hatte sich nie für eitel gehalten, und doch wusste er, dass eine derartige Kritik ihn zerstören würde. Wie sollte er verspottet und verachtet in seiner Vaterstadt weiterleben? Das Kopieren langweiliger Akten in der Bibliothek konnte doch nicht alles sein, was er von seinem Leben erwarten durfte. Nein, nach allem, was er durchgemacht hatte, um diesen Roman zu schreiben, brauchte er ein Erfolgserlebnis, und wenn es auch noch so klein war. Man war ja bescheiden. Er rechnete ohnehin nicht damit, dass er mit seiner Geschichte über die Abenteuer eines Räuberhauptmannes im fernen Italien die Herzen der Weimarer im Sturm erobern würde.

Seine Blicke wanderten zum Schaufenster, in dem nur wenige Bücher und ein paar Karten ausgestellt wurden. Wie glücklich war er doch gewesen, als er sein Buch neben anderen gesehen hatte. Doch er hatte es einfach nicht über sich gebracht, über die Türschwelle zu treten. Stattdessen hatte er von der Straßenecke aus beobachtet, wie Kunden die Buchhandlung betreten und wieder verlassen hatten.

Seine Schwester war es gewesen, die ihn schließlich gedrängt hatte, seiner Qual ein Ende zu bereiten.

»Geh zu Hoffmann, noch bevor er seinen Laden öffnet«, hatte sie ihm geraten. »Dann seid ihr ungestört. Und nimm es dir bloß nicht zu sehr zu Herzen, wenn er noch kein Exemplar verkauft hat. Diese Dinge brauchen einfach ihre Zeit, weißt du? Wenn erst mal in den Salons und Literaturzirkeln der Stadt über dein Buch geredet wird, hast du es geschafft.«

Aufgeregt wie ein Schuljunge vor einer Prüfung folgte Christian nun dem Schein, den die Laterne des Mannes auf das breite Regal warf, doch zu seiner Enttäuschung fand er kein einziges Exemplar seines Buches. Entgeistert drehte er sich zu dem Mann mit der Lampe um, der ihn verschmitzt angrinste.

»Das war es, was ich Ihnen zeigen wollte, Vulpius. Ich habe schon fast alle Exemplare Ihres Rinaldini verkauft.«

»Verkauft?«, wiederholte Christian ungläubig. »Reden Sie wirklich von meinem Buch?«

Der Mann im Morgenrock stellte die Lampe ab und nahm eine Kladde von seinem Schreibpult, die er schwungvoll aufschlug. »Aber gewiss doch, und wie Sie hier lesen können, liegen schon weitere Bestellungen vor.« Er hob den Blick. »Raten Sie mal, wer ganz verrückt nach dem Buch ist. Darauf werden Sie niemals kommen!«

»Ich bin schlecht im Raten, und wenn ich sowieso nicht darauf komme, können Sie es mir ebenso gut verraten!«

Der Mann gluckste vor Vergnügen, als er Christian seine Aufzeichnungen unter die Nase hielt. »Na, da scheint es jemand besonders gut mit Ihnen zu meinen!«

»Freifrau Charlotte von Stein?« Christian starrte den Buchhändler verblüfft an. »Und das ist kein Irrtum? Ich meine … Ich kenne die Dame. Bislang machte sie auf mich nicht den Eindruck, als hätte sie eine Vorliebe für … äh … saftige Geschichten.« Oder für meine Person, setzte er in Gedanken hinzu.

»Ein Irrtum ist ausgeschlossen, Vulpius. Die Freifrau kauft sämtliche Ihrer Bücher auf, und zwar schneller, als ich sie ins Schaufenster legen kann. Natürlich kommt sie nicht persönlich zu mir in den Laden. Sie schickt immer einen ihrer Bediensteten vorbei.«

Christian brauchte einen Augenblick, um diese Neuigkeit zu verarbeiten. Freifrau von Stein. Goethes alte Freundin. Seine Widersacherin, die seine Schwester Christiane, die schon seit vielen Jahren mit dem Dichter unter einem Dach lebte, aus tiefstem Herzen ablehnte und mit allen Mitteln bekämpft hatte, die ihr zur Verfügung standen.

»Finden Sie das nicht eigenartig?«, fragte er kopfschüttelnd.

Hoffmann zuckte mit den Schultern. »Was soll daran eigenartig sein? Der Rinaldini trifft eben den Geschmack dieser Dame. Nur zwei Tage, nachdem ihr Dienstmädchen bei mir im Laden war, kam ein Billett aus dem Palais von Stein, in dem ich aufgefordert wurde, Ihrer Hochwohlgeboren siebzehn weitere Exemplare zu reservieren.«

»Siebzehn?« Christian stieß die Luft aus. »Grundgütiger, was hat sie damit nur vor? Liegt es an der Kälte? Ist ihr das Brennholz ausgegangen?«

Hoffmann wandte sich wieder seiner Ladentheke zu und begann, die Auftragsbücher durchzusehen. »Ich kann nur hoffen, dass Ihr Leipziger Verleger mir bald Nachschub schickt. Im Moment mache ich mit Ihnen gute Geschäfte, Vulpius, und es würde mich freuen, wenn dies bis zum Weihnachtsfest so weiterginge.«

Christian verdrehte die Augen. Sollte er sich nun freuen oder Sorgen machen? An der Geschichte war etwas faul, das spürte er in jedem Knochen. Aus reiner Nächstenliebe kaufte die Freifrau seine Bücher gewiss nicht auf. Charlotte von Stein hatte ihm in der Vergangenheit unmissverständlich klargemacht, dass sie ihn so gern in ihrem Haus sah wie eine Maus im Schokoladensoufflé. Nichtsdestotrotz hatten sich ihre Wege von Zeit zu Zeit gekreuzt, was auch daran lag, dass sie beide eng mit Goethes Haus verbunden waren. Vor vielen Jahren waren die Freundschaft und der berühmte Briefwechsel zwischen dem Dichter und der geistreichen Hofdame in aller Munde gewesen, doch diese Zeiten waren vorbei. Die beiden verkehrten zwar miteinander, da Charlotte gute Miene zum bösen Spiel machte und Christians Schwester duldete. Aber die Familie Vulpius mochte sie nicht. Was also hatte sie mit Christians Buch vor? Kaufte sie es, um ihrem alten Freund Goethe zu gefallen, oder las sie den Rinaldini nur, um sich bei ihren Freundinnen am Hofe darüber lustig zu machen? Dafür hätte allerdings ein Exemplar genügt.

»Sie sehen plötzlich so blass aus, mein lieber Vulpius«, stellte Buchhändler Hoffmann besorgt fest. »Freuen Sie sich denn gar nicht darüber, dass der Rinaldini unter meinen Kunden Anklang findet?«

»Ob ich mich freue, fragen Sie? Ich bin außer mir vor Freude, auch wenn ich bislang nur von einer einzigen Kundin weiß!« Und ob die meine Bücher kauft, weil sie ihr gut gefallen, ist fraglich.

»Eine große Ehre, mein Freund«, betonte Buchhändler Hoffmann, der keine Ahnung hatte, warum Christian so misstrauisch war. »Sie sollten jubeln!«

Christian blickte durch eines der Fenster nach draußen und stellte fest, dass es zu schneien begonnen hatte. Dünne Flöckchen rieselten wie Puderzucker vom Himmel herab. Das Pflaster des Marktplatzes war bereits mit einer weißen Schicht überzogen.

»Ich gehe davon aus, dass der Herr Geheimrat Goethe Ihr Buch auch gelesen hat«, drängte sich die Stimme des Buchhändlers in Christians Gedanken. »Darf ich fragen, wie ihm der Rinaldini gefallen hat? Teilt er die Begeisterung der Frau von Stein?«

Christian errötete vor Verlegenheit. Die Frage hatte er sich auch schon gestellt, aber bedauerlicherweise konnte er sie nicht beantworten. Natürlich hatte er dem Dichter sein Buch überreicht, und dieser hatte sich auch mit höflichen Worten dafür bedankt. Aber dann hatte er sich in sein Arbeitszimmer zurückgezogen und Christians Schwester mitgeteilt, dass er zu tun habe und in den kommenden Tagen nicht gestört werden wolle. Er schien wieder an einem neuen Werk zu arbeiten, das seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.

Weitere Glockenschläge erinnerten Christian, dass er sich beeilen musste, wenn er vor dem Bibliothekar im Grünen Schloss sein wollte. Seit einem Jahr arbeitete er nun in der Herzoglichen Bibliothek als Registrator. Goethe selbst hatte ihm diese Tätigkeit verschafft, weil Christiane ihm damit in den Ohren gelegen war. Es schadete ihrem Ruf, dass ihr Bruder bei den Wirten und Kaufleuten Weimars in der Kreide stand.

Tatsächlich hielt Christian sich aber gern in der Bibliothek auf. Er liebte die Stille dort und den Geruch der alten Bücher, welche die Räume füllten. Am liebsten hätte er jeden Tag damit zugebracht, die Regalwände zu durchstöbern, doch bedauerlicherweise ließ ihm die stumpfsinnige Arbeit, die man ihm zugewiesen hatte, kaum Zeit dafür. Er hatte langweilige Akten zu sortieren, Dokumente in ein Register einzutragen und Abschriften auf Abweichungen vom Original zu untersuchen. Keine große Herausforderung, nichts, was den Geist anregte, aber wenigstens verdiente er genug, um nicht weitere Schulden machen zu müssen.

Und er hatte die Abende, um in seinem Dachkämmerchen zu schreiben.

Rasch verabschiedete er sich von Hoffmann und machte sich auf den Weg durch die verschneite Stadt. Ein lang gezogener Schrei voller Qual, ein letztes Aufbäumen.

Dann war es vollbracht. Die Frau sank mit glasigen Augen zurück und blieb still auf dem blutdurchtränkten Laken liegen.

Josefina Bleichwein beugte sich über die zierliche Gestalt und prüfte deren Atem mithilfe eines kleinen Handspiegels. Ihre Finger hinterließen blutige Streifen auf ihrer Stirn, als sie sich den Schweiß abwischte. Es war eine lange Nacht gewesen.

»Ein Sohn«, flüsterte sie der zu Tode erschöpften Frau zu, nachdem sie das eben zur Welt gekommene Bündel Mensch abgerieben und in saubere Windeltücher gewickelt hatte. Noch bevor sie das leise quäkende Kind in den Arm seiner Mutter legen konnte, stürzte ein altes Weib schnaufend herbei und riss es Josefina förmlich aus den Händen. Die Frau im Bett, selbst fast noch ein Mädchen von kaum zwanzig Jahren, stöhnte auf, fand aber nicht die Kraft zum Widerspruch.

»Ein Sohn?«, wiederholte die Alte. Es klang skeptisch, als meldete sie Zweifel an den Worten der Hebamme an. »Nach drei Mädchen und einer Totgeburt?« Sie sah Josefina scharf in die Augen. Ein Reptilienblick, der die erfahrene Geburtshelferin einen Schritt zurückweichen ließ. »Ihr Glück, dass sie es nicht schon wieder verpfuscht hat!«

Josefina presste die Lippen aufeinander. Verpfuscht? Ungeheuerlich. Wie oft war sie schon zu Geburten in dieses verfluchte Haus gerufen worden? Dreimal? Viermal? Und jedes Mal hatte sie dasselbe Szenario vorgefunden. Das schmale Geschöpf im Bett und die Alte lauernd auf ihrem Stuhl im Schatten. Sobald die Mutter des Lebkuchenbäckers gehört hatte, dass wieder ein Mädchen zur Welt gekommen war, hatte sie die Kammer wortlos verlassen, als ginge sie dies alles nichts an. Enkelinnen waren für sie unwichtig. Söhne zählten.

Da die alte Lebkuchenbäckerin Josefina immer noch angriffslustig anstarrte, sagte sie: »Ich hole mit Gottes Hilfe die Kinder auf die Welt, die unser Herrgott hier auf der Erde haben möchte. Pfusch gibt es bei mir nicht!«

Die alte Frau kicherte boshaft. »Ach nein? Wirklich nicht? Dabei hört man in der Stadt so manches Wort, das dir nicht schmecken dürfte. Aber darüber sollen andere urteilen. Ich gebe zu, dass ich mit deiner Arbeit heute zufrieden bin.«

»Dann ist es recht. Auf welchen Namen soll das Würmchen denn getauft werden?«

»Ludger«, sagte die Frau, ohne lange zu überlegen. »Nach meinem seligen Mann, der das Geschäft aufgebaut und groß gemacht hat. Mein Sohn wird mir beipflichten, wie er es immer tut.«

Josefina zog die Mundwinkel herunter. Was für ein grässliches Weib, dachte sie. Wie gut, dass sie sich nie von der Sippschaft eines Ehemannes hatte herumkommandieren lassen müssen. Sie war ihr eigener Herr und nur den Behörden und den Stadtärzten Rechenschaft schuldig. Die Einsamkeit an langen Winterabenden nahm sie dafür gern in Kauf. Außerdem gab es ja noch Erasmus, ihren Bruder, der zwar da war, ihr aber keine Vorschriften machte. Sie wohnten unter einem Dach zusammen, doch jeder von ihnen lebte sein eigenes Leben und ließ den anderen in Ruhe. Was diese Leute hier anging, so würde sie sich nun um die junge Bäckerin kümmern müssen, damit die Alte ihr den Lohn nicht schuldig blieb. Sie würde die Nachgeburt untersuchen und der Wöchnerin einen Trunk zur Stärkung geben. Vielleicht sollte sie sich selbst auch gleich einen Schluck aus der Flasche genehmigen; ein wenig flau war ihr schon im Magen.

Rasch reinigte sie sich Arme und Hände über der Waschschüssel, dann kehrte sie zum Wochenbett zurück und betrachtete sich das arme Geschöpf, das darin lag. Die Augen der jungen Mutter waren geschlossen, ihre Lider zuckten ein wenig. Sie atmete schwach. Josefina tastete nach ihrem Puls und konnte ihn kaum spüren.

Das war schlecht.

»Mir gefällt ihr Zustand gar nicht«, befand Josefina, nachdem sie ihre Untersuchung beendet hatte. »Vielleicht wäre es angebracht, nach einem Arzt zu schicken. Der junge Doktor Hellberger soll recht tüchtig sein und ist um diese Zeit gewiss schneller auf den Beinen als seine älteren Kollegen. Und ihr Ehemann sollte auch gerufen werden.«

Die Alte warf einen flüchtigen Blick auf die Fiebernde im Bett, dann schüttelte sie den Kopf. »Ach was, sie ist nur erschöpft. Kein Wunder, sie hat heute zum ersten Mal in ihrem Leben gearbeitet!« Das Kind in ihrem Arm begann zu schreien, als wollte es sich gegen diese Verunglimpfung wehren.

»Das Würmchen hat Hunger!«, sagte Josefina. »Wer soll es stillen, wenn …«

»Dafür ist gesorgt! Mein Sohn ist geschäftlich in Leipzig, aber bevor er abreiste, hat er sich um eine Amme gekümmert. Sie ist schon seit Stunden unten in der Küche und schlägt sich den Bauch mit unserem Schmalzgebäck voll.«

Josefina wiederholte ihre Forderung nach einem Arzt, aber erst, als sie damit drohte, im Falle einer Weigerung den Rat der Stadt zu informieren, gab die Alte nach.

»Na schön, aber sie muss Doktor Hellberger selbst verständigen. Meine Magd macht Besorgungen, und die Amme wird hier im Haus gebraucht!«

Josefina presste die Lippen aufeinander. Sie hatte kein gutes Gefühl, die junge Frau allein zu lassen, aber vermutlich ging es nicht anders. Sie hatte getan, was in ihrer Macht stand. Auf einem Schemel vor dem Bett fand sie ihren Arzneibeutel mit Instrumenten und Heilmitteln. Darunter waren auch ein paar Kräutermischungen und eine Tinktur für die Erschöpfte. Sie nahm eines der Fläschchen heraus und stutzte, als ihr Blick auf etwas fiel, das bestimmt nicht im Arzneibeutel gewesen war, als sie diesen am Abend zuvor gepackt hatte.

Eine handbemalte Karte, die vermutlich einem Tarockspiel entstammte. Wertloser Tand. Mit spitzen Fingern holte sie das Ding aus ihrem Beutel, als zöge sie eine tote Ratte am Schwanz. Die Spielkarte gehörte ihr nicht. Nein, bestimmt nicht, denn sie hasste das Gebetbuch des Teufels, wie man solcherlei früher oft genannt hatte, auf den Tod. Mehr noch, sie fand die Karte abstoßend, gottlos und Furcht einflößend. Dabei ging es ihr nicht darum, dass manche Mannsbilder im Wirtshaus ihr Hab und Gut verspielten. Das war ihr gleichgültig. Nein, ihre Abscheu saß tiefer. Daher hatte sie Erasmus streng eingeschärft, niemals eines dieser Teufelsdinger in ihr Haus zu bringen. War ihm nach einer Partie Tarock, so hatte er sich ins Gasthaus zu begeben.

Wie also mochte sich diese Karte in ihren Beutel verirrt haben? Josefina spürte, wie ihr Herz vor Aufregung schneller klopfte. Ihre Hand zitterte.

Jemand muss sie mir in den Beutel gelegt haben, um mich zu erschrecken, überlegte sie. Erasmus? Nein, der war völlig humorlos. Aber wer dann? Ihre Magd? Manchmal half ihr das Mädchen dabei, ihren Arzneibeutel zu richten, wenn sie in Eile war. Josefina versuchte sich zu erinnern, ob sie je darüber gesprochen hatte, dass sie den Anblick von Spielkarten nicht ertrug. Nein, sie hatte weder ihre Furcht vor Karten erwähnt noch …

»Was ist los?« Die alte Lebkuchenbäckerin stand plötzlich direkt neben Josefina. Die Hebamme konnte ihren fauligen Atem riechen. Das Neugeborene in ihrem Arm hatte aufgehört zu schreien.

»Waren Sie das?«, fragte Josefina mit zitternder Stimme. Anklagend hielt sie der Frau die bunte Spielkarte unter die Nase. »Haben Sie mir dieses Ding in den Beutel gelegt?«

Die Lebkuchenbäckerin starrte sie mit offenem Mund an. Einen Moment lang schien sie irritiert, dann ließ sie ihrem Unmut freien Lauf. »Was soll dieses Geschrei bedeuten? Ist sie schwachsinnig geworden?«

»Geben Sie es zu«, schrie Josefina sie an. Ihre Stimme überschlug sich, so außer sich war sie. »Während ich dabei war, eurem kostbaren Erben auf die Welt zu helfen, haben Sie die Karte unter meine Sachen geschmuggelt, um mich in Todesangst zu versetzen. Aber warum? Was wollen Sie von mir?«

»Hinaus mit dir, du Irrsinnige!« Die Lebkuchenbäckerin durchquerte die Kammer so schnell wie ihre alten Knochen es ihr erlaubten und öffnete das Fenster. »Ich schreie auf die Gasse hinunter, wenn du nicht auf der Stelle verschwindest!«

Vom Bett her war ein schwaches Stöhnen zu hören, das so schaurig klang, als machte die dort Liegende ihren letzten Atemzug.

Josefina holte tief Luft. Plötzlich war ihr, als bröckelten Angst, Wut und Verzweiflung von ihr ab wie der Putz von einem alten Mauerwerk. Darunter kam wieder die allzeit beherrschte Frau zum Vorschein, die sich um nichts als ihre Arbeit kümmerte. Hastig wischte sie sich den Schweiß von der Stirn und rückte ihre im Eifer verrutschte Haube zurecht. Großer Gott, was war nur in sie gefahren? Wie konnte sie sich so gehen lassen? Josefina wurde ganz übel bei dem Gedanken, sich die Lebkuchenbäckerin zur Feindin gemacht zu haben. Wenn die Alte nun zum Rathaus ging und sich über Josefina beschwerte, war sie geliefert. Dann fand sie sich schneller vor den Herren Stadtärzten wieder, als es dauerte, ein Vaterunser zu sprechen. Vielleicht würden die befinden, sie sei aufgrund ihrer zerrütteten Nerven nicht mehr in der Lage, in Weimar als Hebamme zu arbeiten. Nein, so weit durfte es nicht kommen. Sie würde noch herausfinden, wer ihr diesen grausamen Streich gespielt hatte. Womöglich hatte es mit der Frau zu tun, die sie vor dem Gasthaus Zum Weißen Schwan gesehen hatte.

Die Frau, die einen schwarzen Schleier trug und der sie in letzter Zeit so oft begegnet war, dass sie schon vermutet hatte, sie würde von ihr beobachtet.

Sie war es gewesen. Ja, ganz bestimmt sogar.

Josefina murmelte eine Entschuldigung, um die immer noch am Fenster verharrende Lebkuchenbäckerin zu beruhigen. Durch die geöffneten Läden drang ein eisiger Luftzug in die Kammer, in den sich ein paar durcheinanderwirbelnde Schneeflocken mischten. Sie flogen bis zum Bett, wo sie sich in das üppige rabenschwarze Haar der Kindsmutter setzten wie winzige, durchsichtige Lebewesen.

»Ihre Entschuldigungen kann sie sich sparen. Ist es ihr noch ernst mit dem Arzt?« Die alte Frau zeigte auf ihre Schwiegertochter.

Josefina nickte.

»Dann würde ich ihr raten, sich zu beeilen!«

Gehorsam raffte Josefina ihre Sachen zusammen und warf sie in den Arzneibeutel. Bevor sie das Zimmer verließ, öffnete sie noch das Ofenloch, stopfte die Karte hinein und sah zu, wie sie zwischen den züngelnden Flammen zu Asche verbrannte.

Fünf Minuten später stand die Hebamme vor dem Haus des jungen Arztes, der nur wenige Straßen hinter dem Lebkuchenbäcker wohnte. Sie keuchte; das Herz schlug ihr bis zum Hals, denn sie hatte, getrieben von schlechtem Gewissen, den Weg durch die Stadt im Laufschritt zurückgelegt, ohne auch nur einmal stehen zu bleiben.

Doktor Hellberger saß noch am Frühstückstisch und nippte an einer Tasse Kaffee, als sie grußlos eintrat. Während er sich von einem Hausmädchen, Umhang, Dreispitz und Tasche holen ließ, hörte er Josefinas Bericht aufmerksam zu.

»Kommen Sie mit?«, fragte er, als sie gemeinsam vor die Tür traten.

Josefina schüttelte den Kopf. Sie fühlte sich nicht wohl. In ihrem Schädel rumorte es, und ihr Herz raste immer noch wie verrückt. Sie musste nach Hause. Die Verschleierte aus dem Gasthaus war ebenso vergessen wie die hässliche Spielkarte. Ein, zwei Stunden Ruhe und sie war wieder die Alte. Dem Herrn sei Dank gab es in diesem kalten Winter nur eine Handvoll Frauen, die ein Kind erwarteten, und nach Josefinas Einschätzung würde keine von ihnen vor Weihnachten ihre Hilfe in Anspruch nehmen. Alles, was Josefina jetzt ersehnte, war ihr bequemer Lehnstuhl und eine Tasse heiße Brühe.

Vor ihrem Wohnhaus, in dem sich auch der Laden ihres Bruders befand, trieb ihr der Wind ein Stück Papier entgegen, das vermutlich von einer Anschlagtafel abgerissen worden war. Josefina hatte eigentlich keine Lust, sich danach zu bücken, doch als es auf einer Stufe der Ladentreppe landete, tat sie es doch. Mit einem Stirnrunzeln las sie die Flugschrift, dann knüllte sie das Papier mit einem Fluch auf den Lippen zusammen und warf es in die Gosse.

Eine Verschwörung. Ja, das war es. Eine infame Verschwörung gegen sie.

Auf Josefinas Klopfen öffnete ihre Magd, ein Bauernmädchen mit kupferrotem Haar, das von einem armseligen Gehöft nicht weit von Weimar stammte und erst seit Kurzem in ihren Diensten stand.

»Ist mein Bruder schon im Geschäft?«, fuhr Josefina die Magd an, die den Schmutz vom Fußboden wischte, den ihre Herrin mit ihren nassen Stiefeln in die Stube getragen hatte. »Hol ihn her, ich muss ihn auf der Stelle sehen!«

Das Mädchen hob erstaunt den Blick. »Aber nein, der Herr ist nicht hier. Haben Sie ihm nicht ausrichten lassen, Sie könnten noch nicht nach Hause kommen? Er ist schon seit einer Stunde unterwegs. Ich soll den Laden aufschließen, falls er sich verspätet!« Wie zur Bestätigung zeigte sie auf einen Schlüsselbund, der auf einem feuchten Blatt Papier lag. Es sah der Flugschrift ähnlich, die Josefina vor dem Haus aufgelesen hatte.

Josefina ergriff ein Schwindelgefühl, als sie sich dem Tisch näherte. War sie wirklich verrückt geworden? Nein, sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, Erasmus eine Nachricht geschickt zu haben. Gegen ihren Willen nahm sie das Blatt in die Hand. »Hat der Herr dieses … Pamphlet auch gesehen, bevor er das Haus verließ?«, fragte sie mit schwacher Stimme.

Josefinas Magd nickte.

»Was noch?« Josefina packte das Mädchen am Kragen und schüttelte es. »War noch etwas dabei? Eine  … Spielkarte vielleicht?«

»Kann sein, so genau habe ich es nicht gesehen. Der Herr hat auch kein Wort darüber verloren. Er schüttelte nur den Kopf. Dann hat er die Nachricht eingesteckt und das Haus verlassen.« Sie riss die Augen auf. »Ist das nicht aufregend, dass diese Person nun in Weimar logiert? Wie man hört, soll sie erstaunliche Fähigkeiten besitzen. Vielleicht kann sie nicht nur in die Zukunft sehen, sondern betreibt auch Magie. Hier steht, dass sie am englischen Königshof empfangen wurde und vom Kaiser in Wien. Ach, ich wüsste auch gern, wie meine Zukunft aussieht.«

»Pack deinen Kram und verschwinde!«, rief Josefina. Sie schnappte sich ein trockenes Schultertuch vom Kleiderhaken und band es sich um, während ihre Magd sie entgeistert anstarrte. »Ich brauche dich nicht mehr! Wenn ich in einer Stunde wiederkehre, bist du fort!«

2. Kapitel

Die Stunden krochen für Christian im Schneckentempo dahin. Es fiel ihm viel schwerer als sonst, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Von Zeit zu Zeit stand er auf, um Bücher aus den Regalen zu nehmen und darin zu blättern. Nicht, weil ihn der Inhalt interessierte, sondern weil es ihn einfach nicht mehr an seinem Schreibtisch hielt. Dabei kreisten seine Gedanken immer wieder um dieselben beiden Fragen: Warum kaufte Charlotte von Stein seine Bücher auf? Und was hielt Goethe von seinem Rinaldini?

Hatte der Geheimrat angefangen, sein Buch zu lesen? Und wenn ja, was hielt er von Christians Erzählstil? Waren seine Figuren nach Goethes Geschmack oder zu blass geraten? Steckte in der Geschichte des Räubers genug Leidenschaft, um die Leser zu fesseln?

Christian hatte sich viel Mühe gegeben, ihn so natürlich und gleichzeitig so geheimnisvoll wie möglich zu schildern. Einen Menschen mit Schwächen und Stärken, Vorlieben und Abneigungen. Aber war ihm das auch gelungen?

Ungeduldig wartete er, bis es Mittag war und er eine kurze Pause machen durfte. Er hatte am Vortag einen Boten zu Helene geschickt und sie gebeten, sich heute ein paar Minuten Zeit für ihn zu nehmen. Zu seinem Bedauern sahen sie einander in letzter Zeit nur selten, was, wie er mit schlechtem Gewissen feststellte, mehr an ihm lag. Schließlich hatte er in den Wochen vor der Veröffentlichung des Rinaldini kaum an etwas anderes gedacht als an seinen Roman. Helene hatte behauptet, dafür Verständnis zu haben, und ihm keine Vorwürfe gemacht. Aber sie hatte sich von ihm zurückgezogen. Er hatte keine Ahnung, was sie während des Spätsommers und des Herbstes in Weimar gemacht hatte. In den seltenen Gesprächen, die sie miteinander geführt hatten, war ihr darüber nur wenig zu entlocken gewesen. Christian nahm sich vor, sich von nun an mehr um Helene zu kümmern. Schließlich war es nicht leicht gewesen, ihren Vater, den herzoglichen Rat Justus de Ahna aus Meiningen, zu überreden, sie noch ein wenig länger bei ihrer Tante in Weimar zu lassen. Hier hatte sie im vergangenen Jahr die Fürstliche Zeichenschule besucht und ein besonderes Auge für Feinheiten unter Beweis gestellt. Ihre Skizzen waren brillant. Aber ob sie den Unterricht im Roten Schloss noch besuchte, konnte Christian nicht sagen. Er hatte allerdings erfahren, dass Helenes Tante schon vor einigen Wochen nach Pyrmont abgereist war, um in den dortigen Bädern ihre Rückenschmerzen auszukurieren. Helene hatte sie eigentlich als eine Art Gesellschafterin begleiten sollen, sich aber dagegen gesträubt, Weimar zu verlassen. Nun schien der Wintereinbruch die Rückkehr der Tante zu verhindern.

Christian stellte den Kragen seines Gehrocks, als er das Gebäude verließ. Der Wind blies jedoch nicht mehr ganz so heftig  wie im Morgengrauen, und es hatte aufgehört zu schneien. Trotzdem kroch ihm die Kälte unter die Kleider und lähmte ihn. Er musste rasch laufen, damit ihm einigermaßen warm wurde.

Wenig später stand er vor Helenes Tür und hatte gerade die Hand zum Klopfen erhoben, als die Tür von innen aufgerissen wurde. Vor ihm stand Helene. Sie trug einen kleinen Koffer in der einen, eine hübsch gemusterte Hutschachtel in der anderen Hand. Hinter ihr erkannte Christian die ältliche Dienstmagd ihrer Tante, die ein so missmutiges Gesicht machte, als hätte ihr jemand in die Suppe gespuckt. Helene hob den Kopf und blickte Christian erstaunt an. Ihre Augen waren gerötet, als ob sie geweint hätte. »Ach, der Herr Vulpius. Mit Ihnen hätte ich nicht gerechnet!«

»Ich wollte Sie besuchen, aber wie ich sehe, komme ich ungelegen. Wollen Sie verreisen?«

Mit wippenden Hüften drängte sich die alte Dienstmagd an Helene vorbei und versperrte ihr den Weg. »Sie will ausziehen«, verkündete sie in unheilvollem Ton. »Dabei hat mir ihre Tante vor ihrer Abreise aufgetragen, auf die junge Demoiselle aufzupassen.« Sie warf Christian einen flehentlichen Blick zu. Obwohl sie ihn bei jedem seiner Besuche hatte spüren lassen, dass sie ihn nicht leiden mochte, sah es nun fast so aus, als suchte sie seine Unterstützung.

»Aber wo wollen Sie denn so plötzlich hin, Helene? Zurück zu Ihrem Vater nach Meiningen?«

Helene schüttelte den Kopf. Sie war auffallend blass. Ihr hübsches rundliches Gesicht, das von dichtem, sorgsam gescheiteltem Haar umrahmt wurde, nahm einen sorgenvollen Ausdruck an. »Nein, nicht zu meinem Vater. Eine Freundin braucht meine Hilfe. Sie steckt in Schwierigkeiten und fürchtet sich, nachts allein in ihrem Haus zu bleiben.«

Christian kannte Helenes Gutmütigkeit und ihren Wunsch, jedem zu helfen, der in Not war. So hatte er sie kennengelernt, und so liebte er sie. Allerdings verstand er auch die Sorge der alten Magd. Für ein junges Mädchen von untadeligem Ruf war es schon gewagt genug, sich ohne Schutz einer älteren Verwandten in der Stadt aufzuhalten. Wie es Helene daher geschafft hatte, ihre stets besorgte Tante loszuwerden, blieb ihm ohnehin ein Rätsel. Hatte sie sich aus der schon fahrenden Kutsche geworfen? Wahrscheinlicher war, dass sie der alten Dame vor ihrer Abreise hoch und heilig versprochen hatte, ihr hübsches Appartement hoch über den Dächern von Weimar zu hüten und unter keinen Umständen ohne Begleitung ihrer treuen Magd in die Stadt zu gehen. Dass sie sich nun aber mit Koffer und Hutschachtel davonschlich, um einer Freundin beizustehen, konnte Helene dem Gerede aussetzen. Was Christian jedoch weitaus weniger gefiel, war, dass diese Bekannte sich offenbar in ihren eigenen vier Wänden bedroht fühlte und Angst hatte.

»Nun heraus mit der Sprache«, drängte er, als er Helene über den Frauenplan begleitete. Er hatte ihr die Gepäckstücke abgenommen, obwohl er sich mit der Hutschachtel in der Hand ein wenig lächerlich vorkam. Glücklicherweise nahm keiner der Vorbeigehenden davon Notiz. Vor dem stattlichen Gebäude, das Goethe mit seiner Familie bewohnte, wurde fleißig der Schnee vom Pflaster gefegt. In der Nachbarschaft schmückten Frauen und Mädchen die Türen und Fenster ihrer Häuser mit Tannengrün. Christian sah sich um und sah ein Stück weiter August, den Sohn seiner Schwester, der sich einen Spaß daraus machte, die fegenden Mägde mit Schneebällen zu bewerfen. Sooft der Junge eine von ihnen traf, jauchzte er vor Vergnügen auf. Christian blieb einen Augenblick stehen und beobachtete das fröhliche Treiben im Schnee. Er hatte den Jungen ins Herz geschlossen und freute sich, dass Christiane ihm erlaubt hatte, die warme Stube zu verlassen und ein wenig zu toben. Seinen blassen Wangen tat die frische Luft gewiss gut.

»Wollen Sie Ihren Neffen nicht begrüßen?«, holte Helenes Stimme ihn aus seinen Gedanken. »Später vielleicht!« Christian ging weiter. »Im Moment hätte ich Angst, dass Sie die Begegnung nutzen könnten, um sich um eine Antwort herumzudrücken. Also, wer ist diese Freundin, die Sie um Hilfe gebeten hat, und wovor fürchtet sie sich?«

Die Art, wie Helene trotzig ihr Kinn hob, verriet Christian, dass sie es gar nicht schätzte, auf diese Weise befragt zu werden. Er war weder verwandt mit ihr noch ihr Verlobter. Er war einfach nur … Vulpius, der ihr nachlief, ohne sie festzuhalten. Der es nicht mochte, wenn sie über Menschen sprach, die er nicht kannte, und der die Beziehung, die sie miteinander hatten oder auch nicht hatten, grundlegend verändern könnte, wenn er sich nur endlich traute, die entscheidende Frage zu stellen.

»Wenn Sie es unbedingt wissen müssen: Meine Freundin ist keine Hofdame der Herzogin, und sie verkehrt auch nicht in den vornehmen Salons, in die mich meine Tante schleppt, um mit gelangweilten Müßiggängern Tee zu trinken und über neue Schauspiele im Hoftheater zu plaudern. Sie ist Schokoladenmacherin und heißt Bettine Jungmann.«

»Bettine?« Christian schluckte kaum merklich und betete, dass Helene das entgangen war. Zu dumm, aber der Name kam ihm bekannt vor; eine Bettine hatte er gekannt. Und ihr Vater war, soweit er sich erinnerte, Zuckerbäcker und herzoglicher Hoflieferant gewesen. Christian hatte damals noch das Gymnasium besucht und erst angefangen, für hübsche Mädchen zu schwärmen. Die junge Frau, die so fleißig in der duftenden Backstube ihres Vaters half, hatte sein Blut zum ersten Mal in seinem Leben zum Kochen gebracht. Einen Sommer lang waren sie … Christian blieb stehen, weil ihn plötzlich irgendetwas in der Kehle reizte. Nein, wem half es, die Schatten der Vergangenheit heraufzubeschwören? Allem Anschein nach hatte Bettine ihm nicht lange nachgetrauert und sich mit einem Mann aus der Zunft ihres Vaters verheiratet. Die Erinnerung an die schöne Bettine war in den Weinstuben, in denen er sich herumgetrieben hatte, schnell verblasst. Er konnte sich allerdings noch erinnern, wie froh er gewesen war, als sie ihm mitgeteilt hatte, dass ihre heimlichen Schäferstündchen in Weimar für ihn folgenlos geblieben waren. Geantwortet hatte er auf ihr Schreiben nie. Nicht, weil er das nicht gewollt hätte. Er hatte einfach nicht gewusst, was er ihr noch hätte sagen können, und so hatte er ihren Brief zerrissen und ins Feuer geworfen, um nicht mehr an diese delikate Episode erinnert zu werden. Nicht einmal seiner Schwester, mit der er eigentlich stets über alles hatte reden können, hatte er von der Tochter des Zuckerbäckers erzählt. Und nun tauchte sie plötzlich wieder in Weimar auf. Als Freundin und Vertraute des Mädchens, das er liebte.